Panegyrische Zeitgeschichte des 4. und 5. Jahrhunderts 3506790455, 9783506790453, 9783657790456 [PDF] - VDOC.TIPS (2024)

PANEGYRISCHE ZEITGESCHICHTE DES 4. UND 5. JAHRHUNDERTS

KLEINE UND FRAGMENTARISCHE HISTORIKER DER SPÄTANTIKE (KFHist)

HERAUSGEGEBEN VON BRUNO BLECKMANN UND MARKUS STEIN

(B 2) AURELIUSZEITGESCHICHTE VICTOR (C 1–21) PANEGYRISCHE DES 4. UND 5. JAHRHUNDERTS HISTORIAE ABBREVIATAE

PANEGYRISCHE ZEITGESCHICHTE DES 4. UND 5. JAHRHUNDERTS

Ediert, übersetzt und kommentiert von

Bruno Bleckmann und Carlo Scardino Mit einem Beitrag von Johannes Wienand

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Vorwort Das Modul C des Projekts KFHist behandelt Autoren, die zeitnah und gleichzeitig parteiisch die Regierung einzelner Kaiser des vierten und fünften Jahrhunderts beschrieben haben. Die zeitliche Begrenzung dieses Moduls auf die Kaiser vor allem der konstantinischen und valentinianisch-theodosianischen Dynastie lässt den hier vorgelegten Band als Fortsetzungsband des Moduls A erscheinen. Für die weitere Geschichte der zeithistorischen und meist kaisernahen Produktion ist dann auf die Module F und I des Vorhabens zu verweisen. Die Auswahlkriterien, die für die Zusammenstellung der Autoren dieses Bands leitend waren, insbesondere auch zur Erklärung dafür, dass sich keine Vertreter für die Geschichte der diokletianischen Epoche finden, illustriert die historische Gesamteinleitung des vorliegenden Bandes. Begünstigt worden ist die Arbeit an diesem Band dadurch, dass für fast alle hier untersuchten Autoren neuere und qualitätsvolle Editionen bereits vorliegen und dass viele dieser Autoren auch bereits durch Kommentare erschlossen sind. Hier ist einerseits auf die Synthese von Janiszewski zu verweisen, andererseits auf die teilweise erst vor kurzem erschienenen Einträge im „Brill New Jacoby“ (BNJ und BNJ²). Hinzuweisen ist ferner auf die grundlegende Durchmusterung aller auch noch entferntesten Spuren historiographischer Tätigkeit (nicht nur in der griechisch-römischen Literatur, sondern auch in den orientalischen Sprachen), die von Peter Van Nuffelen und Lieve Van Hoof in der Clavis Historicorum Antiquitatis Posterioris vorgelegt wurde. In einigen wenigen Fällen – allerdings handelt es sich dabei um die eher ausführlichen Texte1 – liegen bereits auch deutsche Übersetzungen vor, die stets eingesehen worden sind. Eine besonders umfangreiche Kommentierung hat in den letzten Jahrzehnten die Origo Constantini Imperatoris erfahren, nämlich nicht nur in der Monographie Königs, sondern auch in der postum erneut herausgegebenen gründlichen Studie Aiellos. Es erschien aber gleichwohl sinnvoll, diesen unzweifelhaft „kleinen“ und möglicherweise zeitgenössischen Historiker bei der Vorstellung der wenigen Überreste der Historiographie aus konstantinischer Zeit zu berücksichtigen. 1

Etwa Magnos von Karrhai innerhalb der Malalas-Übersetzung von Thurn.

VI

(C 1–21) Panegyrische Zeitgeschichte des 4. und. 5. Jh.

Die Auswahl der Autoren und Zusammenstellung der Fragmente hat Bruno Bleckmann vorgenommen. Während Jacoby quellenkritische Erörterungen in seiner Fragmentsammlung eher (aber keineswegs konsequent) ausgeklammert bzw. in dem Projektentwurf von 1915 für einen dritten Teil seines Sammelwerks vorgesehen hatte1, kommen in dieser Sammlung auch außerhalb der Frage der Bestimmung anonymer Traditionen bei einigen Autoren (z. B. bei Magnos oder Oreibasios) gelegentlich solche quellenkritischen Überlegungen zum Zuge, entsprechend der Grundüberzeugung, dass das Sammeln von Fragmenten und die quellenkritische Erörterung eng korrespondieren. Griechische und lateinische Lemmata leiten die Abschnitte des philologischen Kommentars von Carlo Scardino, deutsche Lemmata, die die Übersetzung wiedergeben, die des historischen Kommentars von Bruno Bleckmann ein. Einleitende Bemerkungen zu den Autoren sowie zu Testimonien und Fragmenten stammen, wenn nicht anders angegeben, von Bruno Bleckmann. Die historische Einleitung und den historischen Kommentar zu Praxagoras (C 1) hat Johannes Wienand übernommen, dem hierfür zu danken ist, dass er seine Konstantin-Expertise dem Projekt zur Verfügung gestellt hat. Die ausführliche Behandlung ist dadurch gerechtfertigt, dass Praxagoras geradezu ein Muster für ein noch zu Lebzeiten eines Kaisers entstandenes, zwischen Panegyrik und Geschichtsschreibung changierendes Werk darstellt. Die Verfasser danken allen Beteiligten am wöchentlichen Forschungskolloquium an der HHU Düsseldorf. Darüber hinaus gilt ihr Dank wie immer der Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaften und der Künste für die Finanzierung und Förderung des gesamten Projekts. Düsseldorf, im Juni 2023 Bruno Bleckmann und Carlo Scardino

1

Publiziert bei Guido Schepens, Die Debatte über die Struktur der „Fragmente der griechischen Historiker“, Klio 92 (2010) 427–61, Appendix C (S. 455–58).

Inhaltsverzeichnis Vorwort

V

Verzeichnis abgekürzt zitierter Quellen und Literatur I. Standardabkürzungen II. Quellen III. Literatur Erklärung der Siglen, Zeichen und Abkürzungen

XII XVI XXXII XLIX

ALLGEMEINE EINLEITUNG

1

I. Historische Bemerkungen (B. Bleckmann)

1

II. Grundsätze zur Textkonstitution (C. Scardino)

12

(C 1) Praxagoras EINLEITUNG (J. Wienand)

15

I. Historische Bemerkungen

15

II. Zum Verfasser

15

III. Zum Werk

26

1) Allgemeines

26

2) Über die Könige von Athen

27

3) Geschichtswerk über Konstantin den Großen

30

a) Allgemeine Charakterisierung des Werks

30

b) Abfassungszeit

32

c) Fragment 2

36

d) Literarisches Umfeld, Charakteristika und Wirkung

37

4) Über den makedonischen König Alexander

42

TEXT (C. Scardino) UND ÜBERSETZUNG (J. Wienand)

50

KOMMENTAR (C. Scardino / J. Wienand)

56

VIII

(C 1–21) Panegyrische Zeitgeschichte des 4. und. 5. Jh.

(C 2) Bemarchios EINLEITUNG (B. Bleckmann)

91

TEXT (C. Scardino) UND ÜBERSETZUNG (B. Bleckmann)

94

KOMMENTAR (B. Bleckmann)

96

(C 3) Origo Constantini imperatoris (Anonymus Valesianus I) EINLEITUNG

101

I. Historische Einordnung (B. Bleckmann)

101

II. Bemerkungen zur Orthographie (C. Scardino)

106

III. Grundsätze der Textkonstitution (C. Scardino)

108

IV. Die Interpolationen aus Oros. 7,28 (C. Scardino)

110

TEXT (C. Scardino) UND ÜBERSETZUNG (B. Bleckmann)

118

KOMMENTAR (B. Bleckmann / C. Scardino)

138

(C 4) Eustochios von Kappadokien EINLEITUNG (B. Bleckmann)

191

TEXT (C. Scardino) UND ÜBERSETZUNG (B. Bleckmann)

192

(C 5) Proba, Bellum civile EINLEITUNG (B. Bleckmann)

196

TEXT (C. Scardino) UND ÜBERSETZUNG (B. Bleckmann)

198

KOMMENTAR (B. Bleckmann / C. Scardino)

202

(C 6) Iulianus Imperator, Biblidion EINLEITUNG (B. Bleckmann)

207

TEXT (C. Scardino) UND ÜBERSETZUNG (B. Bleckmann)

214

KOMMENTAR (B. Bleckmann / C. Scardino)

220

(C 7) Kyllenios EINLEITUNG (B. Bleckmann)

231

TEXT (C. Scardino) UND ÜBERSETZUNG (B. Bleckmann)

234

KOMMENTAR (B. Bleckmann / C. Scardino)

236

Einleitung

IX

(C 8) Oreibasios von Pergamon EINLEITUNG (B. Bleckmann)

241

TEXT (C. Scardino) UND ÜBERSETZUNG (B. Bleckmann)

248

KOMMENTAR (B. Bleckmann / C. Scardino)

256

(C 9) Kallistion / Kallistos EINLEITUNG (B. Bleckmann)

264

TEXT (C. Scardino) UND ÜBERSETZUNG (B. Bleckmann)

266

KOMMENTAR (B. Bleckmann / C. Scardino)

270

(C 10) Magnos von Karrhai EINLEITUNG (B. Bleckmann)

275

I. Der Historiker Magnos (B. Bleckmann)

275

II. Zur Überlieferung der Fragmente des Malalas

281

TEXT (C. Scardino) UND ÜBERSETZUNG (B. Bleckmann)

284

KOMMENTAR (B. Bleckmann / C. Scardino)

296

(C 11) Eutychianos EINLEITUNG (B. Bleckmann)

323

TEXT (C. Scardino) UND ÜBERSETZUNG (B. Bleckmann)

326

KOMMENTAR (B. Bleckmann / C. Scardino)

332

(C 12) Philagrios EINLEITUNG (B. Bleckmann)

340

TEXT (C. Scardino) UND ÜBERSETZUNG (B. Bleckmann)

344

KOMMENTAR (B. Bleckmann / C. Scardino)

348

(C 13) Seleukos von Emesa, Parthika EINLEITUNG (B. Bleckmann)

353

TEXT (C. Scardino) UND ÜBERSETZUNG (B. Bleckmann)

358

KOMMENTAR (B. Bleckmann / C. Scardino)

362

X

(C 1–21) Panegyrische Zeitgeschichte des 4. und. 5. Jh.

(C 14) Anonymer Historiker zur Geschichte Julians bei Johannes Antiochenus EINLEITUNG (B. Bleckmann)

367

I. Historische Bemerkungen (B. Bleckmann)

367

II. Zur Überlieferung der Fragmente des Johannes (C. Scardino)

369

TEXT (C. Scardino) UND ÜBERSETZUNG (B. Bleckmann)

370

KOMMENTAR (B. Bleckmann / C. Scardino)

372

(C 15) Anonymer Historiker zur Geschichte Jovians bei Johannes Antiochenus EINLEITUNG (B. Bleckmann)

378

I. Historische Bemerkungen (B. Bleckmann)

378

II. Zur Überlieferung der Fragmente des Johannes (C. Scardino)

381

TEXT (C. Scardino) UND ÜBERSETZUNG (B. Bleckmann)

382

KOMMENTAR (B. Bleckmann / C. Scardino)

388

(C 16) Eusebios Scholastikos, Gainias EINLEITUNG

394

I. Historische Bemerkungen (B. Bleckmann)

394

II. Zur Überlieferung der Fragmente des Sokrates (C. Scardino)

395

TEXT (C. Scardino) UND ÜBERSETZUNG (B. Bleckmann)

398

KOMMENTAR (B. Bleckmann / C. Scardino)

408

(C 17) Ammonios, Gainias EINLEITUNG (B. Bleckmann)

416

TEXT (C. Scardino) UND ÜBERSETZUNG (B. Bleckmann)

418

KOMMENTAR (B. Bleckmann / C. Scardino)

420

(C 18) Eudokia, Persika EINLEITUNG (B. Bleckmann)

423

TEXT (C. Scardino) UND ÜBERSETZUNG (B. Bleckmann)

424

KOMMENTAR (B. Bleckmann / C. Scardino)

426

Einleitung

XI

(C 19) Christodoros von Koptos, Isaurika EINLEITUNG (B. Bleckmann)

429

TEXT (C. Scardino) UND ÜBERSETZUNG (B. Bleckmann)

430

KOMMENTAR (B. Bleckmann / C. Scardino)

432

(C 20) Pamprepios, Isaurika EINLEITUNG (B. Bleckmann)

434

TEXT (C. Scardino) UND ÜBERSETZUNG (B. Bleckmann)

436

KOMMENTAR (B. Bleckmann / C. Scardino)

438

(C 21) Kolluthos von Lykopolis, Persika EINLEITUNG (B. Bleckmann)

441

TEXT (C. Scardino) UND ÜBERSETZUNG (B. Bleckmann)

442

KOMMENTAR (B. Bleckmann / C. Scardino)

444

Verzeichnis abgekürzt zitierter Quellen und Literatur I. Standardabkürzungen AE

L’Année Épigraphique

ANRW

Aufstieg und Niedergang der Römischen Welt

Bauer / Aland W. Bauer / K. u. B. Aland (Hgg.), Griechisch-deutsches Wörterbuch zu den Schriften des Neuen Testaments und der frühchristlichen Literatur, Berlin 61988 BHG

Bibliotheca Hagiographica Graeca

BNJ

Brill’s New Jacoby

CCL

Corpus Christianorum, Series Latina

CFHB

Corpus fontium historiae Byzantinae

Chron. min.

Th. Mommsen (Hg.), Chronica minora saec. IV. V. VI. VII., 3 Bde. (= MGH AA 9. 11. 13), Berlin 1892–1898

CIG

Corpus Inscriptionum Graecarum

CMG

Corpus Medicorum Graecorum

CPG

Clavis Patrum Graecorum

CPL

Clavis Patrum Latinorum

CSEL

Corpus Scriptorum Ecclesiasticorum Latinorum

CSHB

Corpus Scriptorum Historiae Byzantinae (Bonner Corpus)

DNP

Der Neue Pauly

EIr

Encyclopedia Iranica

EKG

Enmannsche Kaisergeschichte

EKM

L. Gounaropoulou / M. Hatzopoulos (Hgg.), Ἐπιγραφὲϲ κάτω Μακεδονίαϲ. Α´ Ἐπιγραφὲϲ Βεροίαϲ, Athen 1998

Abkürzungen

XIII

FC

Fontes Christiani

FGrHist

Die Fragmente der griechischen Historiker

FHG

Fragmenta Historicorum Graecorum

GCS

Die griechischen christlichen Schriftsteller

HAC

Historiae Augustae Colloquium

HdbAW

Handbuch der Altertumswissenschaft

HGM

L. Dindorf (Hg.), Historici Graeci minores, 2 Bde., Leipzig 1870–1871

H.-Sz.

J. B. Hofmann / A. Szantyr, Lateinische Syntax und Stilistik (HdbAW 2,2,2), München 1965 (verbess. ND 1972)

IG

Inscriptiones Graecae

IGUR

Inscriptiones Graecae urbis Romae

ILS

Inscriptiones Latinae Selectae

K.-B.

R. Kühner / F. Blass, Ausführliche Grammatik der griechischen Sprache, Erster Teil: Elementar- und Formenlehre, 2 Bde., Hannover 31890–1892

K.-G.

R. Kühner / B. Gerth, Ausführliche Grammatik der griechischen Sprache, Zweiter Teil: Satzlehre, 2 Bde., Hannover 31898–1904

K.-H.

R. Kühner / F. Holzweissig, Ausführliche Grammatik der lateinischen Sprache. Erster Band: Elementar-, Formenund Wortlehre, Hannover 21912 (ND Darmstadt 1978)

K.-St.

R. Kühner / C. Stegmann, Ausführliche Grammatik der lateinischen Sprache. Zweiter Teil: Satzlehre, 2 Bde., Hannover 21914 (mit Zusätzen und Berichtigungen zur 4. und 5. Aufl. von A. Thierfelder im ND Darmstadt 1997)

KFHist

Kleine und fragmentarische Historiker der Spätantike

Lampe

G. W. H. Lampe (Hg.), A Patristic Greek Lexicon, Oxford 1961

XIV

(C 1–21) Panegyrische Zeitgeschichte des 4. und. 5. Jh.

LBG

E. Trapp (Hg.), Lexikon zur byzantinischen Gräzität, Wien 1994–2017

LGPN

P. M. Fraser / E. Matthews u. a. (Hgg.), A Lexicon of Greek Personal Names, Oxford 1987–

LSJ

H. G. Liddell / R. Scott / H. S. Jones (Hgg.), A Greek-English Lexicon, With a Revised Supplement, Oxford 1996

MGH AA

Monumenta Germaniae historica. Auctores antiquissimi

OLD

Peter G. W. Glare (Hg.), Oxford Latin Dictionary, Oxford 2012

2

PA

J. Kirchner (Hg.), Prosopographia Attica, 2 Bde., Berlin 1901–1903, (ND Berlin 1966)

PAA

J. S. Traill (Hg.), Persons of ancient Athens, Toronto 1994–2012

PG

Patrologia Graeca

PIR

Prosopographia imperii Romani (2. Auflage)

PLRE

Prosopography of the Later Roman Empire

RAC

Reallexikon für Antike und Christentum

RE

Paulys Real-Encyclopädie der classischen Altertumswissenschaft. Neue Bearbeitung

RGA

Reallexikon der Germanischen Altertumskunde

RIC

Roman Imperial Coinage

SC

Sources Chrétiennes

Schwyzer

E. Schwyzer / A. Debrunner, Griechische Grammatik, 2 Bde. (HdbAW 2,1), München 1950

SEG

Supplementum Epigraphicum Graecum

SIG3

W. Dittenberger (Hg.), Sylloge Inscriptionum Graecarum, 3 Bde., Leipzig 31915–1924

Souter

A. Souter (Hg.), A Glossary of Later Latin to 600 A. D., Oxford 1949

Abkürzungen

XV

Stotz

P. Stotz, Handbuch der lateinischen Sprache des Mittelalters, 5 Bde. (HdbAW 2,5), München 1996–2004

ThLL

Thesaurus Linguae Latinae

TTH

Translated Texts for Historians

II. Quellen Die Abkürzungen für Autoren und Werke richten sich weitgehend nach ThLL (lateinisch), LSJ (griechisch profan) und Lampe (griechisch christlich).

Amm. = Ammianus Marcellinus, Res gestae V. Gardthausen, Ammiani Marcellini rerum gestarum libri qui supersunt, Bd. 1, Leipzig 1874. W. Seyfarth (Hg.), Ammianus Marcellinus, Rerum gestarum libri qui supersunt (BT), 2 Bde., Leipzig 1978 (ND 2011). E. Galletier / G. Sabbah / J.-D. Berger / E. Frézouls / J. Fontaine / M.A. Marié (Hgg.), Ammien Marcellin, Histoires (CUFr) 6 Bde., Paris 1968–99. Anon. post Dionem = Anonymus post Dionem (Continuator Dionis) C. Müller (Hg.), FHG 4, Paris 1968, 192–99. Anth. Graec. = Anthologia Graeca H. Beckby (Hg.), Anthologia Graeca, griechisch-deutsch, 4 Bde. (Tusculum), München 21965. P. Walz / J. Irigoin / R. Aubreton / F. Buffière (Hgg.), Anthologie grecque: Anthologie palatine, 12 Bde., Paris 1929–94. Apoll. Dysc. = Apollonius Dyscolus, De pronominibus R. Schneider, Grammatici Graeci, Bd. 2,1, Leipzig 1878 (ND Hildesheim 1965), 3–116. Ath(an). = Athanasios von Alexandreia h. Ar. = Historia Arianorum ad monachos (CPG 2127) H.-G. Opitz (Hg.), Historia Arianorum, in: Athanasius Werke, Zweiter Band, Die „Apologien“, 5. und 6. Lieferung, Berlin 1935–41, 183– 230. W. Portmann (Hg.), Geschichte der Arianer (Historia Arianorum), in: Athanasius, Zwei Schriften gegen die Arianer, eingel., übers. und komm. von (BGL), Stuttgart 2006, 190–285. Athen. = Athenaios von Naukratis, Deipnosophistai G. Kaibel (Hg.), Athenaei Naucratitae Deipnosophistarum libri XV,3 Bde., Leipzig 1887–90 (ND Stuttgart 1985–92).

Abkürzungsverzeichnis – Quellen

XVII

S. D. Olson (Hg.), Athenaeus, The Learned Banqueteurs, ed. and transl., Cambridge (Mass.) – London 2006–12. Aur. Vict. = Aurelius Victor, Historiae abbreviatae M. A. Nickbakht / C. Scardino, Aurelius Victor, Historiae abbreviatae (KFHist B 3), Paderborn 2021. Bed. = Beda Venerabilis chron. = Chronica maiora ad a. 725 eiusdem chronica minora ad a. 703. Th. Mommsen (Hg.), Chronica Minora 3 (MGH AA 14), Berlin 1898 (ND München 1981), 223–333. Cassiod. hist. = Cassiodor, Historia ecclesiastica tripartita W. Jacob / R. Hanslik (Hgg.), Cassiodorus, Epiphanius, Historia ecclesiastica tripartita (CSEL 71) Wien 1952. Cels. = A. Cornelius Celsus F. Marx (Hg.), Auli Cornelii Celsi quae supersunt (CML 1), Leipzig 1915. W. A. Golder (Hg.), Celsus und die antike Wissenschaft, Übers., Berlin 2019. Chron. Pasch. = Chronicon Paschale L. Dindorf (Hg.), Chronicon Paschale (CSHB 7), 2 Bde., Bonn 1832. M. Whitby / M. Whitby (Hgg.), Chronicon Paschale, 284–628 AD, transl. with notes and introd. (TTH 7), Liverpool 1989 (Teilübersetzung). Cod. Iust. = Codex Iustinianus P. Krueger (Hg.), Codex Iustinianus, Berlin 1877. P. Krueger (Hg.), Corpus Iuris Civilis, volumen secundum, Codex Iustinianus, Berlin 91915. Cod. Theod. = Codex Theodosianus Th. Mommsen / P. M. Meyer (Hgg.), Theodosiani libri XVI cum constitutionibus Sirmondianis et Leges novellae ad Theodosianum pertinentes, 3 Bde., Berlin 1905 (ND 1970). C. Pharr (Hg.), The Theodosian Code and Novels, and the Sirmondian Constitutions, trans. with comm., Princeton 1951.

XVIII

(C 1–21) Panegyrische Zeitgeschichte des 4. und. 5. Jh.

Cons. Const. = Consularia Constantinopolitana M. Becker / M. A. Nickbakht (Hgg.), (G 3) Consularia Constantinopolitana, in: M. Becker u. a. (Hgg.), Consularia Constantinopolitana und verwandte Quellen (KFHist G 1–4), Paderborn 2016, 30–57. Const. or. s. c. = Constantinus I Imperator, Constantini imperatoris oratio ad sanctorum coetum F. Winkelmann (Hg.), Constantins Rede an die heilige Versammlung, in: Eusebius Werke, Erster Band, Erster Teil, Über das Leben des Kaisers Konstantin (GCS 7), Berlin 21991, 149–92. K. M. Girardet (Hg.), Konstantin, Rede an die Versammlung der Heiligen, eingel. und übers. (FC 55), Freiburg 2013. M. Edwards (Hg.), The Orations of the Saints, in: Constantine and Christendom, trans. with comm. (TTH 39) Liverpool 2003, 1–62. Damas. Isid. = Damaskios, Vita Isidori C. Zintzen (Hg.), Damascii vitae Isidori reliquiae (Bibliotheca Graeca et Latina suppletoria 1), Hildesheim 1967. P. Athanassiadi (Hg.), Damascius, The Philosophical History, Text with Translation and Notes, Athen 1999. Diod. (Sic.) = Diodorus Siculus C. Th. Fischer / F. Vogel (Hgg.), Diodori Bibliotheca historica, 5 Bde., Leipzig 31888–1906. Ephr. hym. adv. Iulian. = Ephraem der Syrer, Contra Iulianum E. Beck (Hg.), Contra Julianum, in: Des Heiligen Ephraem des Syrers Hymnen de paradiso und contra Julianum, 2 Bde. (CSCO 174–75), Louvain 1957, 71–91 (Text) und 64–86 (dt. Übers.). S. N. C. Lieu / J. M. Lieu (Hgg.), Hymns against, Julian, the King, who apostasised and against the false teachers and against the Jews, in: S. N. C. Lieu (Hg.), The Emperor Julian Panegyric and Polemic. Claudius Mamertinus, John Chrysostom, Ephrem the Syrian (TTH 2), Liverpool 21989, 87–128. Epit. Caes. = Epitome de Caesaribus (Ps. Aurelius Victor) F. Pichlmayr / R. Gruendel (Hgg.), Sextii Aurelii Victoris Liber de Caesaribus, Leipzig 1970, 131–76. M. Festy (Hg.), Pseudo-Aurélius Victor, Abrégé des Césars (CUFr), Paris 22002.

Abkürzungsverzeichnis – Quellen

XIX

B. Court / A. P. Knöpges, Epitome de Caesaribus (KFHist D 3), Paderborn 2023. Eunap. = Eunapios exc. sent. = excerpta de sententiis U. Ph. Boissevain u. a. (Hgg.), Excerpta ex Eunapio, in: Excerpta historica iussu imp. Constantini Porphyrogeniti confecta, vol. 4, Excerpta de sententiis, Berlin 1906, 71–103. hist. fr. = Historiarum fragmenta C. Müller (Hg.), Fragmenta historicorum graecorum, vol. 4, Paris 1851, 7–56. R. C. Blockley (Hg.), The fragmentary classicising historians of the later Roman Empire. Eunapius, Olympiodorus, Priscus and Malchus, vol. 2, Text, Translation and Historiographical Notes (ARCA 10), Liverpool 1983, 1–150. F. Paschoud (Hg.), Les fragments de lʼouvrage historique dʼEunape correspondant aux deux premiers livres de lʼHistoire nouvelle de Zosime, in: L. Holtz / J.-C. Fredouille (Hgg.), De Tertullien aux Mozarabes, t. 1, Antiquité tardive et christianisme ancien (IIIe–VIe siècles). Mélanges offerts à Jacques Fontaine (Collection des Études Augustiniennes. Série Antiquité 132) Paris 1992, 613–25 (wieder in: ders. (Hg.), Eunape, Olympiodore, Zosime. Scripta minora [Munera 24], Bari 2006, 247–56). F. Paschoud (Hg.), Eunape, Fragments de l’ouvrage historique correspondant aux livres 3 et 4 (8–61 Müller) de l’Histoire nouvelle de Zosime, in: ders. (Hg.), Eunape, Olympiodore, Zosime. Scripta minora (Munera 24), Bari 2006, 504–53. vit. soph. = Sophistenviten I. Giangrande (Hg.), Eunapii Vitae sophistarum (SCL), Rom 1956. M. Becker (Hg.), Eunapios aus Sardes. Biographien über Philosophen und Sophisten. Einleitung, Übersetzung, Kommentar (Roma Aeterna 1), Stuttgart 2013. R. Goulet (Hg.), Eunape de Sardes: Vies de philosophes et de sophistes, 2 Bde. (CUFr), Paris 2014. M. Civiletti, Eunapio. Vite di filosofi e sofisti. Testo greco a fronte, Mailand 2007.

XX

(C 1–21) Panegyrische Zeitgeschichte des 4. und. 5. Jh.

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Abkürzungsverzeichnis – Quellen

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(C 1–21) Panegyrische Zeitgeschichte des 4. und. 5. Jh.

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(C 1–21) Panegyrische Zeitgeschichte des 4. und. 5. Jh.

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Erklärung der Siglen, Zeichen und Abkürzungen in Text und Apparat Zu den Siglen der Hss. vgl. die jeweiligen Editionen. test. / fr. *1 test. / fr. **1

unsicher, ob als Zeugnis oder Fragment anzusehen Zugehörigkeit des Zeugnisses (Fragments) unsicher

{aaa} ⟨aaa〉 (aaa) ⟦aaa⟧ `ααα´

vom Editor getilgte Buchstaben vom Editor hinzugefügte Buchstaben vom Editor aufgelöste Abkürzungen vom Schreiber oder anderer Hand getilgte Buchstaben vom Schreiber oder anderer Hand über der Zeile hinzugefügte Buchstaben unsicher erhaltene Buchstaben vom Editor gegenüber der Lesung eines Papyrus oder einer Inschrift geänderte Buchstaben (vgl. R. Merkelbach, ZPE 12 [1973] 211 f.) vom Editor in einer Lücke ergänzte Buchstaben unleserliche Reste von Buchstaben Zahl der in einer Lücke verlorengegangenen Buchstaben vom Schreiber freigelassener Raum im Umfang eines Buchstabens

ạạạ a͙a͙a͙

[aaa] ̣̣̣̣ [...] * Aa.c. Ap.c. Acorr. As.l. Amarg.

Lesart in A vor der Korrektur (ante correctionem) Lesart in A nach der Korrektur (post correctionem) korrigierte Lesart in A (was vorher in A stand, ist unklar) über der Zeile (supra lineam) übergeschriebene(r) Buchstabe(n) in A Lesart am Rand (in margine) von A

add. ca. cf. cod(d). coll. corr. del.

addidit vel addiderunt circa confer codex (-ices) collato correxit vel correctus, -a, -um delevit

L

(C 1–21) Panegyrische Zeitgeschichte des 4. und. 5. Jahrhunderts

dub. ed(d). ed. princ. leg. litt. om. sc. suppl. transpos. v.

dubitanter editor (-es) editio princeps legit litterae omisit vel omiserunt scilicet supplevit transposuit versus

Erklärung der Zeichen in der Übersetzung (?)

Unsicherheit in Gestaltung bzw. Verständnis des tradierten Textes

Allgemeine Einleitung I. Historische Bemerkungen In den theoretischen Äußerungen zum Genre der Geschichtsschreibung werden Panegyrik und Geschichtsschreibung scharf voneinander geschieden1. Xenophon hat dementsprechend Agesilaos in seinem Enkomion auf eine andere Weise behandelt als in seinem Hellenika-Geschichtswerk. Diese theoretisch geltende Unterscheidung wurde aber bereits sehr früh, nämlich ab dem Zeitpunkt aufgeweicht, in dem Geschichtsschreiber im Dienste mächtiger Potentaten agierten. Für Theopomp kann man noch unterschiedlicher Meinung sein, ob das Philippika-Geschichtswerk zumindest in der ursprünglichen Intention der Überhöhung Philipps diente2. Es stellt aber auf jeden Fall ein erstes Beispiel personenzentrierter Geschichtsschreibung dar, in der Geschichte als ein von einem Individuum maßgeblich gelenktes Geschehen erscheint3. Für die Geschichte der Alexanderzeit (Kallisthenes) und 1

Vgl. Ephoros FGrHist 70 F 111 (= Plb. 12,28,8–12); Lucian. hist. conscr. 8– 10. Zur Kritik Lukians an der Überschreitung der Gattungsgrenzen Zimmermann, Enkomion und Historiographie, 18. S. ferner S. Schorn, Historiographie, Biographie und Enkomion. Theorie der Biographie und Historiographie bei Diodor und Polybios, RSA 44 (2014) 137–64 zu Plb. 10,21,5–8; Diod. 10,12,1–3; Lucian. hist. conscr. 7. 2 In Abrede gestellt von M. A. Flower, Theopompus of Chios: History and Rhetoric in the Fourth Century B. C., Oxford 1994, 98. Klar ist aber, dass Theopomp die griechische Geschichte als Darstellung der πράξειϲ Philipps konstituierte (Plb. 8,13). 3 Zu unterscheiden ist diese Form der personenzentrierten Geschichtsschreibung von der Biographie, vgl. A. Momigliano, The Development of Greek Biography. Expanded Edition, London 1993, 63: „History went on being concerned with political events, even when they were guided and dominated by one man: biographical experiments turned on the personal life of the individual.“ Zum Begriff „personenzentrierte Geschichtsschreibung“ vgl. E.-M. Becker, Das Markus-Evangelium im Rahmen antiker Historiographie, Tübingen 2006, 193. Dihle, Entstehung der historischen Biographie 68 geht davon aus, dass diese Form der Geschichtsschreibung erst ab der Wende vom ersten zum zweiten Jahrhundert eine große Konjunktur erlebt, während im ersten Jahrhundert solche Werke nicht bezeugt seien. Nach Zimmermann 1998, 50 wird durch diese Schriften echte Zeitgeschichtsschreibung verdrängt: „Die zunehmende Verbreitung von Panegyrik und Enkomion und die Beherrschung der Öffentlichkeit durch diese Gattung hat seit der Zeit Hadrians Zeitgeschichtsschreibung unmöglich gemacht.“

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des Hellenismus ist evident, dass die Grenzen zwischen Enkomion und der personenzentrierten Geschichtsschreibung porös geworden waren. In der Kaiserzeit entstanden unter jeder einzelnen Regierung eine Flut historiographischer Werke, die die Großtaten und Verdienste des jeweiligen Herrschers detailliert darstellten. Diese Werke von ehrgeizigen Autoren, die sich Karrierevorteile und Begünstigungen versprachen, konnten wegen der Fokussierung auf die Herrscherperson einen stark biographischen Zug gewinnen, folgten aber sonst, wenn es um die Darstellung eines gerade bewältigten Feldzugs ging, den Konventionen einer auf die Darstellung militärischer Handlungen fixierten Historiographie. Für den Partherkrieg des Lucius Verus lässt die beißende Kritik Lukians die Vielfalt dieser historiographischpanegyrischen Produktion erkennen, unabhängig davon, ob die im Einzelnen genannten Autoren fiktiv sind oder nicht1. Eine ähnliche reichhaltige Produktion solcher Berichte muss es, wie aus einer Anspielung bei Plinius dem Jüngeren hervorgeht, auch für die Kriege und das Leben Trajans gegeben haben2. Nur durch den Zufall sind einige dieser Werke dann auch vollständig oder in größerem Umfang überliefert. Als prominente Beispiele, die das Spektrum verschiedener Herangehensweisen illustrieren, können die Augustusvita des Nikolaos von Damaskus3, das Geschichtswerk des Velleius Paterculus mit der Darstellung der Großtaten des Tiberius oder der „Jüdische Krieg“ des Josephus Flavius mit seiner lobenden Schilderung der Aktionen des Vespasian und des Titus angeführt werden. Meistens sind aber diese Werke aufgrund von Dynastiewechseln in der Versenkung verschwunden. Reste dieser Produktion sind nur dadurch erhalten, dass sie als Rohmaterial in größere Geschichtsdarstellungen eingegangen sind, etwa die flavische Geschichtsschreibung in die Historien des Tacitus oder die Zeitgeschichtsschreibung des 2. Jahrhunderts in das Geschichtswerk des Cassius Dio. Cassius Dio selbst war, bevor er mit dem Projekt einer kompletten Darstellung der römischen Geschichte begann, der Autor einer panegyrischen Geschichte des Aufstiegs des Septimius Severus4. Ammian hat immer wie1

K. Strobel, Zeitgeschichte unter den Antoninen: Die Historiker der Partherkriege des Lucius Verus, ANRW II 34,2, 1994, 1315–60; C. P. Jones, Culture and Society in Lucian, Cambridge – London 1986, 59–67. 2 Plin. pan. 54,2 für die Anfänge Traians. Vgl. Zimmermann, Enkomion und Historiographie 33 mit Anm. 83. 3 Dieses aus den Memoiren des Augustus schöpfende Werk bietet durchaus eine kleinteilige chronologisch-ereignisgeschichtliche Erzählung. 4 Z. Rubin, Civil War Propaganda and Historiography, Brüssel 1980, 49–84; J. Marincola, Autority and Tradition in Ancient Historiography, Cambridge 1997, 49.

Allgemeine Einleitung

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der für seine Darstellung der Geschichte Constantius’ II. aus panegyrischen Berichten geschöpft, ferner aus rühmenden Bulletins der Kaiser selbst1. Der Fall der von Ammian benutzten panegyrischen Berichte zeigt, wie schwer die Grenze zwischen Panegyriken im engeren Sinne und panegyrischer Zeitgeschichtsschreibung zu ziehen ist. Die beiden Reden Julians auf den Kaiser Constantius II. stellen beispielsweise in ihrer sehr detaillierten Geschichtserzählung die wichtigste Quelle für die Geschichte des Kampfes zwischen Constantius II. und Magnentius dar und bieten auch zahlreiche Informationen zur Erhebung Vetranios oder des Silvanus. Sie sind insofern für eine Untersuchung der Zeitgeschichtsschreibung relevant, als deutlich wird, dass Julian durchaus Erfahrungen im Sammeln zeitgenössischer Berichte und ihrer entsprechenden quasi-historiographischen Aufbereitung hatte2. Bei anderen Panegyrikern ist dagegen der erzählende Gehalt weniger gewichtig ausgefallen, insbesondere bei einigen der in den gallischen Panegyrici latini zusammengestellten Texten. In der Zusammenstellung der Fragmente des Moduls C werden die (meist griechischen) Autoren berücksichtigt, bei denen es Anhaltspunkte dafür gibt, dass sie zeitnah – in der Regel noch in der Regierungszeit des jeweiligen Kaisers3 – eine überwiegend erzählende Darstellung kaiserlicher Großtaten boten. Maßgeblich für die hier vorgenommene Zusammenstellung war zunächst die von Felix Jacoby für das vierte nachchristliche Jahr1

J. Szidat, Der Feldzug Constantius II. an der mittleren Donau im Jahre 358 n. Chr., Historia 21 (1972) 712–20; P. Barceló, Constantius II. und die Limiganten: Einige Präzisierungen zu Amm. Marc. XIX 11, Klio 74 (1992) 422–30. Zu den Bulletins vgl. Sabbah, Méthode dʼAmmien, 209. Dass solche Stücke in der vorliegenden Sammlung von fragmentarischen Resten panegyrischer Zeitgeschichtsschreibung des dritten und frühen vierten Jahrhunderts nicht aufgenommen sind, liegt daran, dass es nicht sinnvoll erschien, aus dem kompletten Textbestand bei Ammian durch quellenkritische Operationen einzelne Stücke zu isolieren. 2 Der Panegyriker Pacatus nimmt sogar für seinen Bericht fides in Anspruch, auf die sich historiographische Recherche stützen kann, vgl. Pan. 2 (12), 47,6: a me fidem sumet historia. Zur Nähe zur Historiographie s. S. Lunn-Rockliffe, Commemorating the Usurper Magnus Maximus. Ekphrasis, Poetry, and History in Pacatus’ Panegyric of Theodosius, JLA 3 (2010) 316–36, bes. 332–36. 3 Es gibt durchaus seltene Beispiele von nicht-panegyrischen historischen Darstellungen zu Lebzeiten der betreffenden Kaiser, vgl. A. Kaldellis, How Perilous Was It to Write Political History in Late Antiquity?, Studies in Late Antiquity 1, 38–64. Gerade im Fall der kurzen Regierung Julians sind umgekehrt einige panegyrische Darstellungen erst nach dessen Tod abgeschlossen worden, beginnend mit dem Epitaphios des Libanios. Es handelt sich allerdings um einen Sonderfall.

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hundert vorgenommene Sammlung von Autoren und Texten, die sich einerseits in der Rubrik „Spezialgeschichten. Kaiserzeit“, andererseits (in einem Fall) in der Rubrik „Autobiographien. Memoiren“ finden lassen1. Allerdings sind einige der von Jacoby berücksichtigten Fälle ausgeklammert2. Hinzu kommen dann weitere Autoren und Texte, die den von Jacoby nicht mehr berücksichtigten Zeitraum nach Julian betreffen oder die aus anderen Gründen nicht in seine Sammlung aufgenommen worden sind3. Neben den fragmentarischen Historikern ist auch die Origo Constantini (C 3) wegen ihrer Beziehungen zur zeitnahen rühmenden Geschichtsdarstellung als „kleiner“ historischer Text berücksichtigt worden. Eine gleichmäßige Berücksichtigung aller Kaiser von Diokletian bis zu Theodosius II. kann diese letztlich den Zufälligkeiten der Überlieferung folgende Auswahl nicht gewährleisten. Für die tetrarchische Ära sind in diesem Band keine Texte aufgenommen, da die Fälle, die man allenfalls anführen könnte, sich bei genauem Hinsehen als äußerst problematisch erweisen: 1.) Die Fiktion der Historia Augusta, in der Diokletian und die Tetrarchen als Adressaten zeitgeschichtlicher Abhandlungen genannt sind, setzt zwar durchaus voraus, dass es eine solche literarische Produktion in umfangreicher Form gegeben hat4. Die Historia Augusta weiß sogar von einem Claudius Eusthenius zu berichten, der angeblich die Biographien der einzelnen

1

Nämlich für Julian (C 6), mit seiner rühmenden Darstellung der eigenen Kriegstaten. Dem autobiographischen Genre werden bisweilen auch die Aufzeichnungen des Oreibasios (C 8) oder des Philagrios (C 12) zugerechnet, s. Leppin, Late Empire 418 f. Die Zuordnung zu einem Genre liegt angesichts der fließenden Grenzen im Auge des Betrachters. 2 Zum fiktiven Autor der tetrarchischen Zeit Claudius Eusthenius (FGrHist 218) s. die Ausführungen weiter unten. Nicht aufgenommen wurde FGrHist 224 Chorohbut – Eleazar mit seiner „Geschichte Schapurs und Julians“. Vgl. dazu Janiszewski, Missing Link 132–35; E. Delacenserie / P. Van Nuffelen, in: Van Nuffelen / Van Hoof, Clavis Historicorum 92 f. Er verfasste vermutlich eine Geschichte des Kampfes zwischen Schapur und Julian aus persischer Perspektive und gehört daher nicht zu den hier zusammengestellten Zeugen der Geschichtsschreibung aus römischer und kaiserlicher Perspektive. Ohnehin verbleiben gewisse Restzweifel an der Authentizität dieses Autors. 3 C 5 sowie 12–21. 4 Vgl. Hist. Aug. Car. 18,3–5: post quos Diocletianum et Maximianum principes di dederunt, iungentes talibus viris Galerium et Constantium, quorum vitam singulis libris Claudius Eusthenius, qui Diocletiano ab epistulis fuit, scripsit.

Allgemeine Einleitung

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Tetrarchen behandelt hat1. Aber da Claudius Eusthenius trotz einiger Versuche, seine Historizität zu retten, ein Phantom bleibt2, schien eine Berücksichtigung in den KFHist nicht sinnvoll. 2.) Für den Osten, in dem ehrgeizige Angehörige einer breiten städtischen Elite sich gegenüber den bis nach Ägypten reisenden Kaisern Diokletian und Galerius in Stellung bringen wollten, hat man in Soterichos von Oasis einen Vertreter panegyrisch-zeitgeschichtlicher Schriftstellerei sehen wollen. Aus der Suda-Notiz über Soterichos ergeben sich aber keine Anhaltspunkte, ob dessen Enkomion in irgendeiner Weise Ereignisgeschichte detailliert behandelte und die Qualität einer zeitgeschichtlichen Erzählung hatte3. Sollte eine Identifizierung mit dem auf Papyrus (P. Oxy. 4352 und P. Strasb. 480) erhaltenen Lobgedicht auf die Tetrarchen möglich sein4, müsste man dies wohl eher verneinen5. 3.) In einer unklaren Äußerung des Johannes Lydus über einen „römischen Historiker“ Serenus Sammonicus kann man vielleicht ein weiteres Beispiel für die Widmung eines zeithistorisch-panegyrischen Werks an die östlichen Tetrarchen Diokletian und Galerius erkennen6, aber der Titel und der Inhalt

1

Von Jacoby als FGRHist 218 berücksichtigt, vgl. auch V. Costa, Claudius Eusthenius (218) BNJ. 2 Hinter Claudius Eusthenius könnte sich Eusebius von Nantes verstecken, so F. Paschoud, Noms camouflés d’historiens du 4e siècle dans l’Histoire Auguste, Historia 44 (1995) 502–504. Vgl. KFHist A 7. 3 Suda ϲ 877,4 (p. 410, 11–15 Adler) Soterichos von Oasis: Ein epischer Dichter, er lebte unter Diokletian. Er schrieb ein Enkomion auf Diokletian; Bassarische oder Dionysische Geschichten in vier Büchern; Über Pantheia von Babylon; Über Ariadne; Leben des Apollonios von Tyana. Python oder Alexandriakos (es ist eine Geschichte Alexanders von Makedonien, als er Theben einnahm), und anderes. 4 Edition E. Livrea, Poema epico-storico attribuito a Soterico di Oasi, ZPE 138 (2002) 17–30; G. Agosti, POxy 4352 fr. 5. II. 18–39 (Encomio a Diocleziano), ZPE 140 (2002) 51–88; Zum Problem s. jetzt L. Focanti, The tetrarchs and the poet: Contextualizing the fragments of Soterichus of Oasis, in: E. Amato u. a. (Hgg.), Les historiens grecs fragmentaires d’époque impériale et tardive, Rennes 2021, 257–78. Vgl. Focanti, in: P. van Nuffelen, Clavis Historicorum, Nr. 438–40, S. 447–50; Miguélez Cavero, Poems in Context 44 f.; 63–65. 5 Episch-panegyrische Autoren werden nur dann in die Sammlung aufgenommen, wenn zumindest nicht ausgeschlossen werden kann, dass sie einen detaillierten quasi-zeithistorischen Bericht geboten haben. 6 Johannes Lydus mag. 3,32,6 erwähnt einen „römischen Historiker Sammonicus, der Diokletian und dem Greis Galerius eine Abhandlung ‚Über mannigfaltige Angelegenheiten‘ widmete.“ Er ist die Quelle für die meteorologischen und geographischen Ausführungen über die Donau in mag. 3,32,4 f. Vgl. die Literatur bei L.

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scheinen darauf hinzuweisen, dass es sich eher um ein poikilographisches Werk handelte. Wesentlich besser dokumentiert ist die panegyrische Geschichtsschreibung für Konstantin den Großen. In der Hauptsache liegt dies an der christlichen Wirkungsgeschichte dieses Kaisers. Diese hat dazu beigetragen, zeitgenössische Produktionen, die den späteren Heiligen der orthodoxen Kirche betreffen, zu konservieren. In allererster Hinsicht ist natürlich unter den Zeugnissen dieser unmittelbar zeitgenössischen Geschichtsschreibung die Vita Constantini Eusebs zu nennen. Sie ist zwar in mancher Hinsicht untypisch, weil Euseb seine eigenen theologischen Ziele verfolgt und einerseits Konstantin zum christlichen Idealkaiser verwandelt, andererseits sein Wirken in eine heilsgeschichtlich-kirchengeschichtliche Konzeption einfügt. Gleichwohl bietet die Vita Constantini für viele Passagen das vollständig erhaltene Beispiel eines zwischen Panegyrik und Zeitgeschichtsschreibung liegenden literarischen Werks. Ganz ähnliche Charakteristika wie die von Euseb verfasste Vita scheint die aus heidnischer, gleichwohl extrem konstantinfreundlicher Perspektive gearbeitete Biographie des Praxagoras aufgewiesen zu haben, mit der die Zusammenstellung der fragmentarischen Historiker des Moduls C einsetzt (C 1). Das Geschichtswerk des Praxagoras war in byzantinischer Zeit noch erhalten. Die relativ ausführliche Inhaltsangabe des Photios erlaubt es daher zumindest die wichtigsten Themen dieses Geschichtswerks nachzuvollziehen. Mit Bemarchios ist ein weiterer Vertreter dieser konstantinfreundlichen Geschichtsschreibung bekannt (C 2). In die Gruppe der fragmentarischen Autoren für die Epoche Konstantins ist dann auch der erste Teil des sogenannten Anonymus Valesianus, die Origo Constantini, eingefügt (C 3). Auch wenn nicht zu klären ist, ob dieses Textstück wirklich bereits in konstantinischer Zeit entstanden ist, enthält das isolierte Bruchstück auf jeden Fall Elemente panegyrischer Geschichtsschreibung und zeichnet sich durch tendenziöse Parteinahme zugunsten Konstantins aus1. Für die Zeit der Söhne Konstantins, insbesondere für die Regierung des Constantius II., sind Reste der panegyrischen Geschichtsschreibung kaum

Focanti, in: Van Hoof / Van Nuffelen, Clavis Historicorum 422. Zu verweisen ist auf Bleckmann, Überlegungen 32 f. 1 Etwa in der Darstellung der Heldentaten des jugendlichen Konstantin, vgl. Origo Constantini 3 f. S. insgesamt die historische Einleitung zur Origo Constantini.

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überliefert – eine Ausnahme könnte Kyllenios darstellen1 – und können allenfalls durch die Ammian-Analyse aufgespürt werden2. Hinzuweisen ist ferner darauf, dass die äußerst detailliert berichtenden Lobreden des Julian Caesar (or. I und III) mit ihren Darstellungen des Krieges zwischen Constantius und Magnentius oder der Unterdrückung des Silvanus-Aufstands deutliche Affinitäten zur panegyrischen Zeitgeschichtsschreibung haben. Ein möglicherweise panegyrisches Gedicht mit historischer Erzählung ist in der zeitgenössischen Dichtung der Senatorin Proba über den Krieg zwischen Constantius und Magnentius auszumachen. Für die Regierungszeit Julians sind dagegen zumindest für die Geschichte des Perserfeldzugs Namen und Werke in relativ großer Zahl bekannt. Letztlich verdankt sich dies dem Zufall, dass im wesentlichen drei Autoren, nämlich Libanios, Eunap und Malalas, in der Zeit Julians wirkende Schriftsteller und intellektuelle Persönlichkeiten in größerem Umfang nennen, bisweilen in ausführlichen Zitaten, bisweilen nur in flüchtigen Anspielungen. Zudem liegt eine ziemlich reichhaltige historiographische Überlieferung zu Julian vor, die auch dort, wo es keine namentlichen Erwähnungen von Quellenautoren gibt, eine Vorstellung von den Inhalten der zu Lebzeiten und unmittelbar nach dem Tode Julians entstandenen Literatur erlaubt. Den vollständigen Berichten Ammians, des Zosimos und der 18. Rede des Libanios, die das Beispiel eines sich einem historiographischen Bericht annähernden Epitaphios bietet3, ist eine nostalgische Perspektive gemeinsam, in der das religionspolitisch so einschneidende Scheitern des zur Lichtgestalt überhöhten Kaisers beklagt wird. Zwei dieser Berichte stammen von Zeitgenossen. Dabei hat Ammian im Unterschied zu Libanios selbst am Perserfeldzug Julians teilgenommen. Der Bericht des Zosimos stammt zwar erst aus späterer Zeit. Doch fasst er lediglich die Historien Eunaps zusammen. Eunap war zwar zum Zeitpunkt der Regierung Julians noch sehr jung4, doch konnte er 1

Vgl. Kyllenios (C 7). Vgl. dazu o. S. 3, Anm. 1. 3 F. Millar, Libanios’ Vorstellungen vom Nahen Osten, in: M. Blömer / M. Facella / E. Winter (Hgg.), Lokale Identität im Römischen Nahen Osten. Kontexte und Perspektiven. Erträge der Tagung „Lokale Identität im Römischen Nahen Osten“ Münster 19.–21. April 2007, Stuttgart 2009, 177–88, hier: „Vor allem aber dürfen wir die Tatsache nicht außer Acht lassen, dass Libanios auch ein bedeutender Historiker war. Seine sogenannte ‘Redeʼ XVIII, der Epitaphios für Julian, ist faktisch als eine sehr detaillierte Zeitgeschichte bzw. politische Biographie zu verstehen – in der Tat der früheste uns bekannte Bericht über die Regierung Julians.“ 4 Vgl. Eunap. fr. 8 Müller. 2

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zumindest – wie natürlich auch Ammianus und Libanios – die Erzählungen von Feldzugteilnehmern mit in seinen Bericht aufnehmen. In welchem Umfang dabei diese späteren Erzählungen aus zeitnahen Berichten, Hypomnemata oder Tagebüchern von Autoren schöpften, die dem Namen nach bekannt sind, ist nicht mehr zu ermitteln, weil der genaue Inhalt etwa der Werke des Oreibasios (C 8), des Philagrios (C 12) oder des Seleukos (C 13) oder Oreibasios offenbleiben muss. Am ehesten kann das Verhältnis später Erzählungen zum Zeitzeugen Magnos von Karrhai (C 10) bestimmt werden, weil von ihm – wenn auch in verzerrter Form – detailliertere Stücke erhalten sind. Während für Julian die historiographische Tätigkeit von Zeitzeugen umfangreich dokumentiert ist, sind für die folgenden Jahrzehnte die Zeugnisse sehr viel kärglicher. Reste eigentlicher panegyrischer Geschichtsschreibung sind in der vorliegenden Sammlung für diese Zeit nicht vertreten, sondern nur einige Spuren historischer Epik sowie ein Beispiel für die historische Invektive. Zunächst zur Epik: Die Autoren der Zeit des Theodosius II. Eusebios, Ammonios und Eudokia (C 16–18) stehen wie bereits Proba (C 5) und Kallistion (C 9) für einen Sonderfall historiographischer Produktion, nämlich die dichterische historiographische Darstellung im Versmaß. Solche Werke wurden auch noch unter den Kaisern Zenon und Anastasios verfasst, nämlich als Isaurika bzw. Persika betitelte Darstellungen der Kämpfe gegen Isaurier und Perser1 (C 19–21).

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C 19–21: Pamprepios, Christodoros und Kolluthos. Nicht berücksichtigt wurden die Isaurika des Kapiton Lykios. Es scheint sich dort eher um eine reine Regionalgeschichte mit antiquarischen Details gehandelt zu haben, wie sie Kapiton Lykios auch für Lykien und Pamphylien verfasst hat (FGHist 750 T 1). Der einzige Hinweis auf eine mögliche zeitgeschichtliche Perspektive besteht in der Erwähnung eines Konon aus Psimada im fünften Buch (FGrHist 750 F 10, vgl. Steph. Byz. ψ 10). Im Fragment wird auf die freundliche Aufnahme dieses Konon hingewiesen: „Kοnon aber, den Psimadeer, behandelte er, als er da war, mit großer Freundlichkeit“ (Übersetzung Billerbeck). Bedauerlicherweise ist nichts über Psimada bekannt. Konon wird gewöhnlich mit dem bekannten Isaurier Konon identifiziert, der zuerst Bischof von Apameia war und dann als General gegen Illus und Leontios kämpfte, vgl. Begass, Senatsaristokratie, 106 f. (Nr. 57). Bereits E. Schwartz, Capito (10), RE 3 (1899) 1527 ist aber skeptisch. Eine Identifizierung wäre wohl nur dann zwingend, wenn außerhalb der zusammenhanglosen und zeitlich nicht einzuordnenden Passage bei Kapiton Lykios irgendwo sonst Psimada als Herkunftsort des bekannten Konon belegt wäre.

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Bei den in Versen geschriebenen panegyrischen Darstellungen ist die Abgrenzung von der eigentlichen Historiographie fast ebenso schwierig wie die Trennung von Historiographie und Panegyrik in Prosa1. Die bloße Tatsache, dass Stücke in Versen geschrieben sind, genügt allein nicht zur Abgrenzung von der Geschichtsschreibung2. Denn es gibt Anhaltspunkte, dass Lobgedichte bisweilen eine genaue Abfolge von Ereignissen vorstellten und sich von einem historiographischen Bericht lediglich durch die Benutzung von Versen unterschieden habe könnten bzw. auf der Grundlage eines solchen historiographischen Berichts verfasst waren3. Dies gilt etwa für den bereits erwähnten Kallistos/Kallistion. In seinem Fall bezeugt der Kirchenhistoriker Sokrates, er habe Ereignisse des Perserfeldzugs dargestellt, und so hat ihn bereits Jacoby unter die Historikerfragmente aufgenommen. Ferner ist der Dichter Eusebios Scholastikos wohl Quellengrundlage für den sehr ausführlichen Bericht des Sokrates zur Gainas-Episode gewesen. An eine solche kleinteilig berichtende episch-historiographische Darstellung 1

Zur Frage der Einordnung der Johannis des Corippus H. Nissen, Historisches Epos und Panegyrikos in der Spätantike, Hermes 75 (1940) 298–325 (zu Corippus und Georgios von Pisidien); H. Hofmann, Überlegungen zu einer Theorie der nichtchristlichen Epik der lateinischen Spätantike, Philologus 132 (1988) 101–59; C. Schindler, Spätantike Geschichtsschreibung als heroische Epik: Die Maurenkriege des Johannes Troglita und die Iohannis des Flavius Cresconius Corippus, Electrum 13 (2007) 181–91; Schindler, Per carmina laudes 15–58; Riedlberger, Kommentar zum 8. Buch der Johannis 76–80. Die Unterscheidung zwischen historischer Epik und Panegyrikus bei Nissen, 324 veranlasst diesen, Georg von Pisidien nicht der historischen Epik zuzusprechen: „Auch die Expeditio Persica ist also kein historisches Epos, sondern der Anlage und dem Gesamtcharakter nach ein Panegyrikos wie die beiden andern Profandichtungen des Georgios, nur daß in diese epische Stücke in ständig wachsendem Umfang eingebettet sind.“ Zur Heraclias vgl. dens. 309: „Daß Georgios eine epische Darstellung der Feldzüge des Herakleios nicht beabsichtigt hat, geht unzweideutig aus dem Anfang des letzten Abschnittes hervor (144 ff.), wo er es ablehnt, Ortsbeschreibungen, Schilderungen von Märschen, Truppenansammlungen, Flußübergängen u. dgl. zu geben.“ 2 Vgl. Aristot. poet. 9, 1451 b (Übersetzung Fuhrmann): „Denn der Geschichtsschreiber und der Dichter unterscheiden sich nicht dadurch voneinander, dass sich der eine in Versen und der andere in Prosa mitteilt – man könnte ja auch das Werk Herodots in Verse kleiden, und es wäre in Versen um nichts weniger ein Geschichtswerk als ohne Verse.“ Cicero (Att. 1,19,10) nimmt für sein ihn selbst preisendes Werk in Anspruch, dass es nicht enkomiastisch, sondern historisch ist. 3 Vgl. zur parallelen Nennung von Geschichtsschreibern und Dichtern (die offenkundig als Gesamtgruppe betrachtet werden) für die Darstellung kaiserlicher Großtaten die Belege unten 11 Anm. 3.

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denkt anscheinend auch der Autor der Historia Augusta bei seiner Darstellung einer „Antoninias“, die die Regierung des Antoninus Pius und des Mark Aurel in dreißig Büchern behandelt haben soll1. Als Projekt kündigte Nemesian die epische Darstellung der Großtaten des Carinus und des Numerianus an2. Als erhaltenes Beispiel dieser Gattung kann die Johannis des Corippus betrachtet werden, auch wenn sich dieses Gedicht nicht mehr den Taten des Kaisers, sondern denen eines Generals widmete3. Vielleicht sind auch Anspielungen bei Sidonius Apollinaris zu Heronius in dem Sinne zu verstehen, dass dieser eine episch-historische Darstellung schrieb. Das 1

Hist. Aug. Gord. 3,3: Antoniniados (…) Antoninum Pium et Antoninum Marcum versibus disertissimis libris triginta. S. auch das bei Plin. ep. 8,4,1–3 beschriebene Vorhaben des Adressaten, beide Dakerkriege Traians Graecis versibus zu beschreiben. S. ferner das bellum Siculum des Cornelius Severus und Rabirius (s. Riedlberger, 77), die Darstellung der Germanicus-Expedition durch Albinovanus Pedo, das Projekt der Darstellung des Germanienfeldzugs Domitians (Stat. Theb. 1,16–34). Richtig Riedlberger, 77: „Es ist eine Illusion zu glauben, dass die auf uns gekommenen Bruchstücke der lateinischen Literatur einen vollständigen Eindruck ihrer Genre-Breite bieten. Insofern bin ich überzeugt, dass die Johannis nicht so singulär ist, wie vielfach angenommen wird.“ 2 Nemes. cyn. 63–85. 3 Die Darstellung von Großtaten von Generälen prägt bereits die hochkaiserzeitliche Geschichtsschreibung, wenn man an die Biographie Agricolas oder den Bericht über Corbulo denkt. Auf dieses Subgenre der Darstellung von Großtaten von Generälen wird aber in dieser Zusammenstellung nicht eingegangen, schon aufgrund des Fehlens von einschlägigem Material. Eine Ausnahme könnte der (vom General selbst verfasste?) Bericht zum Kampf des Promotus gegen Maximus gewesen sein, vgl. Van Nuffelen / Van Hoof, Clavis Historicorum, 406 f. (Nr. 398). Die auf Papyri erhaltenen Lobgedichte auf Feldherren, etwa die Blemmyomachie für einen General Germanos (vgl. M. Steinrück, Neues zur Blemyomachie, ZPE 126 [1999] 99–114), sind reine Produkte dichterischer Phantasie, vgl. die bei Miguélez Cavero, Poems in Context zusammengetragenen Zeugnisse (Nr. 43; Nr. 46; Nr. 54,4; Nr. 56 und 60). Zum Genre zählen auch die biographisch-militärischen Darstellungen von poströmischen Barbarenherrschern, vgl. zu Julian von Toledo mit seiner Historia excellentissimi Wambae regis bewegt sich „zwischen Panegyricus, Herrscherbiographie, Fürstenspiegel und historischer Monographie“, vgl. Hofmann, Geschichtsschreibung 429. Julian von Toledo orientiert sich stark an dem von Sallust gebotenen Modell vgl. S. Pabst, Das theologische Profil des Julian von Toledo. Das Leben und Wirken eines westgotischen Bischofs des siebten Jahrhunderts, Leiden 2021, 118–40; W. Drews, The Image of the Christian Ruler in the Catholic Monarchy of Visigothic Spain in Julian of Toledo’s Historia Wambae, in: P. Forness / B. Hasse-Ungeheuer / H. Leppin (Hgg.), The Good Christian Ruler in the First Millennium, Berlin – New York 2022, 311–26.

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würde die Vitalität dieser Gattung auch im ehemaligen Westen des Römischen Reiches bezeugen1. Die Invektivgeschichtsschreibung als Gegenstück zur panegyrischen Geschichtsschreibung hat für die Formung historiographischer Traditionen ohne Zweifel eine sehr große Rolle gespielt2. Zeitgeschichtsschreibung erfolgte cum ira et studio. Aus Johannes Antiochenus ist ein anonymes Stück zur Geschichte Jovians aufgenommen worden, das m. E. nicht Eunap (trotz dessen Neigung zur Invektivgeschichtsschreibung) zugewiesen werden kann und daher unter einer eigenen Nummer berücksichtigt werden muss. Abschließend ist zu bemerken, dass die zufällig erhaltenen Namen von Autoren, die panegyrische Zeitgeschichtsdarstellungen verfasst haben oder wenigstens das Projekt solcher Darstellungen verfolgten, in keiner Weise für den Umfang repräsentativ sind, in dem solche Werke verfasst wurden. Anspielungen wie die wiederholten Hinweise von Historikern auf eine Vielfalt von Geschichtsschreibern und Dichtern belegen die ursprünglich große Zahl dieser Autoren3. Für eine Rekonstruktion der Historiographiegeschichte ist es daher unentbehrlich, Hinweisen auf abgeschlossene und scharf profilierte Werke auch dann nachzugehen, wenn eine Namensetikettierung fehlt. Dem vermeintlich rigorosen Prinzip Jacobys, nur namentlich ausgewiesene Fragmente zu berücksichtigen4, ist die KFHist-Unternehmung im Unterschied zu anderen Fragmentsammlungen nicht verpflichtet. Vielmehr gehören nicht nur „kleine“, aber vollständig erhaltene Historiker, 1

Vgl. Sidon. epist. 1,9,7 mit Van Nuffelen / Van Hoof, Clavis Historicorum, 208 f. (Nr. 206). Weil allerdings nicht zu erkennen ist, ob das Werk in irgendeiner Weise zeithistorischen Charakter hatte, ist es in der vorliegenden Sammlung nicht berücksichtigt worden. 2 Ein frühes Beispiel dieser Geschichtsschreibung könnte Ephippos (FGrHist 126) dargestellt haben, s. allerdings die Gegenposition bei L. Gilhaus, Fragmente der Historiker: Die Alexanderhistoriker (FGrHist 117–153), Stuttgart 2017, 91 f. Zu verweisen ist ferner auf „Geschichtspamphlete“ wie das Werk des Laktanz (De mortibus persecutorum) oder die vierte und fünfte Rede des Gregor von Nazianz. Historisch-biographisch ist auch das Carmen contra paganos ausgerichtet. 3 Zos. 3,2,4 verweist auf die reiche Produktion von Schriftstellern und Poeten, die über das Leben Julians berichten. Viele Redenschreiber und Poeten zum Sieg des Konstantin über Maxentius: Liban. or. 59, 20. Vgl. bereits die πολλοὶ ϲυγγραφεῖϲ καὶ ποιηταί für die Zeit des Septimius Severus bei Hdn. 2,15,6. 4 Zum Prinzip Jacobys s. P. Van Nuffelen, John of Antioch, Inflated and Deflated: Or, How (Not) to Collect Fragments of Early Byzantine Historians, Byzantion 82 (2012) 437–50; Van Hoof / Van Nuffelen, Fragmentary Latin Histories, 2. S. allerdings meine Darlegungen im HA-Kolloquium von 2022.

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sondern auch rekonstruierte bzw. durch quellenkritische Operationen ermittelte Historiker zum Tableau. Aus diesem Grunde wurde neben der anonymen Geschichte über den Kaiser Jovian auch der „Anonyme Historiker zur Geschichte Julians bei Johannes Antiochenus“ in die vorliegende Sammlung aufgenommen. [B. B.] II. Grundsätze zur Textkonstitution Mit Ausnahme der Origo Constantini und Probas stammen die Fragmente dieser Historiker aus der indirekten Tradition. Die bedeutendsten Autoren sind dabei Libanios, Eunap, Ammianus Marcellinus, der Kirchenhistoriker Sokrates, Zosimos, Johannes Malalas, Johannes von Antiochia, Photios, die Konstantinischen Exzerpte und die Suda. Bei all diesen Autoren und Werken wurden die besten modernen Edition (vgl. dazu das Quellenverzeichnis) gewählt und miteinander verglichen. Nur bei der Textkonstitution der Origo wurde das Digitalisat der Berliner Handschrift Ms. Phill. 1885 herangezogen (vgl. dazu auch die Einleitung zu C 3). Zur Unterscheidung zwischen Testimonien und Fragmenten s. KFHist E 7, 1,113. Wörtliche Zitate werden in geraden Typen gedruckt, Testimonien, Paraphrasen und Inhaltsangaben kursiv. Um den kritischen Apparat nicht unnötig zu belasten, wurde nur eine Auswahl der Lesarten und Konjekturen berücksichtigt, die für das jeweilige Textverständnis relevant sind. Rein orthographische Varianten, Akzent- und Spiritusfehler, Itazismen und eindeutige Abschreibfehler besonders hinsichtlich von Personen- und Ländernamen wurden in der Regel nicht vermerkt, ebensowenig Sonderfehler einzelner Handschriften und willkürliche Schreiberänderungen. Der in der Regel negative kritische Apparat wird bei mehr als zwei Varianten oder unterschiedlichen Verbesserungsvorschlägen zur besseren Übersicht positiv. [C. S.]

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Einleitung I. Historische Bemerkungen Praxagoras von Athen hat zwischen Mitte der 320er und Anfang der 340er Jahre mindestens drei umfangreiche historisch-biographische Werke verfasst, von denen sich außer einem knappen Überblick bei Photios (bibl. cod. 62 = Jacoby FGrHist [II.2.B] 219 sowie Schol. in Phot. bibl. cod. 63) – welcher (abgesehen von prosopographischen Indizien im epigraphischen Material) auch die einzige Quelle zur Biographie des Praxagoras darstellt – nichts erhalten hat. Über die Wirkung einer Schrift Über die Könige von Athen (fr. 1,10) lässt sich nichts sagen, die zweibändige Geschichte Konstantins des Großen (fr. 1,1–9 u. fr. 2) wurde indes schon in der Antike breiter rezipiert und hat Spuren bis ins neunte Jahrhundert hinein hinterlassen, und mit seinen sechs Büchern Über den makedonischen König Alexander (fr. 1,10) hat Praxagoras die vielleicht umfangreichste spätantike Biographie des hellenistischen Königs verfasst. Das Werk des Praxagoras ist unter anderem deshalb so interessant, weil der Autor als mutmaßliches Mitglied eines prominenten paganen Aristokratenclans aus Athen eine dezidiert herrscherfreundliche Perspektive auf den ersten christlichen Kaiser Konstantin (und wahrscheinlich auch auf dessen Sohn und Nachfolger Constantius II.) entwickelt hat. Seinem nichtchristlichen historiographischen Ansatz ist wohl auch geschuldet, dass sich die Werke letztlich nicht erhalten konnten – auch wenn sie mit ihrer enkomiastischen Tendenz (anders etwa als die Geschichtswerke des Eunapios oder Zosimos) keinen Anlass zu grundsätzlicher Kritik vonseiten christlicher Rezipienten provoziert haben. II. Zum Verfasser Photios bietet eine Reihe an Hinweisen, aus denen sich die Grundzüge der Biographie des Praxagoras rekonstruieren lassen. Demnach war Praxagoras, Sohn eines gleichnamigen Vaters, Bürger Athens (fr. 1,1) und verfasste in konstantinischer Zeit – als offenbar prominenter Vertreter der paganen Religion (fr. 1,8) – mindestens drei umfangreiche historische Werke (fr. 1,9– 10) in ionischem Dialekt (fr. 1,11 u. fr. 2). Nach fr. 1,9 befand sich Praxagoras „in seinem zweiundzwanzigsten Lebensjahr“, als er ein Werk über

(C 1) Praxagoras

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Konstantin fertigstellte, das wahrscheinlich, wie sich aus fr. 1,7 schließen lässt, im Umfeld der Stadtneugründung Konstantinopels veröffentlicht wurde (von der Grundsteinlegung 324 über die Einweihung 330 bis zur Millenniumsfeier 333/34 kommen hier mehrere Daten infrage; s. u. S. 32–35). Nach fr. 1,10 hat Praxagoras knapp drei Jahre vor der Veröffentlichung der Geschichte Konstantins des Großen – „als er sein neunzehntes Lebensjahr vollendete“ – das Werk Über die Könige von Athen verfasst und neun Jahre nach der Konstantinsbiographie – „als er sich in seinem einunddreißigsten Lebensjahr befand“ – das Werk Über den makedonischen König Alexander publiziert1. Die erstgenannte Altersangabe entnahm Photios eigener Aussage zufolge dem Werk des Praxagoras (fr. 1,9: ὡϲ αὐτόϲ φηϲιν), und Gleiches kann sicher auch für die beiden anderen Angaben gelten: Möglicherweise sind alle drei Angaben dem Vorwort oder Nachwort einer erst in nachkonstantinischer Zeit entstandenen Auflage der Konstantinsbiographie entnommen, die Photios selbst vorlag2. Die handschriftliche Überlieferung der Altersangaben weist jedenfalls keine Unstimmigkeiten auf,3 die relative Chronologie scheint verlässlich zu sein. Ausgehend von der Datierung der Konstantinsbiographie lässt sich das Geburtsjahr des Praxagoras in das Jahrzehnt von 303 bis 313 ansetzen – mit einiger Wahrscheinlichkeit um 3094. Mit der Wendung ἀνεγνώϲθη Πραξαγόρου τοῦ Πραξαγόρου τοῦ Ἀθηναίου (fr. 1,1) bewahren die Codices Marcianus Venetus 450 (A) und 451 (M) das Patronym des Praxagoras, das zwar von einer Reihe an Editoren und Kommentatoren (insbes. Bekker, Müller und Henry) wegen Verdachts

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Ensslin, Praxagoras 1743 hat die Altersangaben offenbar bewusst verändert, ohne die Gründe hierfür zu explizieren; siehe dazu die Kritik bei Smith, Lost Historian 358 Anm. 8. 2 Vgl. Janiszewski, Missing Link 162 f. Die Werke über die Könige von Athen und über Alexander den Großen lagen Photios vermutlich nicht vor. Die wenigen Informationen, die er dazu bietet, könnte er einer biographischen Notiz zu Praxagoras etwa in einer aus nachkonstantinischer Zeit stammenden Auflage der Geschichte Konstantins des Großen (oder in einer von einem anderen Autor erstellten Kompilation oder Zusammenfassung) entnommen haben. Solche προκείμενα mit biographischen Hinweisen erwähnt Photios beispielsweise für eine Ausgabe des Helladios von Antinoupolis (bibl. cod. 279. p. 535 b ed. Bekker = FGrHist/BNJ 635). 3 Bei den Altersangaben gibt es in den Manuskripten keine Abweichungen, und die Bezeichnungen werden ausgeschrieben, so dass auch Verschreibungen späterer Kopisten unwahrscheinlich sind. 4 S. u. 32–36.

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auf Dittographie getilgt1, von Wilamowitz und Jacoby aber grundsätzlich akzeptiert wurde und inzwischen auch weithin anerkannt ist2. Der Historiker Praxagoras (PAA 786515) wird damit bei Photios als Sohn eines Praxagoras (PAA 786514) ausgewiesen, der allerdings nur hier bezeugt und über den nichts weiter bekannt ist3. Zur Familie des Praxagoras bietet Photios auch sonst keine Informationen, so dass die prosopographische Einordnung des Historikers über das Patronym hinaus unsicher ist. Dennoch lässt sich Praxagoras mit einiger Wahrscheinlichkeit in einem weit verzweigten Familiengeflecht verorten, das über mehrere Jahrhunderte zurückverfolgt werden kann4. Wilamowitz war der erste, der die Möglichkeit diskutiert hat, den Historiker einer inschriftlich und literarisch greifbaren aristokratischen Familie des kaiserzeitlichen Athens zuzuordnen, und er sah in diesen biographischen Bezügen auch den entsprechenden Hintergrund für das schon in jungem Alter stark ausgeprägte historiographische Interesse des Praxagoras sowie für dessen paganes Selbstverständnis5. Konkret hat Wilamowitz eine mögliche Beziehung zwischen dem Historiker und einem in Philostrats Vitae Sophistarum erwähnten Praxagoras ins Spiel gebracht, der auch epigraphisch als Archon des Jahres 154/55 nachgewiesen ist, zu dessen Familie Personen mit hohen Priesterämtern, nicht zuletzt in Eleusis, zählten und der sich in den frühen 170er Jahren gemeinsam mit verwandten Mitstreitern vor Marc Aurel in einem Konflikt um die Besetzung der Position des Kaiserkultpriesters gegen Herodes Atticus durchsetzen konnte6. Wilamowitz’ Hinweis wurde 1

Phot. bibl. cod. 62. p. 20 (ed. Bekker): ἀνεγνώϲθη ΠΡΑΞΑΓΟΡΟΥ τοῦ Ἀθηναίου; ed. Müller (FHG 4 p. 2): ἀνεγνώϲθη Πραξαγόρου [τοῦ Πραξαγόρου add. cod. A.] τοῦ Ἀθηναίου; ed. Henry: ἀνεγνώϲθη Πραξαγόρου τοῦ Ἀθηναίου. 2 Wilamowitz-Moellendorff, Lesefrüchte 313; Jacoby FGrHist 219. Vgl. Bleckmann, Zwischen Panegyrik und Geschichtsschreibung 209; Janiszewski, Missing Link 356 f.; BNJ 219 T1. Bemerkenswerterweise lässt Smith das Patronym in seiner Wiedergabe der fraglichen Stelle aus (Lost Historian 357: „[he has read] Praxagoras the Athenian’s History of Constantine the Great [composed in] two books“). 3 Über die Mutter sowie etwaige Geschwister oder Kinder ist nichts bekannt. 4 S. dazu das Stemma S. 48 f. 5 Wilamowitz-Moellendorff, Lesefrüchte 313 f. 6 Neben dem Verweis auf die entsprechende Stelle bei Philostrat (vit. soph. 2.1[559]) führt Wilamowitz speziell drei Inschriften an: (1) IG III 1121 = IG II/III2 2067 (indirekt über Graindor, Chronologie des archontes Athéniens, 160 Nr. 119); (2) IG III 1283 = IG II/III2 2342 u. 13620(A) = Agora 31.80 (SEG 48, 36 u. 63, 139); (3) IG III 676 = IG II/III2 3609. Dittenbergers Kommentar zur dritten hier genannten Inschrift bezieht sich auf ein früheres, von Boeckh entwickeltes Stemma

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zwar von Jacoby (FGrHist 219) aufgegriffen, ansonsten aber zunächst nicht weiterverfolgt. Erst jüngere Untersuchungen – unter anderem von Paweł Janiszewski (Missing Link), Rowland B. E. Smith (Lost Historian) und Christian Settipani (Revendications généalogiques) – haben die genealogische Verortung des Praxagoras (auch auf Basis der zwischenzeitlichen Fortschritte in Prosopographie und Onomastik sowie weiterer Inschriftenfunde) substanziell ausgearbeitet1. Demnach ist tatsächlich wahrscheinlich, dass Praxagoras (und dessen Vater) Mitglieder eines weitverzweigten altadligen Verwandtschaftsgeder Verwandtschaftsbeziehungen (in dessen Kommentar zu CIG I 385) sowie auf drei weitere Inschriften (IG III 678 = IG II/III2 3612; IG III 679 = IG II/III2 3613; IG III 680 = IG II/III2 3616), die für die Prosopographie des Familienverbands relevant sind und Wilamowitz zweifelsohne bekannt waren, auch wenn er in seinen „Lesefrüchten“ den Familienverbindungen nicht weiter nachgegangen ist. Zur Prosopographie siehe die Literaturverweise der nächsten Anmerkung. Wilamowitz datiert das Archontat fälschlich auf 157/58. Zum Konflikt mit Herodes Atticus s. Clinton, Sacred Officials 61–63, speziell zur Datierung des Konflikts s. J. H. Oliver, Marcus Aurelius: Aspects of Civic and Cultural Policy in the East, Princeton 1970, 66–84. Zum athenischen Kaiserkultpriester s. F. Camia, Political Elite and Priestly Posts in Athens during the Roman Imperial Period: Some Considerations, ZPE 188 (2014) 139–48, bes. 143–46. Die Mitstreiter aus der eigenen Familie: Julius Theodotus (Theodotos II. = K 83) und Demostratos (Demostratos II. = K 8). Auf eine mögliche verwandtschaftliche Beziehung zum ebenfalls involvierten M. Valerius Mamertinus weist Smith, Lost Historian 365 hin. 1 Insbesondere sind hier zu nennen die Untersuchungen von Boeckh in CIG I (S. 441 zu Nr. 385, mit Stemma der Verwandtschaftsbeziehungen); Dittenberger in IG III (S. 141 zu Nr. 676, mit Stemma); W. Dittenberger, Die Eleusinischen Keryken, Hermes 20 [1885] 1–40; Roussel, Athéniens mentionnés (Stemma S. 308 sowie weitere Stemmata); Sundwall, Prosopographia Attica (Stemma nach S. 4); Kirchner in IG II/III2 (mit Stemmata in Bd. 2.2, 694 zu Nr. 2342 sowie Bd. 3.1, 146 f. zu Nr. 3609); Oliver, Athenian Expounders, bes. 76–84 (Stemma S. 80 und 164); Kapetanopoulos, Leonides VII (mit Stemmata A–D); Avotins, Some Greek Sophists (Stemma S. 79); Kapetanopoulos, Athenian-Macedonian Marriage; Puech, Orateurs et sophistes 509–12 (Stemma S. 512) u. 513–15 (Claudii von Melite); Byrne, Roman Citizens of Athens; Clinton, Family of Eumolpidai and Kerykes, (Stemma S. 53); Smith, Lost Historian (Stemma S. 363); Settipani, Revendications généalogiques (Stemma S. 78 f.). Einträge zu den einzelnen Familienmitgliedern finden sich in PA; Roussel, Athéniens mentionnés; Sundwall, Prosopographia Attica; PIR2; M. Woloch, Roman Citizenship and the Athenian Elite (A.D. 96–161): Two Prosopographical Catalogues, Amsterdam 1973 (Claudii 2 u. Stemma S. 181); Clinton, Sacred Officials; Follet, Athènes; LGPN und PAA sowie für die Spätantike in PLRE.

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flechts waren, das unter anderem die Claudii von Melite aus dem Genos der Kerykes und die Casiani von Steiria aus dem Genos der Eumolpidai mit weiteren Familien aus Thorikos, Beroia, Sparta und anderen Städten verbindet. Als „key man“1 für die (allerdings nach wie vor nicht vollständig rekonstruierbare) genealogische Verortung des Historikers in diesem Clan gilt jener Ailios Praxagoras aus Melite, auf den bereits Wilamowitz hingewiesen hat: Dieser Praxagoras (Praxagoras II. = K 96)2 entstammt der Ehe eines gewissen Themistokles (Themistokles VI. = K 28) aus dem Haus der Claudii von Melite mit einer (nicht namentlich bekannten) Frau aus einer bis dahin weniger bedeutenden Familie aus Thorikos, die sich nach aktuellem Kenntnisstand nur bis zu ihrem Vater Praxagoras Thorikios? (Praxagoras I. = K 95) zurückverfolgen lässt3. In der Folge der Verbindung der beiden Familien tauchen im zweiten und dritten Jahrhundert weitere Perso1

Smith, Lost Historian 362. Die Angabe K 96 sowie äquivalent die jeweiligen Angaben im Folgenden verweisen auf die entsprechende Nummer im prosopographischen Katalog bei Kapetanopoulos, Leonides VII. Zu Ailios Praxagoras Meliteus siehe zudem R. Hanslik, Art. Aelius Praxagoras 4, RE 22,2 (1954) 1743; Clinton, Sacred Officials 61 Nr. 23; Follet, Athènes 278; Smith, Lost Historian 362–64. Der in IG II/III2 3710 bezeugte Klaudios Praxagoras (ll. 8 f.: Κλαυδίων Πραξα|γόρου) ist identisch mit Praxagoras II. (K 96), so Clinton, Sacred Officials 61 Nr. 23; Byrne, Roman Citizens of Athens 32; Smith, Lost Historian 364 Anm. 32; PAA 786550 (contra Follet, Athènes 281). Der Gentilname Klaudios ist für Ailios Praxagoras Meliteus nur in dieser Inschrift aus der Mitte des 3. Jahrhunderts bezeugt. 3 Dass Praxagoras I. (K 95 = PAA 786539, evtl. identisch mit 786535) aus Thorikos stammt, legen IG II/III2 3966 (ἀνέθη[κε Πραξα]|γόρου Θορικ[ίου]) sowie IG II/III2 1764 ll. 2 f. nahe, dort wird ein gewisser Πραξαγόραϲ ὁ καὶ Τιμόθεοϲ Θορίκιοϲ als Archon des Jahres 138/39 genannt (K 147), bei dem es sich möglicherweise um seinen Sohn handelt (der damit der Onkel des „key man“ Praxagoras II. [K 96] wäre); s. Byrne, Roman Citizens of Athens, Stemma 8. Der Beiname Timotheos könnte sich auf Timotheos I. Meliteus (K 54) beziehen und ebenfalls auf eine Verbindung mit den Claudii von Melite hindeuten; siehe Kapetanopoulos, Leonides VII 517 zu Nr. 147. Ein früherer Praxagoras (PAA 786500), der in LGPN und bei Smith, Lost Historian keine Berücksichtigung findet, lässt sich möglicherweise über ein beschriebenes Statuenbasisfragment aus Eleusis (ed. pr. A. N. Skias, Έπιγραφαί Έλευϲΐνοϲ, Εφημερίϲ Αρχαιολογική (1897) 33–66, 60 Nr. 41) rekonstruieren, das von K. Clinton, Eleusis and the Romans: Late Republic to Marcus Aurelius, in: M. C. Hoff / S. I. Rotroff (Hgg.): The Romanization of Athens. Oxford 1997, 161–82, bes. 167–70 (= SEG 47.220) mit IG II/III2 3261 in Verbindung gebracht wurde und im Zusammenhang mit dem Kaiserkult in augusteischer Zeit evtl. einen Πρ]αξαγ[όρου? nennt, dessen Beziehung zu den oben genannten Personen desselben Namens aus Thorikos allerdings unklar bleibt. 2

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nen des Namens Praxagoras sowie eine Praxagorē innerhalb des Familienverbunds auf1. Von der besagten Praxagorē (K 94), einer Enkelin des „key man“, und ihrem Mann L. Gellios Xenagoras (Xenagoras II. = K 46) geht ein Familienzweig aus, der sich über vier weitere Generationen bis zum frühen vierten Jahrhundert verfolgen lässt2: Der letzte in lückenloser Linie bezeugte Vertreter dieses Zweigs ist ein eleusinischer Hierophant (K 84), dessen Name in der Tabula genealogica (IG II/III2 2342), die seine Abstammung aufschlüsselt, unerwähnt bleibt3. Diesem Familienzweig könnten auch der Historiker Praxagoras und dessen Vater entstammen4. Unter Umständen lässt sich dieser Familienstrang sogar bis ins frühe sechste Jahrhundert zum neuplatonischen Philosophen Hēgias, einem Schüler des Proklos, und seinen Söhnen weiterverfolgen5: Polymnia Athanassiadi zufolge war die Urgroßmutter des Neuplatonikers, Asklepigeneia6,

1

Siehe die entsprechenden Einträge in LGPN II 378 s. v. Πραξαγόρα (4) und Πραξαγόραϲ (1)–(13) sowie PAA 786480 und 786525 (die möglichen Verwandtschaftsbeziehungen dieses Πραξαγόραϲ Μαμερτείνου [IG II/III2 2210 l. 35] diskutiert Smith, Lost Historian 364 f. mit Anm. 40), 786535, 786539, 786540, 786549, 786550, 786551, 786555. Die meisten kaiserzeitlichen Namensbelege für Praxagoras können dem fraglichen Familienclan zugeordnet werden, eine Praxagorē ist für die Kaiserzeit überhaupt nur einmal bezeugt. Unklar ist die Verortung von PAA 786500 (s. o. S. 19 Anm. 3) und 786565 sowie die Identifizierung von PAA 786505 und 786510. Für die Zeit der ausgehenden Republik lassen sich Träger des Namens zudem für Karystos (PAA 786574, 786575) und Milet (PAA 786585) nachweisen. 2 In direkter Linie folgen der Sohn L. Gellios Xenagoras (Xenagoras III. = K 47), dessen Tochter Gellia Dionysia (K 79), deren Sohn Xenagoras (Xenagoras IV. = K 48) und schließlich dessen Sohn (K 84), der in IG II/III2 2342 hieronymischer Konvention gemäß lediglich als Ἱεροφάντηϲ bezeichnet wird. 3 PAA 532890; Follet, Athènes 273 f. 4 Andere Abstammungsverhältnisse sind ebenfalls möglich (etwa über eine der Linien, die auf Tib. Klaudios Philippos Meliteus [K. 105], den Bruder der Praxagorē, zurückgehen, oder über die nicht weiter greifbare Nachkommenschaft des Praxagoras Meliteus [K 127], wahrscheinlich ein Cousin der Praxagorē), aber weniger plausibel; s. Smith, Lost Historian, bes. 367 f. In jedem Fall ist wahrscheinlich, dass Praxagoras von Athen und sein gleichnamiger Vater auf die ein oder andere Weise zum oben angeführten Familienverbund rund um die Claudii von Melite gehörten. Smith, Lost Historian 267 f. spekuliert „that the ‚Hierophantes’ who traced his lineage back to Praxagoras II may also have had a son named after him“. 5 Hēgias: PAA 481770 = PLRE 2 Hegias. 6 PLRE 2 Asclepigeneia 1 (nicht in PAA erfasst).

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wahrscheinlich mit einem Archon namens Hēgias1 verheiratet2, dessen Abstammung Christian Settipani plausibel auf den Zweig der Claudii von Melite zurückführt3, der im frühen vierten Jahrhundert jenen Hierophantes (K 84) hervorgebracht hat, von dem auch Praxagoras abstammen könnte – und dessen Großvater (K 23) wie auch der Urgroßvater (K 22) ebenfalls den Namen Hēgias trugen4. Über einen anderen Familienzweig besteht möglicherweise auch eine Verbindung zum Geschichtsschreiber und Sophisten Onasimos, der als Zeitgenosse des Praxagoras gewirkt und ebenfalls ein biographisches Werk über Konstantin (so Kotula) oder ein Enkomion auf Konstantin anlässlich von dessen Sieg über den kyprischen Usurpator Kalokairos (Janiszewski) ver1

PAA 480350 (nicht in PLRE erfasst). Dieser Hēgias, Sohn des Timokrates (PAA 887920), ist in IG II/III2 3692 bezeugt, die Inschrift hat Sironen, Life and Administration 26–28 Nr. 11 (unter Rekurs auf Graindor, Chronologie des archontes Athéniens 287–89 Nr. 208) überzeugend ins späte vierte Jahrhundert datiert (Kirchners Angabe „ante med. s. III p.“ in IG II/III2 Bd. 3.1, 164 ist offenkundig ein Versehen, ebenso die Angabe „the later fifth century“ bei Sironen, Life and Administration 27 Anm. 62). 2 Athanassiadi, Damascius 253 Anm. 277. 3 Settipani, Revendications généalogiques 57–80 (= SEG 63, 139), mit umfassendem Stemma zur „généalogie d’Hègias“ auf S. 78 f. Der Zusammenhang ergibt sich aus einer möglicherweise von Pamprepios von Panopolis (H. Gerstinger [Hg.], Pamprepios von Panopolis. Eidyllion auf die Tageszeiten und Enkomion auf den Archon Theagenes von Athen, nebst Bruchstücken anderer epischer Dichtungen und zwei Briefe des Gregorios von Nazianz im Pap. Gr. Vindob. 29788 A–C, Wien 1928; E. Heitsch, Die griechischen Dichterfragmente der römischen Kaiserzeit, Göttingen 1961, 118–20 Nr. 35.4) verfassten Eloge auf Theagenes (PAA 501540 = PLRE 2 Theagenes), den Vater des Neuplatonikers, in der die Abstammung des Laudandus in einer Weise dargelegt wird, die klare Übereinstimmungen mit den genealogischen Ansprüchen aufweist, wie sie auch in den Gene der Eumolpidai und der Kerykes geltend gemacht wurden (s. bes. Settipani, Revendications généalogiques 70). Allerdings verlegt Settipani Hēgias, den Sohn des Timokrates, entgegen der von Sironen (s. o. Anm. 1) vorgeschlagenen Datierung in die erste Hälfte des vierten Jahrhunderts, verortet ihn im Gegensatz zu Athanassiadi in der väterlichen Linie und postuliert ohne Quellengrundlage die Existenz eines weiteren Hēgias als Großvater väterlicherseits des neuplatonischen Scholarchen. Die vermeintlichen Widersprüche lassen sich auflösen: Theagenes könnte durchaus eine Cousine ersten oder zweiten Grades geheiratet haben. 4 Bei diesen beiden Hēgias handelt es sich wahrscheinlich um Pub(lius) Pom(ponius?) Hēgias Phalereus (Hēgias I. = K 22) und dessen Sohn (Hēgias II. = K 23). Ein Stemma ihrer nächsten Verwandtschaft bietet Kirchner in IG II/III2 (Bd. 3.1, 162 zu Nr. 3687).

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fasst haben könnte1. Die fragliche genealogische Beziehung besteht über die Ehe von Annia Stat[ilia? Satur?]nila (K 99)2, der Enkelin von Tib. Klaudios Sospis Meliteus (Sospis II. = K 101)3, mit dem Sophisten Valerius Apsines

1

PLRE 1 Onesimus 2 (evtl. identisch mit PLRE 1 Onesimus 1); FGrHist 216; KFHist A 8. Suda ο 327 s. v. Ὀνάϲιμοϲ, vgl. Suda α 4734 s. v. Ἀψίνηϲ (Vater des Onasimos: PLRE 1 Apsines 1; Janiszewski et al., Prosopography 46 f. Nr. 130) und α 4736 s. v. Ἀψίνηϲ (Sohn des Onasimus: PLRE 1 Apsines 2; s. Eunap. vit. soph. 9.1.1; vgl. Janiszewski et al., Prosopography 47 Nr. 131). Überblick über Leben und Werk: Janiszewski, Missing Link 332–52 (mit genealogischem Stemma auf S. 342); Janiszewski et al., Prosopography 267–69 Nr. 760 (mit umfassender Bibliographie). Onasimos als Verfasser einer Konstantinsbiographie: T. Kotula, En marge de l’usurpation africaine de L. Domitius Alexander, Klio 40 (1962) 159–77 bes. 175– 77; als Verfasser eines Enkomions: Janiszewski, Missing Link 349. Wie belastbar die Hinweise in der Historia Augusta auf Onasimos und seine vita Probi sind, die dort auch im Zusammenhang mit Carus, Carinus und Numerianus angeführt wird, wird unterschiedlich bewertet. Bleckmann (in KFHist A 8) beurteilt die Identifikation des in der Suda genannten griechisch schreibenden Ὀνάϲιμοϲ mit dem in der Historia Augusta erwähnten Verfasser einer lateinischen Probusbiographie kritisch und sieht auch keine direkten Hinweise auf Schriften mit Bezug zu Konstantin. Zu Kalokairos: PLRE 1 Calocaerus; W. Kroll, Art. Kalokairos, RE 10,2 (1919) 1757; M. Salamon, Calocaerus: „Magister pecoris camelorum“ e l’indole della sua rivolta in Cipro nel 334, in: Studi in onore di Arnaldo Biscardi, Bd. 5, Mailand 1984, 79–86; B. Bleckmann, Art. Calocaerus, DNP 2 (1997) 940. 2 PIR2 S 811. Die Ehe ist inschriftlich bezeugt: Oliver, Greek and Latin Inscriptions. Nr. 65 ll. 3–6: Ἀννίαν Ϲτατ[ι] [ ........ ]|νείλαν, γυναῖ[κα] τοῦ κρατί|ϲτου Οὐαλε[ρ]ίου Ἀψίνου | τοῦ ϲοφιϲτοῦ. fr. A: G. P. Oikonomos, Ἐπιγραφαì ἐκ τῆϲ ἐν Ἀθήναιϲ ἀγορᾶϲ, Αρχαιολογική Εφημερίϲ (1911) 222–42, bes. 235 f. Nr. 9 (ed. pr.) = IG II/III2 4007; fr. B: Oliver, Greek and Latin Inscriptions 260 f. Nr. 65 (ed. pr.). Zu Annia Stat[ilia? Satur?]nila: Oliver, Athenian Expounders 78–81 (mit Stemma auf S. 80); Kapetanopoulos, Leonides VII, Nr. 99; Avotins, Some Greek Sophists 73, 78–80 (mit Stemma auf S. 79); W. Eck, Art. Annia Stat[ilia? Satur?]nila, RE Suppl. 14 (1974) 48; Follet, Athènes 42 u. 291. 3 Tib. Claudios Sospis: PIR2 S 785 = LGPN s. v. Ϲῶϲπιϲ (2); s. Oliver, Athenian Expounders 78, 80; Kapetanopoulos, Leonides VII, Nr. 101; Follet, Athènes 290– 92. Avotins, Some Greek Sophists 73–76, 78–80 hat die (ansonsten allerdings skeptisch aufgenommene) These vertreten, der andere Großvater sei der Archiereus Tib. Klaudios Lysiades (Lysiades III. = LGPN s. v. Λυϲιάδηϲ [24]) gewesen; siehe auch M. Woloch, Roman Citizenship and the Athenian Elite (A.D. 96–161): Two Prosopographical Catalogues, Amsterdam 1973, 190 f. Nr. 64; Janiszewski, Missing Link 355.

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von Gadara (K 75)1, ein möglicher Vorfahr des Onasimos. Sospis II. war ein Cousin der Praxagorē2. Dass Praxagoras von Athen Mitglied dieses prominenten und weit verzweigten aristokratischen Familienclans war, der über Jahrhunderte hinweg wichtige Ämter in Athen besetzt, eine entscheidende Rolle im eleusinischen Kult gespielt und die griechische Philosophie und Sophistik bis in die Spätantike hinein mitgeprägt hat, lässt sich zwar bisher nicht abschließend verifizieren, ist aber durchaus wahrscheinlich. Dieser Hintergrund konturiert nicht nur den dezidiert paganen Charakter von Praxagoras’ historiographischem Zugang zur konstantinischen Dynastie, er trägt auch zum Verständnis der Werke über die Könige von Athen und Alexander den Großen bei und macht mit Blick auf einen entsprechenden Bildungshintergrund die persönlichen Voraussetzungen dafür verständlich, dass Praxagoras bereits im ausgehenden Jugendalter seine erste große Schrift hervorbringen konnte3. Das Interesse an den Königen von Athen lässt sich dabei ebenso wie die Beschäftigung mit Alexander dem Großen in Beziehung setzen zur Vorstellung der Eumolpidai und Kerykes, ihre Familiengeschichte sei eng mit der frühen Geschichte Athens verwoben und lasse sich über eine makedonische Seitenlinie auch mit dem hellenistischen Herrscher in Verbindung bringen: Für den Bezug zu Alexander war offenbar Honoratianos Polycharmos (K 93) entscheidend – „a gentlemen from Makedon“ (Kapetanopoulos, Athenian-Macedonian Marriage 260) –, der zu Beginn des dritten Jahrhunderts eine Ehe mit Klaudia Themistoklea (K 24) eingegangen ist, einer Urenkelin des „key man“ Ailios Praxagoras (K 96)4. Dass die Gene der Eumolpiden 1

PIR2 A 978. Kapetanopoulos, Leonides VII Nr. 75; J. H. Oliver, Roman Senators from Greece and Macedonia, in: Atti del Colloquio Internazionale AIEGL su Epigrafia e Ordine Senatorio, Bd. 2 (Tituli 5), Rom 1982, 583–602, bes. 596; Puech, Orateurs et sophistes (SEG 52, 1991), 124–26 Nr. 30; Janiszewski et al., Prosopography 45 f. Nr. 129. 2 Sein Vater Tib. Klaudios Lysiades Meliteus (Lysiades VII. = K 40) war der Bruder von Praxagorēs Vater Tib. Klaudios Demostratos Meliteus (Demostratos II. = K 8). 3 Vgl. Smith, Lost Historian 359, 368. 4 Aus der Mitte des dritten Jahrhunderts stammt die Inschrift auf der Basis einer Ehrenstatue für Iunia Themistoklea (K 25), die deren Mutter Honoratiane Polycharmis (K 50), Tochter des Honoratianos Polycharmos und der Klaudia Themistoklea, unter anderem (s. die nächste Anm.) für ihre Abstammung von Alexander dem Großen preist: IG II/III2 3679 = I. Eleusis 648: ἀγαθῆι τύχηι. | ἡ ἀπὸ δᾳδούχων | καὶ γένουϲ ἀπὸ Πε|ρικλέουϲ καὶ Κόνω|νοϲ, κατὰ δὲ | Μακεδό|νεϲ ἀπὸ Ἀλεξάν|δ⟨ρ⟩ου Ὁνορατιανὴ | Πολυχαρμὶϲ τὴν | ἀφ’ ἑϲτίαϲ Ἰουνίαν | Θεμιϲτό-

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(C 1) Praxagoras

und der Kerykes darüber hinaus für sich in Anspruch nahmen, nicht nur von athenischen Größen der klassischen Zeit wie Konon, Perikles und Themistokles, sondern auch von den mythischen Königen Athens abzustammen, lässt sich schon früher greifen und bis in die Spätantike hinein nachvollziehen1. Dass sich aus der besonderen Bedeutung der Eumolpidai und der Kerykes im kaiserzeitlichen Athen auch immer wieder direkte Kontakte zum Verwaltungszentrum der römischen Monarchie sowie speziell zum römischen Herrscherhaus ergaben, ist für die Bewertung der von Praxagoras verfassten Herrscherbiographien wohl ebenfalls relevant: Als er in den späten 320er oder frühen 330er Jahren die Entscheidung traf, den jüngst zum Alleinherrscher aufgestiegenen Konstantin zum Gegenstand seines zweiten großen Werkes zu machen, war Praxagoras erst Anfang zwanzig; der bemerkenswerte Schritt des jungen Autors ist zweifelsohne im breiteren Kontext der Bemühungen von Mitgliedern der Elite Athens zu sehen, nach dem Bürgerkrieg von 316/17, als Konstantin die Kontrolle über Griechenland zugefallen war, Beziehungen zum neuen Machtzentrum auf- und auszubauen2. Mit vergleichbarer Intention scheint Praxagoras dann später, κλειαν | τὴν θυγατέρα. Zu Honoratianos Polycharmos, der aus Beroia stammte (EKM 1 Beroia 99 = A. B. Tataki, Ancient Beroea: Prosopography and Society, Athen 1988, 239 Nr. 977; ed. pr. O. Walter, Archaeologische Funde in Griechenland von Frühjahr 1940 bis Herbst 1941, Archäologischer Anzeiger 57 [1942] 99– 200,178 Nr. 16), s. insbes. Kapetanopoulos, Athenian-Macedonian Marriage 260– 62; zu Iunia Themistokleia s. a. Clinton, Sacred Officials 112 Nr. 52. 1 Die Abstammung von den Daduch*en sowie von Perikles, Konon und Themistokles wird behauptet in IG II/III2 3546, IG II/III2 3679 = I. Eleusis 648, IG II/III2 3688 und Paus. 1,37,1; s. dazu grundlegend J. K. Davies, Athenian Propertied Families, 600–300 B. C., Oxford 1971, 219 f.; Clinton, Sacred Officials 50–57; Clinton, Family of Eumolpidai and Kerykes. Auch charakteristische Namensgebungen in der Familie (beispielsweise der Name Timotheos; s. Kapetanopoulos, Leonides VII 508 zu Nr. 54) zeugen von entsprechenden genealogischen Ansprüchen. Dass sich die Kerykes auf die Könige von Athen zurückführen, zeigt sich zudem in IG XIV 1389 = IGUR III 1155 (s. a. W. Ameling, Herodes Atticus, Bd. 2 Inschriftenkatalog, Hildesheim 1983, 153–59 Nr. 146), bes. ll. 30–37, einem Gedicht des Marcellus von Side auf Regilla, die verstorbene Frau des Herodes Atticus, der nach l. 33 ebenfalls zum Genos der Kerykes gehörte und seine Abstammung auf Kekrops (l. 30) und Theseus (l. 33) zurückführte. Der Bezug zu Kekrops, Erechtheus und Theseus ist noch in einer Eloge (des Pamprepios von Panopolis?) aus dem 5. Jh. zu greifen; s. o. S. 21 Anm. 3. S. hierzu auch Settipani, Revendications généalogiques, bes. 70 f. 2 Geagan, Athenian Constitution 18–31; G. Fowden, Nicagoras of Athens and the Lateran Obelisk, JHS 107 (1987) 51–57, bes. 52 f.; Lenski, Constantine and the

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nach dem Herrschaftsantritt von Constantius II., das umfangreiche Werk über Alexander verfasst zu haben. Für beide Werke ist eine Widmung an den jeweiligen Kaiser wahrscheinlich (s. u. 35 u. 44). Sein prominenter familiärer Hintergrund wird es Praxagoras erleichtert haben, den Zugang zum apparatus imperii der konstantinischen Dynastie zu finden1. Wie erfolgreich das Bemühen um Herrschernähe jeweils war, lässt sich allerdings nur vermuten. Immerhin deuten die von Photios referierten Altersangaben darauf hin, dass sich Praxagoras in einem biographischen Vor- oder Nachwort zu einer Werkausgabe seiner außergewöhnlichen Biographie rühmte, und zu einer solchen würde jedenfalls auch eine wie auch immer geartete kaiserliche Anerkennung seines literarischen Schaffens gut passen. Die persönlichen Voraussetzungen des Praxagoras werden auch dazu beigetragen haben, dass sich die Schriften gut verbreiten konnten und Rezipienten fanden. Dem religionspolitischen Wandel aber ist geschuldet, dass der historiographische Zugang des Praxagoras rasch zu einem Auslaufmodell wurde, dass seine Sicht auf die Geschichte vornehmlich bei paganen Autoren verfangen konnte und dass die Werke letztlich doch weitgehend in Vergessenheit gerieten2. Dass wahrscheinlich kurz nach dem Herrschaftsantritt von Constantius II. – als Praxagoras gerade einmal dreißig Jahre alt war – das Werk Über den makedonischen König Alexander erschien, ist bereits das späteste Ereignis im Leben des Historikers, das sich aus den Quellen ermitteln lässt. Nur spekuliert werden kann über die Frage, weshalb wir anschließend nichts mehr von ihm hören: Ob er die mit seiner literarischen Betätigung verfolgten Ziele erreicht oder ihn der religionspolitische Wandel zur Aufgabe des historiographischen Schaffens bewegt hat – oder ob er schlicht früh verstorben ist – bleibt offen3. Cities. Fowden nennt die Bewilligung einer kostenlosen Getreideversorgung Athens durch Konstantin (Iul. imp. or. 1,8c–d), die Ernennung Konstantins zum Hoplitengeneral (vgl. Geagan, Athenian Constitution 30) sowie die Präsenz des Sopater (eines Iamblichos-Schülers) am Kaiserhof (Eunap. vit. Soph. 6,2). 1 Als apparatus imperii bezeichnet Paneg. 5(8),2,1 den konstantinischen Herrschaftsapparat. 2 Zur Wirkung s. u. S. 40. 3 Optatian hat seine literarische Tätigkeit in dem Moment eingestellt, als er beim Kaiser Anerkennung für sein Werk fand und mit einem hohen Amt ausgezeichnet wurde (s. Wienand, Publilius Optatianus Porfyrius); auch von ihm hören wir im Anschluss nichts mehr. Religiös neutrale und nichtchristliche Ansätze in der Geschichtsschreibung bestehen nach Konstantin freilich fort (nicht nur unter Julian; s.

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II. Zum Werk 1) Allgemeines Die Kenntnis der Werke des Praxagoras basiert ausschließlich auf dem knappen Überblick, den Photios in seiner Bibliothekē bietet (bibl. cod. 62 = FGrHist 219 = fr. 1,1–11), sowie auf einem wahrscheinlich ebenfalls von Photios stammenden Scholion (bibl. cod. 63. 22 a 12–17 = fr. 2), das in den Handschriften dem Praxagoras-Exzerpt vorausgeht, in den maßgeblichen Editionen aber bei einer Stelle im Prokop-Exzerpt angeführt wird, auf die es sich bezieht (s. u. S. 36 f.). Photios nennt drei Werke des Praxagoras: Eine Schrift Über die Könige von Athen (fr. 1,10), eine Geschichte Konstantins des Großen (fr. 1,1–9 u. fr. 2) und ein Werk Über den makedonischen König Alexander (fr. 1,10), zu denen er jeweils Angaben zu Werktitel, Anzahl der Bücher und Stil sowie zum jeweiligen Alter des Verfassers zum Zeitpunkt der Fertigstellung macht. Zur Geschichte Konstantins des Großen bietet Photios darüber hinaus einen etwa 450 Wörter umfassenden Inhaltsüberblick (fr. 1,1–8). Photios’ besonderes Interesse speziell an dieser Schrift ergibt sich aus der Bedeutung Konstantins für die Entwicklung der christlichen Monarchie, allerdings scheint er die Geschichte Konstantins des Großen, die offenbar erkennbar (vgl. fr. 1,8) aus der Perspektive eines Vertreters der paganen Elite Athens geschrieben wurde, vor allem deshalb rezipiert zu haben, weil sie eingehend auf die Gründung Konstantinopels Bezug nahm (vgl. Komm. zu fr. 1,7), für deren Stadtgeschichte sich Photios in besonderem Maße interessierte (s. u. Einl. S. 30 f.). Lediglich das Werk über Konstantin scheint Photios gelesen zu haben, die beiden anderen Schriften lagen ihm möglicherweise gar nicht vor, die Angaben hierzu könnte er dem Vorwort der ihm vorliegenden Ausgabe der Geschichte Konstantins des Großen entnommen haben (s. o. S. 16 mit Anm. 2). Wahrscheinlich auf eigener Lektüre der Konstantinsbiographie (dafür spricht fr. 2) beruht die Aussage des Photios, Praxagoras habe in ionischem Dialekt geschrieben (fr. 1,11), dies gilt sicher analog auch für die beiden anderen Werke. Den drei Werken war wohl gemeinsam, dass sie biographische, historische und enkomiastische Aspekte (allerdings auf jeweils unterschiedliche Janiszewski, Missing Link), allerdings scheint das historiographische Werk des Praxagoras auf eine Weise von paganer Weltsicht durchdrungen gewesen zu sein, dass sich mit fortschreitendem religionspolitischem Wandel die Aussichten darauf, hiermit Gehör und Beifall des Herrschers zu finden, zunehmend aufgelöst haben müssen.

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Weise) verbanden. Mit dem Werk Über die Könige von Athen hat Praxagoras bereits als junger Erwachsener sein Debüt im Metier der Historiographie gegeben. Die Wahl des Sujets war möglicherweise durch den eigenen biographischen Hintergrund als Mitglied eines selbstbewussten aristokratischen Familienclans mitbestimmt, der seine Genealogie bis in die mythische Vorgeschichte Athens zurückführte (s. o. Einl. S. 15–25). Mit den beiden späteren Werken scheint sich Praxagoras nicht zuletzt auch darum bemüht zu haben, Zugänge zur römischen Monarchie zu entwickeln: Mit der Geschichte Konstantins des Großen hat Praxagoras eine biographische Annäherung an den Kaiser selbst gewagt, der nur wenige Jahre vor der Fertigstellung die Alleinherrschaft errungen hatte und nun erkennbar auf die Festigung einer neuen Herrscherdynastie hinwirkte; und mit dem Werk Über den makedonischen König Alexander bemühte sich Praxagoras möglicherweise in der Phase nach dem Tod Konstantins, das Wohlwollen der konstantinischen Dynastie zu bewahren (s. u. Einl. S. 44–47). Weitere Werke des Praxagoras sind nicht bekannt; damit ist insbesondere auch unklar, ob er sich – wie sich dies für die meisten Verfasser kaiserzeitlich-spätantiker enkomiastischer Herrscherbiographien nachweisen lässt – auch in den Feldern der Rhetorik und Philosophie betätigt hat. 2) Über die Könige von Athen In fr. 1,10 gibt Photios an, dass Praxagoras im Alter von achtzehn Jahren ein Werk in zwei Büchern Περὶ τῶν Αθήνῃϲι βαϲιλευϲάντων (Über die Könige von Athen) verfasst habe. Es scheint sich hier um das historiographische Erstlingswerk des Autors gehandelt zu haben, das wahrscheinlich Mitte der 320er Jahre – spätestens in den ersten Jahren nach Beginn der Alleinherrschaft Konstantins – entstanden ist1. Photios äußert sich nicht näher zum Inhalt, die wenigen von ihm referierten Informationen (Titel, Umfang, Alter des Autors) hat er möglicherweise einem Vorwort der ihm vorliegenden Ausgabe der Geschichte Konstantins des Großen entnommen (dasselbe

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Die absolute Datierung des Werkes ist abhängig von der Datierung der Geschichte Konstantins des Großen, die den bei Photios genannten Angaben zum jeweiligen Alter des Autors zum Zeitpunkt der Publikation zufolge zwei Jahre später entstanden ist und offenbar mit einem Bericht über die Neugründung der Stadt Byzantion als Konstantinopel endete und damit wahrscheinlich in den Jahren 324 bis 330 fertiggestellt wurde (s. u. S. 32–36).

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gilt für das Werk über Alexander den Großen, s. u. S. 42 sowie S. 16 mit Anm. 2)1. Die Bibliothekē enthält keine näheren Informationen zum Gegenstand, zur Gattung und zur Intention des Autors – insbesondere lässt sie offen, ob sich die Schrift auf die mythischen Könige Athens bezieht oder auf die ἄρχοντεϲ βαϲιλεῖϲ. Da hier nur Plausibilitätserwägungen weiterführen, fallen die in der Forschungsliteratur entwickelten Antworten unterschiedlich aus. Dem bei Photios angeführten Titel zufolge (der allerdings nicht zwangsläufig der vom Autor selbst vergebenen Werkbezeichnung entsprechen muss) wurde die Schrift jedenfalls nicht als ἱϲτορία bezeichnet (was auch für das Werk über Alexander gilt)2, und es waren auch offenbar keine πάτρια3. Obgleich Wilamowitz schon auf einen möglichen Zusammenhang mit der Familiengeschichte des Praxagoras hingewiesen hatte4, meinte Jacoby, das Werk sei vielleicht nur eine Archontenliste gewesen5. Wahrscheinlicher handelte es sich aber um eine aus der lokalen historiographischen Tradition Athens abgeleitete, auf die mythischen Könige Athens bezogene Serie anekdotisch konzipierter Kurzbiographien6. Das Interesse des Praxagoras an den Königen Athens könnte sich tatsächlich, wie Wilamowitz angedeutet hat, aus der (allerdings nicht gesicherten) Zugehörigkeit des Autors zu einem prominenten aristokratischen Familienclan ergeben haben, der seine Ursprünge in der Frühgeschichte Athens lokalisierte (s. o. S. 15–25). Abgesehen von einer ebenfalls nur dem Titel nach bekannten iambischen Rede des Helladios von Antinoupolis ist Praxagoras’ Schrift über die Könige das einzige für uns heute noch greifbare Werk aus tetrarchisch-konstantinischer Zeit zur Geschichte Athens7. Ein gewisser Bezug zur reichhaltigen atthidographischen Tradition kann sicher angenommen werden8, 1

Photios behauptet auch nirgends, dass er das Werk Über die Könige von Athen oder Über den makedonischen König Alexander gelesen hat. 2 Hierauf hat Smith, Lost Historian 357 Anm. 4 hingewiesen. 3 Darauf weist Janiszewski, Missing Link 264 hin. 4 Wilamowitz-Moellendorff, Lesefrüchte 314. 5 F. Jacoby, Die Fragmente der griechischen Historiker. Teil 2, Zeitgeschichte; D: Kommentar zu Nr. 106–261, Leiden 1930, 632. 6 So auch die generelle Einschätzung von Janiszewski, Missing Link 263–65; Smith, Lost Historian 369; BNJ 219. 7 Vgl. Janiszewski, Missing Link 264. Zu Helladios’ Ἀθῆναι: Phot. bibl. cod. 279 = FGrHist/BNJ 635; s. a. Janiszewski, Missing Link 258. 8 Zur Atthidographie: F. Jacoby, Atthis: The Local Chronicles of Ancient Athens, Oxford 1949.

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wobei neben einer Reihe an klassischen Werken auch Plutarchs Theseusbiographie eine Rolle gespielt haben wird1; zugleich spricht die am Genre der Biographie orientierte Konzeption für Einflüsse aus der zunehmend herrscherbiographisch angelegten kaiserzeitlichen Historiographie2. Ein Geschichtswerk, das in ganz vergleichbarer Weise als lokalgeschichtlich ausgerichtete Serie an Herrscherbiographien gestaltet war, scheint in severischer Zeit von Athenaios von Naukratis (Περὶ τῶν ἐν Ϲυρίᾳ βαϲιλευϲάντων) verfasst worden zu sein3. Für das Werk des Praxagoras lässt sich annehmen, dass sich der Aufbau grundsätzlich an der kanonisierten Abfolge athenischer Könige orientiert hat, wie sie sich vermittelt über die Χρονικά des Kastor von Rhodos auch in Eusebius’ Χρονογραφία niedergeschlagen hat, die in etwa zeitgleich mit Praxagoras’ Schrift über die Könige Athens fertiggestellt wurde4. Janiszewski hat plausibel argumentiert, dass die einzelnen Königsbiographien angesichts der hohen Zahl an Protagonisten bei einem nur zweibändigen Werk nicht sonderlich umfangreich gewesen sein können5. Als das Werk entstand, befand sich Athen, die Heimatstadt des Praxagoras, seit einigen Jahren im Machtbereich Konstantins, dessen Kontrolle über Griechenland mit der Übereinkunft von Serdica (1. März 317) offiziell festgeschrieben worden war und der im Zuge der entsprechenden machtpolitischen Regelungen mit Licinius auch erstmals eigene Familienmitglieder (nämlich Crispus und Constantinus Iunior sowie Licinius Iunior, den Konstantin als Sohn seiner Halbschwester Constantia mit Licinius ebenfalls zur eigenen Familie zählen konnte) als Caesaren in das Herrscherkollegium auf-

1

Smith, Lost Historian 369 mit Anm. 69. S. dazu auch u. S. 38–40. 3 FGrHist/BNJ 166. Aus der hellenistischen Zeit lässt sich als weiteres Beispiel die Schrift Περὶ τῶν ἐν τῇ Ἰουδαίᾳ βαϲιλέων des Demetrios (FGrHist/BNJ 722) anführen. Grundsätzlich zur Verbindung von Lokalgeschichte mit zeitgeschichtlicher Historiographie s. G. Zecchini, La storiografia greca dopo Dexippo e l’Historia Augusta, in: G. Bonamente / G. Paci (Hgg.), Historiae Augustae Colloquium Maceratense, Bari 1995, 297–309, bes. 301–304. 4 Kastor von Rhodos: BNJ 250; Suda κ 402 s. v. Κάϲτωρ. Auf die Angaben aus Kastors Chronik bezieht sich Eusebius ausdrücklich (chron. I p. 181,30 ed. Schöne: Kastoris de Regno Atheniensium). Grundlegend zur antiken Tradition der Königslisten s. E. Schwartz, Die Königslisten des Eratosthenes und Kastor, mit Excursen über die Interpolationen bei Africanus und Eusebios, Göttingen 1894 u. F. Jacoby, Die Attische Königsliste, Klio 2 (1902) 406–39. 5 Janiszewski, Missing Link 265. 2

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genommen hatte1. Da die Fertigstellung und Publikation wahrscheinlich in die Zeit nach Erringung der Alleinherrschaft 324 fällt, hatte Konstantin zwischenzeitlich noch einen dritten eigenen Sohn zum Caesar erhoben (Constantius Iunior am 8. November 324) und damit seinen Willen zum Auf- und Ausbau der eigenen Dynastie nochmals eindrücklich untermauert2. Als biographisch konzipierte Schrift über eine (jedenfalls aus Sicht eines Atheners) historisch bedeutende Dynastie mythischer Herrscher passt das Sujet der Schrift Über die Könige Athens gut in diesen Kontext, auch wenn es keine weiteren Hinweise darauf gibt, dass Praxagoras hier eine Analogie zur konstantinischen Dynastie bilden wollte oder das Werk auf andere Weise für eine Kontaktaufnahme zum römischen Herrscherhaus zu nutzen gedachte. Ausschlaggebend bei der Wahl des Gegenstands war wohl primär der ideelle Zusammenhang mit den mythischen Ursprüngen der eigenen Familie. Der biographische Zugang zur Historiographie großer Führungsfiguren, den Praxagoras wenig später direkt auf Konstantin (und nochmals später mit seinem Werk zu Alexander dem Großen wohl auf Constantius II.) bezog, nahm aber doch ganz offenkundig hier seinen Ausgang und scheint zugleich die literarischen Entwicklungstendenzen der zunehmend biographisch orientierten Historiographie des dritten und vierten Jahrhunderts verarbeitet zu haben3. 3) Geschichtswerk über Konstantin den Großen a) Allgemeine Charakterisierung des Werks Während Photios zu Praxagoras’ Schriften über die Könige von Athen und über Alexander den Großen nur wenige Angaben macht (Werktitel, Anzahl der Bücher, Stil, jeweiliges Alter des Verfassers zum Zeitpunkt der Fertigstellung), bietet er zur Geschichte Konstantins des Großen darüber hinaus einen etwa 450 Wörter umfassenden Inhaltsüberblick (fr. 1,1–8; s. hierzu auch hist. Komm.). Der Zusammenfassung zufolge stellte die Geschichte Konstantins des Großen, die nach Photios zwei Bände umfasste (fr. 1,1), den Aufstieg Konstantins und dessen Herrschaft beginnend mit der Ausbildung am tetrarchischen Hof über den Herrschaftsantritt, den sukzessiven Machtausbau in einer Serie an Bürgerkriegen und die Erringung der Alleinherrschaft bis hin zur Neugründung der Stadt Byzantion unter dem Namen Konstantinopel dar. Photios’ Interesse an dieser Schrift könnte mitbestimmt 1

Wienand, Kaiser als Sieger 33–37. Chron. min. I p. 232 ed. Mommsen. 3 Ähnlich Janiszewski, Missing Link 265. 2

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gewesen sein dadurch, dass speziell die Gründung Konstantinopels offenbar eingehend behandelt wurde, auf deren Stadtgeschichte die von Photios getroffene Auswahl exzerpierter Werke in besonderem Maße ausgerichtet ist1. Die in fr. 1,1 angeführte Werkbezeichnung (ἡ κατὰ τὸν μέγαν Κωνϲταντῖνον ἱϲτορία) weicht leicht von dem im Scholion cod. 63. 22 a 12– 17 (fr. 2) angegebenen Titel ab (ἡ περὶ τὸν μέγαν Κωνϲταντῖνον ἱϲτορία), obgleich auch das Scholion wahrscheinlich von Photios selbst verfasst wurde, dem die Schrift offenbar in Gänze vorlag (vgl. hist. Komm. zu fr. 2). Die bei Photios angeführten Titelvarianten müssen nicht zwangsläufig die von Praxagoras gewählte Werkbezeichnung reflektieren2, es könnte sich auch um eine später angepasste Fassung handeln. Die Diskussion zu dieser Frage konzentriert sich auf die erklärungsbedürftige Attribution des Kaisers als μέγαϲ Κωνϲταντῖνοϲ, die in beiden Titelvarianten sowie in §6 (dort in der Zusammenfassung des Photios) auftaucht, für Konstantin aber ansonsten weder als offizieller Bestandteil der Herrschertitulatur noch als stereotype Prädikation zeitgenössisch belegt ist (auch nicht in Form des lateinischen Äquivalents Constantinus magnus). Dass Photios Konstantin auch dort als μέγαϲ βαϲιλεύϲ bezeichnen konnte, wo seine Vorlage dies nachweislich nicht hergab, zeigt seine Wiedergabe des Werktitels der Vita Constantini in cod. 127, deren Titel dort als Εἰϲ Κωνϲταντῖνον τòν μέγαν βαϲιλέα angegeben wird, die in den Handschriften aber den Titel Εἰϲ τòν βίον τοῦ μακαρíου Κωνϲταντίνου βαϲιλέωϲ trägt (bei Sokrates: Εἰϲ τòν βίον Κωνϲταντίνου bzw. Εἰϲ τòν Κωνϲταντίνου βίον)3.

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B. Bleckmann, Die Notizen des Photios zu Philostorgios im Kontext seiner Behandlung der spätantiken Historiographie und seiner Bildungsinteressen, in: Ph. Blaudeau / P. Van Nuffelen (Hgg.): L’historiographie tardo-antique et la transmission des savoirs, Berlin 2015, 227–45, bes. 235–37. 2 Jacoby (FGrHist 219) hat der Angabe in fr. 1,1 den Vorzug gegeben. Janiszewski (Missing Link 354) schließt sich mit dem Argument an, Photios habe im Gegensatz zum Scholiasten das Werk des Praxagoras gekannt, allerdings lassen sich, wie unten S. 36 f. diskutiert, auch Argumente dafür anführen, dass das Scholion von Photios selbst verfasst wurde (s. dazu bes. Bleckmann, Zwischen Panegyrik und Geschichtsschreibung 210). 3 Winkelmann, Eusebius (S. XXXIII) hat die Angabe bei Photios in diesem Fall zurecht als „nicht ursprünglich“ verworfen (anders allerdings Heikel GCS 7 XLV).

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Da sich für Konstantin die Belege zum Beinamen „der Große“ erst ab dem sechsten Jahrhundert häufen1, gehen die bei Photios überlieferten Fassungen des Werktitels möglicherweise auf eine von Praxagoras entwickelte (oder übernommene) huldigende Bezeichnung Konstantins zurück, die aber keinem offiziellen titularischen Gebrauch folgte2, oder sie spiegeln den angepassten Titel einer späteren Edition. Dass bereits Praxagoras den Kaiser tatsächlich in paradigmatischer Weise als μέγαϲ Κωνϲταντῖνοϲ bezeichnet haben könnte, liegt jedenfalls durch fr. 1,6 nahe, denn dort scheint die entsprechende Formulierung mit der auffälligen Parallelisierung des großen Konstantin (μέγαϲ Κωνϲταντῖνοϲ) mit dem großen Reich (μεγάλη ἀρχή) dem Geschichtswerk des Praxagoras entnommen zu sein (vgl. hist. Komm. zu fr. 1,6)3. b) Abfassungszeit Photios bietet eine offenbar verlässliche relative Chronologie für die drei Werke des Praxagoras sowie Indizien speziell zum Zeitpunkt der Fertigstellung der Geschichte Konstantins des Großen. Wann diese Schrift veröffentlicht wurde, ist damit über ihre historische Einordnung hinaus für die Biographie des Praxagoras insgesamt von Interesse. Da das Exzerpt des Photios zudem die Annahme nahelegt, dass das historische Narrativ der Konstantinsbiographie auf die feierliche Einweihung Konstantinopels zulief, könnte dieser Anlass dem Verfasser zugleich eine günstige Gelegenheit geboten haben, dem Kaiser sein Werk zu dedizieren. Die Frage der Datierung ist also gleich in mehrerer Hinsicht relevant, eine entsprechend hohe Aufmerksamkeit kam und kommt ihr in der Forschung zu. Das jüngste Ereignis, das in Photios’ Zusammenfassung erwähnt wird, ist die Neugründung der Stadt Byzantion als Konstantinopel (fr. 1,7). Abgesehen von der wenig spezifischen Aussage, dass Konstantin mit dem Sieg über Licinius „die Herrschaft über das gesamte Imperium errungen und es zu einer Einheit zusammengeführt hatte“ (fr. 1,7), ist die Stadtneugründung das einzige konkrete Ereignis, das in Photios’ Exzerpt für die Zeit der Alleinherrschaft Konstantins genannt wird4. Worauf genau sich die Aussage 1

P. Spranger, Der Große. Untersuchungen zur Entstehung des historischen Beinamens in der Antike, Saeculum 9 (1958) 22–58, bes. 56; Schreiner, Megas 176. 2 Girardet, Konstantinische Wende 120 mit Anm. 471. 3 Die vielfach wiederholte Auffassung, keine zeitgenössische Quelle kenne dieses Attribut Konstantins (s. bspw. Schreiner, Megas 176), wäre damit hinfällig. 4 Zur Frage, welche sonstigen Ereignisse möglicherweise Gegenstand der Darstellung waren, s. Komm. zu fr. 1,7.

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bezieht, ist nicht ganz klar, da die Stadtneugründung ein sich über mehrere Jahre erstreckender Prozess in verschiedenen Etappen war, dessen Chronologie sich aus den im Detail widersprüchlichen Quellen nicht mit abschließender Gewissheit rekonstruieren lässt1. Mehrere Orte standen offenbar zunächst zur Wahl2, die Entscheidung fiel dann auf Byzantion3, das (möglicherweise schon am 8. November 324 und damit nur wenige Wochen nach dem entscheidenden Sieg Konstantins über Licinius in der Schlacht von Chrysopolis) offiziell in Constantinopolis umbenannt wurde4. Von einem ambitionierten Bauprogramm zeugt die Anlage eines erweiterten Mauerrings, dessen Grundsteinlegung bei Themistios mit der Stadtneugründung gleichgesetzt wird5, zudem wurden öffentliche Bauten und Monumente sowie Plätze und Straßen errichtet, angelegt und er1

Zu den einflussreichsten Beiträgen rund um die Datierungsfrage zählen O. Seeck, Die Zeitfolge der Gesetze Konstantins, Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte, Romanistische Abteilung 10 (1889) 177–251, bes. 196–98; Th. Preger, Das Gründungsdatum von Konstantinopel, Hermes 36 (1901) 336–42; Seeck, Regesten, 174–80; A. Alföldi, On the Foundation of Constantinople: A Few Notes, JRS 37 (1947) 10–16 m. Pl. I–IV; J. Vogt, Constantin der Große und sein Jahrhundert, München 21960, 224–28; A. Piganiol, L’empire chrétien 325–395, Paris 21972, 53–56; Dagron, Naissance d’une capitale 32–47; T. D. Barnes, Constantine and Eusebius, London 1981, 212, 222 f. (vgl. Barnes, New Empire 76); Olbrich, Gründung Konstantinopels 203 f. 2 Zosimos (2,30,1), Sozomenos (2,3,2 f.) und Zonaras (13,3 p 13,14–18 ed. Büttner-Wobst) berichten von Überlegungen, Serdica auszubauen oder die neue Stadt im Gebiet von Troia/Ilium bzw. Sigeion zu gründen. 3 Zu den Motiven s. F. Ntantalia, Bronzemedaillons unter Konstantin dem Großen und seinen Söhnen. Die Bildtypen der Constantinopolis und die kaiserliche Medaillonprägung von 330–363 n. Chr., Saarbrücken 2001, 27–35 u. 156–61; Olbrich, Constantiniana Daphne 485 f. 4 Themistios (or. 4,58b [zitiert u. in Anm. 5]) verbindet den Beginn des Mauerbaus mit der Erhebung des Constantius Iunior zum Caesar, für die uns die Consularia Constantinopolitana (Chron. Min. I p. 232 ed. Mommsen) zum Jahr 324 die Angabe levatus est Constantinus (sic) Caes. VI id. Nov. macht. Die Datierung steht allerdings im Widerspruch zu Iul. imp. or. 1,6, wo eine Grundsteinlegung 327 oder 328 impliziert wird (p. 9 ed. Hertlein = p. 18 ed. Bidez: πόλιν τε ἐπώνυμον αὑτοῦ κατέϲτηϲεν ἐν οὐδὲ ὅλοιϲ ἔτεϲι δέκα). Der Begriff „neues Rom“ (altera Roma) erscheint erstmals in einem Gedicht des römischen Senators Publilius Optatianus Porfyrius (carm. 4,6), das teilweise auf 325 datiert wird, dessen Authentizität allerdings unklar bleibt (Wienand, Publilius Optatianus Porfyrius 132–34 mit Anm. 48). 5 Them. or. 4.58b (p. 69 ed. Dindorf = p. 83 ed. Downey): βαϲιλεῖ δὲ εἰκότωϲ ϲυναυξάνεται πόλιϲ ἡ τῆϲ βαϲιλείαϲ ἡλικιῶτιϲ. πυνθάνομαι γὰρ ὡϲ καὶ ἠμφίαϲεν ὁμοῦ ὁ γεννήτωρ τό τε ἄϲτυ τῷ κύκλῳ καὶ τὸν υἱέα τῇ ἁλουργίδι.

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neuert1. Die in Konstantinopel neu eingerichtete staatliche Münzprägestätte nahm im Frühjahr 326 die Prägetätigkeit auf2, und zu den frühesten Emissionen zählen auch Münztypen, die von der Einführung einer neuen Stadttyche zeugen3. Für 325, 326 und 327 sind die ersten Aufenthalte Konstantins in Konstantinopel bezeugt4, für 328/29 notiert Theophanes die Einweihung der konstantinischen Statuensäule auf dem neu angelegten Forum5, und die festliche Einweihung Konstantinopels (die möglicherweise schon für 327 geplant war und verschoben werden musste)6 wurde schließlich am 11. Mai 330 mit großen Feierlichkeiten durchgeführt7. Offenbar wurde in Konstantinopel 333/34 auch eine Millenniumsfeier anlässlich des tausendsten Jahrestages seit Gründung der Stadt Byzantion gefeiert, unter Umständen koordiniert mit der Erhebung des Constans zum Caesar8.

1

R. Leeb, Konstantin und Christus. Die Verchristlichung der imperialen Repräsentation unter Konstantin dem Großen als Spiegel seiner Kirchenpolitik und seines Selbstverständnisses als christlicher Kaiser, Berlin 1992; S. Bassett, The Urban Image of Late Antique Constantinople, Cambridge 2004; J. Bardill, Constantine, Divine Emperor of the Christian Golden Age, Cambridge 2012. 2 Als früheste Emission lässt sich eine dynastische Bronzeserie mit anepigraphischen Aversen identifizieren (RIC 7 Constantinopolis 13 f.), die vermutlich im März 326 produziert wurden; s. Ramskold, Silver Emissions. Dass die Prägetätigkeit in Konstantinopel vor dem Tod von Crispus und Fausta aufgenommen wurde, zeigen entsprechende Münztypen (für Crispus: RIC 7 Constantinopolis 4–6 u. 8; für Fausta: RIC 7 Constantinopolis 12; s. dazu auch P. M. Bruun, The Roman Imperial Coinage, Vol. 7: Constantine and Licinius, A.D. 313–337, London 1966, 562 f.). 3 Olbrich, Constantiniana Daphne; Lenski, Tyche of Constantinople; Olbrich, Gründung Konstantinopels, bes. 188 f. 4 Cod. Theod. 7,20,3 (13. Oktober 325), 2,10,4 (8. März 326), 2,24,2 (11. Juni 327). 5 Theophan. AM 5821 p. 28,25 f. ed. de Boor. 6 Olbrich, Gründung Konstantinopels. 7 L. Ramskold, Coins and Medallions Struck for the Inauguration of Constantinopolis 11 May 330, in: M. Rakocija (Hg.), Ниш и Византија. Девети научни скуп. Ниш, 3–5. јун 2010, Зборник радова IX, Niš 2011, 125–58 rekonstruiert eine reichsweit koordinierte Emission von Sonderprägungen für die Einweihungsfeierlichkeiten, die in Umfang und Vielfalt als „unparalleled in the entire Roman history“ (ibid. S. 125) gelten kann. 8 Auf eine Millenniumsfeier deutet, wie Ramskold, Silver Emissions, gezeigt hat, die numismatische Evidenz hin. Constans wurde am 25. Dezember 333 zum Caesar erhoben: Cons. Const. (KFHist G 1) 333: his conss. levatus est Constans die VIII Kal. Ian.

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Von den genannten Ereignissen kam der offiziellen Einweihung Konstantinopels am 11. Mai 330 zweifellos die größte Bedeutung zu, und ein Bericht über die entsprechenden Festivitäten bildete wahrscheinlich den Schlusspunkt der Geschichte Konstantins des Großen. Der Anlass könnte Praxagoras zugleich günstige Rahmenbedingungen geboten haben, dem Kaiser sein Werk zu übermitteln oder gar persönlich zu übereignen. Hinweise auf einen Widmungsträger oder eine Dedikation der Geschichte Konstantins des Großen haben sich zwar nicht erhalten, dennoch kann angenommen werden, dass die zweibändige Schrift dem Kaiser gewidmet war, ihm auch von Praxagoras selbst oder von Unterstützern zugespielt oder überreicht wurde und eine wie auch immer geartete Würdigung durch Konstantin erfuhr1. Wird die Fertigstellung der Schrift im Jahr 330 verortet, bedeutet dies allerdings auch, dass Photios’ Exzerpt für einen Zeitraum von annähernd sechs Jahren (324 bis 330) die bei Praxagoras behandelte Ereignisgeschichte weitgehend ausgeblendet hat2. Dass das Werk des Praxagoras nicht doch früher endete, lässt sich zwar nicht mit abschließender Gewissheit ausschließen, eine Datierung in die Zeit nach 328 ist aber auch dadurch plausibler, dass sich die Alexanderbiographie, die neun Jahre nach der Geschichte 1

Einen Vergleichspunkt stellt ein Konstantin gewidmetes insigne volumen mit panegyrischen Gedichten aus der Feder des Senators Optatian dar, das dem Kaiser im Jahr 326 im Rahmen der Vicennalienfeierlichkeiten in Rom überreicht wurde – der anschließende Aufstieg Optatians zunächst zum Proconsul provinciae Achaeae und schließlich zum Praefectus urbis scheint auf diese Widmung zurückzugehen; s. Wienand, Publilius Optatianus Porfyrius. Welche Form der Anerkennung sich Praxagoras erhofft haben könnte, bleibt Spekulation. Smith (Lost Historian 374 f.) weist zu Recht darauf hin, dass sich die Claudii von Melite, zu denen sich Praxagoras wahrscheinlich zählen konnte (s. o. S. 15–25), zwar durch eine starke lokale Bedeutung in Athen auszeichnen, aber offenbar nicht in den senatorischen Rang aufgestiegen sind und keine Ämter in der kaiserlichen Administration übernommen haben. Ob dies auch die Ambitionen des Praxagoras noch bestimmte, dem sich nach den tetrarchisch-konstantinischen Verwaltungsreformen andere Möglichkeiten boten als seinen kaiserzeitlichen Vorfahren, ist ungewiss. 2 Falls das Werk erst zur Millenniumsfeier von 333/34 fertiggestellt wurde, würde es sich sogar um einen Zeitraum von bis zu zehn Jahren handeln. Das ist allerdings unwahrscheinlich, da der Tausendjahrfeier keine überregionale Bedeutung zukam – abgesehen von vagen Indizien im numismatischen Befund (s. o. S. 34 mit Anm. 8) hat die Tausendjahrfeier keine Spuren in den Quellen hinterlassen. Zur Frage, welche Aspekte der konstantinischen Alleinherrschaft von Praxagoras möglicherweise behandelt, von Photios aber nicht referiert wurden, s. Komm. zu fr. 1,7.

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Konstantins des Großen erschienen ist (vgl. fr. 1,10), besser in die frühe Regierungszeit von Constantius II. einordnen lässt als in die letzten Jahre der Herrschaft Konstantins (s. u. S. 44–47). c) Fragment 2 Neben dem von Photios verfassten Exzerpt der Geschichte Konstantins des Großen hat sich in der Bibliothekē ein weiteres Praxagoras-Fragment in Form eines Scholions (Phot. bibl. cod. 63. 22 a 10) erhalten. Die Glosse weist am Beispiel der Werke von Prokop und Praxagoras auf terminologische Varianten der griechischen Begrifflichkeit für „Perle“ hin1: Während μαργαρῖται am gebräuchlichsten sei, verwendeten Prokop und andere den Terminus μάργαροι und der im ionischen Dialekt schreibende Praxagoras die Form μαργαρίδαι. Da sich die Notiz auf eine Passage in Prokops Bella Persica bezieht (s. Komm. zu fr. 2), die bei Photios in cod. 63 diskutiert wird, wurde das Scholion in den Photios-Editionen entgegen seiner Stellung in den Manuskripten – dort taucht es direkt vor Photios’ Werküberblick zu Praxagoras und nach der vorausgehenden Zusammenfassung der Werke des attischen Redners Aischines auf – hinter die entsprechende Stelle im Prokop-Exzerpt verschoben, die in bibl. cod. 63. 22 a 10 f. endet2. Zugleich blieb das Scholion in den Zusammenstellungen der Praxagoras-Fragmente bei Dindorf (HGM, pp. 438–40), Müller (FHG 4, pp. 2 f.) und Jacoby (FGrHist 219) unberücksichtigt3, während sich die Kommentierungen lange auf die Feststellung beschränkten, dass das Scholion auf das in cod. 62 besprochene Werk des Praxagoras über Konstantin verweist4. Als eigenständiges Praxagoras-Fragment wurde die Stelle erstmals von Bruno Bleckmann (Zwischen Panegyrik und Geschichtsschreibung) verstanden und entsprechend eingehender diskutiert (s. Komm. zu fr. 2). Wer als Verfasser der Passage gelten kann, wird unterschiedlich bewertet. Der Verfasser muss das Werk des Praxagoras jedenfalls gekannt haben, denn die von Photios verfasste Zusammenfassung enthält die fragliche Stelle nicht, und für Bleckmann spricht der Vergleich zwischen Praxagoras und Prokop, deren Werke 1

Siehe zu diesem Fragment neben Bleckmann, Zwischen Panegyrik und Geschichtsschreibung, bes. 210 auch Janiszewski, Missing Link 353 f. sowie BNJ 219 T 2. 2 Zur Position des Scholions in den Handschriften s. BNJ 219 T 2. 3 Wohl auch deshalb, weil die Passage im zweiten Buch des Werkes über Konstantin, auf die sich Photios hier bezieht, in seinem Praxagoras-Exzerpt nicht auftaucht. 4 Wie etwa bei R. Henry, Photius, Bibliothèque 65 Anm. 3.

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in der Bibliothekē unmittelbar nacheinander exzerpiert werden, dafür, „diese gelehrte Notiz Photios selbst zuzuschreiben, dem wegen seiner lexikalischen Interessen hier bei beiden Autoren die vom Normalfall abweichenden Wortformen aufgefallen sind“1. Auf Perlen könnte Praxagoras im Rahmen der Behandlung von Ornat und Insignien des Kaisers zu sprechen gekommen sein, etwa im Zusammenhang mit der Behandlung der Feierlichkeiten zur Einweihung Konstantinopels (s. o. S. 33 f. sowie Komm. zu fr. 1,7 und fr. 2). d) Literarisches Umfeld, Charakteristika und Wirkung Die Geschichte Konstantins des Großen wurde ganz unterschiedlich charakterisiert: Als Biographie Konstantins2, als panegyrische Chronik3, als Herrscherenkomion4 oder als pagane Hagiographie5. Sie führt jedenfalls historiographische, biographische und enkomiastische Gattungselemente in einem auf den römischen Kaiser bezogenen literarischen Werk zusammen6, und zwar auf eine strukturell ganz ähnliche Weise, wie dies auch für die Vita Constantini gilt7 – auch wenn Eusebius speziell darin innovativ war, dass er die erste umfassende Darstellung des Lebens und Wirkens eines christlichen Kaisers konzipiert (und in seine Darstellung zudem Originaldokumente ein-

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Bleckmann, Zwischen Panegyrik und Geschichtsschreibung 210. E. Gibbon, The History of the Decline and Fall of the Roman Empire, Bd. 2, London 1776, 182 Anm. 50: „life of Constantine“; vgl. Ager in BNJ 219 Komm.: „encomiastic biography“. 3 Schamp, Photios 168: „une chronique vouée à l’éloge de l’empereur“. 4 Ensslin, Praxagoras 1743 nennt das Werk „eine Verherrlichung Constantins“. 5 Henry (Anm. 3 zu fr. 1,8 in der Photios-Ausgabe): „L’ouvrage est difficile à situer, mais les données du sommaire suffisent à en faire apparaître le caractère laudatif surprenant chez un païen.“ 6 Vgl. Janiszewski, Missing Link 370 f.: „The form of Praxagoras’ work on Constantine shows how vague the boundaries were between classic historiography, biography and panegyric“. 7 Grundsätzlich zur Vita Constantini: B. Bleckmann, Einleitung, in: H. Schneider (Hg.), Eusebius von Caesarea: De vita Constantini = Über das Leben Konstantins [gr./dt.], Turnhout 2007, 7–106. Deutlich knapper und als Gegenbilder zum Ideal des christenfreundlichen Kaisers konzipiert (mit einer entsprechend invertierten literarischen Logik), aber doch grundsätzlich vergleichbar, fallen die Kurzbiographien in Lactantius’ De mortibus persecutorum aus; zur Gattungsfrage s. G. Zipp, Gewalt in Laktanz’ ›De mortibus persecutorum‹, Berlin 2021, 22–39. 2

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gebettet) hat1. Für beide Werke lässt sich ein breiteres Spektrum an Vorläufern und Parallelen angeben. Aus dem direkten zeitlichen Umfeld sind Onasimos (aus Athen, Sparta oder Zypern), Bemarchios von Kaisareia und Eustochios von Kappadokien zu nennen: Auf Onasimos – möglicherweise ein entfernter Verwandter des Praxagoras – wurde oben bereits verwiesen2, die Suda bezeichnet ihn als ἱϲτορικὸϲ καὶ ϲοφιϲτήϲ und schreibt ihm die Autorschaft nicht näher benannter ἐγκώμια zu3, was als Hinweis auf ein biographisches Werk oder einen Panegyricus auf Konstantin gedeutet wurde; zudem hat er unter Umständen eine vita Probi verfasst (wie belastbar die entsprechenden Angaben in der Historia Augusta sind, wird allerdings unterschiedlich bewertet)4. Der Sophist und Rhetor Bemarchios ist der Suda zufolge Autor eines zehnbändigen Werkes über die Taten Konstantins (Κωνϲταντίνου τοῦ βαϲιλέωϲ πράξειϲ ἐν βιβλίοιϲ δέκα), zudem ist über Hinweise bei Libanios bekannt, dass ihm zumindest temporär eine besondere Rolle als panegyrischer Begleiter von Constantius II. zukam – die literarische Tätigkeit scheint entscheidend dazu beigetragen zu haben, seine Stellung als angesehener Rhetor in Konstantinopel zu festigen und zu behaupten5. Eustochios, auch er wird von der Suda als ϲοφιϲτήϲ bezeichnet, hat ein wohl ebenfalls panegyrisch angelegtes Werk Über den Kaiser Konstans (Konstantin?) verfasst6. Die enkomiastisch konzipierte Biographie, wie sie uns in diesen Werken begegnet, weist eine breite Schnittmenge mit der kaiserzeitlich-spätantiken Prosapanegyrik, aber auch mit dem ab dem vierten Jahrhundert an Bedeutung gewinnenden historischen Epos auf7, und es zeichnen sich hier be1

Zu den Gattungsfragen rund um die Vita Constantini s. Winkelmann, Eusebius xlix–liii. 2 Zu Onasimos s. o. S. 22 Anm. 1. 3 Suda ο 327 s. v. Ὀνάϲιμοϲ. 4 Hist. Aug. 30,4,2 = FGrHist/BNJ F 3; vgl. Hist. Aug. quatt. tyr. 13,1 f.; 14,3 f.; Car. 4,2; 7,3; 16,1; 17,6. 5 Liban. or. 1,39 = FGrHist/BNJ 220 F 2; s. Moser, Emperor and Senators, 137– 41 u. 156 f. Allgemein zu Bemarchios s. a. unten S. 44 f. Anm. 6. 6 PLRE 1 Eustochius 2; FGrHist/BNJ 738 = KFHist C 4; Suda ε 3755 s. v. Εὐϲτόχιοϲ; vgl. Steph. Byz. s. v. Παντικάπαιον. Janiszewski, Missing Link 380–82. Janiszewski et al., Prosopography, 128 Nr. 377. Den Werktitel führt das Lemma in der Suda an (Εὐϲτόχιοϲ, Καππαδόκηϲ, ϲοφιϲτήϲ. ἔγραψε τὰ κατὰ Κώνϲταντα τὸν βαϲιλέα), in cod. Laurentianus 55,1 lautet der Titel allerdings τὰ κατὰ Κώνϲταντῖνον τὸν βαϲιλέα. S. a. Einl. (C 4) Eustochios von Kappadokien. 7 Die Kollektion der Panegyrici Latini, die auch Plinius’ Panegyricus auf Traian enthält, ist nur das prominenteste Beispiel dieser weit ausdifferenzierten Gattung;

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reits gegenseitige Beeinflussungen christlicher und paganer Autoren ab1. Dieses breitere literarische Feld, in dem Praxagoras und seine Zeitgenossen operierten, hatte sich schon deutlich früher entwickelt – es prägte bereits die literarische Kultur der zweiten Sophistik und der kaiserzeitlichen Rhetorik, wie Hinweise auf Enkomia und panegyrische Tatenberichte auf römische Kaiser wie Hadrian2 und Septimius Severus3 sowie Auftritte von Enkomiografen im Rahmen kaiserzeitlicher Agone4 bezeugen, und diese Kontexte wiederum speisen sich aus literarischen Traditionen, die an die panegyrische Historiographie der ausgehenden Republik anknüpfen und letztlich bis in die griechische Literatur des vierten vorchristlichen Jahrhunderts zurückreichen5, wo die fließenden Übergänge zwischen dem historisch-biographisch s. Ch. Kelly, Pliny and Pacatus: Past and Present in Imperial Panegyric, in: J. Wienand (Hg.), Contested Monarchy: Integrating the Roman Empire in the Fourth Century AD, Oxford 2015, 215–38. Zur Bedeutung des Epos in diesem Zusammenhang: Bleckmann, Zwischen Panegyrik und Geschichtsschreibung 204 f. 1 Hier ist neben Euseb, Laktanz und Optatian auch Bemarchios von Interesse, der als Sophist einen Panegyrikos – möglicherweise auf Konstantin, s. Einl. zu (C 2) Bemarchios – verfasste, über den sich Libanios (or. 1,41) lustig machte; s. u. S. 44 f. Anm. 6 und Bemarchios (KFHist C 2) test. 3. 2 Die Suda nennt eine Reihe an Verfassern panegyrischer Werke zu Ehren Hadrians: den Sophisten Aspasios von Byblos mit einem Enkomion auf Hadrian (Suda α 4203 s. v. Ἀϲπάϲιοϲ: ἔγραψε ... Ἐγκώμιον εἰϲ Ἀδριανὸν τὸν βαϲιλέα; Janiszewski et al., Prosopography 61 Nr. 181); den Rhetor Marcellus von Pergamon, der ein Werk mit dem Titel Hadrian, oder Über die Königsherrschaft verfasst hat (Suda μ 204 s. v. Μάρκελλοϲ: ἔγραψε βιβλίον Ἀδριανὸν ἢ περὶ βαϲιλείαϲ; Janiszewski et al., Prosopography 232 Nr. 661); den Rhetor Serapion von Alexandria mit einem Panegyrikos auf Hadrian (Suda ϲ 115 s. v. Ϲαραπίων: ἔγραψε ... Πανηγυρικὸν ἐπὶ Ἀδριανῷ τῷ βαϲιλεῖ; Janiszewski et al., Prosopography 325 Nr. 922); und den Sophisten Zenobios mit einem Genethliakos auf Hadrian (Suda ζ 73 s. v. Ζηνόβιοϲ: ἔγραψεν ... Γενεθλιακὸν εἰϲ Ἀδριανὸν Καίϲαρα; Janiszewski et al., Prosopography 382 Nr. 1088). 3 Philostratos zufolge (vit. soph. 606 f., bes. 607: ἐϲ ἱϲτορίαν ἔλαβε τὰ Ϲεβήρου τοῦ βαϲιλέωϲ ἔργα) hat P. Ailios Antipatros (PIR2 1 137; Janiszewski et al., Prosopography 34 f. Nr. 87), aus dem syrischen Hierapolis stammender Sophist und ranghoher kaiserlicher Beamter, das Werk Die Taten des Septimius Severus verfasst. 4 J. Frei, De Certaminibus Thymelicis, Basel 1900, 34–41; L. Robert, Études épigraphiques et philologiques, Paris 1938, 21–30; W. R. Biers / D. J. Geagan, A New List of Victors in the Caesarea at Isthmia, Hesperia 39 (1970) 79–93. 5 Für den republikanischen Hintergrund wären beispielsweise Boethos von Tarsos (FGrHist/BNJ 194), Julius Polyainos (FGrHist/BNJ 196) und Q. Dellius (FGrHist/BNJ 197) zu nennen. Zu den einflussreichsten Autoren der klassischen

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(C 1) Praxagoras

orientierten Enkomion, der panegyrisch gefärbten Biographie und der Geschichtsschreibung bereits angelegt sind1. In seiner Darstellung von Konstantins Leben und Wirken scheint Praxagoras gewisse individuelle Akzente gesetzt zu haben, insbesondere durch die ihm eigene Perspektive als Mitglied eines altadligen paganen Aristokratenclans aus Athen (s. Komm. zu fr. 1,8); auch die Entscheidung, die Erzählung in der Neugründung / Einweihung Konstantinopels kulminieren zu lassen, zeichnet das Werk in besonderem Maße aus (speziell dieser Aspekt scheint Photios auf die Schrift aufmerksam gemacht zu haben)2. Das Exzerpt des Photios lässt darüber hinaus erkennen, dass sich Praxagoras in seiner Darstellung insbesondere auf zwei entscheidende Quellen der Legitimität von Konstantins Herrschaft konzentriert hat: Einerseits auf den Aspekt der dynastischen Legitimität durch die Abstammung Konstantins von Constantius I. (s. Komm. zu fr. 1,1; 2; 3; 6) sowie andererseits auf den Aspekt der triumphalen Errungenschaften Konstantins, dem es in einer Serie erfolgreich ausgefochtener Bürgerkriege gelungen ist, das zuvor segmentierte Imperium wieder unter einer das gesamte Reich überwölbenden Monarchie zusammenzuführen (s. bes. Komm. zu fr. 1,7). Dass sich Konstantin ab 317 auch erkennbar um eine umfassende Einbindung von Familienmitgliedern in das Machtgefüge seines Herrschaftsapparats bemüht und damit die entscheidende Grundlage für eine mittel- bis langfristige dynastische Fundierung der konstantinischen Domus divina gelegt hat, scheint bei Praxagoras dagegen keine (oder nur eine geringe) Rolle gespielt zu haben. Trotz dieser Idiosynkrasien ist die Geschichte Konstantins des Großen zweifellos Teil einer „östlichen Vulgata zu den Großtaten Konstantins“3, zu denen im Schnittfeld von Panegyrik, Herrscherbiographie und Historiographie neben den bekannten Quellen zur aetas Constantini auch zahlreiche heute verlorene Werke gezählt haben müssen4. In diesem breiten literariZeit zählen Xenophon und Isokrates. Zum Hellenistischen Kontext s. M. Haake, Warum und zu welchem Ende schreibt man peri basileias? Überlegungen zum historischen Kontext einer literarischen Gattung im Hellenismus, in: K. Piepenbrink (Hg.), Philosophie und Lebenswelt in der Antike, Darmstadt 2003, 83–138. 1 Bleckmann, Zwischen Panegyrik und Geschichtsschreibung, bes. 203–208, mit entsprechenden Quellenverweisen. 2 S. o. S. 32–36. 3 So die Formulierung bei Bleckmann, Zwischen Panegyrik und Geschichtsschreibung 213–21. 4 So konnte beispielsweise der Panegyriker von 313 schon wenige Monate nach der Schlacht an der Milvischen Brücke auf die zahlreichen Lobreden verweisen, die

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schen Feld scheint das Werk des Praxagoras weder inhaltlich oder formal noch mit Blick auf seine Wirkung eine herausragende Stellung eingenommen zu haben1: In der Zusammenfassung des Photios finden sich jedenfalls keine Hinweise auf Aspekte der Darstellung, die nicht auf die ein oder andere Weise auch in anderen Quellen zu finden wären. So können auch die auffälligen Übereinstimmungen zwischen Praxagoras einerseits und den Darstellungen bei Eusebius, Libanios oder Zosimos andererseits, die teils als Belege für eine direkte Rezeption der Geschichte Konstantins des Großen verstanden wurden, aus dem breiten, für uns heute nur in Ausschnitten greifbaren Repertoire an Erzählungen über Konstantin geschöpft sein, das den Autoren des vierten Jahrhunderts zugänglich war2.

seit dem Sieg bereits auf Konstantin gehalten worden waren (Paneg. 12[9],1,1: … post tot homines disertissimos, quos et in Urbe sacra et hic rursus audisti … C. E. V. Nixon, Latin Panegyric in the Tetrarchic and Constantinian Period, in: B. Croke / A. M. Emmett (Hgg.), History and Historians in Late Antiquity, Sydney 1983, 88– 99, 93 formulierte es mit Blick auf diese Textstelle so: „panegyrics on the defeat of Maxentius were already ‚old hat’; vgl. id., Constantinus Oriens Imperator: Propaganda and Panegyric. On Reading Panegyric 7 (307), Historia 42 (1993) 229–46, 233: „The campaign against Maxentius was by now thoroughly familiar even to audiences at Trier“. Auch Liban. or. 59.20 (ταῦτα πάντα καὶ ἔτι πλείω λογογράφοιϲ τε καὶ ποιηταῖϲ ἱκανῶϲ ὕμνηται πάλαι) deutet die Existenz zahlreicher heute verlorener panegyrischer und epischer Werke über Konstantins Sieg an der Milvischen Brücke an. 1 Bleckmann, Zwischen Panegyrik und Geschichtsschreibung 221 spricht von einer „Durchschnittsdarstellung“ und weist auf die deutlichen formalen Übereinstimmungen mit dem typischen Schema der Herrscherrede hin, wie es die Panegyriken prägt und auch bei Menander Rhetor behandelt wird (ebend. 221–24). 2 So ging Moreau, Problem der Vita Constantini, von einer direkten PraxagorasRezeption in Libanios’ or. 59 aus (vgl. Wiemer, Libanius on Constantine 513 f.; P.L. Malosse, Libanios, ses ‚témoins oculaires’, Eusèbe et Praxagoras: Le travail préparatoire du sophiste et la question des sources dans l’Éloge de Constance et de Constant, REG 113 [2000] 172–87; grundsätzlich zur or. 59 s. W. Portmann, Libanios: Kaiserreden, Stuttgart 2022, 19–47); diese Annahme ist allerdings, wie Bleckmann, Zwischen Panegyrik und Geschichtsschreibung, bes. 213–21 gezeigt hat, nicht zwingend. Krallis, Greek Glory, argumentiert, dass die Darstellung in Zos. 2,22–28 von Praxagoras’ Konstantinsbiographie inspiriert ist; angesichts der zahlreichen verlorenen panegyrischen und epischen Werke über Konstantins militärischen Erfolge müssen hier aber grundsätzlich dieselben Vorbehalte geltend gemacht werden, wie sie Bleckmann gegen das Postulat einer direkten PraxagorasRezeption bei Libanios vorgebracht hat.

(C 1) Praxagoras

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4) Über den makedonischen König Alexander Neben der zweibändigen Schrift Über die Könige Athens und der ebenfalls zweibändigen Geschichte Konstantins des Großen erwähnt Photios eine dritte Schrift des Praxagoras, die er (wie das Werk Über die Könige Athens) wahrscheinlich nicht gelesen hat und zu der er nur den Titel, die Anzahl der Bücher und das Alter des Autors nennt1. Den entsprechenden Angaben zufolge veröffentlichte Praxagoras im Alter von dreißig Jahren ein sechsbändiges Werk mit dem Titel Εἰϲ τὸν τῶν Μακεδόνων βαϲιλέα Ἀλέξανδρον (fr. 1,10; auch in diesem Fall muss die Angabe des Photios nicht zwangsläufig dem vom Autor selbst vergebenen Werktitel entsprechen)2. Aus den Altersangaben bei Photios geht hervor, dass das Werk neun Jahre nach der Geschichte Konstantins des Großen veröffentlicht wurde (fr. 1,10), deren Fertigstellung sich in der Zeit von 324 und 334, wahrscheinlich im Jahr 330, verorten lässt (s. o. S. 32–36); die Schrift über Alexander datiert demnach zwischen 333 und 343 (wahrscheinlich um 339) und fällt somit in die letzten Jahre Konstantins oder – mit höherer Wahrscheinlichkeit – in die Frühphase der Nachfolge Konstantins, also in die Zeit der gemeinsamen Herrschaft von Constantinus II., Constans und Constantius II3. Der Werktitel lässt auf eine enkomiastisch gefärbte Biographie Alexanders schließen, Praxagoras scheint hier erneut – wie in den beiden vorausgehenden Werken – Historiographie und Biographie zusammengeführt zu haben. Als nächste Parallele und Vorläufer aus dem frühen vierten Jahrhundert ist ein poetisches Werk des ἐποποιόϲ Soterichos’ von Oasis mit dem Titel Πύθων ἢ Ἀλεξανδριακόϲ [λόγοϲ] („Python, oder [der Logos] über Alexander“) zu nennen, das in der Suda als ἱϲτορία Ἀλεξάνδρου τοῦ Μακεδόνοϲ bezeichnet wird und von dem sich möglicherweise ein Fragment, das sich auf die Einnahme Thebens bezieht, im pseudo-kallisthenischen Ale-

1

Auch in diesem Fall hat er die angeführten Informationen wahrscheinlich aus dem Vorwort der ihm vorliegenden Ausgabe der Geschichte Konstantins des Großen entnommen; s. o. S. 16 mit Anm. 2. 2 Ensslin, Praxagoras 1743 emendiert diese Angabe zu zwei Büchern (eine Kritik bietet Smith, Lost Historian 358 f. mit Anm. 8: „the ‚problem‘ Ensslin aimed to solve is illusory“). 3 Zu den Nachfolgern Konstantins s. N. Baker-Brian / S.Tougher (Hgg.), The Sons of Constantine, AD 337–361: In the Shadows of Constantine and Julian, New York 2020; N. Baker-Brian, The Reign of Constantius II, London 2023.

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xanderroman erhalten hat1. Es ist vielleicht kein Zufall, dass für Soterichos neben dem Werk über Alexander auch ein Ἐγκώμιον εἰϲ Διοκλητιανόν bezeugt ist2: In beiden Fällen – bei Soteriochos wie bei Praxagoras – scheinen sich der enkomiastische Zugang zum römischen Kaiser und die literarische Auseinandersetzung mit dem hellenistischen König gegenseitig ergänzt zu haben, auch wenn formale Unterschiede zwischen den beiden Autoren insofern bestehen, dass Soterichos in metrisierter Form und Praxagoras in Prosa geschrieben hat. Zu den wichtigsten literarischen Einflüssen, die Praxagoras verarbeitet hat, werden die Alexanderbiographie Plutarchs und vor allem Arrians Anabasis gezählt haben3. Vergleiche zwischen römischen Kaisern und Alexander dem Großen wurden von den Anfängen der römischen Monarchie an immer wieder gezogen und nahmen in tetrarchisch-konstantinischer Zeit sowie speziell unter Constantius II. nochmals merklich zu, wobei auch jene Aspekte, die zuvor problematisch erschienen (etwa die Gottangleichung, der im Diadem symbolisierte Absolutheitsanspruch, die Proskynese, die instabile Akzeptanz, die fehlende Nachfolgeregelung), zunehmend positiv umgedeutet oder ausgeblendet wurden4. In diesen allgemeinen Entwicklungstendenzen hat Konstantin die imitatio Alexandri nach der Übernahme der Herrschaft über den Osten des Reiches auf ein neues Fundament gestellt: Als erster römischer Kaiser trug er ab 325 das Diadem als Zeichen der Herrscherwürde5, und er ließ sich mit einem an Alexander angelehnten Porträt inszenieren6. Unter 1

Soterichos: FGrHist/BNJ 641 sowie FGrHist 1080; Suda ϲ 877 s. v. Ϲωτήριχοϲ. Auf das Fragment hat K. Müller, Pseudo-Callisthenes, Paris 1846, xxiv– xxv hingewiesen. Zum Titel des genannten Werkes: Janiszewski, Missing Link 155. 2 Suda ϲ 877 s. v. Ϲωτήριχοϲ. 3 So auch Smith, Lost Historian 373 f. Der Einfluss der Anabasis auf das Itinerarium Alexandri lässt sich gut nachweisen, s. H. Tonnet, L’Anabase d’Arrien dans l’Itinerarium Alexandri, Revue d’histoire des textes 9 (1979) 243–54. 4 Zur Alexander-Imitatio in Kaiserzeit und Spätantike: A. Kühnen, Die imitatio Alexandri in der römischen Politik (1. Jh. v. Chr. bis 3. Jh. n. Chr.), Münster 2008; Moore 2018, bes. ch. 11–14; K. J. Peltonen, Alexander the Great in the Roman Empire, 150 BC to AD 600, London 2019; Ch. T. Djurslev, Alexander the Great in the Early Christian Tradition, London 2020; ders., Christianising Alexander Traditions in Late Antiquity, in: R. Stoneman, A History of Alexander the Great in World Culture, Cambridge 2022, 86–108. 5 Zur Einführung des Diadems unter Konstantin: Lenski, Tyche of Constantinople. 6 M. R.-Alföldi, Die constantinische Goldprägung. Untersuchungen zu ihrer Bedeutung für Kaiserpolitik und Hofkunst, Mainz 1963, 93 f. Ein ausführlicher (und

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(C 1) Praxagoras

seinem Nachfolger Constantius II., der sich lange Jahre an der Ostgrenze aufhielt und den militärischen Auseinandersetzungen mit den Sasaniden hohe Priorität einräumte, lässt sich eine nochmalige Verstärkung der Bezüge zu Alexander feststellen, die ihren literarischen Höhepunkt in den Res gestae Alexandri Macedonis und dem Itinerarium Alexandri Magni Traianique fand1. Vor dem skizzierten Hintergrund lässt sich ein biographisches Werk über Alexander den Großen am plausibelsten auf Constantius II. beziehen und in den ersten Jahren nach dem Tod Konstantins verorten2. Da Griechenland in dieser Zeit im Machtbereich des Constans lag3, könnte die Schrift zugleich darauf hindeuten, dass sich Praxagoras zu dieser Zeit bereits (als Resultat einer kaiserlichen Förderung durch Konstantin?) in Konstantinopel etabliert hatte4. Sollte Praxagoras – analog zum Itinerarium Alexandri, dessen Widmung an den Kaiser gesichert ist5 – sein Werk tatsächlich Constantius II. dediziert haben (etwa um nach dem Herrscherwechsel auch gegenüber dem neuen Kaiser seine Loyalität zu unterstreichen)6, so musste er nochmals für den römischen Kaiser vorteilhafter) Vergleich von Alexander und Konstantin hat sich sogar in der Vita Constantini niedergeschlagen (Eus. v. C. 1,7,1–8,4). 1 Res gestae: M. Rosellini, Julius Valerius: Res gestae Alexandri Macedonis. Editio correctior cum addendis, München 2004; s. a. H. Bohmhammel, Valerius’ Übertragung der Alexandergeschichte und ihre gesellschaftlichen Tendenzen, Berlin 2008; R. J. Lane Fox, The Itinerary of Alexander: Constantius to Julian, CQ 47 (1997) 239–52, bes. 242 f. Itinerarium: L. Cracco Ruggini, Sulla cristianizzazione della cultura pagana: il mito greco e latino di Alessandro dall’età antonina al Medio Evo, Athenaeum 43 (1965) 4–7; M. Fuhrmann, Das Itinerarium Alexandri, in: R. Herzog (Hg.), Restauration und Erneuerung. Die lateinische Literatur von 284 bis 374 n. Chr., München 1989, 214 f.; Callu, Préface à l’Itineraire d’Alexandre. 2 Zu den Alexanderbezügen unter Constantius II. in dieser Zeit s. J. Wienand, The Empire’s Golden Shade: Icons of Sovereignty in an Age of Transition, in: J. Wienand (Hg.), Contested Monarchy: Integrating the Roman Monarchy in the Fourth Century AD, Oxford 2015, 324–451, bes. 430–38. 3 Jones, Later Roman Empire, Bd. 1 112. 4 Smith, Lost Historian 375 geht davon aus, dass sich Praxagoras während der Arbeit an der Alexanderbiographie weiter in seiner Heimatstadt Athen aufhielt; bei einer Datierung der Schrift in die späten 330er Jahre wäre der Bezug zu Constantius II., den auch Smith annimmt (S. 373), damit jedoch erklärungsbedürftig. Zur Frage, welche Förderung sich Praxagoras versprochen und welche Form der kaiserlichen Zuwendung er angenommen haben könnte, s. o. S. 35 mit Anm. 1 sowie S. 44–46. 5 S. dazu Callu, Préface à l’Itineraire d’Alexandre. 6 Ähnlich scheint der Sophist Bemarchios (PLRE 1 Bemarchius; FGrHist/BNJ 220; Janiszewski, Missing Link 371–80; Janiszewski et al., Prosopography 74 f. Nr.

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deutlich weiter nach Osten blicken. Denn während sich Konstantin in der Zeit seiner Alleinherrschaft offenbar nie weiter östlich aufgehalten hatte als in Nikomedia1, residierte Constantius II. zwischen 337 und 350 primär in Antiochia am Orontes2. Die Stadt hat in dieser Zeit erheblich an Bedeutung gewonnen durch die Präsenz von Kaiser und Hof, durch die Anwesenheit weiterer Mitglieder des Herrscherhauses, des kaiserlichen consistorium, der Spitzen der Reichsverwaltung, der Gardeeinheiten und durch die verstärkte Präsenz von Einheiten der mobilen Feldarmee – sprich: als zivile und militärische Schaltzentrale des Herrschaftsapparates3. Mit dem Aufbau einer fast durchgängigen kaiserlichen Präsenz im Osten räumte Constantius II. der machtpolitischen Konkurrenz mit den Sasaniden von Beginn seiner Herr218) vorgegangen zu sein, der, aus dem kappadokischen Kaisareia stammend, offenbar mit einem zehnbändigen Werk über die Taten Konstantins die Gunst des Kaisers gewinnen konnte (Suda β 259 s. v. Βημάρχιοϲ: Καιϲαρεὺϲ ἐκ Καππαδοκίαϲ, ϲοφιϲτήϲ. οὗτοϲ ἔγραψε τὰϲ Κωνϲταντίνου τοῦ βαϲιλέωϲ πράξειϲ ἐν βιβλίοιϲ δέκα) und sich später, als er bereits als angesehener Rhetor in Konstantinopel lehrte, mit seiner rhetorischen Tätigkeit, die er unter anderem mit einem Panegyrikos – der sich möglicherweise auf Konstantin bezog und anlässlich der Umgestaltung von dessen Mausoleum verfasst wurde; s. Einl. (C 2) Bemarchios –, auch das Wohlwollen von Konstantins Nachfolger Constantius II. sicherte (Liban. or. 1,31 u. 39–47; dazu Bleckmann, Zwischen Panegyrik und Geschichtsschreibung 220 f.; Moser, Emperor and Senators 137–41 u. 156 f.). 1 Eine Reise Konstantins nach Antiochia war 324/25 möglicherweise geplant, scheint aber nie zustande gekommen zu sein (s. Bastien, Monnaie et donativa 78 Anm. 10), und auch der Plan einer Taufe im Jordan wurde nie umgesetzt (Eus. v. C. 4,62; H. Kraft, Kaiser Konstantins religiöse Entwicklung, Tübingen 1955, 151– 53; S. Rebenich, Vom dreizehnten Gott zum dreizehnten Apostel? Der tote Kaiser in der Spätantike, Zeitschrift für antikes Christentum 4 [2000] 300–24, bes. 313 f.). 2 Constantius II. ist nach der Konferenz mit Constantinus II. und Constans in Pannonien unmittelbar über Konstantinopel nach Antiochia gereist, wo er wohl noch im Jahr 337 ankam (Socr. 2,7; Liban. or. 59,75 f.) und wo er bis 350 hauptsächlich residierte (zum Itinerar von Constantius II. in dieser Zeit: Seeck, Regesten 184–99; T. D. Barnes, Imperial Chronology A.D. 337–350, Phoenix 34 [1980] 160– 66, 162–64; id., Athanasius and Constantius: Theology and Politics in the Constantinian Empire, Cambridge Mass. 1993, 219–24). 3 Ammian (22,9,14) nennt Antiochia oriens apex pulcher, für Ausonius war es „die dritte Stadt“ des Imperiums (Ordo urb. nob. 4: Tertia Phoebeae lauri domus Antiochia). Hinweise auf den höfischen Festkalender haben sich im numismatischen Befund niedergeschlagen: Bastien, Monnaie et donativa 82–87; M. Beyeler, Geschenke des Kaisers. Studien zur Chronologie, zu den Empfängern und zu den Gegenständen der kaiserlichen Vergabungen im 4. Jahrhundert n. Chr., Berlin 2011, 126–33.

(C 1) Praxagoras

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schaft an die höchste Priorität ein und bot sich damit als Projektionsfläche für Vergleiche mit Alexander dem Großen in besonderer Weise an. Für Praxagoras muss diese Konstellation eine Steilvorlage in mehrfacher Hinsicht gewesen sein: Den enkomiastischen Zugang zur biographischen Historiographie, der für eine Auseinandersetzung mit Alexander erforderlich war, hatte er bereits in seinen früheren Werken erfolgreich erprobt. Alexander als Protagonist eines eigenständigen biographisch-historiographischen Werkes ermöglichte es ihm dabei offenbar gleichermaßen, eine Brücke zum römischen Herrscher und eine Brücke zu seiner eigenen Familiengeschichte zu schlagen (dass Praxagoras zu einem weit verzweigten Aristokratenclan gehört haben könnte, der eine Abstammungslinie auf Alexander zurückführt, wird oben S. 15–25 diskutiert). Dass er dabei nun anders als mit der Geschichte Konstantins des Großen nicht den Kaiser selbst zum Gegenstand seines Werkes machte, sondern sich auf das hellenistische Paradigma des siegreichen Monarchen konzentrierte, wird ihm zudem dabei geholfen haben, seine literarische Tätigkeit weiter in den Dienst der römischen Monarchie zu stellen, ohne mit seinem paganen Blick auf die Welt allzu offenkundig in Konflikt mit der sich weiter dynamisierenden Christianisierung des Kaisertums zu geraten. Möglicherweise wird es ihm bei alledem auch weiter möglich gewesen sein, an bestehende Kontakte aus seinen früheren Bemühungen anzuknüpfen und seine literarische Tätigkeit in Beziehung zum Herrschaftsapparat der konstantinischen Dynastie zu setzen. Die Schrift über Alexander den Großen, die in dieser Gesamtkonstellation entstanden zu sein scheint, war ganz offenkundig als ambitioniertes literarisches Statement ihres Autors konzipiert: Mit ihren sechs Bänden muss sie zu den umfangreichsten spätantiken Werken über den hellenistischen König gezählt haben. Über den makedonischen König Alexander war wohl tatsächlich, wie es Ager formulierte, „the culmination of Praxagoras’ literary efforts“1 und hat möglicherweise auch die Res gestae Alexandri Macedonis und das Itinerarium Alexandri Magni Traianique beeinflusst, die bereits wenige Jahre später entstanden sind. Nach Constantius II. sollte das Exemplum des hellenistischen Königs auch für das politische Selbstverständnis Julians noch eine wichtige Rolle spielen, und es gibt durchaus plausible Gründe anzunehmen, dass Julian das Werk des Praxagoras über Alexander gekannt hat2. Welchen literarischen Einfluss Praxagoras aber ins1

BNJ 219 Komm. zu fr. 1,10. Smith, Lost Historian, bes. 375–79, sowie ders., Casting of Julian 95 mit Anm. 161. Zur Rezeption Alexanders bei Julian s. a. N. H. Baynes, Julian the Apostate 2

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gesamt auf die Entwicklung der Alexandertradition ausüben konnte, lässt sich kaum sicher sagen.

and Alexander the Great, in: N. H. Baynes (Hg.), Byzantine Studies and other Essays, London 1960, 346 f. u. G. Barnett, Emulating Alexander: How Alexander the Great’s Legacy Fuelled Rome’s Wars with Persia, Barnsley 2017, bes. c. 11.

Konon

Theodotos I. (82)

?

[---] (K 64)

Philiste (K 106)

Themistokles VI. (K 28)

Themistokles V (K27)

Praxagoras / Timotheos Thorikios (K147)

Praxagoras Thorikios? (Praxagoras I.) (K95)

C. Iulius Casianus von Steiria

Praxagoras II. (K 96)

Themistokles

Leonides VII (K33)

Philippe II (K59) Sospis I (K100)

Kephisodora I (K 29)

Lysiades VI (K39)

Artemisia

Alexandros

Miltiades

Könige von Athen

Theodotos II. (K 83) Philippe III (K60) Lysiades VII (K40) Leonides IX (K35) Demostratus II. (K7/8)

Alexander der Große

Perikles

Daduch*en

Mamertinus

Valerius Mamertinus

Aelius Praxagoras

Aelius Potamo von Beroia

?

? (K65)

Sospis II (K101)

Apsines

Onasimos

Apsines

Annia Stat[i---]nella (K99) Apsines Gadarenos (K75)

Honoratiane Polycharmis (K50)

Themistoklea (K25)

(Junius---) (K1)

Honoratianus Polycharmos (K93)

Genealogisches Stemma zu Praxagoras von Athen (J. Wienand)

Kasiana

Casianus Philippos

?

Kasianos Flavia Philippos Menandra

Flavius - - -

Casianus Apollonius

Casianus [Apollonius]

Themistokleia I (K24) Cl. Menandra (K43)

Philippos (K105)

Hēgias II. (K23)

Praxagoras von Athen

Praxagoras

Hierophantes (K84)

Gellia Dionysia

Aelius Praxagoras von Melite

Asklepigeneia

Theaganes

Eupeithios Archiadas

Hēgias

Archiadas

Hēgias Asklepigeneia

Timokrates

?

Ichth(yas?)

Hēgias I. (K 22)

Praxagorē (K94) Xenagoras II. (K46)

Praxagoras

testimonium

1. (1) vide fr. 1,9–11.

fragmenta 1

5

10

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Phot. bibl. cod. 62. 20 b 29 – 21 b 18 (codd. AM) (1) ἀνεγνώϲθη Πραξαγόρου τοῦ Πραξαγόρου τοῦ ᾽Αθηναίου τῆϲ κατὰ τὸν μέγαν Κωνϲταντῖνον ἱϲτορίαϲ βιβλία δύο. ἐν οἷϲ λόγοιϲ διέξειϲιν, ὅτι ὁ πατὴρ Κωνϲταντίνου Κωνϲτάντιοϲ Βρετανίαϲ ἐβαϲίλευε, Μαξιμῖνοϲ (sc. Maximianus) δὲ τῆϲ ῾Ρώμηϲ καὶ τῆϲ ἄλληϲ ᾽Ιταλίαϲ καὶ Ϲικελίαϲ, ὁ δὲ ἕτεροϲ Μαξιμῖνοϲ (sc. Galerius) τῆϲ τε ῾Ελλάδοϲ καὶ Μακεδονίαϲ καὶ τῆϲ κάτω ᾽Αϲίαϲ καὶ Θρᾴκηϲ· Διοκλητιανὸϲ δὲ ὁ καὶ τῶν ἄλλων πρεϲβύτατοϲ τῆϲ τε Βιθυνίαϲ ἦρχε καὶ τῆϲ ᾽Αραβίαϲ καὶ τῆϲ Λιβύηϲ καὶ τῆϲ Αἰγύπτoυ, ὅϲην ὁ Νεῖλοϲ ἐπερχόμενοϲ ἄρδει. (2) τὸν οὖν Κωνϲταντῖνον ὁ πατὴρ πέμπει παρὰ Διοκλητιανὸν εἰϲ Νικομήδειαν παιδευθηϲόμενον. παρὼν δέ, φηϲί, Μαξιμῖνοϲ (sc. Galerius) ὁ τῆϲ κάτω ᾽Αϲίαϲ βαϲιλεύων εἰϲ ἐπιβουλὰϲ ὥρμηϲε τοῦ νέου καὶ πρὸϲ μάχην λέοντι ἀγρίῳ καθίϲτηϲι τὸν νεανίαν· ὁ δὲ τὸ μὲν θηρίον κρατήϲαϲ ἀνεῖλε, τῆϲ δὲ ἐπιβουλῆϲ αἰϲθόμενοϲ φεύγει πρὸϲ τὸν πατέρα. (3) οὗ τὸν βίον λιπόντοϲ ὁ παῖϲ ἐκδέχεται τὴν βαϲιλείαν. ταύτηϲ δὲ ἐπιβὰϲ Κελτοὺϲ καὶ Γερμανούϲ, ἔθνη πρόϲοικα καὶ βάρβαρα, κατεϲτρέψατο. (4) ἀϲελγῶϲ δὲ καὶ βαρέωϲ τῶν ὑπηκόων ἄρχειν Μαξέντιον μαθών (οὗτοϲ δ᾽ ἄρ᾽ ἦν μετὰ Μαξιμῖνον [sc. Maximianum] τῶν ἐν ῾Ρώμῃ καταϲτὰϲ κύριοϲ) ἐϲτράτευϲεν ἐπ᾽ αὐτόν, δίκαϲ τῆϲ εἰϲ τοὺϲ ἀρχομένουϲ παρανομίαϲ πραττόμενοϲ. καὶ μάχῃ νικήϲαϲ ἐϲ φυγὴν ἔτρεψε. φεύγων δέ, ἣν τοῖϲ πολεμίοιϲ αὐτὸϲ ἀπωλείαϲ ἐδολορράφει μηχανήν, ταύτην εὕρατο τοῦ βίου καταϲτροφὴν τῇ παρ᾽ αὐτοῦ καταϲκευαϲθείϲῃ διώρυγι περιπεϲών. τὴν μέντοι τούτου κεφαλήν τινεϲ τῶν ῾Ρωμαί1 Πραξαγόρου om. M | τοῦ Πραξαγόρου del. edd. | τοῦ2 del. Jacoby, duce Wilamowitz 3 Κωνϲτάϲ Amarg. (alt. man.) 4 ἐβαϲίλευϲε M 5 ὁ δὲ ἕτεροϲ M : ὁ δεύτεροϲ A 6 καὶ Μακεδονίαϲ om. A 9 Κωνϲτάντιον Amarg. (alt. man.) 10 πρὸϲ M 12 ὁρμῆϲαι M 18 δ᾽ Amarg. (alt. man.) : om. AM 21 τοῖϲ – μηχανήν A : αὐτὸϲ τοῖϲ πολεμίοιϲ ἐδολορράφει μηχανὴν τῆϲ ἀπωλείαϲ M

Zeugnis

1. (1) Siehe fr. 1,9–11.

Fragmente 1 Photios, Bibliothek, Kapitel 62. 20 b 29 – 21 b 18 (1) Gelesen wurden von Praxagoras dem Athener, dem Sohn des Praxagoras, zwei Bücher eines Geschichtswerks über Konstantin den Großen. In diesen Büchern berichtet er, dass der Vater Konstantins, Constantius, Britannien beherrschte, Maximinus (d. h. Maximianus) dagegen Rom und das restliche Italien sowie Sizilien, der andere Maximinus (d. h. Galerius) wiederum Hellas und Makedonien sowie Kleinasien und Thrakien. Diokletian aber, der rangälteste unter ihnen, herrschte über Bithynien, Arabien, Libyen und über den Teil Ägyptens, den der anschwellende Nil bewässert. (2) Den Konstantin nun schickte der Vater zu Diokletian nach Nikomedeia in die Ausbildung. Der dort anwesende Maximinus (d. h. Galerius), Herrscher von Kleinasien, heckte, wie er (d. h. Praxagoras) schreibt, ein Komplott gegen den jungen Mann aus und schickte den jungen Mann in einen Kampf gegen einen wilden Löwen. Der aber besiegte und tötete das Tier und floh, weil er die Verschwörung bemerkt hatte, zu seinem Vater. (3) Nach dessen Tod übernahm der Sohn die Herrschaft. Als er diese angetreten hatte, unterwarf er die Kelten und Germanen, angrenzende und barbarische Völker. (4) Als er erfuhr, dass Maxentius seine Untertanen auf willkürliche und harte Weise beherrschte (dieser war nach Maximinus [d. h. Maximian] zum Herrscher in Rom geworden), zog er gegen ihn in den Krieg, um Strafe für die Gesetzlosigkeit gegenüber den Untertanen einzufordern. Und in der Schlacht siegte er und schlug ihn in die Flucht. Auf der Flucht fand er durch die von ihm selbst zum Untergang der Feinde ersonnene List das Lebensende, als er in den von ihm selbst präparierten Flusskanal fiel. Einige Römer schlugen seinen Kopf ab, befestigten ihn auf einem Holz-

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ων ἀποτεμόντεϲ καὶ ξύλῳ ἀρτήϲαντεϲ τὴν πόλιν περιεπόλευον. Κωνϲταντίνῳ δὲ καὶ ἥδε ἡ βαϲιλεία προθύμωϲ καὶ χαίρουϲα προϲεχώρηϲεν. (5) ἐπεὶ δὲ καὶ Λικίνιον ὠμῶϲ καὶ ἀπανθρώπωϲ τοῖϲ ὑπηκόοιϲ ἀποκεχρημένον ἐπυνθάνετο (οὗτοϲ δὲ τῆϲ μοίραϲ ἐκείνηϲ ἐβαϲίλευϲεν, ἧϲ Μαξιμῖνοϲ [sc. Galerius] ὁ τὴν ἐπιβουλὴν Κωνϲταντίνῳ διὰ τοῦ λέοντοϲ προϲενεγκὼν ἐπεϲτάτει, αὐτοῦ τὸν βίον λιπόντοϲ), οὐκ ἐνεγκὼν ὁμοφύλων ὕβριν ἀφόρητον ἐϲτράτευεν ἐπ᾽ αὐτὸν τῆϲ τυραννίδοϲ αὐτὸν εἰϲ τὸ βαϲιλικῶϲ ἄρχειν μεταϲτηϲόμενοϲ. Λικίνιοϲ δὲ τὴν τοῦ βαϲιλέωϲ ἐπιϲτρατείαν ἀκούϲαϲ καὶ δείϲαϲ ἔκρυπτέ τε τὴν ὠμότητα φιλανθρωπίαϲ προϲχήματι καὶ ὅρκουϲ ὑπέτεινεν ἀγαθόν τε ἑαυτὸν τοῖϲ ὑπὸ χεῖρα παραϲχέϲθαι καὶ ἃϲ ἔθετο ϲπονδὰϲ ϲυντηρεῖν. (6) διὸ τότε μὲν ὁ βαϲιλεὺϲ ἀπέϲτη τοῦ πολεμεῖν. ὕϲτερον δέ, ἐπεὶ κακία ἠρεμεῖν οὐχ οἵα τέ ἐϲτι, καὶ τῶν ὅρκων ἠφειδηκότα καὶ ἐϲ πᾶν κακότητοϲ ἐληλακότα καταπολεμήϲαϲ μάχαιϲ καρτεραῖϲ καὶ ἐν τῇ Νικομηδείᾳ ϲυγκλείϲαϲ ἐπολιόρκει. κἀκεῖθεν ἐν ἱκέτου πρὸϲ βαϲιλέα καταφυγόντα ϲχήματι κατέλιπεν ἡ βαϲιλεία, καὶ ϲυνέβη τὸν μέγαν Κωνϲταντῖνον τῆϲ μεγάληϲ ἀρχῆϲ ἄξιον ἐπιζητούϲηϲ εἰϲ ἑαυτὸν τὰϲ εἰρημέναϲ βαϲιλείαϲ ἐπιϲπάϲαϲθαι· τῆϲ τε γὰρ πατρῴαϲ κληρονόμοϲ ἐγένετο καὶ τῆϲ ῾Ρωμαίων καταλύϲαϲ Μαξιμῖνον (sc. Maxentium) ῾Ελλάδοϲ τε καὶ Μακεδονίαϲ καὶ τῆϲ κάτω ᾽Αϲίαϲ παραλύϲαϲ τῆϲ ἀρχῆϲ τὸν ῥηθέντα Λικίνιον. οὐ μὴν ἀλλὰ καὶ τῆϲ ἄλληϲ μοίραϲ, ἧϲ ἦρχε Διοκλητιανόϲ, αὐτὸϲ ἀνεδήϲατο τὸ κράτοϲ. ὁ γὰρ Λικίνιοϲ καὶ ταύτην εἶχεν ὑφ᾽ ἑαυτῷ Μαξιμίνου (sc. Maximini Daiae) πολέμου νόμῳ ἀφελών, ὃϲ Διοκλητιανοῦ διάδοχοϲ ἐγεγόνει. (7) κρατυνάμενοϲ οὖν καὶ μίαν δείξαϲ τὴν ϲύμπαϲαν βαϲιλείαν κτίζει τὸ Βυζάντιον ἐπώνυμον ἑαυτῷ. (8) φηϲὶν οὖν ὁ Πραξαγόραϲ, καίτοι τὴν θρηϲκείαν ῞Ελλην ὤν, ὅτι πάϲῃ ἀρετῇ καὶ καλοκαγαθίᾳ καὶ παντὶ εὐτυχήματι πάνταϲ τοὺϲ πρὸ αὐτοῦ βεβαϲιλευκόταϲ ὁ βαϲιλεὺϲ Κωνϲταντῖνοϲ ἀπεκρύψατο. ἐν οἷϲ αὐτοῦ καὶ οἱ δύο ϲυμπεραιοῦνται λόγοι. (9) ἔτοϲ δὲ τῆϲ ἡλικίαϲ ἦγε δεύτερον καὶ εἰκοϲτὸν Πραξαγόραϲ, ὡϲ αὐτόϲ φηϲιν, ὅτε ταῦτα ϲυνέγραφε. (10) ϲυν34 ἑαυτὸν Ap.c. : αὐτὸν Aa.c.M 38 κρατεραῖϲ M 43 Μαξιμῖνον codd. : Μαξέντιον Müller 45 μὲν Jacoby 46 αὐτὸϲ post τὸ κράτοϲ transpos. M 47 ἑαυτόν M | Μαξιμῖνοϲ A 49 κρατυνόμενοϲ A

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stab und trugen ihn durch die Stadt. So ging auch diese Herrschaft bereitwillig und freudig auf Konstantin über. (5) Als er aber erfuhr, dass sich auch Licinius auf grausame und unmenschliche Weise an seinen Untertanen verging (er war derjenige, der jene Gebiete beherrschte, die Maximinus [d. h. Galerius] – welcher gegen Konstantin den Anschlag mit dem Löwen verübt hat – vor seinem Tod kontrolliert hatte), zog er, weil er die unerträgliche Behandlung seiner Mitmenschen nicht ertragen konnte, gegen ihn in den Krieg, um dessen tyrannische gegen eine königliche Herrschaftsweise zu ersetzen. Licinius aber erfuhr vom Feldzug des Kaisers, versuchte, da er Furcht bekommen hatte, seine Grausamkeit unter einem Mäntelchen von Mitmenschlichkeit zu verbergen, und versprach durch Eide, seine Untertanen gut zu behandeln und sich unverbrüchlich an die getroffenen Vereinbarungen zu halten. (6) Aus diesem Grund nahm der Kaiser vom Kriegführen Abstand. Doch später, (denn das Schlechte ist nicht in der Lage, sich zurückzuhalten), als Licinius seine Eide brach und sich zu jeder Niederträchtigkeit hinreißen ließ, bekämpfte er ihn in tobenden Schlachten, schloss ihn in Nikomedeia ein und belagerte die Stadt. Und als er (d. h. Licinius) von dort nach Art eines Schutzflehenden beim Kaiser Zuflucht suchte, gab er den Herrschaftsanspruch auf – und so ergab es sich, dass Konstantin der Große, als ein des mächtigen Imperiums Würdiger gefragt war, die genannten Herrschaftsgebiete für sich gewinnen konnte. Die väterliche Herrschaft war ihm nämlich als Erbe zugefallen, durch die Vernichtung des Maximinus (d. h. Maxentius) auch jene über die Römer, zudem Hellas, Makedonien und Kleinasien, indem er dem besagten Licinius die Herrschaft entzogen hatte. Mehr noch, er übernahm auch die Führung über das übrige Gebiet, über das Diokletian geherrscht hatte. Denn Licinius hatte auch dieses unter seiner Kontrolle, nachdem er es durch das Gesetz des Krieges dem Maximinus (d. h. Maximinus Daia) abgenommen hatte, welcher der Nachfolger des Diokletian geworden war. (7) Als er nun die Herrschaft über das gesamte Imperium errungen und es zu einer Einheit zusammengeführt hatte, hat er Byzantion unter seinem Namen wiederbegründet. (8) Es sagt nun Praxagoras, obwohl er Anhänger der hellenischen Religion ist, dass Kaiser Konstantin all diejenigen, die vor ihm herrschten, durch die Gesamtheit seiner Tugend und seines edlen Charakters sowie durch seinen umfassenden Erfolg in den Schatten gestellt hat. Damit enden auch seine zwei Bücher. (9) Praxagoras war in seinem zweiundzwanzigsten Lebensjahr, wie er selbst sagt, als er dieses

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εγράψατο δὲ ὁ αὐτὸϲ καὶ ἕτερα βιβλία δύο περὶ τῶν ᾽Αθήνῃϲι βαϲιλευϲάντων ἔτοϲ ἀνύων ἐννεακαιδέκατον. ϲυνέταξε δὲ καὶ ἕτερα βιβλία ἓξ εἰϲ τὸν τῶν Μακεδόνων βαϲιλέα ᾽Αλέξανδρον τριακοϲτὸν πρῶτον ἐλαύνων ἐνιαυτόν. (11) ἔϲτι δὲ τὴν φράϲιν ϲαφὴϲ καὶ ἡδύϲ, 60 ὀλίγον δὲ τοῦ δέοντοϲ ἀτονώτεροϲ. κέχρηται δὲ ᾽Ιωνικῇ διαλέκτῳ.

2 Phot. bibl. cod. 63. 22 a 12–17 (codd. AM) ὅτι οἱ μαργαρῖται καὶ μάργαροι λέγονται καὶ μαργαρίδαι. εὕρηται γὰρ ὁ μάργαροϲ παρά τε Προκοπίῳ τῷ ῥήτορι (cf. Pers. 1,4,14) καὶ ἄλλοιϲ ἀξιολόγοιϲ, τὸ δὲ μαργαρίδαι παρά τε Πραξαγόρᾳ ἰωνίζοντι ἐν τῇ περὶ τὸν μέγαν Κωνϲταντῖνον δευτέρᾳ ἱϲτορίᾳ καὶ 5 παρ’ ἄλλοιϲ. οἱ δὲ μαργαρῖται ϲύνηθεϲ καὶ πολὺ ἐν τῇ χρήϲει.

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Werk verfasste. (10) Derselbe Autor schrieb noch ein anderes Werk in zwei Büchern „Über die Könige von Athen“, als er das neunzehnte Jahre vollendete. Er verfasste auch ein weiteres Werk in sechs Büchern „Über Alexander, den König der Makedonen“, als er sich in seinem einunddreißigsten Lebensjahr befand (11) In seiner Ausdrucksweise ist er klar und angenehm, ein wenig aber lässt er es an der nötigen Spannung fehlen. Er hat den ionischen Dialekt gebraucht.

2 Photios, Bibliothek, Kapitel 63. 22 a 12–17 Die margaritai (d. h. Perlen) werden auch margaroi und margaridai genannt. Die Bezeichnung margaros findet man bei Prokop dem Rhetor (vgl. Pers. 1,4,14) und anderen berühmten Autoren, margaridai wiederum bei dem in ionischem Dialekt schreibenden Praxagoras im zweiten Buch seines Geschichtswerks über Konstantin den Großen sowie bei anderen Autoren. Die Bezeichnung margaritai ist allgemein gebräuchlich und wird vielfach verwendet.

Kommentar fr. 1 (1) ἀνεγνώϲθη Mit dieser unpersönlichen Form, die im Gegensatz zur ersten Person Singular Sachlichkeit und Bescheidenheit ausdrückt (das Werk und nicht die Person des Lesers steht im Mittelpunkt des Interesses), leitet Photios in der Bibliotheke jeweils die Besprechung einer von ihm gelesenen Schrift ein. τῶν ἄλλων πρεϲβύτατοϲ „rangälteste unter ihnen“ (BNJ 219 T 1,1 übersetzt „the most senior of them all“). Der Superlativ mit dem Genetiv kann aber seit Homer auch anstelle des Komparativs stehen, vgl. K.-G. 1,23 „von den anderen der Älteste“ = „älter als die anderen“. von Praxagoras dem Athener, dem Sohn des Praxagoras Zur Herkunft und Familie des Praxagoras s. die Diskussion Einl. S. 15–25. zwei Bücher eines Geschichtswerks über Konstantin den Großen fr. 2 bietet eine leicht abweichende Fassung des Werktitels; zum Titel und zur Bezeichnung des Kaisers als μέγαϲ Κωνϲταντῖνοϲ s. die Diskussion Einl. S. 31 f. der Vater Konstantins, Constantius Die Geschichte Konstantins des Großen setzte in der Zeit vor der Erhebung Konstantins zum tetrarchischen Mitregenten ein. Sofern die Zusammenfassung des Photios diesen Schluss zulässt, begann die Erzählung mit einer Behandlung der ersten Tetrarchie. Die Nennung der vier Mitglieder des Herrscherkollegiums startet hier bei Constantius I., gefolgt von Maximian, Galerius und Diokletian. Es werden erst für die westliche und dann für die östlichen Reichshälfte jeweils zunächst die Caesares, dann die Augusti genannt. Dass dem letztgenannten Diokletian die protokollarisch höchste Stellung zukam, wird etwas später ausdrücklich erwähnt (s. u.). Die Reihung, die Photios vermutlich von Praxagoras übernommen hat (und die mit jener bei Eutr. 9,23 f. übereinstimmt), beginnt wohl deshalb bei Constantius, weil diesem als Vater und auctor imperii Konstantins in der historischen Erzählung das größte Gewicht zukam, auch wenn er in der ersten Tetrarchie lediglich als Caesar an der Herrschaft beteiligt war und erst durch die koordinierten Ranganpassungen vom 1. Mai 305 zum Augustus aufstieg (und dabei zugleich den titulus primi nominis übernahm; vgl. Lact. mort. pers. 19; Eutr. 9,27,2; 10,1,1 und Cons. Const. [KFHist G 1] 304 mit Komm.; zur Neuausrichtung des Herrscher-

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kollegiums s. F. Kolb, Diocletian und die Erste Tetrarchie 128–58; Kuhoff, Epoche der Tetrarchie 784–95; R. Rees, Diocletian and the Tetrarchy, Edinburgh 2004, 76–80). Die Abstammung Konstantins von Constantius wird auch in fr. 1,2; 1,3; 1,6 thematisiert: Der dynastischen Legitimität, die damit angesprochen ist, kam bei Praxagoras (neben den triumphalen Errungenschaften) eine besonders hohe Bedeutung für die Profilierung seines Protagonisten zu. Die in der konstantinischen Literatur verschiedentlich greifbare Behauptung, Constantius (und so zugleich auch Konstantin) stamme von Claudius Gothicus ab (Paneg. 6[7],2 f.; vgl. Opt. Porf. carm. 8 u. 10; Origo Const. 1; Iul. imp. or. 1,6d, 2,51c, Caes. 313d; Eutr. 9,22; Hist. Aug. Claud. 13,2), scheint in der Geschichte Konstantins des Großen allerdings keine Rolle gespielt zu haben: Der (fiktive) genealogische Rückgriff auf einen Ahnherrn jenseits der Tetrarchie war für Konstantin eine nur vorübergehend relevante Hilfskonstruktion, die 310 eingeführt wurde, als Maximian, der Schwiegervater Konstantins und auctor imperii seines Vaters, in Ungnade gefallen war (s. A. Lippold, Constantius Caesar, Sieger über die Germanen – Nachfahre des Claudius Gothicus? Chiron 11 [1981] 347–69; Wienand, Kaiser als Sieger 150–61; Wienand, politica dinastica 29), und die mit zunehmendem Abstand Konstantins zu seinen tetrarchischen Ursprüngen an Bedeutung verlor. Auch bei Liban. or. 59,13 f. taucht Claudius Gothicus nicht als Mitglied der konstantinischen Dynastie auf. Insgesamt ist Constantius der einzige direkte Verwandte Konstantins, der im Photios-Exzerpt genannt wird. Dass Konstantin ab 317 die eigene Dynastie durch Einbindung von Verwandten in das Herrscherkollegium systematisch ausgebaut hat, wird Praxagoras wohl berücksichtigt haben, er ist damit aber offenbar sehr zurückhaltend umgegangen (s. u. Komm. zu fr. 1,5). Welche Leistungen des Constantius von Praxagoras besonders gewürdigt wurden, kann nur vermutet werden: Die Nennung Britanniens (s. u.) deutet darauf hin, dass dessen Sieg über Allectus eine Rolle gespielt hat, auch auf die Erfolge an der Rheingrenze ist Praxagoras möglicherweise eingegangen (so berichtet beispielsweise Paneg. 7[6],4,2 über Constantius, dieser habe viele tausend Franken, die in Batavia und in andere Gebiete diesseits des Rheins eingefallen waren, dahingemetzelt, vertrieben, gefangen genommen und verschleppt, und von Beginn seiner Herrschaft an sei Konstantin diesem Beispiel gefolgt). Zudem könnten, wie Bleckmann, Zwischen Panegyrik und Geschichtsschreibung 221 f. argumentiert, Aspekte der gerechten Herrschaft relevant gewesen sein. Indem Praxagoras die Abstammung Konstantins von Constantius betont, greift er ein wichtiges Motiv der konstantini-

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schen Repräsentation auf: Dass Konstantin die Abstammung von seinem vergöttlichten Vater von Beginn an für die eigene Selbstdarstellung genutzt hat, zeigen bereits die frühen numismatischen und epigraphischen Zeugnisse (Grünewald, Constantinus Maximus Augustus 46–50), und auf die Bedeutung von Divus Constantius wird auch in der Panegyrik verwiesen (z. B. Paneg. 7[6],14,3–7). Allerdings zeigen die Panegyriken von 307 und 310 auch, dass es (zumindest zeitweise) nicht gänzlich unproblematisch war, den konstantinischen Herrschaftsanspruch an die Abstammung von Constantius zu knüpfen: Dieser hatte sich von der Mutter Konstantins spätestens zu einem Zeitpunkt getrennt, als sich ihm die Möglichkeit bot, Theodora zu heiraten, die Tochter jenes Maximian, der später im Bürgerkrieg gegen Konstantin untergehen sollte, und Theodora hatte Constantius fünf Kinder geboren, darunter drei Söhne ‒ Flavius Dalmatius, Flavius Hannibalianus (der allerdings wohl in jungen Jahren verstarb) und Iulius Constantius ‒, die Konstantin zumindest zeitweise als potenzielle Konkurrenten um den Herrscherthron wahrnehmen musste. Wollte Konstantin seine Herrschaftsbefugnis unter Rückgriff auf seine kaiserliche Abstammung rechtfertigen, lieferte er zugleich ein ebenso gutes, wenn nicht sogar besseres Argument für die Herrschaftsberechtigung seiner Halbbrüder, deren Abstammung von Maximians Tochter sie deutlich gegenüber Konstantin, dem Sohn einer unbedeutenden stabularia (als solche wird Helena bei Ambros. de ob. Theod. 42 bezeichnet), auszeichnete. Mit zunehmender Festigung der konstantinischen Herrschaft lösten sich diese Schwierigkeiten aber auf, und die Konstantinsbiographie des Praxagoras musste darauf wahrscheinlich schon keine Rücksicht mehr nehmen. Für christliche Autoren wie Lactantius und Eusebios stellte sich mit Blick auf Constantius noch ein anderes Problem, dass dieser nämlich in seiner Rolle als tetrarchischer Mitregent in die Christenverfolgungen eingebunden war und diese auch nach seinem Aufstieg zum ranghöchsten Augustus im Jahr 305 nicht offiziell beendet hatte: Lact. mort. pers. 15,7 berichtet von Kirchenzerstörungen unter Constantius; Eus. v. C. 1,16 impliziert, dass sich Constantius an den Verfolgungen beteiligt hatte. Für das Werk des Praxagoras werden diese Fragen aber keine Rolle gespielt haben. Britannien beherrschte Eine Übersicht über die Herrschaftsgebiete der Tetrarchen, die hier mit der Nennung des von Constantius kontrollierten Gebietes beginnt, scheint bei Praxagoras einen Kernbestandteil der Behandlung der ersten Tetrarchie gebildet zu haben, wobei hier und im Folgenden eine strikte geographische Trennung der Zuständigkeiten sowie implizit

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auch eine administrative und machtpolitische Unabhängigkeit der vier Herrscher voneinander angenommen wird (nicht nur durch die Nennung der entsprechenden Herrschaftsgebiete, sondern auch durch die Formulierung ἐβαϲίλευϲε, worauf Ager BNJ 219 Komm. zu fr. 1,1 hinweist). Eine solche geographisch definierte Teilung des Imperiums hat zur Zeit der ersten Tetrarchie in dieser Form faktisch nicht bestanden (s. Kolb, Gestalt des spätantiken Kaisertums 42–44). Die konstantinischen und nachkonstantinischen Quellen, die von einer geographischen Trennung der Zuständigkeitsgebiete ausgehen, sind in dieser Hinsicht von einem polemischen Blick auf die erste Tetrarchie geprägt (z. B. Lact. mort. pers. 7,2 u. 8,3) bzw. proji*zieren die Voraussetzungen späterer Konstellationen auf die Zeit Diokletians zurück (Aur. Vict. 39,30–40,1, Iul. imp. or. 2,51d; weitere Parallelstellen: Origo Const. 5; Eutr. 10,1 u. 2,2; Epit. Caes. 40,1; Zos. 2,8,1). Die Darstellung bei Praxagoras war in dieser Hinsicht, wie Bleckmann, Zwischen Panegyrik und Geschichtsschreibung 225 f. herausarbeitet, wohl primär von anachronistischen Vorstellungen geprägt, die sich aus den veränderten administrativen Realitäten seiner eigenen Zeit ergaben. Dass die territoriale Übersicht in der von Photios gebotenen Form unvollständig und in Teilen fehlerhaft ist, lässt sich dagegen kaum Praxagoras anlasten, sondern geht eher darauf zurück, dass Photios beim Kürzen und Vereinfachen Fehler unterlaufen und unterschiedliche Zeitschichten durcheinandergeraten sind (ähnlich auch Bleckmann ebend.). Für Constantius wird hier lediglich Britannien angeführt, was sich möglicherweise darauf zurückführen lässt, dass bei Praxagoras Britannien die größte Bedeutung in den Berichten über Constantius zukam, da dieser dort mit dem Sieg über Allectus und der Auflösung des Britannischen Sonderreichs seinen wichtigsten Erfolg erringen konnte (Diskussion der literarischen und numismatischen Quellen: N. Shiel, The Episode of Carausius and Allectus: The Literary and Numismatic Evidence, Oxford 1977; s. a. P. J. Casey, Carausius and Allectus: The British Usupers, London 1994, bes. 127–52; H. Williams, Carausius: A Consideration of the Historical, Archaeological and Numismatic Aspects of his Reign, Oxford 2004, bes. c. 4– 9); zudem war Britannien wohl speziell wegen der Erhebung Konstantins in York (Paneg. 7[6],5,3; Lact. mort. pers. 24,8; Eus. v. C. 1,18,2, 21,1; Origo Const. 4; Aur. Vict. 40,3 f. mit Komm.; Zos. 2,9,1; Cons. Const. [KFHist G 1] 306 mit Komm.) für die Erzählung von besonderer Bedeutung: Der Panegyriker von 307 formuliert ausdrücklich, Constantius habe Britannien befreit, während Konstantin Britannien dadurch geadelt habe, dass er von dort „aufstieg“ (Paneg. 7[6],4,3: liberavit ille Britannias servitute; tu etiam

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nobiles illic oriundo fecisti). Die Reihung der Herrschaftsgebiete folgt (intentional?) auch der geographischen Entwicklung der Herrschaft Konstantins, der in Britannien von seinem Vater in das Herrscherkollegium aufgenommen wurde, dann 310 in Gallien einen Bürgerkrieg gegen Maximian sowie 312 in Italien gegen dessen Sohn Maxentius gewann, nach einem ersten Bürgerkrieg gegen Licinius 316/17 den Balkan und Griechenland unter seine Kontrolle bringen konnte und ab 324 schließlich auch den Osten des Reiches beherrschte. Maximinus (d. h. Maximianus) Photios verwechselt mehrfach die Namen von Maximianus, Maximinus, Maxentius und Galerius (s. u. Komm. zu fr. 1,1, fr. 1,2, fr. 1,4, fr. 1,5 u. fr. 1,6). Auf Maximian wird lediglich hier (als Mitglied der ersten Tetrarchie) und in fr. 1,4 (als Vorgänger des Maxentius) knapp verwiesen, obgleich Maximian speziell in den Jahren 307 bis 310 eine erhebliche Bedeutung für die Etablierung der konstantinischen Herrschaft und den Ausbau der konstantinischen Dynastie zukam: Maximian hatte Konstantins Vater zum Caesar erhoben, 307 auch Konstantin zum Augustus gemacht und ihn bei dieser Gelegenheit mit seiner Tochter Fausta vermählt (deren Bruder Maxentius damit Konstantins Schwager wurde). Auch bei Praxagoras wurden diese dynastischen Verbindungen vermutlich nicht detailliert nachvollzogen, da sich Konstantin schon ab 307 darum bemüht hatte, eine machtpolitische Eigenständigkeit gegenüber Maximian zu entwickeln – und da die Verbindung spätestens 310, als Maximian einen Bürgerkrieg gegen Konstantin provozierte und dabei den Tod fand, ohnehin höchst problematisch geworden war (s. u. Komm. zu fr. 1,5). Mit Blick auf die dynastische Legitimität Konstantins bezog sich Praxagoras offenbar (s. o.) insgesamt vor allem auf die Abstammung von Constantius; s. dazu auch Komm. zu fr. 1,2, fr. 1,3, fr. 1,6. Rom und das restliche Italien sowie Sizilien Rom wird hier in der Aufzählung der Maximian unterstellten Herrschaftsgebiete an erster Stelle genannt, obwohl sich Maximian dort von seiner Erhebung zum Mitregenten Diokletians im Jahr 285 bis zu seinem Tod im Jahr 310 nur äußerst selten aufgehalten hatte (zum Itinerar Maximians: Barnes, New Empire 56–60; zur Stellung der Stadt Rom in der Tetrarchie s. Kuhoff, Epoche der Tetrarchie 382–94). In der Erzählung des Praxagoras war Rom wohl eher deshalb von Bedeutung, da dort später (wie in fr. 1,4 ausdrücklich erwähnt wird) Maxentius residierte, dessen Machtbereich nach der Schlacht an der Milvischen Brücke auf Konstantin überging. Sizilien ist die einzige Insel, die im Exzerpt des Photios genannt wird. Da Sizilien unter Konstantin keine besondere

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machtpolitische Bedeutung zukam, zuvor aber unter Maximian und Maxentius im Zuge von Kampagnen in Nordafrika relevant war, kann die Nennung als Indiz dafür gelesen werden, dass Praxagoras die entsprechenden militärischen Unternehmungen der ersten Tetrarchie (Kuhoff, Epoche der Tetrarchie 199–212) oder – wahrscheinlicher – die Auseinandersetzung zwischen Maxentius und Domitius Alexander (Kuhoff, Epoche der Tetrarchie 863–70; V. Drost, Le monnayage de Maxence [306–312 après J.-C.], Zürich 2013, 23 f.) ausführlicher behandelt hat. Zur Bedeutung Siziliens s. a. M. I. Finley, A History of Sicily: Ancient Sicily to the Arab Conquest, London 1968, bes. 148–89; G. Clemente, La Sicilia nell’età imperiale, in: E. Gabba / G. Vallet, G. (Hgg.), La Sicilia antica, Bd. II,2: La Sicilia romana, Neapel 1980, 463–80; L. Cracco Ruggini, La Sicilia e la fine del mondo antico (IV– VI secolo), in: E. Gabba / G. Vallet, G. (Hgg.), La Sicilia antica, Bd. II,2: La Sicilia romana, Neapel 1980, 481–524; R. J. A. Wilson, Sicily under the Roman Empire: The Archaeology of a Roman Province, 36 B.C.–A.D. 535, Warminster 1990, bes. 313–37. Auch hier (wie zuvor bei Constantius) zählt Photios die Herrschaftsgebiete nur unvollständig auf. der andere Maximinus (d. h. Galerius) Photios verwechselt hier Maximinus mit Galerius, der spätestens mit seiner Erhebung zum Caesar das cognomen Maximianus führte (Lact. mort. pers. 18,13) und bei Lactantius auch grundsätzlich nur Maximianus (bzw. wie in mort. pers. 9,1 „der andere Maximianus“ – alter vero Maximianus) genannt wird. Im offiziellen Kontext (greifbar auf Papyri, Inschriften und Münzen) kann der volle Name C. Galerius Valerius Maximianus zu Maximianus verkürzt werden. Zu weiteren Namensverwechslungen bei Photios s. a. Komm. zu fr. 1,1; 1,2; 1,4; 1,5; 1,6. Hellas und Makedonien sowie Kleinasien und Thrakien Photios geht auch hier von einem territorial klar umgrenzten Herrschaftsgebiet des Galerius aus, der zwar während der ersten Tetrarchie tatsächlich auch an der Donau aktiv war, der aber auch an der Ostgrenze eingesetzt wurde, da es sich Diokletian, wie Kolb, Gestalt des spätantiken Kaisertums 43 es formulierte, vorbehielt, „je nach Bedarf eine provincia zuzuweisen“. In Kleinasien hatte Diokletian, wie Photios selbst andeutet (s. u. Komm. zu fr. 1,2), seine wichtigste Residenz. Diokletian aber, der rangälteste unter ihnen Dies ist der einzige Verweis in der Zusammenfassung des Photios darauf, dass die tetrarchischen Herrscher über eine aufeinander abgestimmte Rangordnung verfügten; auf die Unterscheidung zwischen Augusti und Caesares, auf die protokollari-

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schen Details und auf die tetrarchische Sukzessionsordnung (zu diesen Aspekten: Seston, Dioclétien, bes. 184–89, 231–57; Kolb, Diocletian und die Erste Tetrarchie, bes. 68–158; Kuhoff, Epoche der Tetrarchie, bes. 107–35, 150–64, 297–326) wird ansonsten nicht verwiesen. Zwar wird die Stellung Diokletians innerhalb der Tetrarchie (und damit die Unterordnung des Constantius) in der vorliegenden Passage anerkannt, zugleich deuten die wiederholten Verweise auf die Abstammung Konstantins von Constantius darauf hin, dass das dynastische Argument bei Praxagoras in Konkurrenz zur tetrarchischen Sukzessionsordnung konzipiert wurde. Für Konstantin hat der Verweis auf die Abstammung von Constantius auch tatsächlich – insbesondere ab 307 (Verleihung des Augustustitels durch Maximian) sowie verstärkt ab 310 (nach dem Untergang Maximians) – eine Rolle für die Abgrenzung von der Tetrarchie gespielt (s. o. sowie Komm. zu fr. 1,3). Bithynien, Arabien, Libyen und über den Teil Ägyptens Erneut liegt hier die Idee einer klaren territorialen Trennung der tetrarchischen Herrschaftsgebiete zugrunde (s. o.), wobei Bithynien offenbar speziell deshalb für Diokletian angeführt wird, weil dessen Hauptresidenz in Nikomedeia lag, worauf das Exzerpt des Photios auch verweist (s. u. Komm. zu fr. 1,2). Kleinasien wurde oben bereits unter den Gebieten des Galerius angeführt. der anschwellende Nil Literarische Parallelen finden sich in Hdt. 2,19; Aisch. Suppl. 559–61; Thuc. 3,89. Das Anschwellen des Nils kann auch mit dem Verb ἀναβλύζω (statt wie hier mit ἐπέρχομαι) beschrieben werden: Theocr. 17,80. (2) Den Konstantin nun schickte der Vater zu Diokletian nach Nikomedeia in die Ausbildung Die militärische Laufbahn Konstantins vor seinem Herrschaftsantritt ist in den groben Zügen bekannt (dazu grundsätzlich: Barnes, New Empire 41–43; Barnes, Constantine. Dynasty, Religion, and Power 51–56; Nixon/Rodgers, In Praise of Later Roman Emperors 197 Anm. 16). Wie Lact. mort. pers. 18,10 impliziert, war Constantin tribunus ⟨et comes〉 primi ordinis ⟨in consistorio〉 (Emendation von J. Moreau [Hg.], Lucius Caecilius Firmianus Lactantius, De la mort des persécuteurs, Bd. 2, 313 f.), die Stellung impliziert vorausgegangene Tribunate (Jones, Later Roman Empire, Bd. 2, 640 f.). Nach Origo Const. 2 diente Konstantin unter Diokletian und Galerius in Asia, vermutlich während des Perserfeldzuges (296–98); in or. ad coet. sanct. 16,2 behauptet Konstantin selbst, die Ruinen von Memphis und Babylon gesehen zu haben (gemeint ist wahrscheinlich das ägyptische Babylon; s. A. Calderini, Dizionario dei nomi geografici e topografici dell’Egitto greco-romano, Bd. 2,1 Β–ΓΩΝΙΩΤΑΙ, Mailand

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1973, 17 f. mit Ergänzungen in A. Calderini, Dizionario dei nomi geografici e topografici dell’Egitto greco-romano, Suppl. 1 [1935–86], Mailand 1988, 75); Eus. v. C. 1,19 verortet Konstantin zudem in Palaestina an der Seite Diokletians; in den Jahren 303 und 305 kann Constantin am Hof von Nikomedia lokalisiert werden (Const. or. s. c. 25; Lact. mort. pers. 18,10, 19,1– 4); unter Galerius hat er zudem gegen die Sarmaten gekämpft (Origo Const. 3; Zonar. 12,33; Lact. mort. pers. 24,4). Auch Paneg. 6(7),3,3 verweist auf eine umfassende militärische Lehrzeit Konstantins. Wie ausführlich Praxagoras die einzelnen Stationen behandelt hat, ist unklar, da Photios’ Zusammenfassung nur von Konstantins Anwesenheit in Nikomedia spricht. Grundsätzlich gehörten Verweise auf eine frühe, steil verlaufende Militärkarriere spätestens seit Plinius’ Panegyricus auf Traian zum Standardrepertoire römischer Herrscherenkomiastik, und mit der tetrarchischen Ideologie trat verstärkend hinzu, dass die Legitimität der Herrscher ganz wesentlich auf deren erfolgreichen Einsatz für das Wohl der Res Publica zurückgeführt wurde und damit nicht zuletzt auch deren militärische Errungenschaften gemeint waren (F. Kolb, Herrscherideologie in der Spätantike, Berlin 2001, 54–58). Entsprechend arbeitet der Panegyricus von 307 aus der frühen Karriere Konstantins eine besondere Eignung zur Herrschaft heraus (nach Paneg. 7[6],5,2 manifestierte sich Konstantins virtus incipiens bereits in den prima stipendia, d. h. dem frühen Militärdienst, den Konstantin per maximos tribunatus absolvierte). Das Exzerpt des Photios lässt erkennen, dass auch Praxagoras die virtus bzw. konkreter die fortitudo (bzw. ἀνδρεία) Konstantins als Aspekt seiner Herrschaftsbefähigung thematisiert hat (mit Blick auf die frühe Karriere kommt dies insbesonder in der Erzählung vom Kampf gegen den Löwen zum Ausdruck; s. u.), zugleich deutet die Formulierung, der spätere Kaiser sei von seinem Vater zu Zwecken der παιδεία (vgl. die Wendung παιδευθηϲόμενον bei Photios) in den Osten geschickt worden, darauf hin, dass Praxagoras hier neben der militärischen Befähigung speziell daran interessiert war, welche Bedeutung die Ausbildungsphase für Konstantins Kenntnis der griechischen Kultur und Sprache aufwies: Dies hatte nicht nur für Konstantin selbst ab 316/17 (Eingliederung des Balkanraums einschließlich Griechenlands in sein Herrschaftsgebiet) sowie nochmals verstärkt ab 324 (Übernahme der östlichen Reichsteile) eine ganz konkrete herrschaftspraktische Bedeutung (dazu Van Dam, Roman Revolution, bes. 143–216), sondern muss auch für Praxagoras als Mitglied der athenischen Aristokratie besonders relevant gewesen sein (s. Einl. S. 29 f.). Zugleich hat Praxagoras in dieser frühen Phase offenbar die Ursprünge des grundsätz-

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lichen Konflikts zwischen Konstantin und der Tetrarchie, speziell Galerius, verortet (s. u.), auch wenn er offenbar nicht die Vorstellung vertreten hat, dass Konstantin in seiner Zeit in Nikomedia Diokletian und Galerius als Geisel (obses) diente, wie es in Origo Const. 2 heißt. Welche Rolle Praxagoras in diesem Zusammenhang Diokletian zuschrieb, lässt sich der Zusammenfassung bei Photios nicht entnehmen. Der Verweis auf die Abstammung von Constantius dient hier jedenfalls offenkundig dazu, die besondere dynastische Legitimität des konstantinischen Herrschaftsanspruchs abzuleiten (s. a. die folgenden Komm.). Der dort anwesende Maximinus (d. h. Galerius) Zum Itinerar des Galerius s. Barnes, New Empire 61–64. ein Komplott … Kampf gegen einen wilden Löwen Hier bezieht sich Photios offenbar auf eine Passage im Geschichtswerk des Praxagoras, in der die wohl retrospektiv konstruierte Frühphase eines Konflikts zwischen Konstantin und Galerius behandelt wurde. Ein solcher Konflikt lässt sich gesichert erst ab 307 (Erhebung Konstantins zum Augustus durch Maximian) nachvollziehen (das epigraphische und numismatische Material zeigt zuvor eine friktionsfreie Anerkennung der tetrarchischen Ordnung durch Konstantin und eine ebenso friktionsfreie Anerkennung Konstantins als tetrarchischer Caesar durch seine Mitregenten; s. Wienand, Kaiser als Sieger 120– 27). Das Exzerpt spricht von einem Komplott (ἐπιβουλή) des Galerius gegen Konstantin, das in einem Kampf des jungen Herrschersohnes mit einem wilden Löwen gipfelt; Konstantin erkennt die Gefahr und flieht zu seinem Vater. Ein Motiv des Galerius für die Verschwörung gegen Konstantin nennt Photios nicht. Die Parallelstellen bei Lactantius, Eusebios, in der Origo Constantini und bei Zonaras präsentieren unterschiedliche Erzählungen, die um ein frühes Agitieren des Galerius gegen Konstantin kreisen. Bei Lactantius (mort. pers. 24,3–7) verübt Galerius wiederholt Anschläge (insidiae) gegen Konstantin, von denen zwei näher thematisiert werden: ein als spielerische Übung getarnter Angriff wilder Tiere (mort. pers. 24,4 f.) sowie der Versuch des Galerius, die Abreise Konstantins zu seinem Vater zu verhindern (mort. pers. 24,5–7). Auch Eusebios spricht von unspezifischen ἐπιβουλαί (v. C. 1,20,1), die aus Neid und Furcht gegen Konstantin verübt worden seien (Galerius wird in diesem Zusammenhang nur implizit genannt) und von Gott vereitelt wurden. Ein Angriff wilder Tiere wird hier nicht erwähnt, Eusebios geht aber ebenfalls auf Bemühungen ein, die Reise Konstantins zu verhindern (v. C. 1,19,2–20,2). Der Origo Constantini zufolge setzte Galerius Konstantin vielen Gefahren aus, allerdings wird dies

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auf militärische Aktionen bezogen, die zu Galerius’ Sieghaftigkeit beitragen; die Reise zu Constantius wird hier von Galerius gestattet, während Konstantin Vorsichtsmaßnahmen ergreift, um sich gegenüber Severus abzusichern (Origo Const. 2 f.). Zonaras weist deutliche Übereinstimmungen mit der Version des Praxagoras auf und weicht inhaltlich lediglich dadurch vom Exzerpt des Photios ab, dass er die Rettung Konstantins mit göttlicher Gnade verbindet. Konstantin wird hier von seinem Vater als Geisel (Zonar. 12,33 εἰϲ ὁμηρείαν παρέϲχετο) dem Galerius gegeben, dessen Neid (φθόνοϲ) sich auf den jugendlichen Herrschersohn richtet; Galerius intrigiert (ἐπεβούλευε) daraufhin gegen Konstantin, indem er ihn zunächst (wie in der Origo) gegen die Sarmaten kämpfen lässt und ihn anschließend (wie bei Praxagoras) in einen Kampf gegen einen wilden Löwen schickt. Konstantin durchschaut die Verschwörung und flieht zu seinem Vater (Zonar. 12,33). Die Erzählungen eines weit zurückreichenden Konflikts mit Galerius haben ihren Ursprung wahrscheinlich in Konstantins Bemühungen der Jahre 307 bis 311, sein sukzessives Ausscheren aus dem System der Tetrarchie zu begründen; dabei scheinen Berichte von Jagden und Kriegseinsätzen aus Konstantins Ausbildungsjahren sowie die Umstände seiner Reise nach Britannien ausgeschmückt und umgedeutet worden zu sein. jungen Mann Konstantin wird hier im Exzerpt des Photios innerhalb eines Satzes einmal als νέοϲ und einmal als νεανίηϲ bezeichnet, was darauf hindeutet, dass der Jugendlichkeit Konstantins in Praxagoras’ Erzählung eine gewisse Bedeutung zukam. Wie alt Konstantin in dem Zeitraum, um den es hier geht, tatsächlich war, lässt sich nur grob eingrenzen, da sein genaues Geburtsdatum nicht bekannt ist, was wiederum damit zu tun hat, dass er (durchaus im Gegensatz zu anderen Kaisern) möglicherweise nie seinen dies natalis gefeiert hat – der 27. Februar als Geburtstag hat sich lediglich in den Fasti Philocali et Silvii (CIL 12 p. 254 f., 258 f., 301 f.) erhalten, das Geburtsjahr ist nirgends überliefert, das Todesalter wird in den Quellen zwischen 60 und 65 Jahren angegeben (Aur. Vict. 41,16; Eutr. 10,8,2; Hieron. chron. 234 b; Epit. Caes. 41,15; Socr. h. e. 1,39,1 u. 40,3; Sozom. h. e. 2,34,3; Malalas 324,10 f.; Phot. bibl. cod. 234; Zonar. 13,4; s. dazu Barnes, New Empire 39 f.). Konstantin wird zum Zeitpunkt seiner Aufnahme ins tetrarchische Herrscherkollegium damit zwischen 29 und 34 Jahre alt gewesen sein. Wichtiger als das faktische Alter war für Praxagoras sicherlich der Topos der Jugendlichkeit Konstantins, dem in der konstantinfreundlichen Literatur insgesamt eine wichtige Rolle zukommt. So stellte etwa nach Paneg. lat. 7(6),5,2 f. Konstantin mit seinen in jungen Jahren erzielten

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Erfolgen, die als auspicia fortunae gelesen werden, Scipio Africanus und Pompeius Magnus in den Schatten; Verweise auf die Jugendlichkeit Konstantins durchziehen die gesamte Rede (5,2 f.; 9,4; 13,3; 13,5; 14,1). floh … zu seinem Vater Mit dem Bericht von der Flucht Konstantins zu seinem Vater endet die Erzählung von einem frühen Konflikt zwischen Galerius und Konstantin; s. o. Komm. zu fr. 1,2. Parallelen finden sich bei Lact. mort. pers. 24,5–8 (Galerius habe versucht, Konstantins Reise zu seinem Vater zu verhindern, woraufhin Konstantin früher abgereist sei und an vielen Stationen die Pferde der Staatspost beiseiteschaffen ließ), Eus. v. C. 1,20,2–21,1 (hier ist von einer dem Vorbild Mose folgenden Flucht – φυγή – Konstantins die Rede); Origo Const. 4 (Konstantin vermeidet ein Zusammentreffen mit Severus und lässt die Postpferde hinter sich töten); Aur. Vict. 40,2 (Konstantin wurde in der tetrarchischen Rotation übergangen, floh zu seinem Vater und tötete unterwegs die staatlichen Zugtiere, um seine Verfolger auszubremsen); Zonar. 12,33 (Konstantin flüchtete bei Nacht mit einigen Unterstützern). Für die Zeit vor 307 (die Erhebung Konstantins zum Augustus durch Maximian) gibt es keine belastbaren Indizien dafür, dass ein früher Konflikt zwischen Konstantin und Galerius tatsächlich bestand (s. o.). (3) Nach dessen Tod Wörtlich „als dieser das Leben gelassen hatte“. Constantius starb am 25. Juli 306 in Eboracum (York) eines natürlichen Todes. übernahm der Sohn die Herrschaft Photios lässt hier erkennen, dass Praxagoras zufolge Konstantin die βαϲιλεία qua dynastischer Sukzession (und nicht durch tetrarchisches Reglement) zugefallen sei. Um so den Aspekt der dynastischen Legitimität Konstantins in den Vordergrund zu stellen, hat Praxagoras wahrscheinlich darauf verzichtet, die mit Constantius’ Tod einhergehende Neuausrichtung des tetrarchischen Herrscherkollegiums detailliert nachzuvollziehen. Denn die epigraphische und numismatische Evidenz bezeugt eine weitgehend reguläre tetrarchische Sukzession, durch die Konstantin reibungsfrei als Caesar in das Herrscherkollegium eingegliedert wurde (Wienand, Kaiser als Sieger 120–27). Der titulus primi nominis ging mit Constantius’ Tod auf Galerius über, während Severus zum zweiten Augustus aufstieg und Konstantin als rangniedrigster Caesar an die Seite von Maximinus Daia trat (s. a. Kuhoff, Epoche der Tetrarchie 796–802). Die erforderlichen Anpassungen innerhalb des Herrscherkollegiums scheinen gut vorbereitet gewesen und friktionsfrei umgesetzt worden zu sein. Euseb. v. C. 1,21,2 erwähnt, Constantius habe vor seinem Tod alle Angelegenhei-

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ten, die ihn betrafen, geregelt (τὰ καθ’ ἑαυτὸν διετάττετο), worunter wohl auch die entsprechenden Anordnungen über die tetrarchische Nachfolge fallen. Dass Constantius die Entscheidung über seine Nachfolge noch vor seinem Tod selbst getroffen hatte, wird auch durch weitere literarische Quellen nahegelegt (vgl. Paneg. 7[6],5,3 u. 6[7],8,2; Lact. mort. pers. 24,8; Eus. h. e. 8,13,12 u. v. C. 1,22,1). Demnach wurde Konstantin von seinem Vater erwählt, von den Heeren akklamiert und von Galerius und den übrigen Tetrarchen im Amt bestätigt und als Mitregent anerkannt. Dass nun der Sohn eines vormaligen Augustus an der Herrschaft beteiligt war, hat dennoch eine gewisse Asymmetrie in die tetrarchische Ordnung gebracht, und Konstantin selbst hat die dynastische Karte bereits unmittelbar nach seinem Herrschaftsantritt gespielt, wie die in seinem Herrschaftsgebiet emittierten Münzen für den vergöttlichten Constantius zeigen (RIC VI Londinium 110, Treveri 789 f., 809; Lugdunum 251, 264–69, 297) – allerdings scheint es Konstantin dabei zunächst primär darum gegangen zu sein, die Loyalität in seinen eigenen Territorien zu sichern, ohne daraus zugleich den Anspruch auf eine privilegierte Stellung gegenüber seinen Mitregenten zu erheben. In den schriftlichen Quellen lassen sich die Bemühungen der konstantinfreundlichen Literatur, eine gegenüber den Mitregenten herausragende Herrschaftsbefugnis Konstantins aus dessen dynastischer Legitimität abzuleiten, erstmals im Panegyricus von 307 greifen, der verfasst wurde anlässlich der Erhebung Konstantins durch Maximian in den Rang eines Augustus (der entscheidende Vorgang, durch den die etablierte Hierarchie und die Weisungsbefugnis des Galerius erstmals offen infrage gestellt war). Im Weiteren festigte sich der Topos der dynastischen Legitimität zu einem Kernthema enkomiastischer Darstellungen des Aufstiegs Konstantins (vgl. Eus. v. C. 1,18–20 u. Liban. or. 59,16–18), in den nun typischerweise der Bruch mit der tetrarchischen Ordnung zurückproji*ziert wurde (die entsprechende Tradition wird bis heute meist so gedeutet, dass Konstantin bereits 306 den Augustustitel für sich beansprucht habe). Das Exzerpt des Photios lässt nur andeutungsweise erkennen, wie Praxagoras die Spannung zwischen der tetrarchischen Stellung von Constantius einerseits und dem dynastisch begründeten Herrschaftsanspruch Konstantins andererseits in seiner panegyrischen Herrscherbiographie ausbuchstabiert hat. Klar ist aber, dass der dynastischen Legitimität des Protagonisten in der Geschichte Konstantins des Großen eine herausragende Stellung zukam. unterwarf er die Kelten und Germanen Dieser knappe Verweis auf die frühen Kampagnen Konstantins bezieht sich auf die militärischen Erfolge

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Konstantins an der Rheingrenze. Im Frühjahr 307 sprach sich Konstantin nach einem Verwüstungs- und Plünderungsfeldzug durch fränkisches Siedlungsgebiet den Siegestitel germanicus maximus zu, den er im Jahr 308 nach einem erneuten Verwüstungsfeldzug durch das Gebiet der Bructeri iterieren konnte. Zum Krieg gegen die Franci: Paneg. 7(6),4,2; Paneg. 6(7),10,2– 11,6; Paneg. 4(10),16,5–17,2; zum Krieg gegen die Bructeri: Paneg. 6(7),12,1; Paneg. 4(10),18,1; zur Datierung der Kampagnen s. Barnes, Imperial Campaigns 191–93; ders., Victories 150 f.; ders., New Empire 27 u. 258 (Table 8). Konstantin konnte hier seine ersten militärische Erfolge erzielen, die auch von den tetrarchischen Mitregenten offiziell gewürdigt wurden und in den untereinander abgestimmten Herrschertitulaturen Berücksichtigung fanden (Grünewald, Constantinus Maximus Augustus 13–25). Praxagoras wird insbesondere den Sieg Konstantins über die fränkischen reges Ascaricus und Merogaisus näher besprochen haben, der auch in Paneg. 7(6),4,2 gefeiert wird. (4) ἦν … καταϲτὰϲ κύριοϲ Das mit der Kopula ἦν und dem Partizip Aorist καταϲτὰϲ sowie dem Prädikatsnomen κύριοϲ zusammengesetzte Prädikat anstelle der finiten Form κατέϲτη (in der Bedeutung von ἐγένετο) verleiht diesem mehr Nachdruck, vgl. K.-G. 1,38 f. Maxentius Die Zusammenfassung des Photios geht hier vom Herrschaftsantritt Konstantins und den frühen militärischen Kampagnen am Rhein direkt zur Auseinandersetzung mit Maxentius über, die in Konstantins Sieg an der Milvischen Brücke im Oktober 312 ihren Höhepunkt fand. Der Konflikt zwischen Konstantin und Maximian im Jahr 310 (der erste Bürgerkrieg, den Konstantin auszufechten hatte) wird dabei ausgelassen. Da das Geschichtswerk des Praxagoras offenbar insgesamt darauf ausgelegt war, die von Konstantin in einer Serie an Bürgerkriegen erzielte Wiederherstellung der Reichseinheit nachzuvollziehen, wird Praxagoras die Ereignisse rund um den Sturz des Maximian wahrscheinlich behandelt haben, sie wurden auch unmittelbar in der Panegyrik (bes. Paneg. 6[7],14–20; dazu Wienand, Kaiser als Sieger 150–61) verarbeitet und stellen einen festen Bestandteil der Tradition zu Konstantins machtpolitischem Aufstieg dar (z. B. Lact. mort. pers. 29,3–30; Aur. Vict. 40,21 f.; Eutr. 10,3; Epit. Caes. 40,5). Von allen Bürgerkriegen, die Konstantin auszufechten hatte, stellte dieser allerdings das größte Problem für die Legitimität der konstantinischen Herrschaft dar und hatte die tiefgreifendsten herrschaftspraktischen Implikationen: Maximian war auctor imperii seines Vaters, hatte ihm selbst den Augustustitel verliehen und ihm seine Tochter Fausta als Ehefrau anvertraut.

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Zugleich hatte er offenbar auch (was im Zuge der Usurpation gegen Konstantin deutlich zutage getreten war) eine starke Anziehungskraft auf Teile der militärischen Kräfte ausüben können, die eigentlich Konstantin unterstanden. Im Panegyricus von 310, der entstanden ist, kurz nachdem es Konstantin gelungen war, die unmittelbare Bedrohung abzuwenden, kommt eine gewisse Ratlosigkeit darüber zum Ausdruck, wie sich aus dieser prekären Konstellation ein panegyrischer Mehrwert gewinnen ließ, ohne zentrale Elemente der konstantinischen Herrschaftslegitimierung in Mitleidenschaft zu ziehen (Paneg. 6[7],14–20; Wienand, Kaiser als Sieger 150–61). Obwohl Konstantin unmittelbar nach dem Sturz Maximians sogar eine Damnatio memoriae hatte durchführen lassen, war dessen Andenken aber spätestens in den Jahren nach der Übereinkunft von Serdica (317) wieder in den Grundzügen restauriert (Grünewald, Constantinus Maximus Augustus 122–24): In seiner (wohl in den späten 320er Jahren entstandenen) Geschichte Konstantins des Großen wird Praxagoras in der Lage gewesen sein, die Ereignisse nüchtern, distanziert und knapp abzuhandeln. seine Untertanen auf willkürliche und harte Weise beherrschte Aspekt der konstantinischen Abwertung des Maxentius. Parallelstellen: Eus. v. C. 1,26; 1,33–36; Liban. or. 59,19–21. Die konstantinische Deutung war so wirkmächtig, dass selbst konstantinkritische Autoren die gegen Maxentius gerichtete Topik übernommen haben – so etwa Zos. 2,9 f., 2,12, 2,14–17. (dieser war nach Maximinus [d. h. Maximian] zum Herrscher in Rom geworden) Photios verwechselt erneut Maximinus und Maximianus; vgl. Komm. zu fr. 1,1; 1,2; 1,5; 1,6. In Parenthese bietet er an dieser Stelle einen stark reduzierten Rückblick, um zwischen der Aussage von fr. 1,1, Maximian sei Herrscher in Rom gewesen, und der hier auf Maxentius bezogenen Aussage zu vermitteln. Übergangen wird dabei, dass mit dem tetrarchischen Herrscherwechsel vom 1. Mai 305 die Kontrolle der fraglichen Gebiete von Maximian zunächst im Zuge der tetrarchischen Neuordnung regulär auf den Caesar Severus übergegangen war, gegen den dann im Oktober 306 Maxentius die Herrschaft usurpierte. Die Folgen waren weitreichend: Der Versuch, den Umsturz niederzuschlagen, schlug fehl, und Severus ging dabei unter. Daraus ergab sich ein unauflösbares formales Problem für die Tetrarchie, denn Konstantin war Severus als Caesar zugeordnet und hätte nun zum Augustus aufsteigen müssen, allerdings stand dem entgegen, dass Maximinus Daia über die höhere tribunicia potestas verfügte (s. Wienand, Kaiser als Sieger 135). Dass Galerius eine Lösung des Problems aufschob, bot Konstantin die Gelegenheit, sich den Augustustitel von

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Maximian bestätigen zu lassen und so das tetrarchische Ranggefüge aus dem Gleichgewicht zu bringen. Konstantin wurde von Galerius und Maximinus Daia zunächst weiterhin nur als Caesar anerkannt (ab der Konferenz von Carnuntum galten Konstantin und Maximinus Daia dann als filii augustorum, Konstantin hat diesen Titel allerdings selbst nie geführt). Maxentius spekulierte offenbar zunächst noch auf eine Anerkennung durch die übrigen Herrscher und führte den Augustustitel erst, als sich diese Hoffnung als unrealistisch erwiesen hatte. Dem Exzerpt des Photios zufolge hat Praxagoras die Legitimität von Maxentius’ Herrschaftsanspruch nicht grundsätzlich infrage gestellt: Auch hier scheint der dynastische Gedanke, der in der Geschichte Konstantins des Großen vor allem mit Blick auf Konstantins Abstammung von Constantius relevant ist, grundlegend gewesen zu sein. Die Stadt Rom wird hier zum zweiten und letzten Mal von Photios genannt (vgl. fr. 1,1). Konstantin hat nach seinem Sieg über Maxentius die ideelle Bedeutung und das machtpolitische Potenzial der Stadt durch gezielte Maßnahmen reduziert und sich in den 31 Jahren seiner Herrschaft insgesamt nur dreimal in Rom aufgehalten (312/13, 315 und 326). Von entsprechend geringer Bedeutung wird die historische Rolle und der Ruhm der Stadt in der Geschichte Konstantins des Großen gewesen sein. zog er gegen ihn in den Krieg Die Entscheidung und Initiative zum Angriff wird hier im Einklang mit Eus. v. C. 1,26; Origo Const. 12; Liban. or. 59,19; Aur. Vict. 40,16; Eutr. 10,4 Konstantin zugeschrieben, der auch tatsächlich unprovoziert den Bürgerkrieg begann (Grünewald, Constantinus Maximus Augustus 60). Die Vorstellung einer vorausgehenden Kriegserklärung durch Maxentius, die sich ebenfalls in den Quellen findet (z. B. Lact. mort. pers. 43,4), ist als Element der konstantinischen Legitimierungsstrategien zu verstehen. Wie detailliert Praxagoras die einzelnen Stationen des Feldzugs beschrieben hat, bleibt unklar; die Entscheidungsschlacht an der Milvischen Brücke wurde in der Geschichte Konstantins des Großen aber offenbar eingehend behandelt (s. u.). um Strafe für die Gesetzlosigkeit gegenüber den Untertanen einzufordern Im Detail setzt die konstantinfreundliche Literatur in der Begründung des militärischen Vorgehens gegen Maxentius unterschiedliche Akzente, doch die Befreiung der unterdrückten Bevölkerung bzw. Elite von einer gesetzlosen (tyrannischen) Herrschaft scheint als zentraler Aspekt der Legitimierung überall durch (vgl. Lact. mort. pers. 44,10 f.; Eus. v. C. 1,26, 33–36; Aur. Vict. 40,23 f.; Liban. or. 59,21; Eutr. 10,4; Zos. 2,14 u. 17). Die Unterscheidung zwischen dem Tyrannen (mit seiner Clique engster Ge-

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folgsleute) einerseits und den tyrannisierten Untertanen andererseits ermöglichte eine weitgehend reibungslose Eingliederung der italischen und speziell stadtrömischen Aristokratie (die zuvor sechs Jahre lang Maxentius unterstützt hatte) in die Herrschaft Konstantins und hatte damit eine wichtige herrschaftspraktische Funktion. Das militärische Potenzial Roms hat Konstantin allerdings bewusst reduziert: Die cohortes praetoriae und die equites singulares wurden aufgelöst, die Soldaten an die Rhein- und Donaugrenze verlegt (Paneg. 12[9],21,2 f. u. Aur. Vict. 40,25; s. a. Wienand, Kaiser als Sieger 229–46). Ob sich Praxagoras für diese Eingriffe interessiert hat, lässt das Exzerpt des Photios offen. in der Schlacht siegte er Gemeint ist die „Schlacht an der Milvischen Brücke“ vom 28. Oktober 312 – ein Rückzugsgefecht an der namensgebenden Brücke, die den Tiber etwa vier Kilometer nördlich des historischen Stadtzentrums von Rom entlang der Via Flaminia überspannte. Die Schlacht folgte auf eine vorausgehende Konfrontation zwischen den gegnerischen Truppen, die sich etwa 14 Kilometer nördlich der Stadt Rom an den Saxa Rubra (Aur. Vict. 40,23) getroffen hatten, und stellte die entscheidende Niederlage der maxentianischen Kontingente dar (dazu grundsätzlich: Kuhoff, Mythos). Die Berichte christlicher Autoren betonen die Bedeutung der Vision eines christlichen Siegeszeichens (Lact. mort. pers. 44,5 f.; Eus. v. C. 1,28–31; vgl. Optatians Verweise auf ein salutare signum [carm. 8,v,i] bzw. auf clementis pia signa dei [carm. 8,2] oder caelestia signa [carm. 19,1]), dies spielt bei Praxagoras offenbar keine Rolle. Dennoch zählt die Schlacht an der Milvischen Brücke zu den (wenigen) militärischen Auseinandersetzungen, die Praxagoras eingehender beschrieben zu haben scheint – neben den frühen Erfolgen Konstantins gegen „Kelten und Germanen“ (s. o. Komm. zu fr. 1,3) und dem endgültigen Sieg Konstantins über Licinius (s. u. Komm. zu fr. 1,6): Der Sieg über Maxentius brachte Konstantin die Kontrolle über den gesamten Westen des Imperiums, hatte damit für Konstantin eine erhebliche herrschaftspraktische Bedeutung und entfaltete unter allen Siegen über innere und äußere Gegner, die Konstantin erringen konnte, den umfasstendsten und vielschichtigsten Nachhall (s. dazu R. Van Dam, Remembering Constantine at the Milvian Bridge, Cambridge 2011). Auf der Flucht fand er … das Lebensende, als er in den … Flusskanal fiel Der Tod des Maxentius gehört zum Standardrepertoire der panegyrisch-historiographischen Konstantintradition; vgl. Paneg. 12(9),17 f.; Lact. mort. pers. 44; Paneg. 4(10),28–30; Eus. h. e. 9,9,4–7; Eus. v. C. 1,38; Origo Const. 12; Liban. or. 59,20; Aur. Vict. 40,23; Epit. Caes. 40,7; Zos.

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2,15 f.; Zonar. 13,1(3). Mit dem Flusskanal ist der Tiber gemeint (zur Verwendung des Begriffs διῶρυξ im Sinne von Flusskanal vgl. Hdt. 1,75, Thuk. 1,109). Welche Bedeutung dem Untergang des Maxentius und seiner Truppen in den Fluten des Tiber für die konstantinische Selbstdarstellung faktisch zukam, kommt besonders deutlich darin zum Ausdruck, dass die Ereignisse im Reliefzyklus des Konstantinsbogens in Rom verarbeitet wurden (G. M. Koeppel, Die historischen Reliefs der römischen Kaiserzeit VII: Die spätantiken Friese am Konstantinsbogen, Bonner Jahrbücher 190 [1990] 38–64, bes. 47–51 m. Abb. 17–19). Die Quellen legen nahe, dass Maxentius im Zuge eines ungeordneten Rückzugsgefechts beim Versuch, mit seinen Truppen auf der Milvischen Brücke (oder einer Behelfsbrücke) über den Tiber überzusetzen, (vom Pferd herab) in den Fluss gestürzt und ertrunken ist. Praxagoras hat sich offenbar einer Erzähltradition angeschlossen, die von einer gegen die Truppen Konstantins präparierten Falle ausgegangen ist, der Maxentius selbst zum Opfer wurde. Grundsätzlich vergleichbare Deutungen finden sich bei Eus. h. e. 9,9,5 u. v. C. 1,38,2–4; Liban. or. 59,20; Aur. Vict. 40,23; Zos. 2,15,3 f. u. 16,4 (mit der ausführlichsten Beschreibung des Mechanismus), während die frühesten (zumal gut informierten) Quellen – Lactantius und die Panegyrici von 313 und 321 – nicht von einer geplanten Falle sprechen und auch spätere Quellen (so etwa die Origo Constantini, die Epitome de Caesaribus oder Zonaras) ohne dieses Element auskommen (dennoch ist durchaus denkbar, dass die Milvische Brücke zur Abwehr des Vormarsches der konstantinischen Truppen modifiziert wurde und für das Übersetzen der maxentianischen Truppen zusätzlich Pontonbrücken eingesetzt wurden; s. zu dieser Frage auch Kuhoff, Mythos, bes. 154 Anm. 74 sowie Bleckmann, Zwischen Panegyrik und Geschichtsschreibung 218 Anm. 68). Libanios (or. 59,20) spielt im Zusammenhang mit dem Bericht vom Untergang des Maxentius auf ein Sprichwort an, das er allerdings nicht zitiert oder paraphrasiert, sondern nur vage umreißt. Da Eusebios im selben Zusammenhang (v. C. 1,38,3) ebenfalls ein Sprichwort anführt – in diesem Fall eindeutig aus Psalm 7,16: wer anderen eine Grube gräbt, fällt selbst hinein (vgl. Prov. 26,27) – wurde verschiedentlich angenommen, dass sich Libanios hier direkt an der Beschreibung des Eusebios orientiert hat (vgl. K. P. Petit, Libanius et la „Vita Constantini“, Historia 1 [1950] 562–82, bes. 567 f.; Wiemer, Libanius on Constantine 514; contra: Bleckmann, Zwischen Panegyrik und Geschichtsschreibung 217–19). W. Portmann (in G. Fatouros / T. Krischer / W. Portmann, Libanios: Kaiserreden, Stuttgart 2022, 56 Anm. 28) bringt die Libanios-Stelle mit einem

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Aischylos-Fragment in Verbindung, das in vergleichbarer Aussageabsicht einem Adler, der von einem mit Adlerfedern bestückten Pfeil getroffen wird, die Formulierung zuschreibt, die Adler würden von ihren eigenen Federn bezwungen (Aischyl. fr. 139 Radt). Die Textgrundlage ist nicht belastbar genug, um direkte Übernahmen zwischen Praxagoras, Eusebios und Libanios nachweisen zu können. schlugen seinen Kopf ab, befestigten ihn auf einem Holzstab und trugen ihn durch die Stadt Praxagoras hat die öffentliche Parade des abgetrennten Hauptes von Maxentius durch Rom (vgl. Paneg. 12[9],18,3 u. 4[10],31,4; Origo Const. 12; Zos. 2,17,1) offenbar eingehend beschrieben. Aus den Quellen lässt sich rekonstruieren, dass der abgetrennte, auf eine Lanze gespießte Kopf seines besiegten Gegners durch die Straßen getragen und ‒ wie es Paneg. 12(9),18,3 beschreibt ‒ von der Bevölkerung „unablässig geschändet“ wurde, als Konstantin am Tag nach der Schlacht mit seinen Soldaten in einer Siegesparade in die Stadt Rom einzog. Zwar spielen abgeschlagene Häupter von Bürgerkriegsgegnern seit der Zeit der ausgehenden Republik bis in die Spätantike hinein eine nicht unerhebliche Rolle im Kampf römischer Feldherrn um symbolisches Kapital (grundsätzlich dazu: M. McCormick, Eternal Victory: Triumphal Rulership in Late Antiquity, Byzantium, and the Early Medieval West, Cambridge 1986, 40– 46), im Triumphzug hatten sie jedoch bislang fast keine Rolle gespielt (eine Ausnahme stellen die Feierlichkeiten in Rom nach dem Sieg über Maximinus Thrax dar, als ebenfalls der abgeschlagene Kopf des besiegten Gegners durch die Stadt paradiert wurde; s. J. Wienand, The Impaled King: A Head and its Context, in: H. Börm / M. Mattheis / J. Wienand [Hgg.], Civil War in Ancient Greece and Rome: Contexts of Disintegration and Reintegration, Stuttgart 2016, 417–32). Zur Funktion des abgeschlagenen Hauptes speziell für die konstantinische Siegesinszenierung siehe J.-L. Voisin, Les Romains chasseurs de têtes, in: Du châtiment dans la cité. Supplices corporels et peine de mort dans le monde antique, Rom 1984, 241–93; Ronning, Herrscherpanegyrik 331–39; T. M. Kristensen, Maxentius’ Head and the Rituals of Civil War, in: H. Börm / M. Mattheis / J. Wienand (Hgg.), Civil War in Ancient Greece and Rome: Contexts of Disintegration and Reintegration, Stuttgart 2016, 321–46, bes. 338 f. Mit der Parade des abgeschlagenen Kopfes wurde die Abgrenzung von Maxentius inszeniert, zugleich bot der Fokus auf den gestürzten Herrscher die Möglichkeit, die Überwindung des Regimes als Befreiung der von einem Gewaltherrscher tyrannisierten Aristokratie und Bevölkerung darzustellen und damit einen Ansatzpunkt für

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die Integration der Statusgruppen in die konstantinische Herrschaft zu gewinnen. Auf den Triumphzug Konstantins (der ausführlich in Paneg. 12[9],18–21 und 4[10],31–35 behandelt wird und auch von Praxagoras beschrieben worden sein wird) bezieht sich die vorliegende Textstelle nur indirekt. Dass der Tod des Maxentius auch ein gewisses Problem für die dynastische Legitimität Konstantins darstellte (immerhin hatte ihm Maxentius’ Vater die Augustuswürde übertragen, und Konstantin war mit der Schwester des Maxentius verheiratet), spielt bei Photios keine Rolle, und auch Praxagoras wird Wege gefunden haben, die heiklen Implikationen des Sturzes von Maxentius zu umschiffen. (5) der jene Gebiete beherrschte, die Maximinus (d. h. Galerius) … kontrolliert hatte Hier werden erneut, wie in fr. 1,1, Maximinus und Galerius verwechselt; vgl. auch Komm. zu fr. 1,1; 1,2; 1,4; 1,6. zog er … gegen ihn in den Krieg Gemeint ist hier der Bürgerkrieg von 316/17, den Konstantin aus machtpolitischer Motivation gegen Licinius angestrengt hat (die Einschätzung in Zos. 2,18, Licinius habe keine Veranlassung zu diesem Konflikt gegeben, ist keine rein konstantinfeindliche Topik). Photios verzichtet auf die Nennung konkreter Kriegshandlungen und geht direkt zum Einlenken des Licinius über. Nur knapp erwähnt wird der Krieg bei Eus. v. C. 1,50 (dazu Bleckmann, Zwischen Panegyrik und Geschichtsschreibung 219 contra Vogt, Konflikt zwischen Konstantin und Licinius 463–71; vgl. Wiemer, Libanius on Constantine 514 m. Anm. 23) und Liban. or. 59,21. um dessen tyrannische gegen eine königliche Herrschaftsweise zu ersetzen Die Formulierung legt nahe, dass sich Praxagoras hier mit der Kontrastierung von Tyrannis und Königsherrschaft an die staatstheoretische Tradition angelehnt hat. Vergleichbare „philosophierende Gedankengänge“ (Bleckmann, Zwischen Panegyrik und Geschichtsschreibung 212) lassen sich etwa für Onasimos (FGrHist 216 = KFHist A 8) und Bemarchios (FGrHist/BNJ 220) greifen; s. Einl. S. 22 Anm. 1 u. S. 44 f. Anm. 6. Ob sich auch Praxagoras in vergleichbarer Weise als ἱϲτορικὸϲ καὶ ϲοφιϲτήϲ verstand (als solcher wird beispielsweise Onasimos in der Suda [ο 327 s. v. Ὀνάϲιμοϲ] bezeichnet), ist allerdings unklar. versuchte, … seine Grausamkeit … zu verbergen Dass sich Licinius auf einen Waffenstillstand mit Konstantin einließ (s. u.), wird hier als Täuschungsmanöver gedeutet. Origo Const. 18, Aur. Vict. 41,6 und Zos. 2,20 zufolge hatten beide Parteien ein Interesse daran, ein neuerliches Bündnis zu schließen.

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versprach durch Eide, … sich … an die … Vereinbarungen zu halten Die Stelle bezieht sich auf die Übereinkunft von Serdica vom 1. März 317. Unerwähnt bleiben hier die territorialen Verschiebungen zwischen den Machtbereichen von Konstantin und Licinius, die bei Praxagoras wahrscheinlich behandelt wurden. Der neuerliche Bündnisschluss zwischen Konstantin und Licinius hatte mit der erstmaligen Einbindung von Familienmitgliedern in das Herrscherkollegium (dazu: Grünewald, Constantinus Maximus Augustus 113–21) auch weitreichende Implikationen für den Aufbau der konstantinischen Dynastie. Dies scheint Praxagoras allerdings nur sehr zurückhaltend behandelt zu haben, jedenfalls nennt das Exzerpt des Photios abgesehen von Constantius keine weiteren Familienangehörigen des Protagonisten, was speziell mit Blick auf die Söhne Konstantins durchaus auffällig ist. Möglicherweise war für Praxagoras im Abfassungszeitraum, der in die Jahre nach der „Palastkrise“ fällt, kein hinreichend klares Konzept für die weitere Entwicklung der konstantinischen Dynastie erkennbar. (6) nahm der Kaiser vom Kriegführen Abstand Verweis auf die Übereinkunft von Serdica (317); vgl. hist. Komm. zu fr. 1,5. als Licinius seine Eide brach Die Erzählung geht hier nach dem Verweis auf die Übereinkunft von Serdica (s. o.) direkt über zu den Ereignissen von 321/24, dem entscheidenden Bürgerkrieg zwischen Konstantin und Licinius, den Konstantin gezielt provoziert zu haben scheint (speziell im Zusammenhang mit seinem Krieg gegen die Goten im Jahr 323; dazu: Wienand, Kaiser als Sieger 337 f.). Bei Praxagoras ergibt sich die Begründung für Konstantins Krieg gegen Licinius erneut aus dessen vorgeblich tyrannischem Verhalten, das hier allerdings (über den angeblichen Bruch der Eide hinaus, der auch bei Eus. h. e. 10,8,3 u. v. C. 2,6,2; Liban. or. 59,21; Aur. Vict. 41,8, als Kriegsgrund gilt; dazu Moreau, Problem der Vita Constantini 240) nicht näher ausgeführt wird. Bei Eusebios ist das Eingreifen Konstantins primär durch die neuerliche Christenverfolgung unter Licinius inspiriert (Eus. v. C. 2,16–19), dieser Aspekt wird bei Praxagoras keine Rolle gespielt haben. in tobenden Schlachten Aus der Zusammenfassung des Photios geht hervor, dass Praxagoras nur in wenigen Fällen (vgl. Komm. zu fr. 1,3 und 4) die militärischen Ereignisse von Konstantins Kriegen gegen innere und äußere Gegner ausführlicher dargestellt hat. Der Verweis auf die „tobenden Schlachten“ (καρτεραῖϲ wörtlich: „heftig“, „gewaltig“, „fürchterlich“, „schrecklich“) legt nahe, dass die militärischen Ereignisse des entscheidenden Bürgerkrieges zwischen Konstantin und Licinius in der Geschichte

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Konstantins des Großen detaillierter geschildert wurden. In diesem Fall lag die besondere Bedeutung des Konflikts darin, dass Konstantin mit dem Sieg über Licinus die Alleinherrschaft erringen konnte. Für Praxagoras hat möglicherweise auch eine Rolle gespielt, dass Licinius vorübergehend in Byzantion belagert wurde und der Stadt nach ihrer Neugründung unter dem Namen Konstantinopel eine hohe Bedeutung für die konstantinische Monarchie zukam (s. u. fr. 1,7 sowie Einl. S. 32–36). Der Sieg über Licinius stellte allerdings auch eine erzählerische Herausforderung für Praxagoras dar, denn Konstantins ältester Sohn Crispus war in die Leitung der Flottenoperationen eingebunden (Origo Const. 23 u. 26 f.) und konnte aus dem militärischen Erfolg offenbar auch einen erheblichen Prestigegewinn ziehen, was wiederum eine Rolle in der Genese der „Palastkrise“ von 326 gespielt zu haben scheint (Wienand, Kaiser als Sieger 341 m. Anm. 218). In der Geschichte Konstantins des Großen, die mit einiger Wahrscheinlichkeit in der Zeit nach der „Palastkrise“ fertiggestellt wurde, wird Praxagoras die Existenz von Crispus, der zwischenzeitlich hingerichtet und einer Damnatio memoriae unterzogen worden war, ausgeblendet haben. Auch die Darstellung des Kriegsverlaufs bei Eusebios (v. C. 2,5–17) kommt ohne eine Erwähnung von Crispus aus – so auch später noch der besonders ausführliche Bericht bei Zosimos (2,22–28), der laut Krallis, Greek Glory, auf Praxagoras beruhen könnte (s. dazu allerdings Einl. S. 41 m. Anm. 2). gab er den Herrschaftsanspruch auf Während bei Eusebios (v. C. 2,18) der Sieg über Licinius und dessen Hinrichtung unmittelbar zusammengehören, deutet die Wendung κατέλιπεν ἡ βαϲιλεία darauf hin, dass Konstantin bei Praxagoras – vergleichbar mit Origo Const. 29 und Zos. 2,28 – zunächst von einer Begnadigung des Licinius ausgegangen ist. Der Tod des Licinius wird in der Zusammenfassung des Photios nicht erwähnt, woraus sich allerdings kaum auf das Geschichtswerk des Praxagoras schließen lässt (contra Ager BNJ 219 Komm. zu fr. 1,6: „Praxagoras leaves out the death of Licinius“). In der Origo Constantini und bei Zosimos wurde Licinius zunächst auf Bitten seiner Frau Constantia (einer Halbschwester Konstantins) begnadigt und erst später (aus Sorge vor einem möglichen Wiederaufstieg, auf Bitten der Soldaten bzw. nach einem neuerlichen Eidbruch) getötet. Wie genau die Ereignisse um den Untergang des Licinius bei Praxagoras berichtet wurden, lässt sich nicht genauer rekonstruieren. Konstantin der Große … für sich gewinnen konnte Girardet (Konstantinische Wende 120 mit Anm. 471) geht hier von einer direkten Übernahme der Formulierung aus der Konstantinsbiographie aus. Bleckmann

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(Zwischen Panegyrik und Geschichtsschreibung 210 f.) stützt diese Deutung durch den Hinweis auf die auffällige Parallele von „großem“ Kaiser und „großem“ Reich (τὸν μέγαν Κωνϲταντῖνον, τῆϲ μεγάληϲ ἀρχῆϲ). Zur Bezeichnung des Kaisers als μέγαϲ Κωνϲταντῖνοϲ vgl. hist. Komm. zu fr. 1,1 sowie die Diskussion Einl. 31 f. Die väterliche Herrschaft war ihm als Erbe zugefallen Dieser längere Abschnitt konzentriert sich auf eine Übersicht über die Regionen des Imperiums, die nun unter der Kontrolle Konstantins standen. Erneut wird hier der Aspekt der dynastischen Legitimität von Konstantins Herrschaft betont; s. o. Komm. zu fr. 1,1–3. Maximinus (d. h. Maxentius) Erneute Namensverwechslung; vgl. fr. 1,1; 1,2; 1,4; 1,5. Maximinus (d. h. Maximinus Daia) Einziger Bezug im Exzerpt des Photios auf Maximinus Daia. Über diesen wird im Exzerpt des Photios nur gesagt, dass er Nachfolger Diokletians geworden war (Διοκλητιανοῦ διάδοχοϲ ἐγεγόνει) und Licinius im Bürgerkrieg unterlag. Faktisch hatte Maximinus nach dem Tod des Galerius die Vorrangstellung gegenüber den Mitregenten beansprucht, der Rang wurde von Licinius temporär anerkannt, bis Konstantin sich nach dem Sieg über Maxentius den titulus primi nominis vom Senat verleihen ließ (s. Kuhoff, Epoche der Tetrarchie 914). Maximinus Daia kam 313 im Bürgerkrieg gegen Licinius ums Leben. (7) Als er nun … zu einer Einheit zusammengeführt hatte Im Bürgerkrieg gegen Licinius hatte Konstantin im Jahr 324 auch den Osten des Reiches unter seine Kontrolle gebracht und damit die Herrschaft über das gesamte Imperium erlangt. Dem Exzerpt des Photios zufolge scheint Praxagoras in seiner Darstellung insbesondere betont zu haben, dass mit dem Aufstieg Konstantins zur Alleinherrschaft die Einheit des Imperiums hergestellt wurde (μίαν δείξαϲ τὴν ϲύμπαϲαν βαϲιλείαν). Möglicherweise bildete die Vorstellung, Konstantin habe in einer Reihe erfolgreich ausgefochtener Bürgerkriege ein zuvor segmentiertes Imperium wieder unter eine einheitliche monarchische Führung gestellt und damit grundlegend erneuert, einen bestimmenden roten Faden von Praxagoras’ Erzählung. Bleckmann, Zwischen Panegyrik und Geschichtsschreibung 227 weist bei dieser Frage darauf hin, dass die Vorstellung einer durch erfolgreiche Bürgerkriege erzielten ἀνανέωϲιϲ des Reiches, wie sie Konstantin selbst in seinem Brief an die christliche Gemeinde von Nikomedeia andeutet (Athan. De decr. 41,7: ἀλλ’ ἐγὼ ἐπὶ τοῖϲ ἀγαθοῖϲ τούτοιϲ διὰ τὴν τῆϲ οἰκουμένηϲ μάλιϲτα ἀνανέωϲιν ἔχαιρον), auf Vorbilder wie Kallinikos von Petra und sein eventuell

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auf die Wiederherstellung der Reichseinheit durch Aurelian bezogenes, allerdings nur dem Titel nach bekanntes Werk Über die Erneuerung Roms (FGrHist/BNJ 281 T 1a: Περὶ τῆϲ ῾Ρωμαίων ἀνανεώϲεωϲ) zurückgehen könnte. Der Gedanke einer Wiederherstellung der Reichseinheit lässt sich in den Jahren nach 324 auch in den für Konstantins Vicennalien zusammengestellten Figurengedichten Optatians greifen (bes. carm. 5). Für die gesamte Zeit der Alleinherrschaft Konstantins bezieht sich Photios lediglich auf die hier im Anschluss angeführte Gründung Konstantinopels (s. u.), darüber hinaus lässt sich aus dem Exzerpt nur noch erschließen, dass das Werk mit einer Gesamtwürdigung der Herrschaft Konstantins endete (vgl. Komm. zu fr. 1,8). Mit welchem Ereignis genau Praxagoras die Geschichte Konstantins des Großen abgeschlossen hat, bleibt letztlich offen, wahrscheinlich lief die Erzählung auf die offizielle Einweihung der Stadt am 11. Mai 330 hinaus, denkbar sind aber auch andere mögliche Bezugspunkte im Zusammenhang mit der Stadtneugründung in den Jahren von 324 bis 333/34 (s. u. sowie die Diskussion Einl. S. 32–36). Welche sonstigen Aspekte der konstantinischen Herrschaft für diesen mehrjährigen Zeitraum im Werk des Praxagoras behandelt wurden, kann nur vermutet werden. Dies betrifft etwa die Entwicklung der konstantinischen Dynastie, speziell mit der Erhebung von Constantius Iunior zum Caesar im Jahr 324 (Chron. min. 1 p. 232 ed. Mommsen), ferner Maßnahmen der politischen Integration der östlichen Reichsteile und entsprechender personalpolitischer Entscheidungen wie etwa die Proklamierung der Konsuln (Bagnall et al., Consuls 182–95; zur Sondersituation von 324 siehe ibid. 183.), die Einrichtung des Senats in Konstantinopel (Dagron, Naissance d’une capitale 119–210; A. Skinner, The Early Development of the Senate of Constantinople, BMGS 32 [2008] 128–48; Moser, Emperor and Senators 13–44), Maßnahmen gegenüber den Städten (Lenski, Constantine and the Cities) oder auch das Verhältnis zu den Persern (K. Mosig-Walburg, Römer und Perser: Vom 3. Jahrhundert bis zum Jahr 363 n. Chr., Gutenberg 2009, 157–282) sowie militärische Unternehmungen und Erfolge (Grünewald, Constantinus Maximus Augustus 145–50; das auf einen vorausgehenden Gotensieg verweisende Epitheton Guth(icus) ist erstmals in einem auf den 30. Juni 331 datierten Reskript an die civitas Orcistanorum bezeugt: MAMA 7 69–72 Nr. 305; s. D. Feissel, L’adnotatio de Constantin sur le droit de cité d’Orcistus en Phrygie, Antiquité tardive 7 [1999] 255–67; zum Kontext: R. Van Dam, Roman Revolution 150–62). Gegenstand der Darstellung wird sicher auch die Zwanzigjahrfeier 325/26 und damit verbunden der dritte (und letzte) Besuch des

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Kaisers in Rom gewesen sein (zu Konstantins Rombesuch von 326 s. H.-U. Wiemer, Libanios und Zosimos über den Rom-Besuch Kaiser Konstantins I. im Jahre 326, Historia 43 [1994] 469–94; S. Schmidt-Hofner, Trajan und die symbolische Kommunikation bei kaiserlichen Rombesuchen in der Spätantike, in: R. Behrwald / C. Witschel [Hgg], Rom in der Spätantike, Stuttgart 2012, 33–60; allgemein zum Itinerar Konstantins zwischen 324 und 330: Barnes, New Empire 76–78; dass Praxagoras im Zusammenhang mit dem Rombesuch konstantinfeindliche Deutungsmuster übernommen haben könnte, wie sie später bei Zosimos zu finden sind, kann ausgeschlossen werden). Auch zeremonielle Ereignisse wie die Übernahme des Diadems (Lenski, Tyche of Constantinople) und des triumphator-Titels (dazu Grünewald, Constantinus Maximus Augustus 147–50) wurden von Praxagoras möglicherweise behandelt. Dass Konstantins Christianisierungspolitik – etwa die kaiserlichen Eingriffe in den arianischen Streit, das Konzil von Nikaia, die Kirchenbaupolitik in Rom und Jerusalem – eingehend (wenn überhaupt) beschrieben wurden, ist dagegen unwahrscheinlich. Ebenfalls in den Zeitraum, der von Praxagoras noch behandelt wurde, fiel mit einiger Sicherheit auch die „Palastkrise“, die mit dem Tod und der Damnierung von Crispus, Fausta und numerosi amici (Eutr. 10,6,3) tiefgreifende Auswirkungen auf das konstantinische Projekt des Aufbaus einer neuen Herrscherdynastie hatte (R. Usherwood, Political Memory and the Constantinian Dynasty: Fashioning Disgrace, Nottingham 2022, 163–212; zur Bedeutung des dynastischen Prinzips in der konstantinischen Monarchie s. H. Börm, Born to be Emperor: The Principle of Succession and the Roman Monarchy, in: J. Wienand [Hg.], Contested Monarchy: Integrating the Roman Monarchy in the Fourth Century AD, Oxford 2015, 239–64). Die Zusammenfassung des Photios lässt nicht erkennen, wie Praxagoras mit der „Palastkrise“ umgegangen ist, wahrscheinlich hat er sie (analog zur Euseb’schen Vita Constantini) schlicht ausgeklammert und in seinem Werk ganz grundsätzlich auf die Nennung der gestürzten Dynastiemitglieder verzichtet (bei Eusebios lässt sich die Wirkung der Damnatio memoriae im Vergleich von v. C. 2,19 mit dem vor 326 entstandenen Parallelbericht in h. e. 10,9 gut nachvollziehen). hat er Byzantion unter seinem Namen wiederbegründet Es handelt sich hier um die chronologisch letzte Episode aus der Geschichte Konstantins des Großen, die in Photios’ Exzerpt erwähnt wird, und da, wie Photios ausdrücklich vermerkt (vgl. Komm. zu fr. 1,8), die Darstellung der Ereignisgeschichte hier endete, handelt es sich wohl auch um einen erzähle-

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rischen Höhepunkt des Werkes. Im mehrjährigen Prozess der Stadtneugründung (dazu grundsätzlich: C. A. Mango, Le développement urbain de Constantinople [IVe–VIIe siècles], Paris 1985, 23–36) bezieht sich die Aussage wahrscheinlich auf die festliche Einweihung vom 11. Mai 330 (s. die Diskussion Einl. S. 32–36). Zugleich ist die Gründung Konstantinopels das einzige konkrete Ereignis, das in Photios’ Exzerpt für die Zeit der Alleinherrschaft Konstantins genannt wird – obgleich Praxagoras sicherlich eine Reihe weiterer Ereignisse und Entwicklungen behandelt hat, die in die Zeit nach Konstantins endgültigem Sieg über Licinius fallen (s. den vorausgehenden Komm.). Wenn das Werk hier endete, ist auch anzunehmen, dass Praxagoras die Festivitäten und öffentlichen Auftritte des Kaisers ausführlich geschildert hat (hierauf deutet wohl auch der Verweis auf Perlen in fr. 2 hin; s. u. Komm.) und das Ereignis für eine umfassende Charakterisierung Konstantins und seiner Errungenschaften nutzte. Welche Schwerpunktsetzung er dabei vornahm, um die Stadtneugründung als ein für die konstantinische Herrschaft relevantes Ereignis zu profilieren, bleibt offen. Mögliche Felder sind die symbolische Bedeutung Konstantinopels als Sieges- oder Friedensstadt und die Ausstrahlung des Ortes als neues politisches Gravitationszentrum (R. Pfeilschifter, Always in Second Place: Constantinople as an Imperial and Religious Center in Late Antiquity, in: K. Klein / J. Wienand [Hgg.], City of Caesar, City of God: Constantinople and Jerusalem in Late Antiquity, Berlin 2022, 39–67), die Gründungsmythen (dazu Olbrich, Constantiniana Daphne, u. ders., Gründung Konstantinopels) sowie Feste, Kulte und Prozessionen (F. A. Bauer, Urban Space and Ritual: Constantinople in Late Antiquity, Acta ad archaeologiam et artium historiam pertinentia 15 [2001] 27–61), die Herrschafts- und Monumentalarchitektur (Straßen und Plätze: A. Berger, Streets and Public Spaces in Constantinople, Dumbarton Oaks Papers 2000 [2000] 161–72; Statuen: ders., Statues of Constantinople, Cambridge 2021; die konstantinische Porphyrsäule: G. Fowden, Constantine’s Porphyry Column: The Earliest Literary Allusion, JRS 81 [1991] 119– 31), darunter speziell der Palast-Hippodrom-Komplex (C. Heucke, Circus und Hippodrom als politischer Raum. Untersuchungen zum großen Hippodrom von Konstantinopel und zu entsprechenden Anlagen in spätantiken Kaiserresidenzen, Hildesheim 1994; A. Berger, Bemerkungen zum Hippodrom von Konstantinopel, Boreas 20 [1997] 5–15; G. Dagron, L’hippodrome de Constantinople. Jeux, peuple et politique, Paris 2011), das Konstantinsforum (M. Karamouzi, The Forum and the Constantine Column in Constantinople: Contemporary Condition and Problems of Interpretation,

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Balkan Studies 27 [1986] 219–36; A. Kaldellis, The Forum of Constantine in Constantinople: What Do We Know About its Original Architecture and Adornment? GRBS 56 [2016] 714–39) und die neuen Mauern der Stadt (N. Asutay-Effenberger / A. Effenberger, Eski İmaret Camii, Bonoszisterne und Konstantinsmauer, JÖByz 58 [2008] 13–44 u. N. Asutay-Effenberger / A. Effenberger, Zum Verlauf der Konstantinsmauer zwischen Marmarameer und Bonoszisterne und zu den Toren und Straßen, JÖByz 59 [2009] 1–29). Eine Kritik an Konstantins Stadtneugründung, wie wir sie bei Eunap. vit. soph. 6,2 finden, ist für Praxagoras nicht zu erwarten, und anders als Eusebios (v. C. 3,48; 4,58–60) kam christlichen Aspekten der urbanen Entwicklung Konstantinopels unter Konstantin, wenn überhaupt, wohl kein besonderer Stellenwert in der Geschichte Konstantins des Großen zu. Mit Blick auf den neuen Namen konzentriert sich Photios auf die Eigenschaft als eponyme Stadt des Kaisers. Ramskold (Silver Emissions 145 f. mit Anm. 8) weist unter Rekurs auf Cod. Theod. 13,5,7 (pro commoditate urbis, quam aeterno nomine iubente deo donavimus, …) darauf hin, dass der Name Constantinopolis auch die Nebenbedeutung „beständige/ewige Stadt“ (von lat. constantia) aufwies; für ein griechisches Geschichtswerk wird dies aber vermutlich keine besondere Rolle gespielt haben. Im Gesamtkontext von Praxagoras’ Erzählung wird die Stadtneugründung insbesondere als Symbol der durch Konstantins triumphale Errungenschaften neu gewonnenen Einheit des Imperiums präsentiert worden sein. (8) Es sagt nun Praxagoras Ein Hinweis darauf, dass die im Folgenden referierte Aussage wörtlich übernommen worden sein oder sich paraphrasierend nah an der Vorlage im Werk des Praxagoras orientiert haben könnte (s. u.). obwohl er Anhänger der hellenischen Religion ist Die Einleitung des Nebensatzes durch die konzessive Subjunktion καίτοι („obwohl“) zeigt, dass Photios in der religiösen Haltung des Praxagoras (den er wörtlich als „Hellene in Bezug auf die Kultpraxis“ bezeichnet) einen Widerspruch zu dessen positivem Blick auf die Herrschaft Konstantins sah, welcher für Photios an anderer Stelle als ὁ εὐϲεβὴϲ βαϲιλεύϲ (vgl. bibl. cod. 256 u. 258) erscheint und damit in erster Linie in seiner Bedeutung für die Entwicklung der christlichen Monarchie gesehen wird. Für Praxagoras selbst bestand dieser Widerspruch offenbar nicht: Er trat selbstbewusst als Mitglied eines bedeutenden heidnischen Aristokratenclans aus Athen in Erscheinung (s. die Diskussion Einl. S. 15–25) und scheint seine Haltung auch offen in seiner schriftstellerischen Tätigkeit zum Ausdruck gebracht zu haben (die histori-

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schen Erzählungen über die Könige Athens und über Konstantin scheinen von einem paganen Basso continuo durchzogen gewesen zu sein, und die religiöse Haltung des Praxagoras wurde vermutlich auch in den autobiographischen Passagen der Werkausgabe reflektiert, der Photios seine Kenntnis von Leben und Wirken des Autors zu verdanken scheint). Auch zu Helladios von Antinoupolis (bibl. cod. 279 = FGrHist 635) gibt Photios an, die Schriften implizierten, dass Helladios „Hellene“ gewesen sei (Ἕλλην ἐξ ὧν γράφει τὴν θρηϲκείαν p. 536a [Bekker]), dort scheint sich dies aber nicht vergleichbar programmatisch auf die Werkkonzeption ausgewirkt zu haben. Für analoge Verwendungen von Ἕλλην zur Bezeichnung Paganer s. Iul. imp. ep. 114; Eunap. vit. soph. 6,5,3; Cod. Iust. 1,11,10. Wendungen wie ἡ περὶ τοὺϲ θεοὺϲ θρηϲκεία konnotieren pagane Kultpraxis mit religiösem Formalismus (Phil. Quod det. pot. insid. sol. 21 ed. Cohn) oder gemeinem Aberglaube (Soran. Gyn. 1,4,4 ed. Ilberg). dass Kaiser Konstantin all diejenigen … überstrahlt hat Möglicherweise ein wörtliches Zitat oder eine nah an der Vorlage orientierte Paraphrase aus der abschließenden Gesamtbewertung der konstantinischen Herrschaft im Werk des Praxagoras, so Schamp, Photios 168 f. („Les jeux de plume que présente la phrase de Photios [anaphore doublée de polyptote] semblent bien montrer le remploi de locutions prises à l’original. La rhétorique dont elle se gonfle donne à penser que nous sommes en présence de l’excipit de Praxagoras“), bestätigt von Bleckmann (Zwischen Panegyrik und Geschichtsschreibung 212 f.). Dafür spricht die prägnant verdichtete Struktur der Aussage, die zur Affirmation der konstantinischen Herrschaft eine triadisch konzipierte Matrix der panegyrischen Wertbegriffe ἀρετή, καλοκἀγαθία und εὐτυχία entfaltet und hieraus eine superatio sämtlicher Vorgänger auf dem römischen Herrscherthron gewinnt. Neben dem Satzanfang φηϲὶν οὖν ὁ Πραξαγόραϲ deutet auch die auf den Satz folgende Formulierung („An diesem Punkt werden die beiden Bücher beendet“) darauf hin, dass wir es hier mit einer wörtlichen Übernahme oder einer weitgehend getreuen Paraphrase einer Kernaussage aus dem Schlusssegment der Geschichte Konstantins des Großen zu tun haben. In der prägnanten Charakterisierung kommen Kernkonzepte aus dem klassischen Repertoire der römischen Herrscherideologie zum Einsatz: Die ἀρετή (entspr. lat. virtus) bezieht sich auf die natürliche und moralische Exzellenz des Laudandus (LSJ s. v. ἀρετή), zugeordnet sind typischerweise die Tugenden ἀνδρεία (~ fortitudo), δικαιοϲύνη (~ iustitia), ϲωφροϲύνη (~ continentia) und φρόνηϲιϲ (~ prudentia); vgl. Men. Rhet. p. 372 f. ed. Russell/Wilson. Die καλοκἀ-

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γαθία (das Bedeutungsfeld überschneidet sich mit Konzepten wie virtus, nobilitas, optimitas, ein eindeutiges lateinisches Äquivalent existiert nicht) verdichtet die Gesamtheit der sich aus der ἀρετή des Kaisers ergebenden körperlichen wie charakterlichen Vorzüge zu einem prägnanten Terminus: Als Attribut des Kaisers wird καλὸϲ κἀγαθόϲ beispielsweise in Iulians Lobrede auf Constantius II. eingesetzt (or. 1,14,35 = I. p. 32 ed. Bidez); auch Menander Rhetor (p. 417 u. 432 ed. Russell/Wilson) nutzt die Formel (zum klassischen Hintergrund der Kalokagathie s. F. Bourriot, Kalos kagathos – kalokagathia: d’un terme de propagande de sophistes à une notion sociale et philosophique; étude d’histoire athénienne, 2 Bde., Hildesheim 1995). Die εὐτυχία schließlich (lat. felicitas) bezeichnet den im Schnittfeld von menschlicher Güte und göttlicher Unterstützung verbürgten Erfolg im vorausschauenden und zielstrebigen Handeln (LSJ s. v. εὐτυχία). Eindeutig christliche konnotierte Wertkonzepte werden hier zwar nicht angeführt, allerdings kann auch der historiographische Blick aus paganer Richtung auf die konstantinische Herrschaft nicht gänzlich blind gegenüber der religionspolitischen Wende und der zunehmenden Bedeutung christlicher Aspekte in der Repräsentation der römischen Monarchie gewesen sein (contra Winkelmann, Historiographie 34: „Praxagoras excluded Constantine’s religious policy from his account. We can be sure that Photius would never have passed over such an important theme had he read something about it in his source“). Auf einen religiösen Beiklang von εὐτύχημα weist Ager BNJ 219 Komm. zu fr. 1,8 hin, sie vermutet aber, dass Praxagoras die Erfolge Konstantins nicht auf göttliche Unterstützung zurückgeführt hat („while the reader might infer from Constantine’s unbroken record of success and good fortune – his εὐτύχημα – that he had divine backing, Praxagoras does not appear ever to have said so explicitly“). Dass die Wirkung kosmischer oder göttlicher Kräfte bei Praxagoras keine Rolle gespielt haben sollte, während dieser Aspekt ansonsten die gesamte Bandbreite an literarischen Genera der konstantinischen Literatur durchzieht, ist allerdings unwahrscheinlich, und die Ambivalenz, Vielschichtigkeit und Offenheit der konstantinischen Repräsentation ließ es durchaus auch nach 324 noch zu, die christlichen Elemente der kaiserlichen Selbstdarstellung in ein religiös inklusives Gesamtbild einzubinden, wie sich dies etwa in den Gedichten Optatians findet, oder religiös abstrakte Formulierungen zu wählen, wir sie uns in den Prosapanegyriken begegnen. Damit enden auch seine zwei Bücher Photios zufolge beendete Praxagoras seine Erzählung mit dem Bericht über Konstantins Sieg über Licinius

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(C 1) Praxagoras

und der anschließenden Neugründung der Stadt Byzantion als Konstantinopel (s. fr. 1,7), gefolgt offenbar nur von einer abschließenden Gesamtwürdigung der konstantinischen Herrschaft (s. o. fr. 1,8). Die Vorstellung, Photios habe nur Teile der Schrift zusammengefasst oder referiere ein ihm nur in fragmentarischer Form vorliegendes Werk (so Ensslin, Praxagoras 1743), überzeugt vor diesem Hintergrund nicht (s. a. Winkelmann, Historiographie 14). Jedenfalls ist unwahrscheinlich, dass die Geschichte Konstantins des Großen die Zeit bis zum Ende der Herrschaft Konstantins abdeckte: Es wäre dann zu erwarten, dass das Exzerpt des Photios wenigstens knapp auf den Tod Konstantins und die Bestattungsfeierlichkeiten hinweist (die ja ebenfalls in Konstantinopel durchgeführt wurden, für dessen Stadtgeschichte sich Photios in besonderer Weise interessierte) und vielleicht auch den geplanten Perserfeldzug und die Nachfolgefrage noch thematisiert. (9) Praxagoras war in seinem zweiundzwanzigsten Lebensjahr … als er dieses Werk verfasste Die Altersangabe hat Photios dem Werk des Praxagoras entnommen („wie er selbst sagt“), vermutlich dem Vorwort einer in nachkonstantinischer Zeit edierten Fassung der Geschichte Konstantins des Großen. Ausgehend vom ursprünglichen Entstehungszeitraum des Werkes ermöglicht die Altersangabe zusammen mit den entsprechenden Informationen zum jeweiligen Alter des Praxagoras bei der Fertigstellung der beiden anderen Werke (s. u. Komm. zu fr. 1,10) über die relative Chronologie hinaus eine gut eingrenzbare absolute Datierung der biographischen Eckdaten; s. hierzu die Diskussion Einl. S. 32–36. Dass mit dem Werk des Praxagoras auch biographische Angaben, speziell sein jeweiliges Alter zum Zeitpunkt der Publikation, überliefert wurden, geht wahrscheinlich auf die Selbststilisierung des Praxagoras als aufstrebendes Talent zurück. (10) Über die Könige von Athen Vgl. zu diesem Werk die Diskussion Einl. S. 27–30. als er das neunzehnte Jahr vollendete Vgl. zu den Altersangaben Komm. zu fr. 1,9 sowie die Diskussion Einl. S. 32–36. Werk … Über Alexander, den König der Makedonen Vgl. zu diesem Werk die Diskussion Einl. S. 42–47. als er in seinem einunddreißigsten Lebensjahr war Vgl. zu den Altersangaben Komm. zu fr. 1,9 sowie die Diskussion Einl. S. 16. (11) ᾽Ιωνικῇ διαλέκτῳ Durch die Verwendung des ionischen Dialekts stellt sich Praxagoras in die Tradition Herodots, dessen universalgeschichtlicher Ansatz im Gegensatz zu der auf die Gegenwart bezogenen und auf attisch geschriebenen Geschichte des Thukydides steht. Ionisch schreiben

Kommentar

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auch Arrian in seiner Indike (aber nicht in seiner Anabasis), Asinius Quadratus (KFHist A 1) test. 1 und Eusebios (KFHist A 6). Da das von Photios überlieferte Fragment nicht den Wortlaut des Praxagoras wiedergibt, kann man nicht mehr mit Sicherheit sagen, ob dessen gesamtes Werk auf ionisch verfasst worden ist (immerhin könnte fr. 2 einen Hinweis in dieser Beziehung liefern, vgl. fr. 2 Komm. zu μαργαρίδαι). Zum ionischen Dialekt in späten Autoren vgl. auch Eusebios (KFHist A 6) Einl. III (S. 114 f.). In seiner Ausdrucksweise … Spannung vermissen Seine Zusammenfassung beschließt Photios hier mit einer kurzen Bemerkung über den literarischen Stil des Praxagoras. Die Attribute ϲαφήϲ und (etwas weniger häufig) ἡδύϲ zählen (in Wendungen wie ϲαφὴϲ τὴν φράϲιν oder ἔϲτι δὲ τὴν φράϲιν ἡδύϲ; vgl. cod. 13, 31, 38, 41, 43, 46, 56, 62, 66, 72, 74, 75, 80, 95, 99, 119, 121, 126, 129, 139, 140, 162, 165, 166, 171, 181, 188, 192[A], 210, 214, 226, 243) zu Photios’ nicht sonderlich weit ausdifferenziertem stilkritischem Standardrepertoire. Vergleichbare Wendungen erscheinen schon bei klassischen Autoren zur Charakterisierung einer verständlichen Ausdrucksweise (vgl. LSJ s. v. ἡδύϲ u. ϲαφήϲ), und in ganz ähnlicher Verwendung wie hier bei Photios werden in Hermog. Rhet. Περὶ ἰδεῶν λόγου 2,12 (l. 195) mit Blick auf den Stil des Hekataios von Milet beide Begriffe verbunden (καθαρὸϲ μέν ἐϲτι καὶ ϲαφήϲ, ἐν δέ τιϲι καὶ ἡδὺϲ οὐ μετρίωϲ). Auch die ἀτονία der Stimme oder der schriftlichen Ausdrucksweise konstatiert Photios bei den von ihm behandelten Autoren wiederholt (cod. 62, 94, 131, 159, 222). Belastbare Rückschlüsse auf die literarische Stilistik des Praxagoras lassen sich hieraus nicht ziehen. gebrauchte den ionischen Dialekt fr. 2 bietet unter Verweis auf den Begriff μαργαρίδαι (Perlen) ein konkretes Beispiel für die ionische Diktion des Praxagoras (s. u.). In der Forschung hat sich kein Konsens darüber gebildet, ob sich Praxagoras durch die Wahl des Ionischen ostentativ in die Tradition der auf Herodot zurückreichenden Tradition griechischer Geschichtsschreibung stellen wollte (so etwa Wilson, Photios 15) oder ob für Photios „das Kunst-Ionisch des Praxagoras kein außergewöhnliches Phänomen“ war (so Bleckmann, Zwischen Panegyrik und Geschichtsschreibung 212 Anm. 36; die Einschätzung wird übernommen bei Smith, Lost Historian 357 Anm. 5 sowie tendenziell auch bei Ager BNJ 219 Komm. zu fr. 1[11]). Tatsächlich ist das Ionische in der spätantiken Historiographie, etwa bei Asinius Quadratus (FGrHist/BNJ 97) und dem Historiker Eusebios (FGrHist/BNJ 101), aber auch in anderen literarischen Genera vertreten, wie das Beispiel des Neuplatonikers Eusebios von Myndos (Fragmenta Philoso-

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(C 1) Praxagoras

phorum Graecorum III, 5–19 = K. F. G. A. Mullach, Fragmenta Philosophorum Graecorum, Bd. 3, Platonicos et Peripateticos continens, Paris 1881, 5– 19; Janiszewski et al., Prosopography 120 Nr. 355) zeigt. Weitere Hinweise zum Gebrauch des Ionischen in der kaiserzeitlichen und spätantiken Literatur bei J. Groß, (A 1) Asinius Quadratus II. Werke, in: B. Bleckmann / J. Groß, Historiker der Reichskrise des 3. Jahrhunderts I (= KFHist A 1–4 u. 6–8), Paderborn 2016, 4; ders., (A 6) Eusebios III. Sprache und Stil, in: B. Bleckmann / J. Groß, Historiker der Reichskrise des 3. Jahrhunderts I (= KFHist A 1–4 u. 6–8), Paderborn 2016, 114–16.

fr. 2 Grundsätzlich zu diesem Fragment s. Diskussion Einl. 36 f. sowie Bleckmann, Zwischen Panegyrik und Geschichtsschreibung, bes. 210; Janiszewski, Missing Link 353 f.; BNJ 219 T 2. μαργαρίδαι Die laut Photios von Praxagoras verwendete ionische Form anstelle des attischen μαργαρῖται ist nur bei Photios belegt. Als Nebenform kommt neben μαργαρίτηϲ seit der Kaiserzeit auch μαργαρίϲ (z. B. in Hld. 2,30,3 μαργαρίδεϲ) vor, das aber nicht speziell ionisch ist. bei Prokop dem Rhetor Gemeint ist das Werk des Prokop von Caesarea über die Perserkriege; die Stelle bezieht sich auf die in Prok. Pers. 1,4 enthaltene Anekdote über Peroz I., der im Kampf gegen die Hephtaliten eine als Ohrring getragene berühmte Perle (πολυθρύλητον μάργαρον) verloren habe. margaridai wiederum bei … Praxagoras … Die Textstelle, auf die sich Photios hier bezieht, wird in seinem Praxagoras-Exzerpt nicht erwähnt; damit ist unklar, in welchem Kontext Praxagoras im Rahmen des Werkes über Konstantin auf Perlen zu sprechen kam. Denkbar ist ein Verweis auf Ornat und Insignien des Kaisers, analog etwa zum Hinweis bei Eus. v. C. 3,10 auf den Auftritt des mit Gold und kostbaren Edelsteinen geschmückten Herrscher (χρυϲοῦ τε και λίθων πολυτελῶν διαυγέϲι φέγγεϲι κοϲμούμενοϲ) auf dem Konzil von Nikaia. Im Werk des Praxagoras wäre eine Beschreibung vergleichbarer Art ebenfalls im Rahmen der Darstellung eines besonderen zeremoniellen Anlasses zu erwarten, allerdings im Gegensatz zu Eusebios kaum im Setting eines Konzils. Da sich Photios auf eine Stelle im zweiten Buch bezieht (s. u.), liegt eine Einordnung in die Zeit der Alleinherrschaft nahe. Praxagoras könnte die kaiserliche Erscheinung durchaus,

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wie Bleckmann (Zwischen Panegyrik und Geschichtsschreibung 228; gefolgt von Ager BNJ 219 Komm. zu T 2) plausibel argumentiert, im Zuge der Darstellung von Feierlichkeiten rund um die Einweihung Konstantinopels (vgl. hist. Komm. zu fr. 1,7) thematisiert haben, die möglicherweise den Höhepunkt und Abschluss des Werkes bildete. Bei Eusebios findet sich die eingehende Beschreibung des kaiserlichen ϲῶμα just für jenen Auftritt Konstantins, der für den Bischof wahrscheinlich die erste persönliche Begegnung mit dem Kaiser markiert (Cameron/Hall, Life of Constantine 265). Auch Praxagoras könnte ein besonderes Gewicht auf die Beschreibung der Gestalt Konstantins im Rahmen eines zeremoniellen Ereignisses gelegt haben, mit dem sich für ihn eine besondere Nähe zum Herrscher verband. Die besondere physische Erscheinung des Herrschers (einschließlich Tracht und Insignien) wird in der spätantiken Panegyrik typischerweise thematisiert, um die edle Abstammung und die außerordentlichen Naturanlagen sowie ganz allgemein die übermenschlichen Qualitäten und die uneingeschränkte Legitimität zu unterstreichen; dabei wird regelmäßig auch unter Verweis auf Gewänder und Schmuck die besondere Wirkung der von übernatürlichen Kräften durchwirken Aura des Herrschers auf die Anwesenden betont (allgemein zur Semantik spätantiker Regalia s. J. Wienand, Regalia, Roman and post-Roman, in: M. Humphries / O. Nicholson [Hgg.], Oxford Dictionary of Late Antiquity, Oxford 2018, 1277 f.). Tendenziell kritische Verweise auf die Bedeutung von Edelsteinen in der konstantinischen Repräsentation finden sich in einem zeitgenössischen Epigramm (zitiert in Sidon. ep. 5,8,2), bei Ammian (25,4,23), in der Epitome de Caesaribus (41,14), in der fragmentarischen Chronik des salmasischen Johannes Antiochenus (fr. 171 = FHG 4, 603; hierzu B. Bleckmann, Der salmasische Johannes Antiochenus: Ein Versuch zur Bestimmung seines Profils für die Geschichte der Spätantike, in: L. Galli Milić / N. Hecquet-Noti [Hgg.], Historiae Augustae Colloquium Genevense: in honorem F. Paschoud septuagenarii. Les traditions historiographiques de l’antiquité tardive: idéologie, propagande, fiction, réalité, Bari 2010, 51–62), bei Leon Grammatikos (p. 86,9–12 ed. Bekker) und bei Georgios Kedrenos (1,516 f. ed. Bekker); zu diesem Diskursfeld s. B. Bleckmann, Constantin und die Donaubarbaren. Ideologische Auseinandersetzungen um die Sieghaftigkeit Constantins, JbAC 38 (1995) 38–66, bes. 62–66. in ionischem Dialekt Vgl. hist. Komm. zu fr. 1,11. im zweiten Buch seines Geschichtswerks über Konstantin den Großen Zum Werktitel (der hier gegenüber fr. 1,1 in leicht abweichender Form

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(C 1) Praxagoras

angegeben ist) sowie zum Epitheton μέγαϲ vgl. hist. Komm. zu fr. 1,1 sowie die Diskussion Einl. S. 31 f. Der Hinweis auf das zweite Buch legt nahe, dass Photios eine spezifische Stelle im Werk des Praxagoras aufgefallen ist, an der von Perlen die Rede ist – möglicherweise in einer Beschreibung von Ornat und Insignien Konstantins im Rahmen der Darstellung eines zeremoniellen Auftritts in der Zeit der Alleinherrschaft (s. o.).

(C 2) Bemarchios

Einleitung Bemarchios war ein erfolgreicher Sophist, der um 340 vorübergehend den Lehrstuhl für Rhetorik in Konstantinopel innehatte (test. 2).1 Von einer Vortragsreise im Osten zurückgekehrt, lieferte er sich, um seinen Lehrstuhl in Konstantinopel zurückzugewinnen, einen rhetorischen Wettstreit mit Libanios, bei dem dieser – jedenfalls nach dessen Zeugnis – den Sieg davontrug. Nach der Suda (test. 1) schrieb Bemarchios eine zehn Bücher umfassende, also vermutlich recht umfangreiche2 panegyrische Darstellung der „Taten des Kaisers Konstantin“, vermutlich in der Zeit, in der er den Lehrstuhl in der von Konstantin gegründeten Metropole innehatte. Ebenfalls mit Konstantin scheint sich die kürzere Lobrede beschäftigt zu haben, die Bemarchios auf einer Reise von Konstantinopel nach Alexandreia offenbar mehrfach vorgetragen hat und die er auch im Wettstreit mit Libanios vorbrachte. Dies ist jedenfalls die Annahme, die Raimondi und Woods unabhängig voneinander geäußert haben3. Dabei gehen sie von der Neuinterpretation einer Passage in der großen autobiographischen Rede des Libanios aus. Dort (test. 3) heißt es: „Er (Bemarchios) präsentierte auf seinem Weg zum Nil eine einzige Rede, in der er denjenigen pries, der sich als Gegner zu den Göttern aufgebaut hatte (während er selbst den Göttern opferte), und legte dar und erklärte, welch einen Tempel Constantius diesem (d. h. Konstantin) errichtet habe.“4 Dieser Passus wurde lange so verstanden, als habe Bemarchios trotz seiner eigenen heidnischen Konfession eine Lobrede auf Christus gehalten und den Bau der Großen Kirche von Antiocheia gefeiert, den Constantius am Anfang seiner Regierung vollendete5. Raimondi sieht aber in der von Bemarchios gelobten und von Libanios kritisierten Gestalt, „die sich als Gegner der Götter gezeigt hatte“, Kaiser Konstantin6. Der ihm von Constantius errichtete Tempel muss dann das von Constantius umgebaute Mausoleum Konstantins gewesen sein. In der Tat ließ erst Constantius II. den bereits vorhandenen Rundbau des Mausoleums mit der 1

FGrHist 220; Banchich, Bemarchios. Zur Biographie P. Janiszewski, Art.: Bemarchios, in: Janiszewski / Stebnicka / Szabat, 74 f. (Nr. 218). 2 Die Spätantike kennt allerdings auch sehr kurze Bücher, wie die zehn Bücher des Eutrop oder die 44 Kurzbücher Justins. 3 Raimondi, Bemarchio; Woods, Libanius, Bemarchius. 4 Liban. or. 1,39. Vgl. test. 3. 5 S. unten S. 92 mit Anm. 2. 6 Raimondi, Bemarchio, 184–87.

(C 2) Bemarchios

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Apostelkirche verbinden und gestaltete damit den Tempel des divinisierten Kaisers bzw. das Heroon des Stadtgründers gründlich um1. Beschränkte sich Bemarchios in seinem Vortragspanegyrikos auf das Lob Konstantins, spricht nichts für die Annahme, dass er sich den christlichen Inhalten der Texte des Euseb annäherte. Auch die in dieser Rede enthaltenen Details einer Architekturschilderung, die die Zuhörer angeblich perplex zurückließ, dürften nicht auf die Beschreibung der Großen Kirche von Antiocheia, sondern auf das von Constantius II. seinem Vater errichtete Ensemble zu beziehen sein2. Der in der Vortragsreise präsentierte Panegyrikos des Bemarchios auf Konstantin muss zwar im Einzelnen nicht die gleichen Themen behandelt haben wie dessen ausführlichere Geschichte Konstantins des Großen, der Tenor war aber identisch. Wie für Praxagoras war für den altgläubigen Bemarchios die Zuwendung Konstantins zum Christentum offenkundig kein Problem, was vielleicht ein Indiz dafür ist, dass diese Hinwendung sehr viel zurückhaltender war, als es die Darstellung Eusebs und eine einseitig die christliche Facette der Selbstdarstellung Konstantins privilegierende Überlieferung suggerieren. Inhaltliche Details der ausführlichen „Taten Konstantins“ des Bemarchios sind im Unterschied zur panegyrischen Rede nicht bekannt und auch nicht durch quellenkritische Erkundungen zu eruieren. Offen bleibt etwa, ob die von Bemarchios verfasste panegyrische Geschichte Konstantins in irgendeiner Form in den Abschnitt der 59. Rede des Libanios Eingang gefunden hat, der – mit auffälligen Gemeinsamkeiten zur Vita Constantini Eusebs und zu Praxagoras – ebenfalls der Geschichte Konstantins gilt3. 1

Philost. 3,2 mit KFHist E 7, Kommentar, 181 f. Zur Großen Kirche von Antiocheia vgl. F. W. Deichmann, Das Oktogon von Antiochia: Heroon – Martyrium, Palastkirche oder Kathedrale? BZ 65 (1972) 40– 56. Zum vermeintlichen Bezug auf die Große Kirche, z. B. A. F. Norman, Libanius Autobiography (Oratio I). The Greek Text. Edited with introduction, translation and notes, Oxford 1965, 159 f.; S. Swain, Sophists and Emperors: The Case of Libanius, in: S. Swain (Hg.), Approaching Late Antiquity. The Transformation from Early to Late Empire, Oxford 2004, 355–400, hier 375; Bleckmann, Zwischen Panegyrik und Geschichtsschreibung, 220 f.; Korenjak, Publikum 148. Zum Vergleich mit der Kirchenbeschreibung bei Eus. v. C. 3,50 Norman, 159. 3 Mögliche Bemarchios-Benutzung in der 59. Rede, vgl. P. L. Malosse, Libanius, ses ,,témoins oculaires“, Eusèbe et Praxagoras : le travail préparatoire du sophiste et la question des sources dans l’éloge de Constance et de Constant, REG 113 (2006) 187, Anm. 50. Aus (Eusebs) Vita Constantini geschöpft : P. Petit, Libanius 2

Einleitung

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Diese Gemeinsamkeiten verweisen immerhin darauf, dass es so etwas wie eine Vulgata zur Darstellung des Kampfes Konstantins gegen Maxentius und Licinius gab. Von dieser Vulgata kann Bemarchios nicht stark abgewichen sein.

et la ,,Vita Constantini“, Historia 1 (1950) 562–82. Zur Frage Bleckmann, Zwischen Panegyrik und Geschichtsschreibung.

testimonia 1. (1) Sud. β 259 Βημάρχιοϲ· Καιϲαρεὺϲ ἐκ Καππαδοκίαϲ, ϲοφιϲτήϲ. οὗτοϲ ἔγραψε τὰϲ Κωνϲταντίνου τοῦ βαϲιλέωϲ πράξειϲ ἐν βιβλίοιϲ δέκα μελέταϲ τε καὶ λόγουϲ διαφόρουϲ. 2. Liban. or. 1,31 (codd. CAVMRKL) καὶ διηγεῖτο (sc. Nicocles Laco), ἃ Βημαρχίῳ τῷ ϲοφιϲτῇ τελέϲειεν ἡ πόλιϲ. 1 τῷ om. MRKL | ϲοφιϲτῇ om. KL

3. (2) Liban. or. 1,39 (codd. CAVMKL) (1) ἔρχεται Βημάρχιοϲ … μάλα δὴ τὸν Κωνϲτάντιον ᾑρηκὼϲ ἀνὴρ καὶ τῶν περὶ ἐκεῖνον τοὺϲ ἀμυήτουϲ, ψόφῳ τε καὶ κτύπῳ παρανόμων ῥημάτων δόξαν ἐπὶ λόγοιϲ ῥωμαλέου λαβών, φίλοιϲ τε τοῖϲ ἀπ᾽ ἐκείνων ἐτετείχιϲτο τῶν χρόνων· δεινοὶ γὰρ δὴ οἱ κύβοι 5 καὶ τὰ μέχρι μέθηϲ ϲυμπόϲια φιλίαϲ ἰϲχυρὰϲ κεράϲαι. (2) διέβη μὲν δὴ τὸν πορθμὸν „κυδιόων τε καὶ ὑψοῦ κάρη ἔχων“ (cf. Il. 6,509) κρότῳ τε ἐπηρμένοϲ καὶ οἷϲ εἰργάϲατο χρήμαϲι, λόγον ἕνα μέχρι Νείλου δεικνύων τόν τε ἐναντία τοῖϲ θεοῖϲ τεταγμένον ἐγκωμιάζων (αὐτὸϲ θύων θεοῖϲ) διδάϲκων τε καὶ διηγούμενοϲ, οἷον αὐτῷ (sc. 10 Constantino) τὸν νεὼν ἐγείραι Κωνϲτάντιοϲ. 3 ῥωμαλέαν Morel Reiske

4 post τοῖϲ dub. add. μιαροῖϲ vel δυϲϲεβέϲιν vel ἀθέοιϲ

Zeugnisse 1. (1) Suda, Art. Bemarchios Bemarchios: Aus Kaisareia in Kappadokien, ein Sophist. Dieser schrieb die Taten des Kaisers Konstantin in 10 Büchern sowie verschiedene Übungen und Reden. 2. Libanios, Rede 1,31 Und er (d. h. Nikokles aus Sparta) führte aus, was die Stadt dem Sophisten Bemarchios gezahlt hatte.

3. (2) Libanios, Rede 1,39 (1) Bemarchios kam … , ein Mann, der den Constantius und die Ungebildeten in dessen Umgebung für sich eingenommen und der durch Geräusch und Dröhnen normwidriger Reden den Ruf eines starken Mannes in den Reden erhalten hatte, und war seit jener Zeit mit ihm befreundeten Leuten bewehrt; denn Würfel und Bankette bis zur Betrunkenheit sind gewiss geeignet, um kräftige Freundschaften zu stiften. (2) Er überschritt also die Meerenge, „siegesgewiss und das Haupt hoch haltend“ (vgl. Il. 6,509), durch den Applaus und das Geld, das er sich verschafft hatte, erregt, und präsentierte auf seinem Weg zum Nil eine einzige Rede, in der er denjenigen pries, der sich als Gegner zu den Göttern aufgebaut hatte (während er selbst den Göttern opferte), und legte dar und erklärte, welch einen Tempel Constantius diesem (d. h. Konstantin) errichtet habe.

(C 1) Bemarchios

Kommentar test. 1

ϲοφιϲτήϲ bezeichnet in der Kaiserzeit und Spätantike einen Rhetoriklehrer (vgl. auch LSJ s. v. II 3) und öffentlichen Deklamatoren, der den von einer Stadt bezahlten Lehrstuhl für Rhetorik innehatte, vgl. dazu E. Bowie, Art. Zweite Sophistik, DNP 12,2 (2002) 851–57, besonders 851 f. und zu Bemarchios auch Einl. 91. test. 2

Bemarchios gezahlt hatte Bemarchios erhielt also von der Stadt Konstantinopel als Rhetoriklehrer ein Gehalt und war bestrebt, nach einem längeren Aufenthalt im Osten seinen Lehrstuhl zurückzuerhalten. Das ist für die Tendenz seines Geschichtswerks über Konstantin den Großen relevant. Zur Praxis der Lehrstuhlvergabe, zur Rivalität zwischen Bemarchios und Libanios und den damit verbundenen Intrigen s. H. Schlange-Schöningen, Kaisertum und Bildungswesen im spätantiken Konstantinopel, Stuttgart 1995, 93–97. test. 3 (1) ἀμυήτουϲ In der Spätantike wird mit ἀμύητοϲ nicht nur jemand, der nicht in die Mysterien eingeweiht ist, bezeichnet, sondern auch derjenige, der ungebildet ist, vgl. Lampe s. v. ἀμυήτωϲ. δόξαν ἐπὶ λόγοιϲ ῥωμαλέου λαβὼν Das Adjektiv ῥωμαλέοϲ bezeichnet in der Regel einen kräftigen Körper (und ist häufig Attribut von ϲῶμα, vgl. Plut. Philopoimen 2,2), kann auch auf die Seele bezogen werden (vgl. Eus. mart. Pal. 6,8 über eine Märtyrerin, die ῥωμαλέα δὲ ἄλλωϲ τὴν ψυχὴν καὶ μείζονα τοῦ ϲώματοϲ τὸν λογιϲμὸν ἐνεϲτερνιϲμένη), wird aber sonst weder mit δόξα noch mit ἐπὶ λόγοιϲ verbunden. In der Konstruktion δόξαν λαμβάνειν zusammen mit einem Nomen im Genetiv (vgl. z. B. Poll. Onom. 6,138 οἱ λῃϲταὶ φιλανθρωπίαϲ δόξαν λαμβάνουϲιν) gehört

Kommentar

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die Junktur ἐπὶ λόγοιϲ wohl eher zu ῥωμαλέου als δόξαν und zeigt die Grundlage an, auf welcher der Ruf eines ‚starken Mannes‘ beruht. φίλοιϲ τε τοῖϲ ἀπ᾽ ἐκείνων ἐτετείχιϲτο τῶν χρόνων Libanios betont hier lediglich, dass Bemarchios von einem Gefolge von Freunden umgeben war, die er durch das Besuchen von Banketten erworben hatte. Weitere, diese qualifizierende Adjektive, wie die von Reiske vorgeschlagenen μιαροῖϲ, δυϲϲεβέϲιν oder ἀθέοιϲ, sind daher nicht nur nicht nötig, sondern würde als weiteres Attribut nach dem Artikel τοῖϲ wohl mindestens noch ein καί vor ἀπ᾽ ἐκείνων … τῶν χρόνων, das ebenso attributive Funktion hat, erfordern. Doch genügt der folgende γάρ-Satz, in dem auf die Bankette bis zur Trunkenheit und das Würfelspiel hingewiesen wird, völlig, um diese Freunde indirekt negativ zu charakterisieren. κρότῳ τε ἐπηρμένοϲ Der von τε eingeleitete partizipiale Satz ist als relative Ergänzung zum vorhergehenden Satzteil zu betrachten, dasselbe gilt für die Folge τε … ἐγκωμιάζων, vgl. K.-G. 2,241 f. hoch haltend Bemarchios wird durch das Zitat mit einem stolzen Pferd verglichen. (2) die Meerenge Bemarchios überschritt für eine Konzertreise, die ihn bis nach Alexandreia führte, den Bosporus. Zu Reisen als Möglichkeit der Prestigevergrößerung und Bildung s. C. Fron, Pepaideumenoi und Mobilität zwischen dem 1. und 4. Jh. n. Chr., Berlin – Boston 2021, 216–80. eine einzige Rede Statt wie für die Darbietungen von Sophisten üblich seine Virtuosität durch mehrere Gegenstände zu demonstrieren und dabei zu improvisieren (vgl. Korenjak, Publikum, 116–20), begnügt sich Bemarchios mit einer einzigen Rede. Liban. or. 1,34 rühmt sich dagegen, eine beträchtliche Anzahl an Reden verfasst zu haben. Die Zahl der Reden ist im Wettstreit der Rhetoren ein wichtiges Kriterium: Liban. or. 1,37. den Göttern opferte Wie Praxagoras war Bemarchios also weiterhin altgläubig („Heide“), was ihn nicht daran hinderte, Konstantin zu loben. Tempel ihm Constantius errichtete Es geht also entweder um das als Heroon konzipierte Mausoleum Konstantins oder um die (neben dem Mausoleum errichtete) Apostelkirche, die nicht als Kirche der Apostel, sondern als Erinnerungsstätte für Konstantin ausgegeben wurde, vgl. Philοst. 3,2: καὶ τὸν τοῦ πάτροϲ τάφον τιμῶν νεὼν ἐξῳκοδομήϲατο μέγιϲτον ἐκεῖ θρηϲκευτήριον.

(C 3) Origo Constantini imperatoris (Anonymus Valesianus I)

Einleitung I. Historische Einordnung In einer ursprünglich in Verona angefertigten, dann nach Metz verbrachten Sammelhandschrift des 9. Jahrhunderts, die sich seit dem 19. Jahrhundert in Berlin befindet (Berol. Phill. 1885), befinden sich zwei anonyme Historikerfragmente, die nach ihrem Erstherausgeber Henri de Valois als Anonymus Valesianus I und Anonymus Valesianus II bekannt geworden sind, die aber untereinander keinerlei Verbindung haben1. Die Handschrift selbst hält für den sogenannten Anonymus Valesianus I den Titel Origo Constantini imperatoris fest, wobei Origo in der lateinischen historiographischen Terminologie durchaus auf eine Gesamtdarstellung hinweisen kann, die sich nicht nur auf die Ursprünge konzentriert, sondern Geschichte von den Ursprüngen bis zum (vorläufigen) Ende beschreibt2. In der vorliegenden Form erscheint das Textstück als eine Biographie Konstantins von 305 bis 337, mit einem deutlichen Schwerpunkt auf die Geschichte der Kriege zwischen Konstantin 1

Mommsen, Chron. Min. 5; Moreau, Excerpta Valesiana VI. Ausführliche Diskussion bei Ohnesorge, Anonymus Valesii 1–31. 2 Vgl. zur Parallele der Origo gentis Romanorum und zu weiteren Entsprechungen M. Stein, Einleitung zu KFHist G 5, Origo gentis Romanorum 17. Hier ist auch auf den antiken (?) Redaktor des Corpus Aurelianum im Cod. Bruxellensis bibl. regia 9755–63 und Cod. Ox. Bodl. Canon. Class. Lat 131 hinzuweisen, der unter Origo eindeutig die römische Geschichte von den Anfängen bis zur Zeit des Aurelius Victor versteht, vgl. die Edition von Pichlmayr, p. 3: Origo gentis Romanae a Iano et Saturno conditoribus, per succedentes sibimet reges, usque ad consulatum decimum Constantii, digesta ex auctoribus Verrio Flacco, Antiate …, tum ex annalibus pontificum, dein Cincio, Egnatio, Veratio, Fabio Pictore, Licinio Macro, Varrone, Caesare, Tuberone, atque ex omni priscorum historia, proinde ut quisque neotericum asseveravit, hoc est et Livius et Victor Afer (vgl. auch M. Sehlmeyer, Origo Gentis Romanae. Die Ursprünge des römischen Volkes. Herausgegeben, übersetzt, kommentiert und mit Essays versehen, Darmstadt 2004, 16). Die Origo wird also auch durch die „neuhistorischen“ Quellen Livius und Aurelius Victor illustriert, vgl. hierzu A. Momigliano, Some Observations on the „Origo Gentis Romanae“, JRS 48 (1958) 56–73, hier 57 f. Dass Origo Constantini imperatoris der Titel unseres Stücks gewesen ist, bestreitet freilich mit durchaus erwägenswerten Argumenten Aiello, La Pars Constantiniana 40–48. Er geht allerdings (47) davon aus, dass die Wendung ursprünglich zum Gesamttext gehörte, der gemäß seiner biographischen Struktur mit der Herkunft Konstantins einsetzte: Origo Constantini imperatoris ⟨est〉 Constantius divi Claudi optimi princips nepos usw.

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und Licinius, während andere Aspekte der Regierung nur kursorisch oder gar nicht behandelt worden sind. Wie der ursprüngliche Kontext dieses Stücks ausgesehen hat, ist nicht mehr zu ermitteln. Neben der Annahme, dass das Werk von Anfang an als eine Biographie Konstantins konzipiert war, besteht auch die Möglichkeit, dass das Exzerpt aus einem umfangreicheren historiographischen Werk entnommen worden ist und dabei nur einige Konstantin betreffende Teile berücksichtigt worden sind. Beim vollständigeren Werk könnte es sich entweder um ein historiographisches Werk in der Art der Geschichte des Ammianus Marcellinus gehandelt haben oder um eine „biographisch angelegte[n] Kaisergeschichte“1. Umfangreiche Überarbeitungen des Textes sind anscheinend bereits für die Spätantike erfolgt. Es lassen sich zunächst in der Regel sehr deutlich, zwei Schichten unterscheiden, nämlich der ursprüngliche Text und die Überarbeitung durch einen christlichen Redaktor, der in oft ungeschickter Weise den Text mit Passagen aus dem Kapitel gekoppelt hat, das der christliche Universalhistoriker Orosius der Geschichte Konstantins gewidmet hat (7,28)2. Die chronistische Gliederung des Textes nach kaiserlichen Regierungsjahren erklärt sich daraus, dass nacheinander diverse Kaiser vorgestellt und jeweils dann nach ihrem Rücktritt oder Ende abschließend mit einer Notiz über die Zahl der Regierungsjahre bedacht werden. Sie wirkt mitunter, was die genaue chronologische Reihung betrifft, eher störend als klärend und könnte ebenfalls einer späteren Überarbeitung ihre Existenz verdan-

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Klebs, Das Valesische Bruchstück 71 f. Weiteres dazu im philologischen Teil der Einführung. 2 Diese Interpolationen sind in der vorliegenden Ausgabe, wie in einigen Vorgängereditionen, kursiv vom Rest abgehoben. Zur Diskussion der Orosius-Übernahmen und den Nachweis, dass es sich in diesen Fällen meist um „eine rein mechanische rohe Interpolation“ handelt, s. bereits Klebs, Das Valesische Bruchstück 54– 66. Eine völlige Neubewertung des Verhältnisses zwischen Orosius und der Origo sowie der Rolle des Interpolators schlägt Aussénac, L’Origo Constantini 672 f. vor. Demnach sollen Orosius und Anonymus aus einer gemeinsamen Grundquelle geschöpft haben. Einem Interpolator seien diese Gemeinsamkeiten aufgefallen und er habe dann Ergänzungen und Verbesserungen des Anonymus aus Orosius vorgenommen. Ähnliche Thesen hat bereits F. Görres, Zur Kritik einiger Quellenschriftsteller der späteren Römischen Kaiserzeit, Jahrbücher für classische Philologie 111, (1875) 201–12 vertreten. S. dagegen die Einwände Mommsens, Chron. min. 5 f. J. A. Stover / G. Woudhuysen, Jordanes and the Date of the Epitome de Caesaribus, Histos 15 (2021) 150–88, hier 152, Anm. 8 betonen, dass der Text der Origo Constantini in der bestehenden Form deutlich nach Orosius entstanden ist.

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ken1. Ferner fallen gerade im ersten Teil des Berichts Dubletten bzw. umständliche Wiederholungen2 oder offenkundige Dispositionsstörungen auf3: Die Erhebung des Severus und des Maximinus zu Caesares und die Zuweisung von Territorien an Severus wird zweimal mitgeteilt, nämlich in 5 und in 94. Ebenso wird zweimal auf die Erhebung des Maxentius verwiesen, wieder in 5 und in 95. Das gleiche gilt für die Erhebung Konstantins zum Kaiser nach dem Tode des Constantius, die in 4 und in 5 verzeichnet wird6.

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Es geht um folgende Angaben zur Regierungszeit von Kaisern: 1.) Origo Const. 1: Diocletianus cum Herculio Maximiano imperavit annos XX. Diese Angabe zur Regierungszeit von Diokletian und Maximian bezieht sich auf den Rückzug von 305 bzw. die Vicennalien von 303, passt aber zeitlich nicht zur folgenden Angabe über die Karriere des Constantius und seine Erhebung als Caesar 293; 2.) Origo Const. 8 (zu Galerius): imperavit annos XVIII. Dieser auf das Jahr 311 verweisende Notiz folgen Angaben zum 307 getöteten Severus. 3.) Origo Const. 12: imperavit annos [VI]. Dieser Notiz über die gesamte Regierungsdauer des 312 verstorbenen Maxentius folgen Angaben über den Aufstieg des Licinius im Jahre 308. 4.) Origo Const. 29: (Licinius) qui regnavit annos XVIIII. Hier stimmt einerseits die Angabe über die Regierungsjahre nicht, andererseits wird diese Notiz erst nach der Nachricht über die Tötung des Licinius im Jahre 325 eingefügt. Die in 30 erwähnte Umbenennung von Byzanz zu Konstantinopel erfolgte bereits 324. 5.) Origo Const. 35 (zu Konstantins Ende): regnavit annos XXXI. Hier ist die Einfügung der Notiz unproblematisch. Richtig insgesamt zu diesen chronologischen Notizen Aiello, La Pars Constantiniana 46: „Alcune di queste indicazioni (…) appaiono perfettamente, e dire necessariamente, integrate con la narrazione.“ 2 Vgl. zu den „auffälligen Wiederholungen“ Klebs, Das Valesische Bruchstück 66; Festy, Réflexions 186. 3 Um mit der Sprache von Klebs, Das Valesische Bruchstück 62 zu sprechen: „starke Zerrüttung der echten Erzählung“ in den c. 5–11. 4 Origo Const. 5: interea Caesares duo facti, Severus et Maximinus: Maximino datum est Orientis imperium, Galerium sibi Illyricum, Thracias et Bithyniam tenuit. Severus suscepit Italiam et quicquid Herculius obtinebat. Origo Const. 9: hunc ergo et Maximinum Caesares Galerius fecit Constantio nihil tale noscente. huic Severo Pannoniae et Italiae urbes et Africae contigerunt. 5 Origo Const. 5: subito in urbe Roma praetoriani milites Maxentium filium Herculi imperatorem crearunt. Origo Const. 9: quo casu Maxentius factus est imperator. Ich halte die Wiederholung eher für eine Dublette, während in der Forschung durchaus auch die Ansicht geäußert wird, man könne hier eine besondere Kaiserproklamation nach der Niederlage des Severus greifen. 6 Origo Const. 4: Constantius pater Eboraci mortuus est et Constantinus omnium militum consensu Caesar creatus; Origo Const. 6: postquam vero Constantius in Britannia mortuus est et Constantinus filius successit (…).

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Zweimal wird erwähnt, dass Severus von seinen Soldaten im Stich gelassen wurde und nach Ravenna fliehen musste, nämlich in 6 und 91. Andere Dinge werden vorausgesetzt, aber nicht erklärt. So ist nirgends deutlich, dass das Heiratsbündnis, das Konstantin und Licinius nach dem Sieg an der Milvischen Brücke schlossen, gegen Maximinus Daia gerichtet war2. Gleichwohl wird bei der Darstellung der Vorstellungen des Konstantin zur Regierung des Gesamtreichs vorausgesetzt, dass zwischenzeitlich Maximinus Daia ausgeschaltet worden ist. Von c. 8 auf c. 9 springt die Erzählung von 311 auf 305 zurück, bringt in c. 11 eine kontextlose Notiz zur Trunksucht des Galerius, um anschließend in c. 12 dann den Sieg des Konstantin gegen Maxentius zu beschreiben. Die Jahre zwischen dem Sieg über Maxentius und dem Ausbruch des ersten Krieges zwischen Licinius und Konstantin werden völlig unterschlagen, so dass in der älteren Forschung der Eindruck entstehen konnte, die Origo Constantini könne für die Datierung dieses Krieges in das Jahr 314 statt 316 ins Feld geführt werden3. All dies spricht dafür, dass im ersten Teil das ursprüngliche Werk einerseits mit einer zusätzlichen historiographischen Nebenquelle in ungeschickter Weise verknüpft4, andererseits aber erhebliche Kürzungen und Auslassungen vorgenommen worden sind. Eine genaue Datierung des Textes ist kaum möglich5. Eine große Anzahl von Forschern geht davon aus, dass der Autor relativ zeitnah geschrieben hat6. Einen unmittelbar zeitgenössischen Hintergrund hat Ohnesorge aus einigen kommentierenden, den engagierten Zeitzeugen verratenden Passagen

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Origo Const. 6: sed adversum Maxentium iussu Galeri Severus duxit exercitum. Qui repente ab omnibus suis desertus est et Ravennam fugit, dehinc Galerius cum ingentibus copiis Romam venit. Origo Const. 9 : nam desertus Severus a suis fugit Ravennam. Origo Const. 10 : (…) postea cum Galerius Italiam peteret (…). 2 Es fehlt auch jede Angabe über das Ende des Diokletian und Maximian, die Taten Konstantins bis zur Schlacht an der Milvischen Brücke, s. Klebs, Das Valesische Bruchstück 66 f. Zum Anfang von c. 8 s. den Kommentar zur Stelle. 3 Vgl. dazu den Kommentar von M. Nickbakht zu den Consularia Constantinopolitana 314 (KFHist G 1), sowie B. Bleckmann, Art. Licinius, RAC 23 (2008) 137– 47, hier 139 f. Die Datierung auf 314 ist inzwischen obsolet geworden. 4 Zur Nebenquelle s. Neri, Medius Princeps 214 f. und 18; Festy, Réflexions 186, der allerdings selbst skeptisch ist. 5 Vgl. die skeptische Einschätzung von Winkelmann, Historiography 15–17. 6 Klebs, Das Valesische Bruchstück 79: „Wenn an dem zeitgenössischen Charakter der gegebenen Nachrichten nicht gezweifelt wird; wenn sachlich und sprach-

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entnehmen wollen1. Zecchini nimmt an, dass der Autor zwischen 337 und 340 geschrieben hat2, López Hernando und Lasala Navarro schlagen ein Abfassungsdatum zwischen 350 und 360 vor und vermuten, dass der Autor unmittelbar aus eigener Anschauung und aus eigener Forschung geschrieben hat. Aussénac geht aufgrund von Beobachtungen zum Verhältnis zur Chronik des Hieronymus von einer Abfassung zwischen 337 und 380/381 aus3. Bereits Barnes hatte gegen König vermutet, dass die Origo nicht aus Hieronymus, sondern umgekehrt Hieronymus aus der Origo geschöpft hatte, was einen terminus ante quem 380/381 ergeben würde4. Neri nimmt eine Abfassungszeit in der Epoche des Valentinian I. an.5 Mommsen geht davon aus, dass der Autor auf jeden Fall „ante tempora absolute Christiana“ geschrieben hat, und zwar nicht wesentlich nach Ammian6. Zu betonen sind bestimmte Verbindungen zur byzantinischen Tradition, die eine Nähe zwischen der Origo und einer ausführlich erzählenden lateinischen Quelle belegen könnte, die auch Ammian bekannt war7. Zwei sichere Kriterien sind allerdings auszumachen. 1. Die Dubletten, Brechungen und Kürzungen zeigen auf jeden Fall m. E. an, dass in der vorliegenden Gestalt der Text trotz der Verarbeitung zeitnaher Informationen bereits einen umfangreichen Bearbeitungsprozess hinter sich hat, der einige Jahrzehnte beansprucht haben kann. 2. Der Text erwähnt Taten des 326 hingerichteten Crispus. Da dessen Andenken unter Konstantin und seinen Söhnen verdammt blieb, ist unwahrscheinlich, dass der Text vor dem Ende des lich nichts über das vierte Jahrhundert hinausweist, so ist es die natürlichste Annahme, dass der unbekannte Historiker selbst noch ein Zeitgenosse Constantins war.“ 1 Ohnesorge, Anonymus Valesii, 101 f. S. 18 und 22. Zur These, dass der Autor der EKG mit dem Autor der Origo identisch sein soll, s. die Einleitung zur EKG (KFHist B 1). 2 Zecchini, Richerche 29–38. 3 Aussénac, L’Origo Constantini 675 f. S. bereits Barnes, Jerome and the Origo. 4 Barnes, Jerome and the Origo 158–61 gegen König, Origo Constantini 23 f. Es geht um Origo Const. 6 = Hier. chron. 229 a; Origo Const. 19 = Hier. chron. 230 e; Origo Const. 35 = Hier. chron. 234 b. 5 Neri, Medius Princeps 282. 6 Mommsen, Chron. min. 6. Gegen die postulierten Zusammenhänge zwischen Ammian und der Origo Constantini, etwa die Behauptung, in der Origo seien Darlegungen Ammians in christianisierter Form wiedergegeben worden, bereits Ohnesorge, Anonymus Valesii 46. 7 Patzig, Über die Quelle 572–85 (die Origo mit einem Stück aus Ammian selbst identifiziert); anders Bleckmann, Chronik des Johannes Zonaras 364 f.

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Constantius II. redigiert worden sein kann1. Wenn also viel für eine Abfassung des Haupttextes, also des Textes, in den später Orosiuspassagen eingearbeitet wurden, nach 361 spricht, zeigt dieser gleichwohl in zahlreichen Details eine deutlich prokonstantinische Tendenz und reflektiert damit die unmittelbar zeitgenössische panegyrische Zeitgeschichtsschreibung der Epoche Konstantins. Das gilt z. B. für die Darstellung der jugendlichen Heldentaten des Kaisers im Dienste des Galerius (3), für die abenteuerliche Flucht zum Vater Constantius (4), die Betonung der illegitimen Abkunft des Maxentius (12), die Zuweisung der Schuld an Licinius für beide Kriege 316 und 324 (14 f.; 21 f.); die Betonung der Milde Konstantins gegen Licinius (28), die Darstellung der Umstände der Tötung des Licinius (29). Diese Tatsache begründet, warum dieses Stück trotz der Ungewissheiten hinsichtlich der Datierung in eine Zusammenstellung von Resten der „Panegyrischen Zeitgeschichte des 4. und frühen 5. Jahrhunderts“ hinzugenommen werden sollte. Für die bereits zahlreichen Ausgaben und Übersetzungen des Textes ist auf das Quellenverzeichnis zu verweisen. Unter den Kommentaren sind die ausführlichen Werke von König und Aiello hervorzuheben, neben dem älteren Kommentar von Westerhuis2. II. Bemerkungen zur Orthographie Im Codex B kommen zahlreiche orthographische Varianten und eindeutige Abschreibfehler besonders hinsichtlich von Personen- und Ländernamen vor, die teilweise schon in der Editio princeps von Henri Valois korrigiert worden sind. Diese werden auch in der vorliegenden Ausgabe in der Regel stillschweigend vereinheitlicht und der in den modernen lateinischen Editionen üblichen Schreibweise angepasst, aber, um den kritischen Apparat nicht unnötig zu belasten, nicht einzeln vermerkt. Dabei handelt es sich oft um Varianten, die das Resultat des Sprachgebrauchs und der Schreibpraxis der mittelalterlichen Kopisten sind und wohl nicht auf den anonymen Verfasser bzw. Kompilator der Origo zurückgehen. Ebenso werden einmalige 1

S. zu den Großtaten des Crispus den Kommentar zu Origo Const. 23. Zur Erwähnung des Crispus als datierendes Kriterium s. Neri, Medius Princeps 275–79; Festy, Réflexions 191 f. 2 König, Origo; Aiello, La Pars Constantiniana; Westerhuis, Origo Constantini. Der Kommentar von López Hernando und Lasala Navarro ist äußerst knapp und wissenschaftlich nicht ertragreich.

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orthographische Versehen und willkürliche Schreiberänderungen nur ausnahmsweise, vor allem bei Eigennamen und Zahlenangaben, angegeben. Die im folgenden exemplarisch aufgeführten orthographischen Varianten und Fehler (vor allem bei Namen) sind in dieser Edition der in modernen Ausgaben gebräuchlichen Schreibweise angepasst worden. ae statt e findet man z. B. in c. 2 magnificae statt magnifice; c. 3 aequestris statt equestris; c. 16 aequitum Bp.c. statt equitum, ebenfalls aequitatus Bp.c. statt equitatus; c. 20 rabiae statt rabie; c. 27 maximae statt maxime und c. 28 diae statt die; ebenso im Namen c. 15 Aemonam statt Emonam; umgekehrt e statt ae in c. 1 preses statt praeses; c. 8 precepti statt praecepti; c. 22 seviebat statt saeviebat; c. 30 quesitis statt quaesitis und c. 35 Calocerum statt Calocaerum. Die Vertauschung von i und y findet man vornehmlich bei Namen c. 5 Bythiniam statt Bithyniam; c. 8 Yllirico statt Illyrico; c. 13 Ylliricum statt Illyricum, aber c. 35 Illiricum statt Illyricum; c. 16 Syrmium statt Sirmium; c. 25 und c. 27 Bizantium statt Byzantium; c. 27 Crisopolim statt Chrysopolim. i anstelle von e kommt in allen Formen des Namens Diocl*tanus statt Diocletianus (c. 1 und 2) vor, ebenso c. 18 secut statt sicut und c. 27 disperata statt desperata; in c. 12 steht umgekehrt pricipitatus statt praecipitatus, es wird also i anstelle von ae geschrieben. Einmal wird in c. 34 i mit u vertauscht (sunu statt sinu). Häufig steht u statt o, etwa c. 1 nepus statt nepos; c. 6 praeturiani statt praetoriani; c. 34 cupiosissimas statt copiosissimas; umgekehrt o statt u in c. 19 otroque statt utroque und c. 30 culto statt cultu. Die Vertauschung von t statt c findet man vor allem bei Namen, so c. 13 Datia statt Dacia und c. 17 Datiam statt Daciam; c. 15 Senitionem statt Senicionem und c. 29 Cappadotia statt Cappadocia; umgekehrt c statt t in c. 30 divicias statt divitias. d statt t kommt c. 12 vor, wo capud statt caput geschrieben wird. In c. 22 lividine statt libidine werden b und v verwechselt, g und c in c. 21 bei neclectos statt neglectos. Ebenso fehlt sehr häufig in griechischen Fremdwörtern (meistens bei Namen), die die Buchstaben θ, φ und χ enthalten, bei der transkribierten Form entweder das h, ist parasitär oder steht an der falschen Stelle. So c. 5 Thrachias statt Thracias, c. 17 Trachiae statt Thraciae c. 18 und 32 Trachiam statt Thraciam und c. 21 Tracia statt Thracia; c. 25 Trachia statt Thracia; c. 18 Scytiam statt Scythiam und c. 32. Scyciam statt Scythiam; c. 21 und 29 Tessalonica statt Thessalonica; c. 32 Machedoniam statt Macedoniam. Im

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Namen Φιλίπποϲ wird φ mit f statt ph transkribiert, so c. 17 Filippos statt Philippos. Hingegen fehlt das h nicht nur bei Namen wie c. 17 und 24 Adrianopolim statt Hadrianopolim, sondern auch in c. 1 bei abuit Ba.c. statt habuit; c. 30 exauriret statt exhauriret und c. 33 odiernum statt hodiernum. Häufig entfällt die Gemination von Konsonanten, besonders von s. So c. 2 Naiso statt Naisso; c. 12 egresus statt egressus; c. 14 Basianus statt Bassianus und c. 15 Basiani statt Bassiani; 18 posideret Ba.c. statt possideret; c. 26 clase statt classe und clasis statt classis; c. 26 opressa statt oppressa; c. 33 milesimus statt millesimus; aber auch c. 10 Galieni statt Gallieni; c. 16 feratorum statt ferratorum und 21 rediderunt Ba.c. statt reddiderunt. Umgekehrt wird der Konsonant fälschlich geminiert in c. 1 Gallerio statt Galerio, c. 2. Gallerium statt Galerium und c. 6 Gallerius statt Galerius; c. 7 Flamminiam statt Flaminiam; c. 13 orriginis statt originis und c. 31. famme Bp.c. statt fame. Wie später in den romanischen Sprachen wurde nach Nasallaut ct zu t angeglichen, so c. 31. extinta statt extincta. Zahlreiche orthographische Varianten, die keine Fehler sind, werden ebenfalls nicht vermerkt: So verzichtet der Kopist regelmäßig auf die Assimilation von inp- statt imp-, so in c. 21 inpetrata statt impetrata; c. 28 inpetravit statt impetravit; c. 31 inplorantibus statt implorantibus; dagegen ergibt die Assimilation in c. 33 ipperatores statt imperatores; ähnlich c. 2 optineret statt obtineret; ebenso wurde in c. 2 das überlieferte pos durch das üblichere post ersetzt; Schreibfehler des Kopisten sind hingegen wohl c. 1 pontentissimus statt potentissimus; c. 16. vigint statt viginti; c. 19. fieremt Ba.c. statt fierent; c. 24 dehic Ba.c. statt dehinc; c. 29. perciniem statt perniciem. Besonders auch bei Namen kommen Fehler vor, so c. 12. Anestasiam statt Anastasiam, c. 24. Contantinus statt Constantinus und c. 25 und 27 Licinus statt Licinius. III. Grundsätze der Textkonstitution Die vorliegende Edition beruht auf der Kollation des Berliner Manuskripts, orientiert sich aber in vielerlei Hinsicht bezüglich der Gestaltung des Textes an den modernen Edition, allen voran an der Teubnerausgabe von Moreau und Velkov (1968), ohne aber die neueren Editionen von König (1987) und Aiello (2014) zu vernachlässigen. Zur Beurteilung einzelner Stellen wurden zusätzlich die Edition und der Kommentar von Adrien Valois (1681) sowie die älteren kritischen Editionen von Wagner (1808), Eyssenhardt (1871),

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Gardthausen (1875), Mommsen (1892), Westerhuis (1906), Cessi (1913) und Rolfe (1939) herangezogen. Während Henri Valois in der Editio princeps das Werk nicht in Kapitel eingeteilt hat, markiert die Handschrift jeweils den Beginn einer neuen Sinneinheit dadurch, dass der erste Buchstabe des Wortes größer geschrieben ist und die Zeile über den linken Rand hinausgeht. Diese Einteilung stimmt oft mit den Kapitelanfängen der modernen Editionen überein, ist aber an manchen Stellen widersprüchlich (am Ende von c. 2 wird etwa mit Sed hunc etc. eine neue Einheit begonnen, was aber nicht sinnvoll ist). Teilweise in Anlehnung an den Codex hat Wagner das Werk in 35 Kapitel eingeteilt. Zusätzlich zu dieser Kapitelzählung hat Gardthausen eine weitere, damit konkurrierende, offenbar thematische Unterteilung des Werks in sechs mit römischen Zahlen ausgedrückte Einheiten vorgenommen (I = c. 1; II = c. 2–4; III = c. 5–8; IV = c. 9–12; V = c. 13–29; VI = c. 30–35), die aber Verwirrung stiftet, weil diese mit Herrschaftsjahren verwechselt werden könnten und das Zitieren des Werks nicht erleichtern. Auch wenn Wagners Kapiteleinteilung durchaus problematisch ist, weil manchmal Zusammengehöriges getrennt wird (so weist z. B. Aiello den letzten Satz von c. 15 bellum deinde apertum etc. c. 16 zu, was durchaus berechtigt ist), wird diese dennoch überall in der Sekundärliteratur verwendet1. Daher kehrt die vorliegende Edition mit der Ausnahme, dass am Ende aus c. 35 die beiden Kapitel 35 und 36 gemacht werden, zu Wagners Kapitelzählung zurück, verzichtet aber im Gegensatz zu den übrigen modernen Ausgaben ganz auf Gardthausens Einteilung des Textes in sechs Einheiten. Während Mommsen und die meisten modernen Herausgeber in der Handschrift die Hände zweier Kopisten zu erkennen glauben und, da sie diese nicht immer auseinanderhalten können, sechs verschiedene Siglen verwenden (Moreau unterscheidet etwa eine erste Hand Ba und, wo diese selbst den Text korrigiert hat, Bb, von einer zweiten Hand B1 und, wo diese den Text korrigiert hat, B2; wo er den Kopisten nicht bestimmen kann, kommen Bp und Be zum Zug), hat schon Cessi, Fragmenta Historica XV mit Recht bemerkt, dass „non sento di poter nutrir soverchie illusioni sulla diversità d’inchiostro, che per la tinta, in un periodo relativamente non lungo, può anche non aver subito grandi differenze e le cui diverse gradazioni possono

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Vgl. Cessi, Fragmenta Historica XXX: „L’attuale numerazione, accolta dagli editori, è molto arbitraria e non trova una giustificazione nella tradizione diplomatica del testo.“

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dipendere da circostanze casuali inerenti allo scrittore (anche perché la correzione avviene in momenti diversi), ovvero alla pergamena, sulla quale più o meno facilmente scorreva l’inchiostro: così per esempio sulle abrasioni più o meno carica apparisce la colorazione dell’ inchiostro, a seconda che la raschiatura è più o meno opportunamente eseguita.“ Aus diesem Grund werden in der vorliegenden Edition Ba.c. von Bp.c. unterschieden und nur, wo es deutlich ist, dass eine zweite Hand den Text korrigiert hat, dies im kritischen Apparat in Klammern mitgeteilt (man. alt.). Der in der Regel negative kritische Apparat wird bei mehr als zwei Varianten oder unterschiedlichen Verbesserungsvorschlägen zur besseren Übersicht positiv. Eine besondere Rolle spielen die Interpolationen aus Orosius, die in Text und Übersetzung kursiv erscheinen. IV. Die Interpolationen aus Oros. 7,28 Seit der Editio princeps wurden von den Herausgebern die oft bis in den Wortlaut reichenden Übereinstimmungen zwischen einigen Passagen des Anonymus und Orosius’ Geschichtswerk festgestellt. Aber erst im 19. Jh. wurde über die Abhängigkeit der beiden Werke voneinander diskutiert. Während Görres 18751 meinte, dass Orosius’ Historien von der Origo Constantini abhingen, und umgekehrt Gardthausen XXIII–XXV und 280 annahm, dass der Anonymus allgemein (nicht nur bei den wörtlichen Übereinstimmungen) Orosius als Quelle verwendete, glaubte Jänicke2, dass sowohl Orosius als auch der Anonymus von einer gemeinsamen Quelle abgeschrieben hätten. Erst Ohnesorge 18853 zog die Hypothese eines externen Eingriffes in den Text des Anonymus in Betracht. Ihm folgten Klebs, Mommsen und alle späteren Gelehrten. Bei den Einschüben handelt es sich um folgende Stellen: Origo Const. c. 20 Origo Const. c. 29 Origo Const. c. 33 Origo Const. c. 34 1

Oros. 7,28,18 Oros. 7,28,20 f. Oros. 7,28,1 f. Oros. 7,28,29

F. Görres, Zur Kritik des Anonymus Valesii, JCPh 111 (1875) 201–21. H. Jänicke, De vitae Hadrianeae scriptoribus, Diss. Halle 1875. 3 Ohnesorge, Anonymus Valesii, 1–31. 2

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Origo Const. c. 35 Origo Const. c. 36

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Oros. 7,28,30 Oros. 7,28,31

Wie schon der erste Einschub c. 20 zeigt, sind Textteile aus Orosius, die in einem anderen Kontext standen, in die Origo eingesetzt worden. Während bei Orosius der besagte Passus nach einem Bericht über das Ende des Maximinus im Kampf gegen Licinius steht (7,28,17), sind in der Origo c. 19 Licinius und Constantinus die handelnden Subjekte. Origo Const. c. 19 f. Orosius 7,28,17 f. 19. itaque Constantinus et Lici- 17. Maximinus, persecutionis Christianius simul consules facti. norum incentor exsecutorque infestissimus, apud Tharsum, dum civile bellum contra Licinium disponit, interiit. 20. in Orientis partibus Licinio 18. Constantino repentina rabie sus- Licinius repentina rabie suscitatus omcitatus Licinius omnes Christia- nes Christianos e palatio suo iussit exnos a palatio iussit1 expelli. mox pelli. mox bellum inter ipsum Licinium bellum inter ipsum Licinium et et Constantinum efferbuit. Constantinum efferbuit. 1

iussi B : corr. Henr. Valesius

Doch während bei Orosius 7,28,18 mit Licinius repentina etc. ein neuer Satz beginnt, setzen dieselben Wörter in der Origo anscheinend den schon mit in Orientis partibus Licinio Constantino begonnenen Satz fort. Da sich die beiden Teile nicht ohne Bruch miteinander verbinden lassen, hat schon Henri Valois eine Lücke angenommen und consulibus ergänzt, was aber keineswegs sicher ist1. Da die Origo auch an vielen anderen Stellen unvollständig ist, kann man durchaus eine Lücke annehmen, in der etwa eine Information wie dissensio orta est gestanden haben mag. Es bleibt die Frage, ob der überlieferte Text das Ergebnis der Interpolation ist oder ob der syntaktische Bruch aufgrund von Textverlust erst nach der Interpolation eingetreten ist. Dafür spricht, dass der Text gegenüber der Vorlage aus Orosius allgemein fehlerhaft ist; so fehlt etwa in der Fassung der Origo Const. suo und statt iussit steht iussi. Noch mehr Probleme enthält die zweite Interpolation:

1

Vgl. dazu auch den philol. Komm. zur Stelle 166.

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Origo Const. c. 28 f. Orosius 7,28,19–21 28 ita Licinius privatus factus est 19. sed Constantinus Licinium, soroet convivio Constantini adhibitus ris suae virum, in Pannonia primum et Martiniano vita concessa est. vicit, deinde apud Cibalas oppressit universaque Graecia potitus Licinium crebris bellis terra marique adsurgentem et repressum tandem ad deditionem coegit; 29. (a) Licinius Thessalonicam 20. missus est. sed Herculii Maximiani soceri sui sed Herculii Maximiani soceri sui motus exemplo, ne iterum deposi- motus exemplo, ne iterum depositam tam purpuram in perniciem rei purpuram in perniciem reipublicae publicae sumeret, tumultu mili- sumeret, privatum iussit occidi, tari exigentibus, in Thessalonica iussit occidi, Martinianum in Cappadocia. qui regnavit annos XVIIII, filio et uxore superstite, (b) quamvis omnibus iam minis- 21. quamvis omnibus iam ministris tris nefariae persecutionis extinc- nefariae persecutionis extinctis hunc tis hunc quoque, in quantum exer- quoque, in quantum exerere potuit, cere ⟨potuit⟩, persecutorem digna persecutorem digna punitio flagitapunitio flagitaret. ret. Während aus dem Kontext bei Orosius sofort deutlich wird, dass Constantinus das Subjekt und Licinium das Objekt ist, muss man in der Origo Const. wissen, dass sich soceri sui auf Konstantin bezieht und daher das Subjekt der Handlung iussit occidi ist1. Darüber hinaus fehlen die dazwischen eingeschobenen Wörter tumultu militari exigentibus in Thessalonica bei Orosius. In der Origo Const. ist als Folge dieser verschiedenen Einschübe die Syntax gestört. Nicht nur die vielen kleinen Fehler im Text der Interpolation, die, wie der textkritische Apparat zeigt, schon Henri Valois korrigiert hat, sondern auch die vielen Lücken, die die Origo Const. anderswo aufweist, lassen die Vermutung zu, dass der Text in der uns vorliegenden Form sich im Laufe der Überlieferung noch weiter verschlechtert hat, doch kann aufgrund der Verdichtung der Probleme im Zusammenhang mit den Interpola-

1

Vgl. dazu auch den Komm. zur Stelle 178.

Einleitung

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tionen davon ausgegangen werden, dass bei diesen Einschüben, die aus einem anderen Kontext stammten, syntaktische Inkongruenzen in Kauf genommen wurden. In einer weiteren Interpolation wird der aus Orosius entnommene Text bloß mit der Partikel item mit dem übrigen Text verbunden, Origo Const. c. 33 item Constantinus imperator primus Christianus excepto Philippo, qui Christianus admodum ad hoc tantum constitutus1 fuisse mihi visus est, ut millesimus Romae annus Christo potius quam idolis dicaretur. a Constantino autem omnes semper Christiani imperatores usque in hodiernum diem creati sunt excepto Iuliano2, quem impia, ut aiunt, machinantem exitialis vita deseruit.

Orosius 7,28,1 f. igitur mortuo, ut dixi, Constantio in Britanniis Constantinus imperator creatus, primus imperatorum Christianus excepto Philippo, qui Christianus annis admodum paucissimis ad hoc tantum constitutus fuisse mihi visus est, ut millesimus Romae annus Christo potius quam idolis dicaretur. a Constantino autem omnes semper Christiani imperatores usque in hodiernum diem creati sunt excepto Iuliano, quem impia, ut aiunt, machinantem exitiabilis vita deseruit.

1

Constantinus B : corr. Henr. Valesius 2 Iulianum B : corr. Henr. Valesius

während bei Orosius zuerst ein absoluter Ablativ (igitur mortuo, ut dixi, Constantio in Britanniis) steht, durch den die übrige Aussage kontextualisiert wird. In der Origo Const. fehlen nicht nur alle Bezüge auf die Person des Orosius (ut dixi und mihi visus est), sondern der Interpolator verzichtet in diesem Satz, da er nicht in demselben Kontext wie bei Orosius steht, auch auf das Partizip creatus und imperatorum; dasselbe gilt wohl auch für das Fehlen von annis paucissimis in der Folge; doch könnten diese Wörter auch in einem späteren Stadium der Überlieferung des Anonymus getilgt worden bzw. verlorengegangen sein (nur das Adverb admodum ist stehengeblieben) und nicht das Ergebnis des Eingriffs des Interpolators sein. An diesem Beispiel erkennt man also einen gewissen Gestaltungswillen des Interpolators, den eingefügten Text an den neuen Kontext anzupassen. Weitere Fehler bzw. Variationen (Constantinus statt constitutus, Iulianum statt Iuliano und

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exitialis statt exitiabilis) gehen wohl auf die Überlieferung zurück und sind nicht dem Interpolator anzulasten1. Die folgende, wiederum mit item angeschlossene Interpolation c. 34 f. umfasst den Text aus Oros. 7,28,28–30 und weist abgesehen von den üblichen im kritischen Apparat angeführten Fehlern keine erwähnenswerten Besonderheiten auf. Schließlich wird in c. 36 Material, das aus Orosius 7,28,31 zu stammen scheint, mit einer weiteren Angabe, die auch in Hieronymus gefunden wird, verbunden: Origo Const. c. 36 item Constantinus cum bellum pararet in Persas, in suburbano Constantinopolitano villa publica iuxta Nicomediam, dispositam bene rem publicam filiis tradens ⟨diem obiit⟩. regnavit annos XXXI. sepultus est in Constantinopoli.

Orosius 7,28,31 30. tricennalibus suis Dalmatium Caesarem legit. 31. cumque bellum in Persas moliretur, in villa publica iuxta Nicomediam, dispositam bene rempublicam filiis tradens diem obiit.

Hier. chron. 234 b Constantinus cum bellum pararet in Persas, in Acyrone villa publica iuxta Nicomediam moritur anno aetatis LXVI.

In diesem Kapitel können zwei Schichten unterschieden werden, wobei zu Beginn cum bellum pararet in Persas in der Origo Const. gegenüber Orosius, der cumque bellum in Persas moliretur hat, leicht variiert ist. Eine genauere Parallele für den ersten Teil des Satzes stammt aus Hieronymus chron. 234 b, der ebenso wie der Anonymus pararet hat2. In der Folge hat der Anonymus in suburbano Constantinopolitano, was aber weder dem Text des Orosius, bei dem dieser Zusatz fehlt, noch demjenigen des Hieronymus, der in Acyrone hat, entspricht. Genau mit Orosius stimmen die Wörter dispositam bene rem publicam filiis tradens überein (aus diesem Grund wird man wohl auch eher diem obiit als moritur aus Hieronymus ergänzen 1

Vgl. dazu den kritischen Apparat des lateinischen Textes. Klebs, Das Valesische Bruchstück 65 erwägt auch die Möglichkeit, dass die Übereinstimmung zwischen dem Anonymus und Hieronymus, die eigentlich nur in pararet besteht, rein zufällig sei. 2

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wollen). Vielleicht hatten, was am wahrscheinlichsten ist, Hieronymus und der Verfasser der Origo Const. eine gemeinsame Vorlage, wie z. B. die Enmannsche Kaisergeschichte1. Möglich, aber weniger wahrscheinlich, ist auch, dass erst der Interpolator die Wörter cum bellum pararet in Persas aus Hieronymus’ Chronik geschöpft hat. Doch hätte er in diesem Fall leichter den Text des Orosius wie in den c. 33–35 übernehmen können. Der Fall von c. 36 erinnert vielmehr an die Arbeitsweise des Interpolators in c. 20 und 29, wo er den Text des Orosius mit Textstücken verbunden hat, die er wohl im Anonymus bereits vorgefunden hat. In c. 8 findet man die Nachricht über die Krankheit und den Tod des Galerius, die für Klebs und Westerhuis ebenso eine Interpolation ist (mindestens die Worte in supplicium – redeunte), die aber weder in Orosius noch in einer anderen christlichen Quelle eine Entsprechung findet. Origo Const. c. 8 8. deinde illo in Pannonia relicto ipse ad Serdicam regressus morbo ingenti occupatus sic distabuit, ut aperto et putrescenti viscere moreretur in supplicium persecutionis iniquissimae, ad auctorem scelerati praecepti iustissima poena redeunte.

Orosius 7,28,12 cumque persecutionem a Diocletiano et Maximiano missam ipse atrocioribus edictis adcumulavisset ac postquam per annos decem omni genere hominum exhausit provincias, putrefacto introrsum pectore et vitalibus dissolutis, cum ultra horrorem humanae miseriae etiam vermes eructaret neque medici ultra iam foetorem ferentes crebro iussu eius occiderentur …

Aur. Vict. 40,9 pauloque post vulnere pestilenti consumptus est.

Es wurde vermutet, dass derselbe Interpolator oder ein anderer Überarbeiter des Textes das Ende des Maximianus, das auch heidnische Quellen wie Aurelius Victor behandeln, nach dem Modell von c. 29 (das Ende des Licinius) gestaltet hat. Da aber bei Orosius kein expliziter Hinweis auf die göttliche

1

So auch Aiello, La Pars Constantiniana 81.

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Bestrafung gemacht wird, habe der Überarbeiter dieses Urteil selbst ausdrücken müssen1. Die nach dem Prädikat moreretur stehenden Wörter in supplicium persecutionis iniquissimae, ad auctorem scelerati praecepti iustissima poena redeunte scheinen ein für das Verständnis des Satzes entbehrlicher Zusatz zu sein. Dass derselbe Interpolator, der die Stücke aus Orosius eingefügt hat, der Urheber dieses (vermeintlichen?) Zusatzes gewesen ist, lässt sich aber nicht weiter erhärten. Über die Absicht des Interpolators wurden bisher verschiedene Hypothesen geäußert, von denen diejenige bevorzugt worden ist, gemäß der ein christlicher Leser Passagen in der sonst keineswegs christlich geprägten Biographie Konstantins hat ändern wollen. Zwar enthalten manche Einschübe Nachrichten über die Bestrafung der Verfolger (c. 20, 29 und 33), aber nicht alle Informationen sind religiöser Natur: so sind der zweite Teil von c. 34 und der erste von c. 35 über den Krieg gegen die Goten und den Usurpator Calocaerus ebenso wie der Einschub in c. 36 in keiner Weise christlich geprägt. Vielmehr war, wie schon Aiello, La Pars Constantina 55 bemerkt hat, die Absicht des Interpolators nicht „quello di ‚cristianizzare‘ il testo originale … bensì quello più modesto di correggere la portata di alcune affermazioni che ivi leggeva“. Aiello glaubt darüber hinaus, dass es sich bei den Interpolationen aus Orosius ursprünglich um Randglossen handelt, die in einem späteren Stadium von einem Leser in den schon lückenhaften Text eingefügt worden sind (so Aiello, La Pars Constantiniana 59). Wahrscheinlicher ist aber, dass der Interpolator in den Teilen des Texts, die aufgrund materieller Schäden verloren oder unleserlich geworden waren, durch den Vergleich mit Orosius zu ergänzen bzw. wiederherzustellen versucht hat. So hat er an einigen Stellen (c. 20, 29 und 36) den wohl nicht mehr vollständigen Text des Anonymus mit den dazu passenden Teilen aus Orosius ergänzt, während er an den übrigen Stellen, wo möglicherweise größere Lücken in der Vorlage waren (c. 33, 34 und 35), ganze Blöcke, die er zur besseren Eingliederung in den Text des Anonymus leicht variiert hat, eingefügt hat. Das primäre Ziel des Interpolators bestand also wohl darin, den lückenhaften Text der Origo Const. durch die Einfügung von Stücken aus Orosius wiederherzustellen. Nicht nur die Interpolationen aus Orosius, sondern auch Dubletten und Wiederholungen in der Erzählung (so z. B. c. 5 und 9 die Erhebung des Severus und Maximinus zu Caesares oder c. 6 und 9 Severus’ Flucht nach 1

So Neri, Medius Princeps 225, für den der Interpolator diese Stelle entsprechend dem Urteil über Licinius modelliert hat.

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Ravenna und die Erhebung des Maxentius) lassen den Schluss zu, dass das vorliegende Werk aus mehreren Quellen geschöpft und (wohl mehrere) Überarbeitungen aller Art erfahren hat1. Doch lassen sich diese verschiedenen Arbeitsschritte und Schichten auch angesichts des schlechten Überlieferungszustandes nicht mehr klar voneinander trennen. Aus diesem Grund werden in dieser Edition die zwischen der Origo Const. und Orosius übereinstimmenden Passagen im lateinischen Text und in der Übersetzung kursiv wiedergegeben. Mit der Kursivierung des Textes wird also keine Aussage gemacht über die Arbeit des Interpolators, der möglicherweise nicht nur den vorhandenen Text der Origo Const. modifiziert, getilgt oder durch eigene Arbeit erweitert hat (c. 29 und c. 36), sondern auch den Text des Orosius gekürzt und verändert hat (etwa Oros. 7,28,1 f. in c. 33 der Origo Const.).

1

Vgl. dazu Klebs, Das Valesische Bruchstück 66.

Origo Constantini imperatoris

1. Diocletianus cum Herculio Maximiano imperavit annos XX. Constantius, divi Claudi optimi principis nepos ex fratre, protector primum, inde tribunus, postea praeses Dalmatiarum fuit. iste cum Galerio a Dio5 cletiano Caesar factus est. relicta enim Helena priore uxore filiam Maximiani Theodoram duxit uxorem, ex qua postea sex liberos, Constantini fratres, habuit. sed de priore uxore Helena filium iam Constantinum habuit, qui postea princeps potentissimus fuit.

2. hic igitur Constantinus, natus Helena matre vilissima in oppido 10 Naisso atque eductus, quod oppidum postea magnifice ornavit, litteris

minus instructus, obses apud Diocletianum et Galerium; sub his enim fortiter in Asia militavit. quem post depositum imperium Diocletiani et Herculi Constantius a Galerio repetit, sed hunc Galerius obiecit ante pluribus periculis. 15

3. nam et in Sarmatas iuvenis equestris militans ferocem barbarum capillis tentis raptum ante pedes {sub} Galerii imperatoris adduxerat. deinde Galerio mittente per paludem equo ingressus suo viam ceteris fecit ad Sarmatas, ex quibus plurimis stratis Galerio victoriam reportavit.

4. tunc eum Galerius patri remisit. qui ut Severum per Italiam trans20 iens vitaret, summa festinatione, veredis post se truncatis, Alpes transgressus ad patrem Constantium venit apud Bononiam, quam Galli prius Gesoriacum vocabant. post victoriam autem Pictorum Constantius pater

4 inde tribunus Mommsen : in tribus B : exin tribunus Hadr. Valesius : tum tribunus Zangemeister 5 ⟦..⟧ḥelena B 5 sq. maximiano Ba.c. 10 edictos Ba.c. 11 intructus B : corr. Henr. Valesius | Diocl*tiano Ba.c. | sub Henr. Valesius : sed B | his enim B : iisdem Henr. Valesius : his autem Rühl 13 Herculi Henr. Valesius : herculi⟦..⟧ Bcorr. 16 sub del. Rühl : supplicem Henr. Valesius 17 paulumdem Ba.c. 20 festinationem B : corr. Henr. Valesius | re B : corr. Henr. Valesius | truccatis B : corr. Henr. Valesius 22 Gesoriacum Henr. Valesius : gesumacon B | vocabat Ba.c. | pictagorum B : corr. Henr. Valesius

Geschichte Konstantins

1. Diokletian herrschte gemeinsam mit Herculius Maximianus zwanzig Jahre. Constantius, vom Bruder her der Neffe des vergöttlichten Claudius, des besten Kaisers, war zunächst Protektor, dann Tribun, später praeses der dalmatischen Provinzen. Er wurde gemeinsam mit Galerius von Diokletian zum Caesar erhoben. Nachdem er nämlich sich von seiner früheren Frau Helena getrennt hatte, heiratete er Theodora, die Tochter Maximians, von der er später sechs Kinder hatte, die Geschwister Konstantins. Aber von der früheren Frau Helena hatte er schon den Sohn Konstantin, der später der überaus mächtige Kaiser war. 2. Dieser Konstantin also wurde von der sehr niedrigstehenden Mutter Helena in Naissus, einer Stadt, die er später prächtig ausstattete, geboren und erzogen, erhielt nur eine geringe Bildung, war Geisel bei Diocletian und Galerius, und leistete unter diesen tapfer Kriegsdienst in Asien. Nach der Niederlegung der Herrschaft durch Diokletian und Herculius forderte Constantius ihn von Galerius zurück. Doch setzte ihn Galerius zuvor ziemlich vielen Gefahren aus. 3. Denn als er als jugendlicher Reiter gegen die Sarmaten kämpfte, hatte er einen wilden Barbaren, den er an den Haaren mit sich riss, vor die Füße des Kaisers Galerius geschafft. Als ihn dann Galerius in einen Sumpf schickte, ging er mit seinem Pferd hinein und bahnte den übrigen den Weg zu den Sarmaten, über die er, nachdem die meisten niedergestreckt worden waren, dem Galerius den Sieg einbrachte. 4. Dann schickte Galerius ihn dem Vater zurück. Dieser nun verstümmelte, damit er bei der Durchquerung Italiens Severus vermeide, die Postpferde hinter sich, überquerte in höchster Eile die Alpen und erreichte in Bononia, das die Gallier früher Gesoriacum nannten, den Vater. Nach einem Sieg über die Picten aber verstarb der Vater Con-

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(C 3) Origo Constantini imperatoris

Eboraci mortuus est et Constantinus omnium militum consensu Caesar creatus. 5. interea Caesares duo facti Severus et Maximinus. Maximino datum est Orientis imperium, Galerius sibi Illyricum, Thracias et Bithy5 niam tenuit. Severus suscepit Italiam et quicquid Herculius obtinebat.

6. postquam vero Constantius in Brittania mortuus est et Constantinus filius successit, subito in urbe Roma praetoriani milites Maxentium filium Herculi imperatorem crearunt. sed adversum Maxentium iussu Galeri Severus duxit exercitum. qui repente ab omnibus suis desertus 10 est et Ravennam fugit. dehinc Galerius cum ingentibus copiis Romam venit minatus civitati interitum et castra Interamnae ad Tiberim posuit.

7. tunc legatos ad urbem misit Licinium et Probum per conloquium petens, ut gener apud socerum, id est Maxentius apud Galerium, precibus magis quam armis optata mercaretur. qui contemptus agnovit pro15 missis **** †virorum† Maxenti partes suas deseruisse. quibus perturbatus retro versus est et, ut militi suo praedam quamcumque conferret, Flaminiam iussit auferri.

8. ille ad Constantinum refugit. tunc Galerius in Illyrico Licinium Caesarem fecit. deinde illo in Pannonia relicto ipse ad Serdicam re-

1 evorai B : corr. Henr. Valesius 4 Illyricum Henr. Valesius : hyricum Ba.c. : hyliricum Bp.c. (alt. man.) 5 Severus Henr. Valesius : reversus B | obtinebit Ba.c. 8 iusso Ba.c. 9 dixit B : corr. Henr. Valesius | am Ba.c. 10 ravenna Ba.c. | figit Ba.c. 11 civitati Mommsen : civitatis B | Interamnae ad Tiberim Henr. Valesius : interramnae ac tiberi B 14 sq. promissis **** virorum maxenti B : promissis virorum Maxenti Henr. Valesius : promissis ⟨motos multos⟩ suorum Maxenti Mommsen : ⟨Licinium⟩ promissis motum (vel victum) Maxenti Zangemeister : promissis Maxenti viros dub. Eyssenhardt : promissis Maxenti multos viros Westerhuis : promissis virorum Maxenti ⟨milites⟩ Cessi : promissis Maxenti victos multos Moreau : promissis Maxenti ⟨multos⟩ viros König : an promissis ⟨praemi⟩orum Maxenti? 15 deseruisset B : corr. Henr. Valesius 16 milite B : corr. Henr. Valesius | quam umque Ba.c. | post conferret add. res per dub. Mommsen 17 Flamminia Bp.c. | auferri B : vastari Zangemeister 19 iaesarem Ba.c.

Text und Übersetzung

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stantius in York, und Constantinus wurde durch die Übereinstimmung aller Soldaten zum Caesar erhoben. 5. Inzwischen waren zwei neue Caesaren erhoben worden, Severus und Maximinus. Dem Maximinus wurde die Herrschaft über Oriens gegeben, Galerius behielt für sich Illyricum, die thrakischen Provinzen und Bithynien. Severus übernahm Italien und alles, was Herculius besaß. 6. Nachdem aber Constantius in Britannien verstorben und sein Sohn Konstantin nachgefolgt war, erhoben die Prätorianer plötzlich in der Stadt Rom Maxentius, den Sohn des Herculius, zum Kaiser. Aber Severus führte auf Befehl des Galerius ein Heer gegen Maxentius. Dieser wurde plötzlich von allen seinen Leuten verlassen und floh nach Ravenna. Dann kam Galerius mit ungeheuren Truppen nach Rom mit der Drohung, die Stadt zu vernichten, und schlug ein Lager in Interamna am Tiber auf. 7. Dann schickte er Licinius und Probus als Gesandte in die Stadt und ließ in einer Unterredung darum bitten, dass der Schwiegersohn beim Schwiegervater, das heißt Maxentius bei Galerius, sich eher durch Bitten als durch Waffengewalt das Erwünschte erhandle. Dieser wurde verächtlich abgewiesen und musste erkennen, dass Männer (?) seine Partei aufgrund von Versprechungen des Maxentius verlassen hatten. Darüber sehr bestürzt, machte er kehrt, und damit er für seine Soldaten überhaupt irgendeine Beute zusammenbrachte, befahl er, (die Provinz) Flaminia zu verwüsten. 8. Jener floh zu Konstantin zurück. Dann erhob Galerius in Illyricum den Licinius zum Caesar. Nachdem er darauf jenen in Pannonien zurückgelassen hatte, ging er selbst nach Serdica zurück, wurde von einer

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(C 3) Origo Constantini imperatoris

gressus morbo ingenti occupatus sic distabuit, ut aperto et putrescenti viscere moreretur in supplicium persecutionis iniquissimae, ad auctorem scelerati praecepti iustissima poena redeunte. imperavit annos XVIIII. 5

9. Severus Caesar ignobilis et moribus et natalibus, ebriosus et hoc Galerius amicus. hunc ergo et Maximinum Caesares Galerius fecit Constanti{n}o nihil tale noscente. huic Severo Pannoniae et Italiae urbes et Africae contigerunt. quo Caesare Maxentius factus est imperator. nam desertus Severus a suis fugit Ravennam.

10

10. pro Maxentio filio evocatus illuc venit Herculius. qui per periurium Severum deceptum custodiae tradidit et captivi habitu in urbem perduxit et in villa publica Appiae viae tricensimo miliario custodiri fecit. postea cum Galerius Italiam peteret, ille iugulatus est et deinde relatus ad octavum miliarium conditusque in Gallieni monumento.

15

11. igitur Galerius sic ebriosus fuit, ut, cum iuberet temulentus ea, quae facienda non essent, a praefecto admonitus constituerit, ne iussa eius aliquis post prandium faceret.

12. interea Constantinus apud Veronam victis ducibus tyranni Romam petiit. cum autem ad urbem Constantinus venisset, egressus ex 20 urbe Maxentius campum supra Tiberim, in quo dimicaret, elegit. ubi victus, fugatis omnibus suis inter angustias urgentis populi periit equo praecipitatus in fluvium. postera die corpus ipsius levatum flumine et 1 ingenti B : inguinis dub. Mommsen | disticbuit Ba.c. | putrescenti Henr. Valesius : putrescendi B : putrescente Gardthausen 2 sq. in – redeunte del. Aiello 2 ad Henr. Valesius : aut B 7 Constantino B : corr. Seeck | italia Ba.c. 8 contingerunt B : corr. Henr. Valesius | Caesare Westerhuis : iaesar Ba.c. : Caesar Bp.c.: casu Mommsen 10 herculis Ba.c. 10 sq. peiurium B : corr. Henr. Valesius 11 urbe B : corr. Henr. Valesius 12 via B : corr. Henr. Valesius | tricensimo Hadr. Valesius : trincensimo B : tricesimo Henr. Valesius | custodiri Henr. Valesius : custodire B 15 post Galerius add. Maximianus Seeck 16 faciendo B : corr. Henr. Valesius 18 Verona B : corr. Henr. Valesius 20 supram B : corr. Henr. Valesius 21 vinctus B : corr. Henr. Valesius | fugati Ba.c. urgentis dub. Mommsen : arcentes B : arcentis Henr. Valesius : ruentis Zangemeister 22 fluvio B : corr. Henr. Valesius

Text und Übersetzung

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ungeheuren Krankheit befallen und schwand allmählich in der Art dahin, dass er aufgrund der geöffneten und verfaulenden Eingeweide starb, als Strafe für die überaus ungerechte Christenverfolgung, indem die völlig gerechte Strafe auf den Urheber des verbrecherischen Befehls zurückfiel. Er herrschte 19 Jahre. 9. Severus Caesar war niedrig, sowohl was seine Sitten als auch seine Geburt betraf, er war ein Trunkenbold und genau deshalb mit Galerius befreundet. Diesen also und Maximinus erhob Galerius zu Caesares, wobei Constantius davon nichts erfuhr. Diesem Severus fielen die pannonischen Provinzen zu, die Städte Italiens und Africas. Unter diesem Caesar wurde Maxentius zum Kaiser; denn als Severus von seinen Leuten in Stich gelassen worden war, floh er nach Ravenna. 10. Herculius, der für seinen Sohn Maxentius wieder in den aktiven Dienst gerufen worden war, kam dorthin. Dieser täuschte den Severus durch einen Meineid und ließ ihn verhaften. In der Stellung eines Gefangenen überführte er ihn in die Stadt und ließ ihn auf einem Staatsgut am dreißigsten Meilenstein der Via Appia bewachen. Als später Galerius Italien angriff, wurde jener erdrosselt, dann zum achten Meilenstein zurückgeführt und im Grabmal des Gallienus beigesetzt. 11. Galerius war aber nun so trunksüchtig, dass er, als er im Rausch Dinge befahl, die man nicht tun konnte, vom Präfekten ermahnt wurde und beschloss, dass niemand nach dem Mittagessen seine Befehle ausführen solle. 12. Inzwischen eilte Konstantin, nachdem er in Verona die Generäle des Tyrannen besiegt hatte, nach Rom. Als aber Konstantin zur Stadt gelangt war, rückte Maxentius aus der Stadt aus und wählte ein Schlachtfeld am Tiber, wo er kämpfen wollte. Dort aber wurde er besiegt, und als alle seine Leute in die Flucht gejagt wurden, ging er in der Enge der sich drängenden Masse zugrunde, als er vom Pferd kopfüber in den Fluss stürzte. Am nächsten Tag wurde sein Leichnam aus dem

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(C 3) Origo Constantini imperatoris

caput eius incisum in urbem perlatum est. de cuius origine mater eius, cum quaesitum esset, Syro quodam genitum esse confessa. imperavit annos ⟨VI⟩. 13. Licinius itaque ex nova Dacia vilioris originis a Galerio factus 5 imperator velut adversum Maxentium pugnaturus. sed oppresso Maxentio cum recepisset Italiam Constantinus, hoc Licinium foedere sibi fecit adiungi, ut Licinius Constantiam sororem Constantini apud Mediolanum duxisset uxorem. nuptiis celebratis Gallias repetit Constantinus Licinio ad Illyricum reverso.

14. post aliquantum deinde temporis Constantium Constantinus ad Licinium misit persuadens, ut Bassianus Caesar fieret, qui habebat alteram Constantini sororem Anastasiam, ut exemplo Diocletiani et Maximiani inter Constantinum et Licinium Bassianus Italiam medius obtineret. 15 15. et Licinio talia frustrante per Senicionem Bassiani fratrem, qui Licinio fidus erat, in Constantinum Bassianus armatur. qui tamen in conatu deprehensus Constantino iubente convictus et stratus est. cum Senicio auctor insidiarum posceretur ad poenam, negante Licinio fracta concordia est additis etiam causis, quod apud Emonam Constantini ima20 gines statuasque deiecerat. bellum deinde apertum convenit ambobus. 10

1 urbe Bp.c. 2 syrum B : corr. Henr. Valesius 3 VI add. Henr. Valesius in commentario 5 adverso Ba.c. 7 adiungit Bp.c. | sorore B : corr. Henr. Valesius 9 licinium B : corr. Henr. Valesius | reversum B : corr. Henr. Valesius 11 misi Ba.c. 12 Diocletiani et del. Mommsen 13 Constantinum et Licinium Bassianus Henr. Valesius : constantinum licinium et basianum B | italia B : corr. Henr. Valesius 15 et B : sed Rühl frustrante Hadr. Valesius: frustante B : tractante Henr. Valesius 16 vicino B : corr. Hadr. Valesius | constantino Ba.c. | basianum Ba.c. 17 sq. Senicio Mommsen : sinicius B : Senicius Gardthausen 18 facta B : corr. Henr. Valesius 19 sq. imaginestatuas quae B : corr. Henr. Valesius

Text und Übersetzung

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Fluss gehoben, sein Kopf abgeschnitten und in die Stadt gebracht. Hinsichtlich seiner Herkunft gestand seine Mutter, als danach gefragt worden war, er sei von einem Syrer gezeugt worden. Er herrschte ⟨sechs⟩ Jahre. 13. Licinius also stammte aus Neu-Dakien und war von ziemlich geringer Herkunft. Er wurde von Galerius zum Imperator erhoben, da er ja gegen Maxentius kämpfen sollte. Aber als Konstantin nach der Bezwingung des Maxentius Italien übernommen hatte, brachte er es fertig, dass Licinius sich mit ihm unter der Vertragsbedingung verbündete, dass Licinius Constantia, die Schwester Konstantins, in Mailand zur Frau nahm. Als die Hochzeit gefeiert worden war, suchte Konstantin wieder die gallischen Provinzen auf, während Licinius nach Illyricum zurückkehrte. 14. Nach einem gewissen Zeitraum schickte Konstantin den Constantius zu Licinius, wobei er ihn zu überreden versuchte, dass Bassianus, der die zweite Schwester Konstantins Anastasia als Frau hatte, zum Caesar erhoben würde, damit er nach dem Beispiel Diokletians und Maximians in der Mitte zwischen Konstantin und Licinius Italien erhalte. 15. Und da Licinius ein solches Unterfangen vereiteln wollte, wurde Bassianus durch Senecio, den Bruder des Bassianus, der dem Licinius treu ergeben war, gegen Konstantin kampfbereit gemacht. Dieser wurde aber beim Versuch ertappt und auf Befehl Konstantins überführt und niedergestreckt. Als gefordert wurde, dass Senecio, der Urheber des Anschlages, zur Bestrafung ausgeliefert werde, und sich Licinius weigerte, war die kollegiale Eintracht zerstört, wobei auch Anklagegründe hinzugefügt wurden, dass er nämlich in Emona Bilder und Statuen des Konstantin umgeworfen hatte. Der anschließend eröffnete Krieg kam beiden gelegen.

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(C 3) Origo Constantini imperatoris

16. utriusque ad Cibalensem campum ductus exercitus. Licinio XXXV peditum et equitum fuere; Constantinus XX peditum ⟨et⟩ equitum duxit. caesis post dubium certamen Licinianis viginti peditum milibus et equitum ferratorum item Licinius cum magna parte equitatus 5 noctis auxilio pervolavit ad Sirmium. 17. sublata inde uxore ac filio et thesauris tetendit ad Daciam. Valentem ducem limitis Caesarem ⟨fecit⟩. inde apud Hadrianopolim Thraciae civitatem per Valentem collecta ingenti multitudine legatos ad Constantinum de pace misit apud Philippos constitutum. quibus frustra remissis, 10 iterum reparato bello in campum Ardiensem ab utroque curritur et post dubium ac diuturnum proelium Licini partibus inclinatis profuit noctis auxilium.

18. Licinius et Valens credentes Constantinum, quod et verum erat, ad persequendum longius ad Byzantium processurum, flexi in partem 15 Beroeam concesserunt. ita Constantinus vehementer in ulteriora festinans deprehendit Licinium remansisse post tergum. fatigatis bello et itinere militibus missus deinde Mestrianus legatus pacem petiit Licinio postulante et pollicente se imperata facturum. denuo, sicut ante, mandatum est, Valens privatus fieret. quo facto pax ab ambobus firmata est, ut 20 Licinius Orientem, Asiam, Thraciam, Moesiam, minorem Scythiam possideret.

19. deinde reversus Serdicam Constantinus hoc cum Licinio absente constituit, ut filii Constantini Crispus et Constantinus, filius etiam Licini 1 nibalense B : corr. Henr. Valesius | campus Ba.c. | exercitus B : corr. Henr. Valesius 2 fuerit B : corr. Henr. Valesius | et2 add. Eyssenhardt 3 liciniani B : corr. Hadr. Valesius 3 sq. an milibus peditum? 4 post ferratorum lacunam suspicatus est Cessi item suspectum B : idem Wagner : parte Mommsen : tribus milibus Zangemeister 6 uxores Ba.c. 7 militis B : corr. Henr. Valesius | fecit add. Henr. Valesius 8 collectam B : corr. Henr. Valesius 8 sq. Constantino Ba.c. 10 campum Ardiensem Grégoire : campo mardiense B : campo iarbiense Seeck | ⟨con⟩curritur Henr. Valesius 11 dioturno Ba.c. 13 constantino B : corr. Henr. Valesius 14 ad Byzantium Mommsen : a bizantium 15 veroeam Bp.c. : a bigantium Ba.c. | flexi Henr. Valesius : flexit Bp.c. : felix Ba.c. concesserum B : corr. Henr. Valesius 16 remansisset Ba.c. | tergam B : corr. Henr. Valesius 18 Henr. Valesius : pollicentes B : corr. Henr. Valesius 19 privatus fieret. quo Henr. Valesius : privatis fieri quod B 20 moessia B : corr. Henr. Valesius

Text und Übersetzung

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16. Die Heere der beiden wurden in die Ebene von Cibalae geführt. Licinius hatte 35.000 Fußsoldaten und Reiter, Konstantin 20.000 Fußsoldaten ⟨und⟩ Reiter. Nachdem nach einem hin- und her wogenden Kampf bei den Anhängern des Licinius 20.000 von den Fußsoldaten und den gepanzerten Reitern getötet worden waren, eilte selbiger Licinius mit dem Großteil der Reiterei im Schutze der Nacht nach Sirmium. 17. Dort nahm er seine Frau, seinen Sohn und seine Schätze auf und eilte nach Dakien. Den dux limitis Valens ⟨erhob er⟩ zum Caesar. Als dann durch Valens in Adrianopel, einer Stadt Thrakiens, eine ungeheure Menge von Soldaten versammelt worden war, schickte er Gesandte zu Konstantin, der bei Philippopolis stand, um über den Frieden zu verhandeln. Nachdem diese unverrichteter Dinge zurückgeschickt worden waren, entflammte der Krieg aufs neue. Beide eilten in die Ebene von Arda und als nach einem ungewissen und langandauernden Kampf die Partei des Licinius wankte, nutzte ihr der Schutz der Nacht. 18. Licinius und Valens glaubten, Konstantin werde, was auch zutraf, für die Verfolgung eine längere Strecke nach Byzanz voranrücken, bogen ab und schlugen die Richtung nach Beroea ein. So musste Konstantin, der stürmisch allzu weit voraneilte, entdecken, dass Licinius im Rücken verblieben war. Da die Soldaten durch den Krieg und den Marsch erschöpft waren, wurde hierauf der Gesandte Mestrianus ausgeschickt und bat um Frieden, wobei Licinius inständig versprach, er werde das Befohlene tun. Erneut aber wurde, wie zuvor, angeordnet, dass Valens Privatmann werde. Nachdem dies geschehen war, wurde die Friedensvereinbarung von beiden bestätigt, dass nämlich Licinius den Oriens, Asia, Thracia, Moesia, Klein-Skythien innehabe. 19. Als Konstantin dann nach Serdica zurückgekehrt war, vereinbarte er mit dem abwesenden Licinius, dass Konstantins Söhne Crispus und Constantinus, aber auch Licinius, der Sohn des Licinius, Caesares

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(C 3) Origo Constantini imperatoris

Licinius Caesares fierent et sic ab utroque concorditer regnaretur. itaque Constantinus et Licinius simul consules facti. 20. in Orientis partibus Licinio Constantino repentina rabie suscitatus Licinius omnes Christianos a palatio iussit expelli. mox bellum 5 inter ipsum Licinium et Constantinum efferbuit (cf. Oros. 7,28,18). 21. item cum Constantinus ⟨in⟩ Thessalonica esset, Gothi per neglectos limites eruperunt et vastata Thracia et Moesia praedas agere coeperunt. tunc Constantini terrore et impetu repressi captivos illi impetrata pace reddiderunt. sed hoc Licinius contra fidem factum questus est, 10 quod partes suae ⟨ab⟩ alio fuerint vindicatae.

22. deinde cum variasset inter supplicantia et superba mandata, iram Constantini merito excitavit. per tempora, quibus nondum gerebatur bellum civile, sed item parabatur, Licinius scelere avaritia crudelitate libidine saeviebat, occisis ob divitias pluribus, uxoribus eorum cor⟨rup15 tis⟩. 23. rupta enim pace utriusque sensu, Constantinus Caesarem Crispum cum grandi classe ad occupandam Asiam miserat, cui de parte Licinii similiter cum nav⟨al⟩ibus copiis Amandus obstabat.

1 etsi B : corr. Henr. Valesius 2 facti Bp.c. : factis Ba.c. : facti s⟨unt⟩ Gardthausen 3 post Licinio add. et Cessi | post Constantino add. consulibus Henr. Valesius, existentibus Cessi, lacunam suspicatus est Scardino 4 post palatio habet suo Oros. 7,28,18 | iussi B : corr. Henr. Valesius 5 Constantino Ba.c. 6 Thessalonicae Gardthausen 7 erupuerunt B : corr. Henr. Valesius | moessiam B : corr. Henr. Valesius 8 et impetu repressi Henr. Valesius : et impetu⟦..⟧ repressis Bp.c. (alt. man.) : et impetu et represso Ba.c. : et impetu represso Mommsen 10 ab add. Henr. Valesius | fuerint Henr. Valesius : fierint Bp.c. : fierit Ba.c. 11 varia esset B : corr. Henr. Valesius | superbia B : corr. Henr. Valesius 13 civilem B : corr. Henr. Valesius | item suspectum B 14 pruribus Ba.c. 14 – 16 cor⟨ruptis⟩. rupta Henr. Valesius : corrupta B 16 enim B : iam Henr. Valesius : autem Zangemeister | sensu Scardino : sensus B : consensu Mommsen : exercitus Henr. Valesius 16 sq. scrispum B : corr. Henr. Valesius 17 grande B : corr. Henr. Valesius | occupandam Henr. Valesius : occupandum (hoccupandum Ba.c.) B 18 navalibus copiis Henr. Valesius : navibus capiis B : navibus ⟨et⟩ copiis Cessi

Text und Übersetzung

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werden sollten und dass so von beiden in Eintracht geherrscht werden sollte. Folglich wurden Konstantin und Licinius gemeinsam Konsuln. 20. In den Teilen von Oriens unter Licinius und Konstantin ließ Licinius, von einer plötzlichen Raserei aufgestachelt, alle Christen aus dem Palast vertreiben. Bald darauf entzündete sich der Krieg zwischen Licinius selbst und Konstantin (vgl. Oros. 7,28,18). 21. Als Konstantin in Thessalonike weilte, brachen die Goten durch die vernachlässigten Grenzen, sie verwüsteten Thrakien und Moesien und begannen Beute davonzutragen. Dann wurden jene durch den furchteinflößenden Angriff Konstantins unterworfen und gaben jenem, nachdem sie einen Frieden erlangt hatten, die Kriegsgefangenen zurück. Aber Licinius beklagte sich, dass das gegen die Vereinbarung geschehen sei, weil sein Gebiet von einem anderen in Anspruch genommen worden sei. 22. Als er dann zwischen flehenden und hochmütigen Botschaften wechselte, erregte er zu Recht den Zorn Konstantins. In der Zeit, in der noch nicht der Bürgerkrieg geführt wurde, sondern selbiger vorbereitet wurde, wütete Licinius durch Verbrechen, Habgier, Grausamkeit und Wollust, wobei er sehr viele wegen ihres Reichtums umbringen ließ und deren Frauen schändete. 23. Als aber der Frieden nach der Meinung beider gebrochen worden war, schickte Konstantin den Caesar Crispus mit einer großen Flotte aus, um Asien zu besetzen. Diesem stand auf der Seite des Licinius in ähnlicher Weise Amandus mit Schiffstruppen entgegen.

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(C 3) Origo Constantini imperatoris

24. Licinius vero circa Hadrianopolim maximo exercitu latera ardui montis impleverat. illuc toto agmine Constantinus inflexit. cum bellum terra marique traheretur, quamvis per arduum suis nitentibus, at tamen disciplina militari et felicitate Constantinus Licini confusum et sine or5 dine agentem vicit exercitum leviter femore sauciatus.

25. dehinc fugiens Licinius Byzantium petit, †quod multitudo dissipata contendere†. clauso Byzantio Licinius obsidionem terrenam maris securus agitabat. sed Constantinus classem collegit ex Thracia. dehinc solita vanitate Licinius Martinianum sibi Caesarem fecit.

10

26. Crispus vero cum classe Constantini Callipolim pervenit. ibi bello maritimo sic Amandum vicit, ut vix per eos, qui in litore remanserant, vivus Amandus refugeret. classis vero Licini vel oppressa vel capta est. 27. Licinius desperata maris spe, per quod se viderat obsidendum,

15 Chalcedonam cum thesauris refugit. Byzantium Constantinus invasit,

victoriam maritimam Crispo conveniente cognoscens. deinde apud Chrysopolim Licinius ⟨ ⟩ maxime auxiliantibus Gothis, quos Alica regalis deduxerat, cum Constantini pars vincens XXV armatorum fudit partis adversae ceteris fugientibus.

2 montes Ba.c. | tata B : corr. Henr. Valesius | bello B : corr. Henr. Valesius 3 et B : corr. Henr. Valesius 6 sq. quod – contendere B : quo dum multitudo dissipata contenderet Henr. Valesius : an quo multitudo dissipata contenderet vel contendere ⟨ ⟩? 7 post Byzantio (bizantium Bp.c.) add. petit – bizantium Ba.c. | terrena mari B : corr. Henr. Valesius 8 clausem B : corr. Henr. Valesius 10 scrispus Ba.c. 11 vis B : corr. Henr. Valesius | licitore B : corr. Henr. Valesius 12 refugeret Mommsen : re effugeret B : effugeret Henr. Valesius 15 Chalcedonam Henr. Valesius : calcido⟦.⟧nam B 16 victoria B : corr. Henr. Valesius | crispum convenientem B : corr. Henr. Valesius 17 post Licinius lacunam posuit Hadr. Valesius addens pugnavit : Licinius ⟨victus est⟩ Stein : Licinium ⟨superavit⟩ Patzing | Alica Bp.c. : aliqua Ba.c. : Aliquaca Gardthausen : aliqua ea Henr. Valesius 17 sq. regalis Henr. Valesius : regulis B : regulus dub. Mommsen 18 tum Mommsen | vincens Henr. Valesius : vinc⟦.⟧ens B

Text und Übersetzung

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24. Licinius aber hatte in der Umgebung von Adrianopel mit einem überaus großen Heer die Hänge eines steilen Berges angefüllt. Dorthin bog Konstantin mit seinem gesamten Heereszug ab. Als der Krieg zu Lande und zu Wasser sich in die Länge zog, besiegte Konstantin, obgleich sich seine Leute wegen des steilen Anstiegs anstrengen mussten, dennoch durch die militärische Disziplin und sein Glück das chaotische und ohne Ordnung handelnde Heer des Licinius, wobei er nur leicht am Schenkel verletzt wurde. 25. Dann floh Licinius und eilte nach Byzanz, wohin die zerstreute Menge strebte (?). Licinius verschloss Byzanz und traf, sich von der Meerseite her sicher fühlend, Vorbereitungen gegen die Belagerung zu Lande. Aber Konstantin ließ seine Flotte aus Thrakien kommen. Dann machte Licinius mit der gewohnten Überheblichkeit den Martinianus für sich zum Caesar. 26. Crispus aber gelangte mit der Flotte des Konstantin nach Gallipoli. Dort besiegte er im Seekrieg den Amandus so, dass Amandus gerade noch durch die Hilfe derjenigen, die am Ufer zurückgeblieben waren, lebendig entkam. Aber die Flotte des Licinius wurde teils versenkt, teils gekapert. 27. Licinius aber verzweifelte daran, seine Hoffnung auf das Meer zu setzen. Denn er hatte gesehen, dass er von ihm aus belagert werden konnte. Daher floh er mit seinen Schätzen nach Chalcedon. Konstantin drang in Byzanz ein, wobei er vom Seesieg erfuhr, als Crispus mit ihm zusammentraf. Dann wurde Licinius bei Chrysopolis ⟨besiegt ?⟩, wobei vor allem die Goten, die der Kleinkönig Alica herabgeführt hatte, militärische Unterstützung leisteten, als die siegreiche Partei Konstantins 25.000 Bewaffnete der feindlichen Partei tötete, während die übrigen die Flucht ergriffen.

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(C 3) Origo Constantini imperatoris

28. postea cum legiones Constantini per liburnas venire vidissent, proiectis armis se dediderunt. sequenti autem die Constantia, soror Constantini, uxor Licini, venit ad castra fratris et marito vitam poposcit et impetravit. ita Licinius privatus factus est et convivio Constantini ad5 hibitus et Martiniano vita concessa est.

29. Licinius Thessalonicam missus est. sed Herculii Maximiani soceri sui motus exemplo, ne iterum depositam purpuram in perniciem rei publicae sumeret, tumultu militari exigentibus, in Thessalonica iussit occidi (cf. Oros. 7,28,20), Martinianum in Cappadocia; qui regnavit an10 nos XVIIII, filio et uxore superstite, quamvis omnibus iam ministris nefariae persecutionis extinctis hunc quoque, in quantum exercere ⟨potuit⟩, persecutorem digna punitio flagitaret (cf. Oros. 7,28,21).

30. Constantinus autem ex ⟨se⟩ Byzantium Constantinopolim nuncupavit ob insigne victoriae. quam velut patriam cultu decoravit ingenti et 15 Romae desideravit aequari: deinde quaesitis ei undique civibus divitias multas largitus est, ut prope in ea omnes thesauros ⟨et⟩ regias facultates exhauriret. ibi etiam senatum constituit secundi ordinis, claros vocavit.

31. deinde adversum Gothos bellum suscepit et implorantibus Sarmatis auxilium tulit. ita per Constantinum Caesarem centum prope milia

1 liburnas Mommsen : liburnam B : Liburniam Hadr. Valesius 2 prolectis B : corr. Henr. Valesius | se dediderunt Henr. Valesius : reddiderunt B 3 casta Ba.c. | vita B : corr. Henr. Valesius 5 Martiniano Henr. Valesius : martinia⟦.⟧no B 6 tessalonica B : corr. Henr. Valesius | maximiano Ba.c. 7 deposita purpora B : corr. Henr. Valesius 8 tumultu militari Gardthausen : tumultum militari B : tumultu militari⟨bus⟩ Mommsen : tumultu militari ⟨cunctis⟩ Boissevain 8 sq. iussit occidi Henr. Valesius : iussit occidit Bp.c. : iussi occidit Ba.c. 10 superstitem B : corr. Henr. Valesius | omnium B : corr. Henr. Valesius 11 extintus B : corr. Henr. Valesius | exerere codd. meliores Oros. 7,28,21 12 potuit add. Henr. Valesius : an exercere⟨t⟩? 13 se add. Mommsen, suo nomine Rühl | Byzantio Henr. Valesius 14 insigne Henr. Valesius : insignis B insignis victoriae ⟨memoriam⟩ Mommsen 15 vicibus B : corr. Henr. Valesius 16 thesauros del. Mommsen | et add. Cessi | regies Ba.c. 17 exauririt Ba.c. | cecundi Ba.c. 18 gothis Ba.c. 19 constantino Ba.c.

Text und Übersetzung

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28. Als sie später sahen, wie die Legionen Konstantins auf Liburnen herbeikamen, warfen sie die Waffen weg und ergaben sich. Am nächsten Tag aber kam Constantia, die Schwester Konstantins und die Gemahlin des Licinius, in das Lager des Bruders und bat für ihren Mann um sein Leben und setzte ihre Bitte durch. So wurde Licinius zum Privatmann und zum Bankett Konstantins hinzugezogen, und dem Martinianus wurde sein Leben zugestanden. 29. Licinius wurde nach Thessalonike geschickt. Aber gewarnt durch das Beispiel seines Schwiegervaters Herculius Maximianus, befahl er, damit jener nicht ein zweites Mal zum Verderben des Staates den Purpur annehme, ihn in Thessalonike zu töten (vgl. Oros. 7,28,20), weil man es in einem Militäraufruhr verlangte, ferner den Martinianus in Kappadokien. Dieser herrschte 19 Jahre, wobei seine Frau und sein Sohn ihn überlebten, mag auch, nachdem bereits alle Handlanger der frevlerischen Verfolgung ausgelöscht worden waren, die gerechte Bestrafung auch diesen Verfolger, soweit sie es durchführen ⟨konnte⟩, verlangt haben (vgl. Oros. 7,28,21). 30. Konstantin aber nannte Byzanz nach ⟨sich selbst⟩ Konstantinopel zum Zeichen seines herausragenden Sieges. Er schmückte es, als ob es seine Vaterstadt sei, mit ungeheurem Aufwand aus und strebte danach, es Rom anzugleichen; dann holte er für es von überall her Bürger und beschenkte es mit so großem Reichtum, dass er in dieser Stadt fast alle Schätze ⟨und⟩ kaiserlichen Ressourcen erschöpfte. Dort richtete er auch einen Senat für den zweiten Stand ein: er nannte sie clari. 31. Dann begann er einen Krieg gegen die Goten und brachte den Sarmaten, als sie darum flehten, Hilfe. So wurden durch Constantinus

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(C 3) Origo Constantini imperatoris

fame et frigore extincta sunt. tunc et obsides accepit, inter quos Ariarici regis filium. 32. sic cum his pace firmata in Sarmatas versus est, qui dubiae fidei probabantur. sed servi Sarmatarum omnes adversum dominos rebella5 runt, quos pulsos Constantinus libenter accepit et amplius trecenta milia hominum mixtae aetatis et sexus per Thraciam Scythiam Macedoniam Italiamque divisit.

33. item Constantinus imperator primus Christianus excepto Philippo, qui Christianus admodum ad hoc tantum constitutus fuisse mihi 10 visus est, ut millesimus Romae annus Christo potius quam idolis dicaretur. a Constantino autem omnes semper Christiani imperatores usque in hodiernum diem creati sunt excepto Iuliano, quem impia, ut aiunt, machinantem exitialis vita deseruit (cf. Oros. 7,28,1–2). 34. item Constantinus iusto ordine et pio vicem vertit, edicto si qui15 dem statuit citra ullam caedem hominum paganorum templa claudi. mox Gothorum fortissimas et copiosissimas gentes in ipso barbarici soli sinu, hoc est in Sarmatarum regione, delevit (cf. Oros. 7,28,29).

35. Calocaerum quendam in Cypro aspirantem novis rebus oppressit (cf. Oros. 7,28,30). Dalmatium filium fratris sui Dalmati Caesarem 20 fecit. eius fratrem Annibalianum data ei Constantina filia sua regem re-

1 post quos add. et Henr. Valesius 4 probabantur Rühl : probantur B | servi Sarmatarum Henr. Valesius : servis armatorum B | omnes adversum Mommsen : adversum omnes B 6 mixtae Henr. Valesius : mixta B 8 sq. Constantinus – hoc B : Constantinus imperator creatus primus imperatorum christianus – christianus annis admodum paucissimis ad hoc Oros. 7,28,1 9 tanto B2 | constitutus Henr. Valesius ex Oros. 7,28,1 : constantinus B 10 annos Ba.c. 12 iulianum B : corr. Henr. Valesius quae Ba.c. 13 exitiabilis Oros. 7,28,1 14 constatinus Ba.c. | vicae B : corr. Henr. Valesius ex Oros. 7,28,29 | aedito B : corr. Henr. Valesius ex Oros. 7,28,29 15 nullam B : corr. Henr. Valesius ex Oros. 7,28,29 | hominum caedem Oros. 7,28,29 16 barbarico : corr. Scardino ex Oros. 7,28,29 | solis sunu B : corr. Henr. Valesius ex Oros. 7,28,30 17 sar⟦..⟧matorum B : corr. Henr. Valesius ex Oros. 7,28,30 | regionem B : corr. Henr. Valesius ex Oros. 7,28,30 | delfuit B : corr. Henr. Valesius ex Oros. 7,28,30 19 fratri B : corr. Henr. Valesius | dalmatiae B : corr. Henr. Valesius 20 Constantina Moreau : constantiana B

Text und Übersetzung

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Caesar fast 100.000 durch Hunger und Kälte ausgelöscht. Darauf nahm er auch Geiseln an, unter ihnen den Sohn des Königs Ariarich. 32. Als der Friede mit diesen auf diese Weise bestätigt worden war, wandte er sich gegen die Sarmaten, die damals sich erwiesenermaßen von zweifelhafter Treue zeigten. Aber alle Sklaven der Sarmaten erhoben sich gegen ihre Herren. Als diese vertrieben worden waren, nahm Konstantin sie gerne auf und verteilte mehr als 300.000 Menschen gemischten Alters und Geschlechts über Thrakien, Skythien, Makedonien und Italien. 33. Des weiteren war Constantinus der erste christliche Kaiser, mit Ausnahme von Philippus, der als Christ gerade nur dazu eingesetzt worden ist, wie mir scheint, dass das tausendste Jahr Roms eher Christus als den Götzenbildern geweiht werde. Von Konstantin an aber wurden immer bis zum heutigen Tage ausschließlich christliche Kaiser erhoben, mit der Ausnahme Julians, den, wie man sagt, beim Aushecken von Gottlosigkeiten das unheilvolle Leben verließ (vgl. Oros. 7,28,1–2). 34. Des weiteren wechselte Constantinus über zu einer gerechten und frommen Ordnung, insofern er nämlich in einem Edikt anordnete, dass ohne jedes Blutvergießen die Tempel der Heiden geschlossen werden sollten. Bald darauf vernichtete er die überaus tapferen und zahlreichen Völker der Goten geradewegs im Innersten des Barbarenlandes, das heißt im Gebiet der Sarmaten (vgl. Oros. 7,28,29). 35. Einen Calocaerus, der in Zypern nach einem Umsturz strebte, überwältigte er (vgl. Oros. 7,28,30). Dalmatius, den Sohn seines Bruders Dalmatius, erhob er zum Caesar. Dessen Bruder Hannibalian machte er zum König der Könige und der pontischen Völker, wobei er

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(C 3) Origo Constantini imperatoris

gum et Ponticarum gentium constituit. itaque Gallias Constantinus minor regebat, Orientem Constantius Caesar, Illyricum et Italiam Constans, ripam Gothicam Dalmatius tuebatur. 36. item Constantinus cum bellum pararet in Persas in suburbano 5 Constantinopolitano villa publica iuxta Nicomediam, dispositam bene rem publicam filiis tradens ⟨diem obiit⟩ (cf. Oros. 7,28,31). regnavit annos XXXI. sepultus est in Constantinopoli.

1 gentium (sic) B : regionum Moreau | itaque Mommsen : ita ut B 5 constantinopolitanae B : corr. Henr. Valesius 6 diem obiit add. Henr. Valesius ex Oros. 7,28,31, obiit Gardthausen 7 constantinopolim B : corr. Henr. Valesius

Text und Übersetzung

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ihm Constantina, seine Tochter gab. Folglich beherrschte Constantinus der Jüngere die gallischen Provinzen, Constantius Caesar den Oriens, Constans Illyricum und Italien, Dalmatius schützte das gotische Ufer. 36. Als des weiteren Constantinus zum Krieg gegen die Perser rüstete, ⟨starb er⟩ auf einem Landgut im Gebiet von Konstantinopel, auf einem Staatsgut neben Nicomedeia, wobei er einen wohlgeordneten Staat den Söhnen übergab (vgl. Oros. 7,28,31). Er herrschte 31 Jahre. Er wurde in Konstantinopel bestattet.

Kommentar Titel Zum Titel vgl. die Diskussion Einl. S. 101 f. [C. S.] 1. inde tribunus Die Handschrift B überliefert in tribus, was an dieser Stelle aber keinen Sinn ergibt. Während alle Editoren (die Abbreviatur?) tribus als tribunus auflösen, haben diese bezüglich des in verschiedene Lösungen vorgeschlagen, die inhaltlich allesamt angemessen sind: Henri Valois schreibt in seiner Edition exin tribunus, Zangemeister tum tribunus und Mommsen inde tribunus. Da inde auch c. 17 der Origo Constantini zweimal vorkommt, tum einmal (c. 27, allerdings von Mommsen aus cum konji*ziert), exin dagegen nie, verdient Mommsens Vorschlag hier den Vorzug. zwanzig Jahre Wohl nicht im Sinne einer genauen chronologischen Angabe gemeint. Maximian wurde 285 zum Caesar erhoben, 286 zum Augustus. Wenn nur die Zeit der Augustusherrschaft Maximians gemeint ist, erstreckt sich die gemeinsame Herrschaft (Rücktritt zum 1. Mai 305) beider Kaiser in der Tat über 20 Jahre, während Diokletian selbst länger herrschte, nämlich vom 20. November 284 bis zum 1. Mai 305, vgl. Barnes, New Empire 4; Kienast, Kaisertabelle 257 f. Vermutlich ist aber hier von der idealen Figur der zwanzig Jahre des Regierungsjubiläums auszugehen, nach dem in der tetrarchischen Ideologie dann die Regierungszeit abgelaufen war. Zum Ruhm der Vicennalien Diokletians, vgl. Lact. mort. pers. 30,6: ille Romani nominis maximus imperator, qui post longum temporis intervallum cum ingenti gloria viginti annorum vota celebravit. Im chronologisch exakten Sinne (mit im Detail allerdings falschen Angaben) weist die Origo gentis Romanorum (KFHist B 5) 79 auf die Länge der gemeinsamen Regierung hin: Diocletianus et Maximianus imperaverunt annos XXI menses XI dies XII. Die politischen Realitäten sind in der Origo Constantini insofern besser erfasst, als Diokletian und Maximian zwar formal gleichberechtigt waren, in Wirklichkeit aber Diokletian das Reich lenkte (daher Diocletianus cum Herculio Maximiano). Unwahrscheinlich erscheint, dass der Hinweis der Origo Constantini auf Diokletian erst in einer sehr späten Redaktionsstufe in den Text gekommen ist, so Festy, Réflexions 185: Der Redaktor soll seine Nachricht aus Bedas Chronik entnommen haben, vgl. Chron. min. III, p. 294 Mommsen: Diocl*tianus cum Herculio Maximiano an. XX. Eher hat, was für die Rezeptionsgeschichte allerdings von Belang ist, Beda aus der Origo geschöpft.

Kommentar

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der Neffe des vergöttlichten Claudius Seit 310 galt Claudius Gothicus als Ahnherr des konstantinischen Herrscherhauses. Paneg. 6(7),2,1 f. spricht von einer avita cognatio, vage Paneg. 5(8),2,1 (parentem tuum). Zur Diskussion um die Frage, ob es sich um ein fiktives Verwandtschaftsverhältnis handelt, vgl. gegen die communis opinio und mit reichhaltiger Dokumentation Chausson, Stemmata aurea, 73–84. Eine präzisierte, aber wohl frei erfundene Beschreibung der Verwandtschaftsverhältnisse bietet Hist. Aug. Claud. 13,2 f.: Constantius ist Sohn des Eutropius und der Claudia, einer Tochter des Crispus, eines Bruders des Claudius. Er ist somit Großneffe des Claudius. Abweichend Eutr. 9,22,1, bei dem Constantius Chlorus von seiner Mutter her Enkel des Claudius Gothicus ist: per filiam nepos Claudi. Chausson, Stemmata aurea 83 versucht, diese Version mit derjenigen der Origo Constantini und der Hist. Aug. zu vereinbaren, indem bei Eutrop gemeint sei „(petit-)neveu (et non petit-fils) de Claude par une fille“ (nämlich einer Tochter des Bruders des Claudius). König, Origo 55 versteht auch in der Origo nepos als „Großneffe“. des besten Kaisers Zur Charakterisierung des Claudius Gothicus als optimus princeps. Eutr. 9,11,2 ist hier noch relativ zurückhaltend und berichtet vor allem über den verliehenen clipeus virtutis. S. vor allem die His. Aug. Claud. 2,3 und 18,4 (Claudius Gothicus übertrifft Augustus, Traian und Antoninus Pius bzw. Traian, Mark Aurel und Antoninus Pius). Zur Heroisierung des Claudius s. T. Kotula, Autour de Claude II le Gotique. Péripéties d’un mythe, Revue des études anciennes 96, (1994), 499–509. Claudius als besonders guter Kaiser in der Liste der optimi principes der Hist. Aug. (Aur. 42,4) vgl. S. Dmitriev, „Good Emperors“ and Emperors of the Third Century, Hermes 132 (2004) 211–24, hier 215 und 219. Prägungen aus der Zeit Konstantins für Divo Claudio Optimo Imp(eratori) vgl. RIC V,1, 233–37. praeses der dalmatischen Provinzen Vgl. zur Statthalterschaft Dalmatiens Hist. Aug. Car. 17,6 (allerdings in einem fiktiven Kontext). Merkwürdig ist bei der Origo Constantini der Plural, da es nur eine Provinz Dalmatia gab. Die Karriere des Constantius entspricht einem im ausgehenden dritten Jahrhundert typischen Muster und führt von der Stellung des protector über die des Tribunus zu höheren Kommanden und Statthalterschaften, s. jetzt L. De Blois, Image and Reality of Roman Imperial Power in the Third Century A.D., London – New York 2019, 181. Einen ähnlichen Karrieretypus beschreibt für Maximinus Daia Lact. mort. pers. 19,6. Möglicherweise stieg Constantius noch weiter zum Prätorianerpräfekten auf, auch wenn es hierfür nur schwache Indizien gibt, vgl. Paneg. 10 (2),11,4.

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(C 3) Origo Constantini

die Geschwister Konstantins Die Origo Constantini zeigt hier auffällige Berührungen zu Eutr. 9,22,1: Constantius privignam Herculii Theodoram accepit, ex qua postea sex liberos, Constantini fratres, habuit, Galerius filiam Diocletiani Valeriam, ambo uxores, quas habuerant, repudiare conpulsi. Zur Diskussion um das Verhältnis zwischen Enmannscher Kaisergeschichte und Origo vgl. KFHist B 1, Einleitung. 2. sub his enim Das von B überlieferte sed his enim ergibt keinen befriedigenden Sinn, da hier kein adversatives Verhältnis ausgedrückt wird und das Demonstrativpronomen his wohl ein hier wenig ausdrucksstarker Dativ commodi wäre. Die von Henri Valois vorgeschlagene Korrektur sub iisdem wird von den modernen Herausgebern bevorzugt, auch wenn sonst in der Origo Constantini das Pronomen idem nicht belegt ist, sondern nur die Frucht von Konjekturen moderner Gelehrter ist (so etwa in c. 16). Dagegen scheint Rühls weniger invasive Lösung sub his autem besser zu sein. Doch kann anstelle von autem in derselben leicht adversativen und einen Satz weiterführenden Funktion das überlieferte enim gelassen werden, da es im Spätlatein sowohl anknüpfende als auch adversative Funktion hat (vgl. c. 23 und H.-Sz. 508). Daher kann man sich darauf beschränken, sed in sub zu korrigieren. sehr niedrigstehenden Während in Origo Constantini 1 Helena immerhin noch als uxor des Constantius bezeichnet wird, ist sie hier die mater vilissima. Diese Charakterisierung der Helena, die von Konstantin selbst 324 mit dem Titel der Augusta geehrt wurde, könnte ein Hinweis darauf sein, dass Teile der Origo erst nach dem Tode Konstantins, in einer Epoche, in der konstantinkritische Äußerungen zu vernehmen waren – also unter Julian oder in der valentinianisch-theodosianischen Dynastie – entstanden sind. Diese Teile passen nicht zum sonst konstantinfreundlichen Tenor der Quelle, verraten aber vielleicht ein Bemühen um Differenzierung. in Naissus Zum Geburtsort Naissus, s. Stephanos von Byzanz s. v. Ναϊϲϲόϲ; Firmicus Maternus, De astrologia 1,1,4 und 1,10,11. Den Geburtsort hält R. Westall, Genealogie Costantiniane, in: A. Melloni (Hrsg.), Costantino I. Enciclopedia Costantiniana, 2013, 2–4 für eine Fiktion der konstantinischen Zeit, vielleicht aus der Zeit, in der sich Konstantin zur Vorbereitung des Schlagabtauschs mit Licinius dort aufhielt. später prächtig ausstattete Zu den archäologischen Überresten in Naissus vgl. die Bestandsaufnahme von P. Petrović, Naissus, a Foundation of Emperor Constantine, in: D. Srejović, Roman Imperial Towns and Palaces

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in Serbia, Belgrad 1993, 57–81; G. Jeremić, Burials in Naissus in Late Antiquity – Case Study of the Necropolis in Jagodin Mala, in: I. Popović / B. Borić-Brešković (Hgg.), Constantine the Great and the Edict of Milan. The Birth of Christianity in the Roman Provinces on the Soil of Serbia, Belgrad 2013, 126–35, hier 127 Anm. 7. Stephanos von Byzanz s. v. Ναϊϲϲόϲ bezeichnet Naissus als κτίϲμα, s. König, Origo 65 f. nur eine geringe Bildung Andere Quellen betonen dagegen, dass Konstantin sehr gebildet war. S. dazu den hist. Komm. zu Epit. Caes. 41,14. Diese Bemerkung, die im übrigen vom sonst feststellbaren positiven Tenor der Origo Constantini abweicht, verweist auf eine spätere Quellenschicht. Geisel bei Diokletian und Galerius Eine reguläre Geisel kann Konstantin nicht gewesen sein, aber das Verhältnis der Tetrarchen untereinander enthielt – in ähnlicher Form wie zuvor etwa unter den Triumvirn – Elemente, die an Außenpolitik und an völkerrechtliche Beziehungen erinnerten. Am Hofe der östlichen Kaiser Diokletian und Galerius sollte Konstantin für die Loyalität des westlichen Kaisers garantieren und hatte daher, so sehen es jedenfalls die Quellen, die Funktion einer Geisel, s. Diskussion bei Casella, Galerio 86. S. vor allem Aur. Vict. 40,2: nam is (Constantinus) a Galerio religionis specie ad vicem obsidis tenebatur. Vgl. Epit. Caes. 41,2; Zonar. 12,33: ὁμηρεία. Eine reale Vergeiselung ist ausgeschlossen, aber durch seine Anwesenheit am östlichen Kaiserhof garantierte Konstantin offenkundig für das Wohlverhalten des Constantius Chlorus. Kriegsdienst in Asia Zur Entsendung Konstantins nach Nikomedeia zu (militärischen) Erziehungszwecken s. Praxagoras 2. Asien bezeichnet hier nicht die römische Provinz bzw. Diözese im westlichen Kleinasien, sondern mit dem Kampf in „Asien“ dürfte entsprechend der Imitatio Alexandri des Galerius der von diesem betriebene Feldzug gegen Narseh gemeint sein. Während dieser Kampfhandlungen befand sich Konstantin entweder im Stab des Galerius oder bei Diokletian in Antiocheia oder Nisibis. forderte Constantius Nach Lact. mort. pers. 24,3 schickt ein Schreiben, dass Constantius vor seinem Tod seinen Sohn sehen möchte. (Der Hinweis auf frühere Schreiben beruht auf Ergänzungen von Baluze). Die Origo bietet dagegen eine in knapp formulierte politische Begründung. Der nach dem Rücktritt Diokletians und Maximians zum ranghöchsten Augustus avancierte Constantius kann seinen Sohn zurückfordern, weil die Rolle Konstantins als „Geisel“ obsolet geworden ist.

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vielen Gefahren aus Zu diesen gefährlichen, von den Kaisern auferlegten Aufgaben gehören dann in der Paralleltradition Kämpfe mit wilden Tieren Lact. mort. pers. 24,4; Praxagoras fr. 1,2. Vgl. weitere Angaben aus der byzantinischen Tradition zu Kämpfen mit Löwen, Panthern, Bären bei Bleckmann, Pagane Visionen 165 Anm. 56. Es handelt sich vielleicht um venationes im höfischen Rahmen, etwas in der Tradition des Commodus. 3. {sub} Das von B überlieferte sub vor dem Genetiv Galerii ergibt keinen Sinn. Daher hat es Rühl mit Recht getilgt, während Henri Valois supplicem konji*ziert hat. Möglicherweise hat er sub für eine Abkürzung gehalten, was angesichts der Verwendung von Abbreviaturen (imperatoris im Titel und tribus in c. 1) nicht abwegig ist und auch von Aiello übernommen wird. Aus den weniger detailreichen Parallelen (etwa Zonar. 12,33 ὁ δὲ καὶ ἐπῆλθε καὶ ἁρπάϲαϲ αὐτὸν ζῶντα τῷ Γαλερίῳ ἐκόμιϲεν) lässt sich aber nicht bestimmen, welche Lesart besser ist. Zwar gehört die Geste, sich vor die Füße des Angeflehten zu werfen, zu den typischen Verhaltensweisen eines Bittstellers (supplex) und weist durchaus Parallelen auf (vgl. Mart. 33,3 Caesaris ante pedes supplex, ähnlich Cic. Phil. 2,86 supplex te ad pedes abiciebas). Doch handelt es sich hier um einen wilden Barbaren, der gegen seinen Willen zu Galerius geschleppt wird. Damit wird Konstantins Leistung, einen wilden Barbaren bezwungen zu haben, unterstrichen. Viel wahrscheinlicher ist also, dass sub ursprünglich eine Glosse zu ante pedes war, die im Laufe der Überlieferung in den Text eingedrungen ist. Aus diesem Grund ist Rühls Athetierung des Wortes wohl die beste Lösung. gegen die Sarmaten Vielleicht die Kampagne, nach der Galerius den Siegestitel Sarmaticus max. IV annahm, vgl. König, Origo 71; Kienast, Kaisertabelle 274. wilden Barbaren, den er an den Haaren riß Barbaren werden bei der Gefangennahme an den Haaren gepackt, vgl. etwa die Darstellung der personifizierten Stadt Trier im Chronographen von 354. Einzelkämpfe Konstantins mit Barbaren: Paneg. 6(7),3,3; Zonar. 12,33 p. 158,1–6: Sarmatenkampf in Kombination mit Löwenkampf. Zonaras lässt den Konstantin gegen den durch die Rüstung herausragenden ἀρχηγόϲ der Sarmaten kämpfen. Es handelt sich um die Sarmatenkampagnen, die Galerius die dritte und vierte Akklamation als Sarmaticus einbrachte. Eine ungünstige Darstellung dieser Kampagnen bei Palladas, vgl. K. W. Wilkinson, New Epigrams of Palladas. A Fragmentary Papyrus Codex (P.CtYBR inv. 4000), Durham 2012, 162–64; ders. The Sarmatian and the Indians: A New Satirical Epigram on the Victory Title of Galerius, ZPE 183 (2012) 39–52.

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ging er mit seinem Pferd hinein: Ein Thema der Kaiserpanegyrik: Herodian 7,2,7 beschreibt, wie Maximinus Thrax auf einem Pferd in den Sumpf hineinritt. In welchem Kontext die Sarmaten angegriffen werden, bleibt offen. Wahrscheinlich sind Kämpfe in deren Territorium zwischen Donau und Theiß. 4. apud Bononiam Zwar tritt in der Sprache der Historiker nach Tacitus die vordem umgangssprachliche Umschreibung mit der Präposition apud häufig an die Stelle des Lokativs (so in der Origo Constantini z. B. c. 12; 13; 15), vgl. dazu ThLL s. v. apud Sp. 337,61–79 f. In diesem Satz wird aber das Ziel der mit venit ausgedrückten Handlung einmal durch ad patrem und ein zweites Mal variierend durch apud Bononiam angegeben (vgl. zu apud in der Bedeutung von ad nach Verben der Bewegung ThLL s. v. Sp. 344,34– 64) und ist wohl nicht adnominal zu patrem (vgl. H.-Sz. 151 zum Lokativ) anstelle eines Lokativs aufzufassen. schickte Galerius ihn dem Vater zurück Galerius schickt also unwillig Konstantin zurück, nachdem dieser die als Bedingung für die Rückkehr gestellten Aufgaben bravourös gelöst hat. In der Erzählung des Laktanz bittet dagegen der sterbende Vater Constantius darum, dass sein Sohn zurückgeschickt wird, vgl. Lact. mort. pers. 24,3 (s. oben). Bei Philost. (KFHist E 7) 1,5a, 5–8 flieht Konstantin aus eigenem Antrieb zu seinem Vater, nachdem er die Tücke Diokletians (!) durchschaut hat. S. bereits Eus. v. C. 1,20,2; Praxagoras fr. 1,2. Durchquerung Italiens Auch die beiden raetischen Provinzen gehörten administrativ zur oberitalischen Diözese, so dass auch die Route nördlich der Alpen zu dieser Angabe passen könnte. Da aber auch noch von einer anschließenden Durchquerung der Alpen die Rede ist, muss der Weg durch Oberitalien gemeint sein, was auch dem konventionellen Verständnis von „Italien“ besser entspricht. Severus vermeide Es kam also darauf an, das zwischen dem Gebiet des Galerius und demjenigen des Constantius liegende Gebiet des Severus ohne Gefahr zu durchqueren, vgl. Philost. (KFHist E 7) 1,5a, 7. Lact. mort. pers. 24,5 berichtet, Galerius habe die Absicht gehabt, einen Brief an Severus zu schicken, damit dieser ihn unterwegs aufhalte. die Postpferde Die Geschichte der Verstümmelung der in den Stationen zurückgelassenen Postpferde stammt aus der zeitgenössischen Panegyrik und ist Element zahlreicher Erzählungen zur Frühzeit Konstantins, vgl. Lact. mort. pers. 24,5–8; Paneg. 6(7),7,5; Aur. Vict. 40,2; Epit. Caes. 41,2; Zos. 2,8,2 f.; Philost. (KFHist E 7) 1,5a, 7 f.

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Bononia, das die Gallier früher Gesoriacum nannten Die Umbenennung von Boulogne wird in identischer Weise in der Tabula Peutingeriana zur Sprache gebracht: Gesoriaco quod nunc Bononia. Vgl. J. Heurgon, Les problèmes de Boulogne, REA 50 (1948) 101–11. Die Nachricht, dass Konstantin bereits auf der gallischen Seite des Ärmelkanals und nicht erst in Britannien seinen Vater getroffen hat, findet sich auch bei Panegyriker von 310, vgl. Paneg. 6(7),5,2. Zur Frage, ob die Umbenennung Bononia als datierendes Kriterium gelten kann, vgl. mit den Hinweisen auf den Panegyricus des Eumenius 8(2),6,1 (hier noch Gesoriacensis) Klebs, Das Valesische Bruchstück, 72. Keinen Hinweis auf den früheren Namen von Bononia bietet Amm. 20,1,3; 20,9,9 und 27,8,6, für Ohnesorge, Anonymus Valesii 46 ein Hinweis darauf, dass die Idee, die Origo Constantini sei ein Teil der verlorenen Bücher Ammians, nicht zutrifft. Sieg über die Picten Vgl. Paneg. 6(7),7,1 f. in York Eburacum (York) wird sonst nur in der EKG-Tradition als Todesort des Constantius genannt, vgl. Eutr. 10,1,3 und Hier. 306 g. zum Caesar erhoben Die communis opinio geht davon aus, dass Konstantin ein Usurpator war, der erst nachträglich von Galerius anerkannt wurde, allerdings nicht als Augustus, sondern als untergeordneter Caesar, vgl. hierzu die detaillierte Darstellung von Lact. mort. pers. 25,4 f. mit Casella, Galerio 88. Wienand, Kaiser als Sieger 121 verweist darauf, dass Konstantin auf Prägungen des Severus zwischen dem 25. Juli und 28. Oktober 306 als Caesar tetrarchischen Typs erscheint, vgl. hierzu RIC VI Ticinum 70 b. Er geht (126 Anm. 112) davon aus, dass Konstantin ganz der tetrarchischen Ordnung entsprechend von seinem Vater, dem Oberhaupt der zweiten Tetrarchie, zum für Severus nachrückenden Caesar bestellt wurde. Die entsprechenden antiken Quellen (Eus. v. C. 1,21,2; Eus. h. e. 8,13,12; Paneg. 7(6),5,3; 6(7),8,2; Lact. mort. pers. 24,8), die genau von einer solchen Erhebung auf dem Sterbebett berichten, wären also keine Produkte konstantinfreundlicher Geschichtsverzerrung: „Demnach wurde Constantin von seinem Vater erwählt, von dem Heer akklamiert und von Galerius und den anderen übrigen Tetrarchen im Amt bestätigt.“ Die Origo Constantini ist für die Bestimmung der genauen Umstände der Erhebung Konstantins von untergeordnetem Wert. Zwar scheint die Origo wie Zos. 2,9,1 zu belegen, dass Konstantin sofort zum Caesar erhoben (und nicht etwa vom Augustus zum Caesar degradiert) wurde. Doch berichtet sie an anderer Stelle fälschlich von der Caesar-Erhebung des Valens oder des Martinianus. Immerhin gehört der Autor zu den Quellen, bei denen die Erhebung eindeutig erst nach dem Tode

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des Constantius vorgenommen wird und von einer Empfehlung durch Constantius Chlorus jedenfalls nichts steht. Das Hauptargument, das für eine Usurpation Konstantins spricht, ist m. E. aus der Darlegung des sehr dynastisch denkenden Autors des Panegyrikus von 310 zu gewinnen, der zwischen den Zeilen einräumen muss, dass Konstantin durch Usurpation an die Macht gelangt ist, vgl. Paneg. 6(7),9,2 f. (in der Übersetzung von Müller): „Denn sogleich, als er (Constantius) von der Erde hinweg genommen war, hat das ganze Heer seine Stimme auf dich vereint, haben aller Herzen und Augen dich bezeichnet, und obwohl du bei den rangälteren Herrschern nach ihren Entscheidungen über die Leitung des Gemeinwesens hattest anfragen lassen, haben sie (die Soldaten) mit ihrer Begeisterung vorweggenommen, was jene bald mit ihrer Entscheidung anerkannten.“ Hier ist deutlich, dass die Erhebung keine Kooptation im Rahmen der tetrarchischen Ordnung war, sondern eine von den Soldaten betriebene Usurpation, ferner, dass für die Erhebung nach dem Tode des Constantius der übriggebliebene Oberkaiser der Tetrarchie zuständig war, dass aber diese Zuständigkeit von den Soldaten nicht respektiert wurde. 5. neue Caesaren erhoben worden Vom Rücktritt Diokletians und Maximians ist in c. 2 die Rede. Die Origo Constantini in ihrer vorliegenden Textgestalt verunklärt, dass simultan mit dem Rücktritt Severus und Maximinus zu Caesares erhoben wurden. Man hat den Eindruck, diese Erhebung sei irgendwann während der Regierung des Constantius I. erfolgt, ungefähr zum Zeitpunkt des Todes dieses Kaisers. behielt für sich Illyricum Aus der Darlegung, dass bei der Aufteilung der Gebiete unter die neuen Caesares, Galerius Illyricum für sich behielt, ergibt sich, dass der Anonymus in ähnlicher Form wie Eutrop Severus und Maximinus ausschließlich als Kreaturen des Galerius betrachtete und diesen für die Caesarerhebung verantwortlich machte. Explizit wird dies im c. 9 zur Sprache gebracht und deutlich gemacht, dass Constantius bei dieser Eigenmächtigkeit des Galerius außen vor blieb. Bithynien Maximinus Daia erhielt die Diözese Oriens, die zur späteren Präfektur gehörenden Gebiete in Kleinasien (Diözesen Asiana und Pontica) kamen allerdings zum Ostaugustus Galerius. Aus diesem Gebiet wird immerhin Bithynien genannt, vielleicht, weil es wegen der Residenz Nikomedeia die Kernregion des Reiches war, vgl. auch die Überlegungen von König, Origo 81. Herculius besaß Deutlich ist, dass Severus zum West-Caesar avancierte, der Italien übernahm, ebenso Africa (das hier vielleicht als Teil der Präfektur

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Italia verstanden wird), das im Besitz des Maximianus Herculius gewesen war. Spanien, das ebenfalls Maximianus Herculius gehört hatte, wurde allerdings von West-Augustus Constantius übernommen, vgl. die Hinweise in c. 9 (Städte Italiens und Africas: ohne Spanien). Zur Feststellung, dass Spanien zum Sprengel des Constantius und später dann Konstantins gehörte, vgl. Iul. imp. or. 3,2; Aur. Vict. 39,30 und die Analyse von P. Bastien, Le pseudo-atelier monétaire de Tarragone au Bas-Empire et le gouvernement de l’Espagne du 1er mars 293 à 312, Latomus 38 (1979) 90–109. 6. erhoben die Prätorianer Vgl. Lact. mort. pers. 26,2 f.; Aur. Vict. 40,5; Eutr. 10,2,3; Zos. 2,9,3. Bei Laktanz und Aurelius Victor ist auch das Stadtvolk beteiligt. Die Überleitung subito ist insofern merkwürdig, als die Erhebung des Maxentius erst Ende Oktober, also Monate später, stattfand. auf Befehl des Galerius ein Heer Severus war nach dem Tode des Constantius zum West-Augustus avanciert, gilt aber weiterhin als unselbständiger Befehlsempfänger des älteren Augustus Galerius. Das entspricht einer weit verbreiteten Auffassung, vgl. die Nachweise bei König, Origo 86. nach Rom Dass Galerius bis unmittelbar vor Rom gelangt, aber vor der schwer befestigten Stadt scheiterte, ist im Parallelbericht des Laktanz zu finden, vgl. mort. pers. 27,2. Da Interamna nicht direkt am Tiber liegt und aus der Origo hervorgeht, dass Galerius sehr nahe an die Stadt Rom heranrückt, hat Aiello 166–69 die seit Henri de Valois übliche Auffassung des Textes verworfen und geht davon aus, dass Galerius sein Lager inter Antemnam ac Tiberim aufgestellt habe. Casella, Galerio 95 f. ist ihm in dieser Auffassung gefolgt. Verwiesen wird auf die historische Parallele Sullas und Alarichs, die im Zusammenhang mit der Bedrohung Roms ebenfalls ihr Lager bei Antemna aufschlugen (Plut. Sull. 30 und Zos. 5,37,3). Interamna spielt aber in Bürgerkriegshandlungen des dritten Jahrhunderts eine Rolle. Bei Interamna, das durch die Textgestalt in der Handschrift B als wahrscheinlichere Lesung erscheint, brachten die Soldaten des Trebonianus Gallus diesen während des Vormarschs gegen die vom Norden kommende Truppe des Aemilianus um (Eutr. 9,5). 7. promissis – deseruisse Im von der Handschrift B überlieferten Text ist vor virorum1 eine Lücke von 4 bis 5 Buchstaben und ein Fehler. Während die Korrektur deseruisse von Henri Valois von allen Editoren übernommen worden ist, da auf agnovit nur eine Akkusativ-mit-Infinitiv-Konstruktion 1

Die Handschrift überliefert virorx, wobei seit der Editio princeps die in B nur an dieser Stelle gefundene Abkürzung x mit Recht als die Endung -um aufgelöst wird, vgl. Cappelli, Lexicon XXV.

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folgen kann, wurde seine Lösung, die Lücke zu ignorieren und promissis virorum Maxenti partes suas deseruisse zu lesen, wobei partes suas das Objekt zu deseruisse ist (ebenso wie in Cic. Phil. 13,42 deserere partes, quas Pompeius odivit), von den meisten modernen Herausgebern mit Ausnahme von Aiello nicht goutiert, da der Satz ohne Akkusativobjekt (etwa se) unvollständig und vor allem unklar erscheint. Dass ein Kopist beim Abschreiben se zwischen suas und deseruisse (suassedeseruisse) vergessen konnte, ist ohne weiteres plausibel. Aiello ergänzt dieses in seiner Übersetzung virtuell und schreibt „per le promesse degli uomini di Massenzio molte delle sue truppe lo avevano abbandonato“, fasst also partes suas als Subjektsakkusativ auf. promissis virorum Maxenti mit zwei funktionsgleichen Genetiven ist in nachklassischer Prosa unproblematisch (vgl. H.Sz. 65 f.), die Verwendung von viri im Sinne von (inoffiziellen?) Agenten des Maxentius weist aber nirgends eine Parallele auf; der Autor hätte bei offiziellen Kräften etwa einen Begriff wie legatus, der auch am Anfang des Satzes vorkommt, gewählt. Indessen spricht nichts dagegen, dass partes suas der Subjektsakkusativ ist und die Anhänger des Galerius bezeichnet, die ihn im Stich gelassen haben (Cessis Ergänzung von milites nach Maxenti ist daher unnötig). Dagegen haben alle anderen Herausgeber in den Text eingegriffen: Nach promissis ergänzt Mommsen ⟨motos multos⟩ suorum Maxenti, wobei er suorum anstelle von virorum schreibt, ähnlich Moreau promissis Maxenti victos multos, der aber, um das in der Tat ungewöhnliche Hyperbaton zwischen promissis und Maxenti zu vermeiden (Parallelen im Text sprechen indessen für die Beibehaltung des Hyperbatons, so c. 17 ad Constantinum de pace misit apud Philippos constitutum und c. 24 Constantinus Licini confusum et sine ordine agentem vicit exercitum leviter femore sauciatus), die Wörter umstellt (ähnlich Eyssenhardt promissis Maxenti viros und Westerhuis, dem König folgt, promissis Maxenti multos viros). In diesen Fällen wird das ergänzte multos (viros) zum Subjektsakkusativ und partes suas zum Akkusativobjekt. Alle diese Ergänzungen sind aber umfangreicher als die Lücke im Text und verlangen wohl die Umstellung von Maxenti. Dagegen könnte man aus der Parallele in Aurelius Victor 40,7 desertus a suis, quos praemiorum illecebris Maxentius traduxerat, neben ⟨se⟩ etwa den objektiven Genetiv ⟨prae⟩miorum anstelle der Lücke und virorum ergänzen (die Junktur kommt etwa Cic. Att. 8,11,5 vor cum litteris Caesaris praemiorumque promissis), also promissis ⟨prae⟩miorum Maxenti und „aufgrund von versprochenen Belohnungen des Maxentius seine Parteigänger ihn im Stich gelassen hatten“ übersetzen (zur Verbindung von subjektivem

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und objektivem Genetiv vgl. H.-Sz. 66 f., der Caes. Gall. 1,30,3 pro veteribus Helvetiorum iniuriis populi Romani anführt). Da man aber auf Latein eher promissis a Maxentio praemiis sagen würde und die Ergänzungen insgesamt größer als die Lücke sind, weist auch diese Lösung Schwächen auf, weshalb der von B überlieferte Text zwar ohne Korrektur erscheint, in der Übersetzung aber eine Lösung, die sich an der Konjektur von Eyssenhardt und Westerhuis orientiert, präsentiert wird. Flaminiam Das Substantiv Flaminiam bezieht sich hier nicht auf die Straße, sondern auf eine Provinz (s. u. den hist. Komm.). aufero bedeutet hier so viel wie „durch Zerstörung wegschaffen“, vgl. ThLL s. v. Sp. 1336,83–1337,20 und Ov. fast. 4,873 Syracusas … abstulit armis Claudius). Daher ist Zangemeisters Konjektur vastari anstelle von auferri überflüssig. Da Mommsen Flaminiam als die Straße auffasste, hat er im Apparat vor Flaminiam den Zusatz res per vorgeschlagen, was die meisten Herausgeber wie Moreau oder König übernommen haben. Andere Herausgeber haben dagegen eine Lücke entweder nach militi (Eyssenhardt), conferret (schon Valois) oder nach iussit (Westerhuis) angenommen. Da es sich aber hier nicht um die Straße handelt, sind diese Konjekturen allesamt überflüssig. Licinius und Probus Licinius könnte mit dem späteren Kaiser identisch sein, Probus mit Pompeius Probus (cos. 310), vgl. mit weiterer Literatur König, Origo 89. Wegen fehlender Parallelstellen lässt sich dies aber nur als Vermutung äußern, vgl. Aiello, 170. Schwiegersohn beim Schwiegervater Maxentius hatte die Tochter des Galerius Valeria Maximilla (ILS 667) geheiratet, ein Umstand, der darauf hinweist, dass ursprünglich durchaus eine Thronfolge des Maxentius vorgesehen gewesen sein könnte. Die Beziehungen zwischen Schwiegervater und Schwiegersohn sollen allerdings schlecht gewesen sein: Lact. mort. pers. 18. Bei Lact. mort. pers. 27,3 werfen Soldaten, bevor sie den Galerius im Stich lassen, diesem das Verbrechen vor, als Schwiegervater gegen den Schwiegersohn zu ziehen. In der Origo Constantini fordert umgekehrt Galerius seinen Schwiegersohn auf, eine nach seinen Bedingungen gestaltete untergeordnete Kaiserwürde anzunehmen, sich in die tetrarchische Ordnung einzufügen und auf militärische Gewalt zur Durchsetzung seines Anspruchs zu verzichten. Galerius bedroht also einerseits Rom, bietet aber andererseits – aus der Position der vermeintlichen Stärke heraus – einen Kompromiss an, der einen nach wie vor gefährlichen Waffengang für ihn überflüssig machen soll.

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Flaminia Mommsen hat in seiner Ausgabe eine Lücke angenommen und ⟨res per⟩ Flaminiam iussit auferri ergänzt. Flaminia allein steht für die via Flaminia, vgl. z. B. Tac. Hist. 3,73. Im Sinne Mommsens König, Origo 91; Aiello, 170. In der Spätantike gab es allerdings die (nach der via Flaminia benannte bzw. aus dem Bezirk der iuridici hervorgegangene) italische Kleinprovinz Flaminia, die in tetrarchischer Zeit vielleicht noch nicht zur Doppelprovinz Flaminia et Picenum gehörte, vgl. zur Veroneser Liste A. Jones, Later Roman Empire 284–602, II, 1454. Die Textgestalt ist unklar, vgl. Barnes, New Empire 208: beteiam histriam flaminam picenum tusciam umbrenam etc. Vielleicht wurde Flaminia und Picenum schon in der Zeit der Tetrarchie als Doppelprovinz aufgefasst.; E. Pack, Italia I (landesgeschichtlich), RAC 18 (1998) 1050–1202, hier 1132. Beide Provinzen waren deutlich vor der Mitte des vierten Jahrhunderts bis deutlich nach 400 vereint, Flaminia et Picenum annonarium dann vom Picenum suburbicarium getrennt, letztere mit Valeria zusammengeführt, vgl. dazu G. Clemente, La creazione delle province di Valeria e di Picenum suburbicarium, RFIC 96 (1968) 439–48; G. A. Cecconi, Governo imperiale élites drigenti nell’Italia tardoantica. Problemi di storia politico-amministrativa (270–476 d. C.), Como 1994, 100. Bald nach 340 erhielt die Doppelprovinz eine Rangerhöhung und wurde von einem consularis geleitet, vgl. G. Camodeca, Per la redazione di fasti di province italiche: Fl. Romulus, consularis Flaminiae et Piceni nel 352 (3), ZPE 28 (1978) 151–58. Flaminia et Picenum annonarium wurde „kurzweg auch Flaminia“ genannt, vgl. Weiss, Art. Flaminia, RE 6 (1909) 2492 f. Als Verwaltungsdistrikt war Flaminia seit der Kaiserzeit bekannt, s. Weiss. Sollte Flaminia im Sinne der Doppelprovinz Flaminia et Picenum gemeint sein, ist damit ein großes bis unmittelbar nordöstlich von Rom reichendes Areal bezeichnet. Die Armee des Galerius, die bis nach Interamna (Terni), etwa 100 km vor Rom, vorgerückt war, marschierte vom Apennin zur Meeresküste zurück. Kurz vor der Rückkehr nach Illyricum erhielt die Armee die Gelegenheit in Flaminia zu plündern. Die Darstellung des Laktanz übertreibt, stimmt aber mit dem Tenor der Origo überein. In Lact. mort. pers. 27,4 flieht Galerius, nachdem ein Teil der Rom angreifenden Soldaten zu Maxentius übergangen ist. Lact. mort. pers. 27,5 f. fährt fort: quod cum timeret (die Überwältigung auf der Flucht durch Soldaten) dedit militibus potestatem, ut dispersi quam latissime direperent omnia vel corrumperent, ut si quis insequi voluisset, utensilia non haberet. vastata est igitur ea pars Italiae, qua pestiferum illud agmen incessit. Die Flaminia fällt mit ea pars Italiae zusammen.

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8. ingenti Anstelle des überlieferten Adjektivs ingenti hat Mommsen inguinis vorgeschlagen, weil Galerius’ Krankheit den Unterleib befiel. Während Aur. Vict. 40,9 nur von einem vulnere pestilenti spricht, lokalisiert Epit. Caes. 40,4 mit consumptis genitalibus den Bereich genauer, ebenso Oros. 7,28,12 putrefacto introrsum pectore et vitalibus dissolutis und Lact. mort. pers. 33,6 computresc*nt florinsecus viscera et in tabem sedes tota dilabitur. Für die Konstruktion von morbus mit dem von der Krankheit betroffenen Körperteil im Genetiv vgl. ThLL s. v. Sp. 1458, 57–65, der als Beispiel etwa Cels. 2,10,6 viscerum morbi anführt. Indessen gibt der Verfasser der Origo in der Folge den Ort der Krankheit an (aperto et putrescenti viscere), was eher auf eine mit ingens versehene Krankheit (vgl. auch in Aug. in psalm. 18,2,15 [CCL 38,112] ingens morbus) hinzuweisen scheint. Aus diesem Grund kann man am überlieferten Text festhalten. in supplicium – redeunte Vgl. zu dieser vermuteten Interpolation Einl. S. 115 f. [C. S.] floh zu Konstantin zurück Gemeint ist hier die Flucht nach der Entzweiung mit Maxentius und vor der Erhebung des Licinius in Carnuntum. refugit erklärt sich damit, dass Maximian bereits einmal, nämlich 307, zu Konstantin gekommen war. Dass hier jeglicher Kontext fehlt und die Notiz völlig isoliert erscheint, entspricht den in der Einleitung beschriebenen starken Kürzungen des Redaktors. Zur Annahme einer Lücke vgl. Klebs, Das Valesische Bruchstück, 67: „Den direkten Beweis, dass in A ein verstümmelter Bericht vorliegt, liefern die Worte c. 8 ille ad Constantinum refugit. Wie uns die übrigen Berichte lehren, ist unter ille Maximian zu verstehen. Aus dem Anonymus allein könnte man dies nie entnehmen.“ den Licinius zum Caesar Licinius wurde am 1. November 308 in Illyricum, nämlich im pannonischen Carnuntum, sofort zum Augustus erhoben (vgl. auch Lact. mort. pers. 32,5) und ersetzte den Westaugustus Severus. Die Erhebung des Licinius wird noch einmal in 13 erwähnt, dort wird Licinius allerdings als imperator bezeichnet. Die Angabe, Licinius sei zum Caesar erhoben worden, ist auf jeden Fall irrig. Die Erhebung der bisherigen Caesares Konstantin und Maximinus Daia zu filii Augustorum erfolgte gerade als Kompensation dafür, dass zuvor Licinius bereits direkt zum Augustus erhoben worden war, vgl. A. Stefan, Un rang impérial nouveau à l’époque de la quatrième tétrarchie: Filius Augustorum. Première partie. Inscriptions revisées: problèmes de titulature impériale et de chronologie, Antiquité Tardive 12 (2004) 273–91; dies., Empereurs et politiques impériales

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du IVe siècle. Un rang impérial nouveau à l’époque de la quatrième tétrarchie: Filius Augustorum. Deuxième partie: considérations historiques, Antiquité Tardive 12 (2005) 169–205; dies., Le titre de Filius Augustorum de Maximin et de Constantine et la théologie de la Tétrachie, in: M.-F. Baslez / F. Prévot (Hg.), Prosopographie et histoire religieuse, Paris 2005, 329–49. Eine (vor der Augustuserhebung vom November 308 zu datierende) Regierungsphase als Caesar ist dagegen nicht belegt, die Überlegungen von Aiello, 172–74, es habe zunächst eine solche Caesar-Phase gegeben, sind daher nicht überzeugend. Aiello verweist zur Begründung lediglich auf die Lesart des Codex Bruxellensis für Aur. Vict. 40,8: Galerius […] Licinium vetere cognitum amicitia Caesarem creat Augustum. (statt: Licinium vetere cognitum amicitia Augustum creat). nach Serdica Aus der Origo Constantini scheint hervorzugehen, dass Galerius nach Serdica zurückkehrte und dort auch verstarb. Von einem Teil der Forschung wird allerdings angenommen, dass der Todesort Gamzigrad/Romuliana war, vgl. Casella, Galerio 184. verbrecherischen Befehls zurückfiel Zumindest die letzte Passage über die Rache Gottes gegenüber dem eigentlichen Urheber der diokletianischen Verfolgung stammt eindeutig vom christlichen Interpolator, vgl. König, Origo 96: „Die bis dahin neutral gehaltene Darstellung erfährt hier eine überraschende Wendung ins anti-Heidnische.“ S. die Parallele bei Oros. 7,28,12 f. Die Idee, dass Galerius der Urheber der Verfolgung ist, findet sich allerdings bei Orosius nicht, der nur von einer Verschärfung der Verfolgung berichtet, sondern allein bei Laktanz. Auch die drastische Darstellung des Darmkrebs durch die Origo Constantini erinnert besonders deutlich an die abstoßende Beschreibung des Laktanz (mort pers. 33). Gleichwohl sehen König, Origo 95 und Aiello, 175 in dieser Darstellung selbst keine ideologische Einfärbung, da in den heidnischen Quellen in gleicher Weise die Krankheit beschreiben wird, vgl. Aur. Vict. Caes. 40,9: pauloque post vulnere pestilenti consumptus est; Epit. Caes. 40,4: Galerius Maximianus consumptis genitalibus defecit. Zos. 2,11,1 spricht relativ diskret – und in etwa Aurelius Victor entsprechend – von einer unheilbaren Wunde, die Galerius befallen habe (τραῦμα δυϲίατον ἐνϲκῆψαν αὐτῷ). Dass die Origo ihre Schilderung trotz einiger Ähnlichkeiten nicht direkt Laktanz entnommen hat, betont bereits Ohnesorge, Anonymus Valesii, 36 f. 9. quo Caesare Das von der korrigierten Handschrift überlieferte Caesar ergibt keinen Sinn. Während Mommsen casu vorgeschlagen hat, ohne damit überzeugend zu sein, schreibt Westerhuis Caesare und deutet die Funktion

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des absoluten Ablativs in der Angabe der Zeit. Ihm folgt Aiello, während König, Origo 99 aus historischen Gründen (Severus war zu dieser Zeit Augustus) Mommsens Lösung bevorzugt. Doch König selbst gibt S. 7 Anm. 4 zu, dass in der Origo auch Personen mit dem Titel Caesar versehen werden, die nicht mehr Caesares waren (c. 8 Licinus, c. 17 Valens, c. 25 Martinianus); ebenso ist ein Fehler vonseiten des Verfassers der Origo denkbar. Daher scheint Westerhuis’ Caesare die beste Lösung zu sein. Severus Caesar Wie schon in 5 wird die Erhebung des Severus zum Augustus nach dem Tode des Constantius nicht vermerkt. Das könnte sich mit der konstantinischen Tendenz des Autors erklären. Als West-Augustus war Konstantin der Nachfolger des West-Augustus Constantius. die Städte Italiens und Africas zu I. Weiler, Huic Severo Pannoniae et Italiae urbes et Africae contigerunt (Ex. Val. IV,9), Historia 13 (1964) 373– 76 weist nach, dass die Provinzen Pannoniens auf keinen Fall zum Besitz des West-Caesars und späteren West-Augustus Severus gehört haben können. Der Gesamtausdruck Pannoniae et Italiae urbes et Africae ist aber wohl möglicherweise nur eine Variante, um das Gebiet zu bezeichnen, das der späteren Präfektur Illyrici, Italiae et Africae entspricht. 10. in den aktiven Dienst gerufen war Die Wiedererhebung des Maximian zum Augustus muss unmittelbar nach der Erhebung des Maxentius erfolgt sein, vgl. Eutr. 10,2,3, wo Maximian selbst die Initiative an sich reißt. Zum Verhältnis der Quellen untereinander vgl. Komm. zu Eutr. (KFHist B 3). evocatus entspricht dem technischen Ausdruck für einen erneut aktivierten Veteranen. Deutlich wird, dass die zweite Erhebung des Maximian keine wirkliche Erhebung ist, da er auch als zurückgezogener und nicht mehr aktiver Kaiser weiterhin kein Privatmann war. Die Reaktivierung zugunsten des Maxentius bedeutet also nicht, dass dieser sein auctor imperii war. erdrosselt Zu den Varianten hinsichtlich der Umstände des Todes des Severus (15./16. September 307) vgl. den Kommentar von Nickbakht zu Cons. Constantini 307 (KFHist G 1); Casella, Galerio 91 Anm. 120. Während in der EKG-Tradition (Aur. Vict. Caes. 40,6–8; Eutr. 10,2,4; Hier. chron. 229 b) Severus sofort in Ravenna umgebracht wird, ist in den differenzierenden Quellen zu lesen, dass Severus erst als Gefangener in die Nähe von Rom verbracht und dann erst beim Angriff des Galerius umgebracht wurde, vgl. Epit. Caes. 40,3; Zos. 2,10,1–3; zum Ort der Verbringung auch Origo Rom. (KFHist B 5) 81. Eine gesonderte Tradition weiß vom Selbstmord des Severus, vgl. Lact. mort. pers. 26,9–11 und Origo Rom. (KFHist B 5) 81.

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Grabmal des Gallienus Die Origo bringt wie die Epit. Caes. 40,3 die Nachricht, dass Severus im Grab des Gallienus bestattet wurde. Gallienus war trotz der angeblichen Unbeliebtheit seiner Herrschaft von seinem Nachfolger Claudius konsekriert worden. Zu den Divergenzen zwischen Epit. Caes. (9. Meilenstein der Via Appia) und der Origo (8. Meilenstein) sowie zur Identifizierung mit dem Rundbau an der Via Appia vgl. Z. Mari, Art. Gallieni Monumentum, Sepulchrum (370), in: LTUR Suburbium, Band 3, Rom 2005, 15 f.; M. Johnson, The Roman imperial mausoleum in Late Antiquity, Cambridge 2009, 42–47. 11. constituerit Der Konjunktiv Perfekt constituerit im Konsekutivsatz ist ingressiv und drückt eine einmalige Handlung aus, während die davorstehenden iuberet und esset im Konjunktiv Imperfekt durativen, imperfektischen Charakter haben. Befehle ausführen solle Die gleiche Anekdote wird in Eus. h. e. 8,14,11 und Epit. Caes. 40,19 von Maximinus Daia erzählt. Da es sich um eine Wanderanekdote handelt (Aur. Vict. Caes. 13,10 von Traian), besteht aber keine Veranlassung, anzunehmen, auch in der Origo Constantini sei hier Maximinus Daia und nicht Galerius gemeint, anders Aiello 182 f. 12. supra Tiberim Die mit der Präposition supra (das überlieferte supram ist offensichtlich ein Influenzfehler, der durch campum davor und Tiberim danach verursacht worden ist) gebildete Junktur gibt hier wie in Eutr. 6,10 lediglich an, dass das Schlachtfeld am Tiber (oberhalb des Wasserspiegels, also nicht auf einer Anhöhe lag, anders Aiello, der „sopra il Tevere“ übersetzt). Dagegen fasst König supra in der Bedeutung von „jenseits“ auf, wofür es aber nirgends Anhaltspunkte gibt. urgentis Das überlieferte arcentes im Plural zu angustias ist wohl ein Influenzfehler. Besser ist die Korrektur der Editio princeps, die arcentis schreibt und das Partizip mit populi verbindet. Da arcere nach ThLL s. v. Sp. 444,59 zwar absolut gebraucht werden kann, aber in diesem Fall „abwehren, fernhalten, hindern“ bedeutet, müsste das Volk, das Maxentius abwehrt, diesem feindlich gesinnt sein, was unwahrscheinlich ist. Daher ergibt Mommsens Vorschlag im Apparat urgentis, das hier absolut gebraucht wird (ebenso z. B. Liv. 21,28,11 bezüglich der Elephanten auf den Flössen beim Überqueren der Rhone ibi urgentes inter se cedentibus extremis ab aqua trepidationis aliquantum edebant) und sehr gut zu einer Massenpanik passt (dasselbe gilt auch für Zangemeisters ruentis), einen besseren Sinn und ist zu übernehmen.

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incisum Da nach ThLL s. v. incido Sp. 908,73–909,16, der auch diese Stelle anführt (Sp. 909,12), das Verb das Abhauen von Körperteilen bedeuten kann (z. B. auch Aug. in psalm. 143,2,53 [CCL 40,2074] et sic Goliae de gladio suo caput inciditur), ist Mommsens Vorschlag recisum nicht nötig. in Verona Von den oberitalienischen Schlachten gegen die Truppen des Maxentius wird nur diejenige von Verona genannt, in der der Prätorianerpräfekt Ruricius Pompeianus auf Seiten des Maxentius eine große Armee führte und die in der Tat bereits in der Panegyrik als die wichtigste Auseinandersetzung hervorgehoben wird, vgl. Neri, Costantino e le guerre civili 69. Schlachtfeld am Tiber Der geschilderte Verlauf des Endkampfes zwischen Konstantin und Maxentius stimmt nicht mit der Darstellung des Aurelius Victor (40,23) überein, bei dem die Armee des Maxentius bis nach Saxa Rubra ausrückte, eine Version, die mit Eus. Vit. Cons. 1,38,1 f. verbunden werden kann, bei der Maxentius weit aus der Stadt Rom hinausgeht, vgl. hist. Kommentar zu KFHist B 2. vom Pferd kopfüber in den Fluss Der Origo ist nicht zu entnehmen, dass dieser Sturz von der Milvischen Brücke aus erfolgte. Die zusätzlichen Details zur Auseinandersetzung, insbesondere die Geschichten von Klappmechanismen und Schiffsbrücken, werden von der Origo Constantini ignoriert. Ähnlich zum Sturz mit dem Pferd: Epit. Caes. 40,8 (der aber von einer Schiffsbrücke aus erfolgt); Zonar. 13,1,12. Vgl. zu den diversen Berichten Bleckmann, Praxagoras 218 Anm. 68. Paneg. 12(9),18,3; Paneg. 4(10),31,4 und 32,6. S. Kommentar zu Praxagoras fr. 1,4. Kopf abgeschnitten und in der Stadt herumgetragen Vgl. Praxagoras fr. 1,4; Zos. 2,17,1; Paneg. 4(10),31,4. von einem Syrer gezeugt worden Immerhin war die Gattin Konstantins, die Kaiserin Fausta, die Schwester des Maxentius. Aus diesem Grunde wurde unmittelbar nach dem Sieg über Maxentius dieser aus der Verwandtschaft des Maximianus gestrichen und die Geschichte von der illegitimen Herkunft erfunden, vgl. Paneg. 12(9),4,3. Die Wiedergabe dieser vermeintlichen Information liefert wieder einen Beleg dafür, wie sehr die Origo Constantini von Themen der constantinischen Panegyrik geprägt ist, vgl. auch Neri, Costantino e le guerre civili 71. Eine ausführlichere Version in der Epit. Caes. 40,13, wo Maxentius ein untergeschobener Sohn ist, der dazu dient, Maximian zufrieden zu stellen und die Ehe zu stabilisieren: sed Maxentium suppositum ferunt arte muliebri, tenere mariti animum laborantis auspicio

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gratissimi partus coepti a puero. Da Eutropia sich weiterhin der Gunst ihres Schwiegersohns Konstantins erfreuen konnte (vgl. Eus. v. C. 3,52) ist das Ablegen eines belastetenden Geständnisses, wie es für die Origo Constantini angenommen wird, durchaus unwahrscheinlich. Die angebliche Vaterschaft eines Syrers erklärt sich daraus, dass Eutropia selbst nach Angabe von Epit. Caes. 40,12 eine Syrerin war. 13. itaque Die Bedeutung von itaque an dieser Stelle ist nicht klar. Nach Kühner dient es, was Stegmann ablehnt, manchmal dazu, „eine unterbrochene Rede wieder aufzunehmen“ (K.-St. 2,132 Anm. 1), ebenso ThLL s. v. Sp. 531,3–23, für den itaque auch „in sermone ad propositum revocando“ verwendet wird. Doch im Gegensatz zu den von ThLL angeführten Beispielen ist der Abstand zu c. 8, in dem Licinius zuletzt genannt worden ist, zu groß, um diese Verwendung von itaque zu anzunehmen. Im Spätlatein hat itaque nach H.-Sz. 513 wie igitur oft nur fortführende Funktion und entspricht fast deinde. Möglicherweise hat es hier eine leicht adversative Funktion beim Anschluß eines neuen Gedankens und entspricht dem deutschen „aber“ bzw. „also“. duxisset Verstöße gegen die Consecutio temporum (hier der Konjunktiv Plusquamperfekt anstelle des Konjunktivs Imperfekt) kommen besonders im Spätlatein in allen Arten von Satzgefügen vor, vgl. dazu H.-Sz. 552. Vielleicht ist das Plusquamperfekt hier aber sinnvoll, da die Heirat des Licinius mit Constantia eine Vorbedingung war, die zuerst erfüllt werden musste. Das Tempus im Stipulativsatz ist also das Plusquamperfekt, das hier eine tatsächliche Folge angibt, wobei der ut-Satz als Konsekutivsatz aufgefasst wird, vgl. K.-St. 2,249 und H.-Sz. 641. stammte aus Neu-Dakien Zur Herkunft Dacia Nova vgl. Lact. mort. pers. 9,2. Diskussion bei Aiello, Pars Constantiniana 189 f.; ausführlicher ders., La nascita di Licinio nella nova Dacia. Considerazioni su una denominazione poco nota, in: Dacia Felix, Studia Michaeli Barbulescu oblata, ClujNapoca 2007, 433–40. von Galerius zum Imperator erhoben Auctor imperii des Licinius war nicht Galerius, sondern der für die Kaiserkonferenz von Carnuntum reaktivierte Augustus Diokletian, vgl. zu Lact. mort. pers. 29,2 H. Chantraine, Die Erhebung des Licinius zum Augustus, Hermes 110 (1982) 477–87. Formal musste die Erhebung schon deshalb durch Diokletian vorgenommen werden, weil Licinius in der neuen Ordnung als „Bruder“ des Galerius galt und der gleichen Familie der Iovier angehörte. De facto diktierte aber Galerius

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die Auswahl, weshalb viele Quellen von der Erhebung des Licinius durch Galerius sprechen. damit er gegen Maxentius kämpfen sollte Fast identisch zur Einsetzung des Licinius als neuen Westaugustus, der Maxentius vertreiben sollte, Zos. 2,11,1: Μαξιμιανὸϲ ὁ Γαλέριοϲ (…) Λικίννιον βαϲιλέα καθίϲτηϲιν, ἐπιϲτρατεῦϲαι ταῦτον Μαξεντίῳ διανοούμενοϲ. Dagegen übernimmt bei Aurelius Victor 40,8 Licinius den Schutz Thrakiens und Illyric*ms, s. auch die erste Version der Origo (Anon. Vales. 8). Zum höheren Wert der Darstellung der Origo Constantini s. Festy, Réflexions 188. Nach Zos. 2,14,1 bereitete Maxentius von Rätien aus den Angriff auf Licinius vor. Es gibt aber numismatische und epigraphische Hinweise darauf, dass Licinius seinerseits mit dem Angriff gegen Maxentius begonnen hatte und bis unmittelbar vor Aquileia vorgerückt war, vgl. V. Picozzi, Una campagna di Licinio contro Massenzio nel 310 non attestate dalle fonti letterarie, NAC 5, 1976; A. Jeločnik, Čenturska Zakladna najba – The Century Hoard, Ljubljana 1973; A. Jeločnik / P. Kos, Zakladna najba Čentur – The Čentur Hoard, Ljubljana 1983; C. Witschel, Meilensteine als historische Quelle? Chiron 32 (2002) 325–93, besonders 348–51. in Mailand zur Frau nahm Treffen von Mailand im Februar 313. Licinius hatte schon zuvor aufgrund der Verlobung mit Constantia Konstantin freie Hand gegen Maxentius gelassen. Zum Treffen von Mailand vgl. Lact. mort. pers. 45,1 f.; Epit. Caes. 41,4 und Zos. 2,17,2. Bei dieser Gelegenheit sprachen sich die Kaiser zur Gesamtpolitik ab, vgl. zum in Nicomedien publizierten christenfreundlichen Erlass des Licinius, wo auf die Begegnung von Mailand (Lact. mort. pers. 48,2) hingewiesen wird, Lact. mort. pers. 48,2–13 und Eus. h. e. 10,5,2–14. Dieser Text ist lange Zeit zu Unrecht als „Toleranzedikt von Mailand“ aufgefasst worden, vgl. hierzu Girardet, Kaiser und sein Gott, 129–31. Es wird in der Origo Constantini nicht mitgeteilt, gegen wen das Bündnis des Konstantin und Licinius gerichtet war, nämlich gegen Maximinus. Diese Lücke hängt damit zusammen, dass die im Text ursprünglich wohl durchaus enthaltenen Passagen über die Kämpfe zwischen Maximinus Daia und Licinius in einer späteren Redaktionsstufe entfallen sind. wieder die gallischen Provinzen auf Zur Rückkehr nach Gallien, vgl. Zos. 2,17,3. Insgesamt berichtet die Origo Constantini über die Aktionen Konstantins in Gallien allerdings auffällig wenig, weder über die Kämpfe gegen die Germanen noch über die Beseitigung des Maximian. Diese Lücken erklärt Ohnesorge, Anonymus Valesii 99 mit der italischen Herkunft

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des Autors. Wenn aber der Autor explizit auf die Rückkehr Konstantins nach Gallien 313 hinweist, könnte dies ein Hinweis darauf sein, dass auch für die Zeit von 306 bis 312 Gallien wiederholt erwähnt wurde, die entsprechenden Kapitel aber im Exzerpt ausgefallen sind. Licinius nach Illyricum zurückkehrte Diese Rückkehr nach Illyricum diente der Vorbereitung der Konfrontation mit Maximinus Daia. In der fast identisch formulierten Notiz des Zosimos (2,17,3) über die Rückkehr Konstantins nach Gallien wird anschließend ausgesagt, dass eine heftige Bürgerkriegsschlacht zwischen Licinius und Maximinus Daia in Illyricum entbrannte. Das ist so nicht richtig, da der Bürgerkrieg in Thrakien geführt wurde. Offenkundig wurde in der Grundquelle von Origo und Zosimos dargelegt, dass Konstantin nach Gallien, Licinius nach Illyricum abging und dass dieser dann von dort aus weiter zum Bürgerkrieg gegen Maximinus Daia rückte. 14. Constantius Identität mit Iulius Constantius, dem jüngeren Halbbruder Konstantins und Vater des Julianus, nimmt Wienand, Kaiser als Sieger 108 an. Alternativ ist eine Identifizierung mit Flavius Constantius, Präfekt von 324–27 und Konsul von 327 möglich, zu letzterem, s. zuletzt Mitchell, Constantine, Flavius Constantius praef. praet., and the Great Church at Antioch, ZPE 210 (2019) 180–84. Zur Alternative s. König, Origo 113. Chausson, Stemmata aurea 121 erwägt, ob der (in der Origo erwähnte) Flavius Constantius ein weiterer Bruder Konstantins war, der nicht aus der Ehe des Constantius mit Theodora stammte, sondern aus derjenigen mit Helena. Anastasia Anastasia kann ihren christlichen Namen auch in späterer Zeit als signum angenommen habe. Eine Aussage über das Christentum ihres Vaters Constantius ist daher allein aufgrund des Namens nicht möglich, vgl. F. Chausson, Une soeur de Constantin: Anastasia, in: J.-M. Carrié (Hg.), Humana sapit. Mélanges en l’honneur de L. Cracco Ruggini, Turnhout 2002, 129–53: Chausson, Stemmata aurea 120. Durch die Eheschließung zwischen Anastasia und Bassianus suchte Konstantin die Bindung zu großen italischen Senatorenfamilien zu intensivieren, vgl. zur Verwandtschaft der Bassii (daraus Bassianus) mit den Anicii, Caesonii etc. Chausson, Stemmata aurea 128 f. Der Name des Bruders des Bassianus, Senecio, verweist auf die Familie der Nummii Albini Seneciones. Die politische Zielrichtung der geplanten Caesar-Erhebung des Schwagers Bassianus ist nicht ganz deutlich, da offenbleibt, wozu Konstantin den Licinius überreden wollte. Deutlich ist auf jeden Fall, dass durch die Erhebung die Dyarchie in Richtung auf ein

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Mehrherrschaftsystem erweitert werden sollte, indem ein weiterer Kaiser kooptiert wurde. in der Mitte ... Italien erhalte Der hier entworfene Teilungsplan ist auf jeden Fall nach dem Tod des Maximinus Daia zu datieren, vgl. König, Origo 114 f. In irgendeiner Art und Weise wurde in der Vorlage der Origo das Ehebündnis zwischen Konstantin und Bassianus oder die Mehrherrschaftsregierung von Licinius, Konstantin und Bassianus mit den Verhältnissen im Herrschaftskollegium der ersten Tetrarchie verglichen. Es sind diverse Verbesserungen vorgeschlagen worden. Aiello 192 f. streicht ein ut und vertauscht den Platz eines et. Er erhält den Text: … persuadens ut Bassianus Caesar fieret qui habebat alteram Constantini sororem Anastasiam exemplo Diocletiani et Maximiani. Inter Constantinum et Licinium Bassianus Italiam medius obtineret. Demnach sei das Beispiel der Tetrarchie Diokletians und Maximians dahingehend befolgt worden, dass eine Angehörige des Kaiserhauses mit einem Nicht-Angehörigen verheiratet worden sei, um diesen auf diese Weise in das neue Kollegium einzubinden (so wie Galerius die Tochter Diokletians und Constantius die Stieftochter des Maximian geheiratet haben). Ferner habe Konstantin durch seine Gesandtschaft den Licinius davon zu überzeugen versucht, dass Bassianus den Mittelplatz Italien erhalten solle, was mit dem Vorbildmodell der Tetrarchie aber nichts zu tun habe, so dass exemplo Diocletiani et Maximiani nicht zur Angabe über den Sprengel des Bassianus gezogen werden könne. Einen anderen Vorschlag bietet Bleckmann, Überlegungen zur Enmannschen Kaisergeschichte 206 f. Anm. 81: ut exemplo Diocletiani et Maximiani inter Constantinum ⟨et⟩ Licinium [et] ⟨orbis divideretur⟩ et Bassianus Italiam medius obtineret. Zur Aufteilung des Orbis unter zwei Augusti mit einem Konsekutivsatz über die genaue Zuweisung von Territorien (vgl. die Wendung zu Bassianus) und einer Angabe zur Erhebung von Caesaren, s. Eutr. 10,1,1: divisusque inter eos ita Romanus orbis, ut Gallias, Italiam, Africam Constantius, Illyricum, Asiam, Orientem Galerius obtineret sumptis duobus Caesaribus. Dass der Streit um die Territorialverteilung den Konflikt zwischen Licinius und Konstantin auslöste, sagt auch Zos. 2,18,1. Dabei habe Konstantin versucht, dem Licinius Provinzen wegzunehmen. Wenn man diese Nachricht mit der unklaren Angabe der Origo über den Versuch der Einbindung eines Mitregenten in das Herrschaftskollegium kombinieren möchte, müsste man annehmen, dass dem Bassianus neben dem ohnehin Konstantin gehörenden Italien auch Illyricum zugewiesen werden und so das Territorium des Licinius geschmälert werden sollte. Zu weiteren Lösungsvorschlägen s. Neri, Costantino e le

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guerre civili 74–76. Mommsen schlug vor, exemplo Maximiani zu lesen, in dem Sinne, dass Bassianus wie Maximian Italien und Afrika übernehmen sollte. Neri macht darauf aufmerksam, dass die zugunsten Konstantins eingestellte Origo im Rahmen der Schuldzuweisung an Licinius die Kompromissbereitschaft Konstantins anzeigt, der bereit war, statt seines eigenen, bereits 313 als potentiellen Nachfolger vorgestellten Sohnes Crispus den nur verschwägerten Bassianus für eine Caesarstelle vorzuschlagen. Möglicherweise sollte Licinius analog zur Abgabe Italiens an Bassianus von Licinius einen Sprengel für einen weiteren Caesar im Osten einrichten. 15. Senecio Zu den Diskussionen, ob Senecio mit dem dux Aurelius Senecio, der durch eine Inschrift aus Prutting bekannt ist (ILS 664) und am 27. Juni 310 einen Sieg errang, identisch ist, vgl. König, Origo 116 f. Das Amt eines dux würde vielleicht nicht zu dem von Chausson vermuteten hohen aristokratischen Rang von Bassianus und Senecio passen, s. oben zu 14. Andererseits würde sich die Verschwörung natürlich gut erklären lassen, wenn Senecio als dux Pannoniae primae et Norici ripensis eine größere Streitmacht besaß. sich Licinius weigerte Identische Angabe bei Sym. Logoth. 88 p. 107,6– 8: προϲφυγόντεϲ δέ τινεϲ τοῦ Κωνϲταντίνου τῷ Λικιννίῳ, ὡϲ ἀντάρται ἐπιζητούμενοι παρ’ αὐτοῦ οὐκ ἐδίδοντο. Zu den quellenkritischen Bezügen s. Bleckmann, Chronik des Johannes Zonaras 347 mit Anm. 19. Vgl. Patzig, Über die Quelle 574. Einen möglichen Hinweis auf die (von Licinius angestiftete) Verschwörung des Bassianus und Senecio findet man bei Eus. Vit. Constantini 1,47,2. umgeworfen hatte Emona gehörte zwar zu Italien (s. zuletzt die Belege und Diskussion bei M. Šašel-Kos, Problem of the Border between Italy, Noricum, and Pannonia, Tyche 29 [2014] 153–64), aber man kann vermuten, dass Licinius, der sich dort in Vorbereitung zum Schlagabtausch gegen Maxentius festgesetzt hatte, dieses Gebiet auch 312 in Besitz hielt. Die Übertragung der Caesarwürde über Italien an Bassianus war vielleicht für Konstantin eine Möglichkeit, das Risiko des Einfalls des Licinius, der schon mit einem Fuß in Italien stand, zu verkleinern. apud Emonam als Hinweis auf Atrans bei J. Šašel, Senecio auctor insidiarum (1985), in: ders., Opera selecta, Ljubljana 1992, 806–808 verstanden. Vor Ausbruch des Konflikts mit Konstantin ließ Maxentius dessen Statuen umstürzen: Paneg. 4(10),12,2. 16. item Das von B überlieferte und in der Editio princeps ebenfalls abgedruckte item wird von Cessi und zuletzt von Aiello gehalten. Dieser setzt nach ferratorum einen Punkt und beginnt mit item einen neuen Satz (analog

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zu c. 21, 33, 35, 36). Wie im Spätlatein belegt, hätte item hier und an weiteren Stellen als anknüpfende Partikel einen leicht adversativen Charakter (vgl. H.-Sz. 491 und ThLL s. v. Sp. 536,12–29). Die Wortstellung viginti peditum milibus et equitum ferratorum könnte, falls man nicht einfach milibus nach viginti setzen will, darauf hinweisen, dass hier nur der Verlust im Bereich der Infanterie angegeben wird und nach ferratorum eine Lücke anzusetzen ist, in der weitere Angaben zur Schlacht gemacht wurden, was Cessi, Fragmenta Historica XIX annimmt: „L’idem, difeso anche dal Klebs, e in ogni caso preferibile al parte del M(ommsen), strana indicazione del numero dei morti, non elimina la corruzione. Io dubito piuttosto che esista qui una lacuna per effetto di abbreviazione del racconto originale, come sembra ammettere anche il Westerhuis; ove si parla del numero dei morti si dovea dire qualche cosa altro, poi seguiva la notizia su Licinio, che l’Anonimo abbreviando ha congiunto con un item, secondo il solito, al resto“. Dagegen schlägt Mommsen parte vor, das ebenso Teil des mit caesis gebildeten absoluten Ablativs ist. Die Wiederholung von parte im folgenden ist zwar wenig elegant (immerhin auch in c. 27 im Polyptoton tum Constantini pars vincens XXV milia armatorum fudit partis adversae), spricht aber nicht gegen Mommsens Korrektur (ähnlich Zangemeister, der als Zahl der gefallenen Reiter tribus milibus vorgeschlagen hat). Dagegen schreibt Wagner idem, das im Spätlatein völlig entwertet ist und mit dem Demonstrativum is zusammenfällt (vgl. dazu H.-Sz. 188), was auch von Klebs gewählt wird. Da aber item und (das adverbial gebrauchte Neutrum von) idem im Spätlatein oft zusammenfallen, kann man auch in diesem Fall item stehenlassen, vgl. Becker, Komm. Cons. Constantini (KFHist G 1) 81 (ad annum 308): „item d. i. idem. Im Spätlatein kommt es zur Verwechslung von idem und item. Mögliche Gründe sind der erstarrte adverbiale Gebrauch von idem und die Lautähnlichkeit, vgl. H.-Sz. 188 f.; Stotz 4,138 f.; Galdi, Untersuchungen 203 Anm. 74. Aber auch ein bloßer Schreibfehler ist nicht auszuschließen.“ Da das mit item eingeleitete Kolon eine sinnvolle Ergänzung zum absoluten Ablativ caesis … ferratorum darstellt, muss der überlieferte Text nicht verändert werden. 35.000 Fußsoldaten und Reiter Von besonderem Interesse sind im Kapitel die genauen und realistisch anmutenden Angaben zu der Größe der Armeen, die gleichwohl insofern zum Ruhm Konstantins ausfallen, als dieser ein deutlich kleineres Kontingent anführt als Licinius. Vergleichbare Zahlenangaben sind etwa zum Expeditionsheer Julians bei Magnos von Karrhai

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(KFHist C 11) fr. 1, 2 und 3 zu finden oder zu den Armeen in der Schlacht von Mursa in der Leoquelle des Zonaras (Zonar. 13,8,16). gepanzerten Reitern Gemeint sind die catafractarii bzw. clibanarii. Teils waren nur die Reiter, teils im Stile der orientalischen Panzerreiterei auch die Pferde gepanzert, vgl. Hoffmann, Das spätrömische Bewegungsheer I, 265–77. Belegt ist diese besondere Truppe zum ersten Mal für die Kämpfe von 312, und zwar auf Seiten des Maxentius, vgl. Paneg. 4(10), 22,4 und 23,4. Auch bei den Kämpfen von 316 wird nur für die gegnerische Seite der (letztlich erfolglose) Einsatz dieser Truppe geschildert. Aufgrund des Verlustes eines großen Teils der Fußsoldaten und der gepanzerten Elitereiterei, den Licinius erleiden musste, ist in der Origo Constantini die Schlacht von Cibalae als ein herausragender Sieg Konstantins charakterisiert worden. nach Sirmium Zos. 2,18,2–5 bietet eine genaue Beschreibung der Schlacht bis zur Flucht des Licinius nach Sirmium. Zusätzliche Details in der Epit. Caes. 41,5, demzufolge Konstantin nachts in das Lager des Licinius eingebrochen sei. Wie das zu der von der Origo Constantini bezeugten nächtlichen Flucht des Licinius (nach der Schlacht) passen soll, ist unklar. Nach der Epitome, die die Ereignisse von 316 mit denen von 324 verschmilzt, flieht Licinius sofort nach Byzanz. 17. ⟨fecit⟩ Das von Henri Valois ergänzte Prädikat fecit ist analog zu c. 8; 25 und 35 nötig und wird von allen Herausgebern akzeptiert. curritur Das überlieferte curritur wird bereits von Henri Valois zu concurritur korrigiert, was alle modernen Herausgeber übernommen haben. Zwar kommen bei den Historikern oft Sätze mit dem im militärischen Kontext passenden, unpersönlichen concurritur vor, vgl. Caes. Gall. 7,4,2 cognito eius consilio ad arma concurritur oder Sall. Iug. 53,2 deinde ubi propius ventum est, utrimque magno clamore concurritur (ähnlich Liv. 38,40,11). Indessen findet man selten auch das Simplex curritur in ähnlichen Junkturen, vgl. Liv. 1,59,7 ergo ex omnibus locis urbis in forum curritur oder 2,45,11 totis castris undique ad consules curritur. Daher kann man am überlieferten Text festhalten. seine Schätze auf Hinweis auf die Funktion von Sirmium als Kaiserresidenz, wo die Familie des Kaisers und die Schätze aufbewahrt waren. Zur Geschichte Sirmiums als Residenz vgl. I. Popović, Sirmium (Sremska Mitrovica) – Residenzstadt der Römischen Kaiser und Stätte der Frühen Christen in: U. Brandl / M. Vasić (Hgg.), Roms Erbe auf dem Balkan. Spätantike Kaiservillen und Stadtanlagen in Serbien, Mainz 2007, 17–32; dies.,

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Sirmium – Imperial Residence, Pannonian Metropolis and Christian „Head of Illyricum“, in: Constantine the Great and the Edict of Milan 313. The Birth of Christianity in the Roman Provinces on the Soil of Serbia, Belgrad 2013, 102–17; dies., Porphyry – Power of Emperors and Divinity of Gods. Sculpture from Roman towns and palaces in Serbia, Belgrad 2017, 44–67; P. Kovács, Et Semper Habitatio imperatorum est – Notes on the Imperial Residences in Pannonia in the Late Roman Period, Antaeus 35 f., 2017/18, 13–38. Auf die Mitführung der Schätze wird auch in 27 hingewiesen. Zum Mitführen der Schätze im Comitatus s. weiter Amm. 31,15,2. nach Dakien Gemeint ist „Neu-Dakien“ östlich des Passes von Succi mit Serdica. Valens (als Kaiser Aurelius Valerius Valens), der dux limitis von Dacia gewesen sein muss, wurde von Licinius zum Augustus, nicht zum Caesar erhoben, vgl. RIC VII, Cyzicus 7 und 706; Alexandria 19; PLRE I, Valens 13. In diesem Rang sollte er den West-Augustus Konstantin ersetzen. Bei Zos. 2,19,2 findet die Erhebung des Valens bereits unmittelbar nach der Flucht des Licinius aus Cibalae statt. Da im Kontext dieser Passage von der zweiten Entscheidungsschlacht am campus Ardiensis die Rede ist, ist aber unklar, ob Zosimos nicht einfach die Zeit der Flucht von Cibalae bis zu den Kämpfen in Thrakien meint. Daher besteht eventuell Kompatibilität mit der Angabe über die Erhebung des Valens in Dakien, d. h. in Serdica, wie sie in der Origo zu finden ist. In den Verhandlungen von 316 scheint vorübergehend seitens des Licinius der Wunsch geäußert worden zu sein, in einer kollegialen Kaiserregierung nach tetrarchischem Modell den Valens weiterhin als Mitkaiser zu belassen, was die harsche Antwort Konstantins (Petr. Patr. fr. 15 Müller) erklärt. Neri, Costantino e le guerre civili, 77 versucht die numismatischen Befunde und die Angabe der Origo Constantini dahingehend zu verbinden, dass Licinius vor den Verhandlungen den Valens nur zum Caesar erhoben hatte, um nicht jeden Kompromiss zu verbauen, dass aber nach dem Scheitern dieser Verhandlungen Valens zum Augustus aufrückte. Philippopolis Die Operationen des Krieges von 316 wurden an der von Sirmium nach Byzanz führenden Diagonalstraße ausgetragen. Es ist also kaum möglich, dass Konstantin über Philippi gezogen ist. Man muss daher in der Origo Constantini Philippopolis lesen. Philippopolis lag auf der östlichen Seite des Passes von Succi. Konstantin zog also von Sirmium nach Serdica und marschierte von dort aus weiter in die thrakische Diözese. Dass Philippopolis zu lesen ist, wird durch die Parallele bei Sym. Log. 88 p.

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107,12 f. Wahlgren gestützt, vgl. dazu Bleckmann, Chronik des Johannes Zonaras 348. S. zur Forschungsgeschichte König, Origo 128. Von der Interpretation von Eutr. 10,5 ausgehend, erwägt Neri, Costantino e le guerre civili 76 wieder, dass Konstantin über Thessalonike und Philippi in den Osten vorrückte, s. bereits dens., Medius Princeps 82–84. Gesandte, um über den Frieden zu verhandeln Diese Friedensverhandlungen vor der Schlacht am campus Ardiensis sind in der sonstigen historiographischen Tradition nicht bekannt. Der Autor der Origo legte einen großen Wert auf die Darstellung von Verhandlungen unter Kaisern, wie sich in 7, 14, 15, 18 etc. zeigt. Aus 18 geht hervor, dass bereits in diesen ersten Verhandlungen die Forderung nach dem Rücktritt von Valens gestellt wurde. Zur Frage, ob diese Verhandlungen nur Scheinverhandlungen waren, die dem Licinius das Sammeln von Truppen erlauben sollten, König, Origo 128. eilten in die Ebene Aus der detaillierten Erzählung des Zosimos (2,19,1) ist deutlich, dass Licinius schon in der Ebene lagerte und dass Konstantin dann seine Truppen in Schlachtordung antreten ließ. Arda Die Ebene an der heutigen Arda (der Fluss wird auch in Hist. Aug. Heliog. 7 als Arda erwähnt), die in die Mariza (Hebros) mündet, befand sich in der unmittelbaren Nähe von Adrianopel. Die Konjektur ist diejenige von H. Grégoire, Deux champs de bataille: „Campus Ergenus“ et „Campus Ardiensis“, Byzantion 13 (1938) 584–86, der von Arda, nicht von Ardea (so König, Origo 128) spricht. Ob diese Lokalisierung wirklich passt, bleibt mit einem Restzweifel behaftet. Denn Sym. Log. p. 107, 12 f. lokalisiert die Niederlage bei Philippopolis. Zu einem Ort, der näher an Philippopolis als an Adrianopel liegt, passt auch die anschließende Angabe der Origo Constantini, Licinius habe sich nach der Schlacht in Richtung auf Beroia fortbewegt. die Partei des Licinius wankte Der Kampf endet also letztlich mit einem Sieg Konstantins. Dagegen wird bei Zos. 2,19,3 die unentschiedene Schlacht nur deshalb beendet, weil sich beide Parteien auf eine Kampfpause einigen, s. Neri, Costantino e le guerre civili 77. 18. privatus fieret. quo Mit Recht verbessert Henri Valois das überlieferte privatis fieri quod in privatus (die Verwechslung von i und u kommt auch in c. 21 fierint statt fuerint vor) fieret. quo …. Denn nach mandare kann nicht nur ein mit ut eingeleiteter Nebensatz oder bloßer Konjunktiv ohne ut stehen (vgl. K.-St. 2,228 f.), sondern im Spätlatein auch der Infinitiv verwendet werden (vgl. H.-Sz. 346 und ThLL s. v. mando Sp. 266,13–17). In

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den Parallelen wie in Itin. Alex. 71 custodiri mandantur suspecti wird mandare aber persönlich konstruiert, daher müsste man mandatus statt mandatum schreiben. Da in jedem Fall in den überlieferten Text eingegriffen werden muss, scheint Valesius’ Korrektur den Vorzug zu verdienen. was auch zutraf In diesem Kommentar zur Richtigkeit der Vermutung des Licinius „bricht die Teilnahme und Ansicht des Zeitgenossen unwillkürlich hervor“, so Ohnesorge, Anonymus Valesii 101. Richtung nach Beroea ein Also nordwärts in Richtung auf das Balkangebirge statt in den Osten entlang der von Philippopopel nach Byzanz führenden Route. Der Autor gebraucht für Augusta Traiana (Stara Zagora) wie andere spätantike Autoren auch die ursprüngliche Namensform Beroe (Beroea), vgl. Jordanes 102 (aus Dexippos?); Amm. 31,9,1 und 11,2. erschöpft waren Man könnte meinen, dass die zu eilig vorrückenden Soldaten Konstantins erschöpft waren. Diese Auffassung vertritt Neri, Costantino e le guerre civili 77, der von einer alexanderhaften Stilisierung Konstantins ausgeht: „narrazione abilmente celebrativa, caratterizzata da un sotterraneo richiamo al confronto di Costantino con Alessandro Magno, nell’inarrestabile spinta in avanti che solo la stanchezza dei soldati costringe ad arrestare.“ Die Entsendung des Friedensgesandten Mestrianus erfolgt aber nicht durch Konstantin, dessen Soldaten erschöpft waren, sondern durch Licinius. Entweder fehlt ein Zwischenglied in der Argumentation oder aber es waren auch die Soldaten des Licinius erschöpft, so dass Licinius trotz der für ihn allmählich wieder günstigeren Umstände um Frieden bitten musste. Die Situation für Konstantin entwickelte sich auf jeden Fall nach der Schlacht am Campus Ardiensis in ungünstiger Weise, vgl. Aur. Vict. 41,6: cum eum (nämlich Licinius) prorsus opprimere arduum videretur. Petros Patrikios spricht sogar davon, dass Teile des Trosses Konstantins in die Hand der Truppen des Licinius gerieten. Zos. 2,19,3–20,1 kennt dieses Nachspiel nicht, sondern Licinius und Konstantin schließen am Tage nach der Schlacht eine Waffenstillstandsvereinbarung und regeln die Verteilung der Territorien. Mestrianus Zu Mestrianus vgl. Petr. Patr. fr. 15 Müller. er werde das Befohlene tun Die Origo Constantini betont also sehr deutlich die Intensivität, in der Licinius seine Unterlegenheit einräumt und als Bittsteller auftritt. Neri, Costantino e le guerre civili, 77 verweist darauf, dass bei Petr. Patr. fr. 15 dagegen Konstantin wegen der Ungewissheit des Krieges den Frieden schließen möchte.

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erneut aber Die Forderung, dass Valens wieder Privatmann (in der spätantiken Auffassung von Privatmann = Nicht-Kaiser) werden sollte, muss schon in den Verhandlungen vor der Entscheidungsschlacht seitens Konstantins gestellt worden sein, vgl. 17. Licinius scheint vorübergehend die Hoffnung gehabt zu haben, Valens in einer kollegialen Kaiserregierung weiter als Mitherrscher halten zu können. Bei Zos. 2,20,1 ist die Absetzung des Valens Teil der Friedensvereinbarungen mit Konstantin, beim Anonymus Voraussetzung, um überhaupt den Frieden schließen zu können. Oriens … Klein-Skythien Es werden nur die dem Licinius überlassenen Gebiete genannt, während Zos. 2,20,1 auch den Neugewinn von Illyricum durch Konstantin erwähnt. Moesia kann hier nur Moesia secunda an der unteren Donau sein. Mit minor Scythia (Scythia minor) ist die Provinz Skythien am Donaudelta gemeint, im Unterschied zur Scythia maior, dem Freien Skythien, vgl. den Unterschied zwischen Armenia minor und maior. Weniger wahrscheinlich ist, dass man minor zu Moesia zieht und dass Moesia minor als Umschreibung von Moesia secunda zu verstehen ist, das auf diese Weise von der zum Gebiet Konstantins gehörenden Moesia prima unterschieden werden kann, so allerdings, König, Origo 133 f. Es ist nicht zu erkennen, worin die Moesia prima größer gewesen sein soll, als die Moesia secunda. Neri, Costantino e le guerre civili 78 sieht in der Aufzählung einzelner Provinzen der thrakischen Diözese einen Hinweis darauf, dass nach Auffassung der Origo Constantini Thrakien zwischen Konstantin und Licinius geteilt und einige Provinzen wie etwa Rhodope an Konstantin kamen. 19. Serdica Aufenthaltsort Konstantins am 1. März 317, vgl. Cons. Constantini (KFHist G 1) 317 mit Kommentar von Nickbakht. mit dem abwesenden Licinius Die Origo Constantini hat ein großes Interesse an diplomatischen Aushandlungsprozessen zwischen den Kaisern einer Kollegialherrschaft (7; 13–15). Hier wird die Zustimmung des untergeordneten und abwesenden Licinius zu der von Konstantin vorgenommenen Erhebung hervorgehoben. Caesares werden sollten Das neue Kaiserkollegium trat als Fünferkollegium am 1. März 317 an. Vgl. zum Gremium Grünewald, Constantinus 116 f.; B. Bleckmann, Licinius, RAC 23 (2008) 137–47, hier 140 f. Wienand, Kaiser als Sieger 284. Als Oberaugustus setzte der auctor imperii Konstantin das neue Gebilde ein. Die Epit. Caes. 41,4 bezeugt die Caesarernennung durch Konstantin, während bei Aur. Vict. 41,6 ein passivischer Ausdruck benutzt wird. Förmlich wurde, wie die Origo nahelegt, wohl der

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rangniedrigere Augustus Licinius mitberücksichtigt und dessen Zustimmung verkündet. Diese neue Gestalt des Kaiserkollegiums war nicht Teil der Vertragsbedingungen (vgl. dazu auch Grünewald, Constantinus 115f.), sondern ergab sich erst nach dem Friedensvertrag, vgl. auch Zos. 2,20,2. Konstantin und Licinius gemeinsam Konsuln Das gemeinsame Konsulat des Konstantin und des Licinius, das gewissermaßen die Harmonie nach außen zum Ausdruck brachte, ist lange Zeit mit dem Konsulat von 315 identifiziert worden. Solange der erste Krieg zwischen Konstantin und Licinius in das Jahr 314 datiert wurde, war eine solche Identifizierung möglich. Gemeint sein dürfte aber wohl das gemeinsame Konsulat des Konstantin (Konsul zum fünften Mal) und des jüngeren Licinius von 319, vgl. Aiello 210. Dafür spricht vor allem, dass der zuvor zuletzt genannte Licinius eindeutig der jüngere Licinius ist. Zuvor (318) waren allerdings Licinius der Ältere und Crispus gemeinsam Konsuln. Anders noch König, Origo 142, der in der Angabe über das gemeinsam angetretene Konsulat (von 315) ein starkes Argument dafür sieht, an der alten Datierung des ersten Krieges zwischen Konstantin und Licinius auf 314 festzuhalten. 20. in Orientis partibus Licinio Constantino Da der von B überlieferte Text vor der Interpolation aus Orosius weder eine in sich geschlossene Sinneinheit bildet noch ohne weiteres mit dem folgenden verbunden werden kann, haben die bisherigen Herausgeber den Text ergänzt. Henri Valois hat mit dem Zusatz von consulibus daraus eine (allerdings historisch unzutreffende, s. u.) temporale Angabe gemacht; dafür spricht einzig die Tatsache, dass, was bei der Angabe der beiden Konsuln häufig vorkommt, die Namen Licinio Constantino asyndetisch nebeneinanderstehen; Cessi ergänzt stattdessen et (auch que wäre möglich, vgl. c. 32 Macedoniam Italiamque allerdings bei Ortsnamen) und existentibus – ohne aber die Bedeutung und die Funktion des Partizips hier zu erklären –, weil er vermutet, dass etwas über Oriens gesagt wurde, das nicht unmittelbar mit der Christenverfolgung in Zusammenhang stand (s. den historischen Kommentar), aber das durch einen Materialschaden im Laufe der Überlieferung verlorengegangen oder vom Interpolator absichtlich getilgt worden ist.1 Vielleicht wurde in der Folge auf den Zwist zwischen den beiden angespielt und vom Interpolator hier getilgt, so dass man etwa dissensio orta est ergänzen könnte. Da aber der Zusatz aus Orosius, wie Oros. 7,28,17 zeigt, aus einem anderen Kontext 1

Vgl. König, Origo 143: „Ob der Interpolator mit diesem Insert aus Orosius hier eine Aussage des Anonymus getilgt hat, ist nicht zu entscheiden.“ Ähnlich Aiello, Pars Constantiniana 210.

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stammt (es wird von Maximinus’ Untergang berichtet, vgl. Einl. S. 111), erweist sich jede Ergänzung des Texts als willkürlich. Aus diesem Grund wird der Text, wie er von B überliefert wird, ohne Zusätze wiedergegeben. In den Teilen von Oriens unter Licinius und Konstantin Mit Aiello, 210 sollte der unklare Text hier nicht ergänzt werden. Eine Datierung nach einem Konsulat des Licinius und Konstantin ist eigentlich nicht möglich. Das letzte gemeinsame Konsulat von Konstantin und Licinius ist 315 zu datieren. Die folgenden Konsulate passen alle nicht: 318 Licinius V, Crispus I; 319 Constantinus Augustus V, Licinius Caesar I (gegen eine Identifizierung mit diesem Konsulat spricht schon die umgekehrte Reihenfolge, die Licinius zuerst nennt); 320 Constantinus Augustus VI, Constantinus Caesar I. Ab 321 gab es keine gemeinsam anerkannten Konsulate. Man könnte sich statt einer Konsuldatierung einen Ablativus Absolutus vorstellen, in dem Licinius Subjekt und Konstantin Dativobjekt war, etwa in dem Sinne, dass Licinius im Osten gegen Konstantin einen Anschlag vorbereitete. aus dem Palast vertreiben Die Passage (Oros. 7,28,18) ist später in den Text eingefügt worden. Ohnesorge, Anonymus Valesii 40 behauptet, dass der Quellenautor selbst über die Vertreibung der Christen vom Hof des Licinius berichtete und dass Orosius dann diese Passage übernommen hat. Chronologisch ist die Vertreibung der Christen in der Origo Constantini in der Tat richtig vor dem zweiten Krieg zwischen Konstantin und Licinius eingeordnet worden, während die Angabe bei Orosius chronologisch unzutreffend ist. Dieser erweckt vielmehr den Eindruck, dass die Vertreibung der Christen durch Licinius bereits unmittelbar nach dem Krieg gegen Maximinus Daia und vor dem ersten Krieg gegen Konstantin erfolgt ist. Die chronologisch richtige Anordnung konnte der Interpolator aber beispielsweise aus Hieronymus (chron. 230 f) entnehmen. 21. ⟨in⟩ Thessalonica Vor allem im Spätlatein verdrängt der Ablativus loci bei Städte- und Ländernamen allmählich den Lokativ. Vgl. dazu H.-Sz. 145–50 und K.-St. 1,477–81. Da der Autor der Origo auch sonst den Lokativ in der 1. und 2. Deklination nur selten verwendet (aber c. 4 Eboraci und c. 6 Interamnae) und oft mit präpositionalen Ausdrücken umschreibt (meistens mit apud wie in c. 12 apud Veronam, c. 13 apud Mediolanum und c. 17 apud Hadrianopolim, aber auch mit in, z. B. c. 6 in urbe Roma, c. 29 in Thessalonica und c. 36 in Constantinopoli), sollte anstelle der Konjektur Thessalonicae von Gardthausen die Präposition in vor Thessalonica ergänzt werden. [C. S.]

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Goten Zos. 2,21,1–3 berichtet dagegen von einem Einfall der Sarmaten. Deren Anführer hat allerdings bei ihm den eindeutig ostgermanischen Namen Rausimod (got. raus „Rohr“ und germanisch *môda „Sinn, Mut“, s. W. Haubrichs, Die germanischen Personennamen der Gepiden, in: T. Vida u. a. (Hg.), Kollaps – Neuordnung – Kontinuität. Gepiden nach dem Untergang des Hunnenreichs, Budapest 2019, 57–77, hier 63 f.). Die gegensätzlichen Versionen der Origo Constantini und des Zosimos sind in dem Sinne zu vereinbaren, dass Konstantin an den Grenzen seines Gebiets (östlich von Pannonien) 322 die Sarmaten schlug (Opt. Porf. Carm. 6,18–21), im Bereich des Licinius dagegen 323 die Goten und dass Zosimos beide Kampagnen nicht auseinanderhält. Zum Krieg Konstantins gegen Sarmaten und Goten und zur Prägung Konstantins für den Sarmatensieg Wienand, Kaiser als Sieger 335–50. Eingehende Diskussion der Goten- und Sarmatenfeldzüge von 322–24 bei S. Doležal, Where did Rausimod come from? Eirene 54 (2018) 155–67. Doležal vertritt die These, dass Rausimod ein Sarmatenherrscher mit gotischem Namen oder ein Gote war, der über Sarmaten herrschte. durch die vernachlässigten Grenzen Die Vernachlässigung der Donaugrenze wirft Joh. Lyd. mag. 3,31,5 und 3,40,1 dem alten Konstantin vor. Zu möglichen Verbindungen mit der Version der Ereignisse von 323 Wienand, Kaiser als Sieger 337. Offenkundig wurden Vorwürfe gegen Licinius auf Konstantin übertragen. Thessalonica Aufenthalt Konstantins in Thessalonike, das Serdica als Residenzort ablöste, ab 323: Barnes, New Empire, 75. Zur Anlage eines Kriegshafens Zos. 2,22,1. Weitere Details bei König, Origo 143. Thrakien und Moesien Thrakien liegt südlich der Moesia inferior / Moesia secunda und dürfte bei einem von der Donau her kommenden Einfall erst nach Moesien genannt werden. Die ungewöhnliche Reihenfolge könnte darauf verweisen, dass die hier die Diözesen Thracia und Moesia (für das spätere Illyricum, vgl. Laterculus Veronensis) gemeint sind und die Goten von Thrakien nach Illyricum gelangen, was dann die Intervention Konstantins besser erklären würde. Sind dagegen die Provinzen Thracia (mit Philippopolis) und Moesia secunda genannt, die sich im Gebiet des Licinius befanden, dann wäre wegen der süd-nördlichen Reihenfolge mit Aiello daran zu denken, dass von Plünderungen des römischen Territoriums bei der Rückkehr zur Donau die Rede ist. Das passt m. E. gut zur Angabe bei Zos. 2,21,3, dass Konstantin den eingedrungenen Barbaren über die Donau hinaus nachsetzte. Weniger gut fügt sich das dazu, dass man bei Zos. 2,21,1 den Eindruck hat, dass die Barbaren gerade in das ab 316 dem Konstantin

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unterworfene Territorium (τὴν οὖϲαν ὑπʼ αὐτῷ), also weiter im Westen, einfallen. Zosimos verwechselt zusätzlich Goten und Sarmaten. in Anspruch genommen sei Beklagt wird der Verstoß gegen die Teilungsvereinbarung von 316, vgl. auch B. Bleckmann, Bemerkungen zum Scheitern des Mehrherrschaftssystems: Reichsteilung und Territorialansprüche, in: A. Demandt u. a. (Hgg.), Diokletian und die Tetrarchie. Aspekte einer Zeitenwende, Berlin – New York 2004, 74–94, hier 84 f. Konstantin schlug die Goten offenkundig in dem von Licinius kontrollierten Grenzabschnitt, s. auch vorheriges Lemma. Die Klagen sind aus der Sicht des Anonymus, der deutlich Partei für Konstantin nimmt, allerdings gegenstandslos, weil Licinius zuvor den Schutz der Grenzen vernachlässigt habe. 22. item Nach ThLL s. v. Sp. 535, 47 f. könnte an dieser Stelle item dasselbe wie iterum bedeuten (vgl. c. 17 iterum reparato bello), dürfte aber eher wie in c. 16 auch hier mit idem zusammenfallen. cor⟨ruptis⟩ B überliefert corrupta enim. Die palmare Konjektur cor⟨ruptis⟩ rupta von Henri Valois wird von allen Herausgebern angenommen. den Zorn Konstantins Der Anonymus nimmt in der Auseinandersetzung zwischen Konstantin und Licinius die Seite Konstantins ein. schändete In der Propaganda Konstantins galt Licinius als Tyrann, vgl. nur Eus. v. C. 2,2,3; 2,6,1; 2,11,2; 2,19,1. Dementsprechend benimmt er sich – mit Details, die sonst für Maxentius berichtet werden – auch als Tyrann. Das Thema der Christenverfolgung spielt aber im profangeschichtlichen Grundbericht – anders als im späteren Einschub in 20 – keine Rolle. 23. enim Da enim hier wie in c. 2 anknüpfende („ferner, auch“) bzw. adversative („aber“) Bedeutung hat, hat schon Cessi, Fragmenta Historica XX am überlieferten Text festgehalten. Somit ist Zangemeisters autem überflüssig, während iam von Henri Valois nicht gut in den Text passt. sensu B überliefert sensus, Henri Valois macht daraus exercitus, während Mommsen consensu wählt, was auch die nachfolgenden Editoren übernommen haben. Gemäß dieser Auffassung, bestand also auf beiden Seiten die Bereitschaft, den Frieden zu brechen. Weder Eutr. 10,6,1 noch Aur. Vict. 41,8 geben aber über dieses Detail Auskunft. Daher kann man durch die geringfügige Korrektur utriusque sensu mit „nach der Meinung bzw. dem Dafürhalten beider“ übersetzen, was näher am überlieferten Text ist und dennoch einen guten Sinn ergibt (zu dieser Bedeutung vgl. OLD s. v. sensus 5b und 9). navalibus copiis Das von B überlieferte navibus capiis ist offensichtlich falsch. Henri Valois hat es daher in nav⟨al⟩ibus copiis korrigiert, was gut

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belegt ist Liv. 31,33,1; 32,17,3 etc. Dagegen schreibt Cessi navibus ⟨et⟩ copiis, was in Liv. 26,17,2 eine Parallele findet: cum Tarraconem navibus venisset expositisque ibi copiis et navibus subductis socios quoque navales multitudinis augendae causa armasset, weil begründet nach Zos. 2,24,2 Licinius auch einen Teil seiner Landstreitkräfte transportiert habe (so ders., Fragmenta Historica XX). Dagegen spricht das Adverb similiter, das vermuten lässt, dass hier nur Schiffe erwähnt werden. Crispus Die Leistungen des 326 ermordeten und aus der Erinnerung verbannten Crispus werden in der Origo Constantini explizit erwähnt, was in der profangeschichtlichen Tradition sonst nur noch in der Leoquelle des Zonaras bzw. beim Anonymus post Dionem zu finden ist, vgl. Zonar. 13,2,37 und Anon. p. Dionem fr. 14,2 Müller. Auf diese Leistungen wurde vor 326 aufmerksam gemacht. Vgl. z. B. Opt. Porf. carm. 5,30–34; Euseb. h. e. 10,9,4. Zum Bild des Crispus in der Panegyrik D. Burgersdijk, Constantine’s son Crispus and his image in contemporary panegyrical account, in: D. W. P. Burgersdijk / A. J. Ross (Hgg.), Imagining emperors in the later Roman Emperors, Leiden – Boston 2018, 137–57. Wienand bringt die Äußerungen des Optatianus Porphyrius, der auch für die Zukunft weitere Leistungen von Crispus erwartet, in Verbindung mit dem Umstand, dass auch in der Münzprägung die höhere mililtärische Qualifikation des Crispus im Kontrast mit dem jüngeren Caesar Constantinus Iunior deutlich hervorgehoben wird, vgl. Wienand 383 f., 77 mit Verweis auf die Solidus-Serien VIRTVS CAESARI N (RIC VII Nicomedia 84 f. und Thessalonica 136). Crispus konnte sich also besonders wegen seiner Rolle beim Sieg über Licinius eines bedeutenden, selbständig erworbenen Prestiges erfreuen, auch wenn er schon zuvor in den 20er Jahren besonders hervorgehoben wurde, vgl. zur Würdigung im Panegyricus des Nazarius (Paneg. 4/10) H. Pohlsander, Crispus. Brilliant Career and Tragic End, Historia 33 (1984) 79–106, hier 87 f.; 97. Vielleicht hat die dogmatische Aussage der Gleichrangigkeit von Vater und Sohn im Konzil von Nicaea etwas mit dem Verhältnis zwischen Konstantin und Crispus zu tun, so jedenfalls die These von K. Olbrich, Kaiser in der Krise: religions- und rechtsgeschichtliche Aspekte der „Familienmorde“ des Jahres 326, Klio 92 (2010) 104–16. Nach seiner Hinrichtung unter unklaren Umständen im Jahre 326 wurde dann die Erinnerung an diese Leistungen getilgt, so dass beispielsweise in dem mit der Origo parallelen Bericht des Zosimos für den Krieg von 324 nur Generäle genannt werden, Crispus aber nicht mehr. In dieser Weise erklärt R.-Alföldi, Phoenix aus der Asche, auch den Umstand, dass in der Not. urb. Constantini 4 Seeck das in

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der vierten Region stehende Monument für den Seesieg keinem Kaiser zugeordnet wird: liburnam marmoream, navalis victoriae monumentum. Dieses für 425 bezeugte Marmormonument sei ursprünglich in Erinnerung an Crispus errichtet worden, gehörte aber dann zu den von Konstantin selbst für sich in Anspruch genommenen Monumenten. Alternativ wird das Monument mit der maritimen Niederlage des Gainas erklärt, vgl. Clover, Count Gainas 67 f. (mit Verweis auf Suda λ 490, s. v. Λίβερνα); A. Cameron / J. Long, Barbarians and Politics at the Court of Arcadius, Berkeley 1993, 238 Anm. 170; J. Matthews, The Notitia Urbis Constantinopolitanae, in: L. Grig / G. Kelly, Two Romes. Rome and Constantinople in Late Antiquity, Oxford 2012, 81–115, hier 104 Anm. 45. Unentschieden Kienast, Kriegsflotten 157 Anm. 94. Wenn in einigen späten Erzählungen wieder explizit von den Leistungen des Crispus die Rede ist, kann dies als implizite Kritik an Konstantin verstanden werden, der seinen Sohn trotz seiner bedeutenden Qualitäten hinrichten ließ, vgl. Anon. post. Dionem frg. 14,2 mit der Interpretation von B. Bleckmann, Späte historiographische Quellen 25. Der Umstand, dass gerade die Origo Constantini wie kein zweiter Text detailliert die Taten des Crispus beschreibt und in diesem Punkte völlig von Praxagoras oder der Vita Constantini abweicht, kann daher möglicherweise ein Indiz für eine deutlich nachkonstantinische Entstehungszeit sein, was auch für die mit Zonaras und dem Anonymus post Dionem verbundene Tradition gilt. Eine gewisse Spannung entsteht dabei dadurch, dass der Bericht der Origo ansonsten viele Details enthält, die der konstantinischen Propaganda entsprechen. großen Flotte S. die detaillierten Angaben bei Zos. 2,22,1. Konstantin versammelt im Hafen von Thessalonike 200 Dreiruderer, 2000 Transportschiffe. Er versammelt 120.000 Fußsoldaten, 10.000 Reiter (und vermutlich ebensoviele Soldaten, die auf den Schiffen kämpfen). in ähnlicher Weise Licinius mobilisiert wesentlich größere Flottenkontingente aus den verschiedenen Provinzen im Osten – die Details bei Zos. 2,22,2 werden in anachronistischer, an die Perserkriege erinnernder Weise (Kontingente der Ägypter, Phoniker, Ionier und Dorier aus Asien etc.) wiedergegeben, vgl. Krallis, Glory 113. Amandus Bei Zos. 2,23,3 Abantos, vgl. PLRE I, Amandus 2: „Either form is possible.“ mit Schiffstruppen entgegen Aus der Origo scheint hervorzugehen, dass Crispus mit seiner Flotte sofort aufbrach, um nach Asien überzusetzen. In 26 gelangt er aber erst zur europäischen Chersones nach Kallipolis und zum Hellespont, der von der Flotte des Amandus blockiert wurde. Die Flotte

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des Crispus fuhr am Beginn der Kriegshandlungen nicht direkt nach Asien, sondern zunächst vom Piräus an die makedonisch-thrakische Küste, wo sie während der ersten Kämpfe zwischen Konstantin und Licinius ankerte, vgl. Zos. 2,23,2. 24. mit einem überaus großen Heer Licinius mobilisierte 150.000 Fußsoldaten und 15.000 Reiter (Zos. 2,23,2). Berges angefüllt. „Die Anschaulichkeit dieser prägnanten Schilderung, namentlich die deutlich hervortretende Terrainkenntnis scheinen den Augenzeugen zu verraten.“ Diese Behauptung von Ohnesorge, Anonymus Valesii 102 ist vielleicht übertrieben. zu Lande und zu Wasser Anspielung auf die Simultanität von maritimen Flottenoperationen und dem Landkrieg. Ein Bezug auf die bei Zosimos beschriebenen Operationen an den Flüssen Hebros und Tonzos vor dem Übergang nach Adrianopel ist auszuschließen. leicht am Schenkel verletzt Die Passage belegt den persönlichen Kampfeinsatz Konstantins, vgl. König, Origo 10. Thematisiert etwa in den Ausführungen von Paneg. 12(9),8,1–10,5; Paneg 4(10),25,3–26,4 mit Wienand, Kaiser als Sieger 204; F. Maier, Palastrevolution. Der Weg zum hauptstädtischen Kaisertum im Römischen Rech des vierten Jahrhunderts, Paderborn 2019, 24–28. 25. †quod – contendere† Henri Valois hat durch eine geringfügige Änderung des von B überlieferten quod multitudo dissipata contendere den Text in quo dum multitudo dissipata contenderet geändert. Während in einem ähnlichen Fall c. 18 aus quod bloßes quo wird, löst er hier quod in quo dum auf, wobei dum anstelle von cum einen Temporalsatz einleitet. Ebenso könnte aber ein quod-Satz, wie er überliefert ist, auch den Vordersatz begründen und erklären, wieso Licinius nach Byzanz eilte. contendere könnte man dementsprechend zu contenderat korrigieren und etwa ⟨in urbem⟩ oder ⟨huc⟩ ergänzen, wenn man nicht wie in c. 18 quo aus quod macht, wodurch die Ergänzung überflüssig würde und man Valesius’ contenderet nehmen könnte (quo multitudo dissipata contenderet). Da jedoch in den Parallelquellen Hinweise auf das berichtete Ereignis fehlen, ist jede Rekonstruktion willkürlich. Aus diesem Grund wird hier der überlieferte Text ohne Änderungen wiedergegeben, während in der Übersetzung der hier zuletzt besprochene Vorschlag steht. obsidionem … agitabat Die Junktur, die nirgends eine genaue Parallele aufweist, ist schwer zu übersetzen. Bei obsidio handelt es sich hier um eine Blockade bzw. um eine Belagerung, die man passiv erleidet. Dagegen deutet

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ThLL. s. v. agito Sp. 1335,69 das Verb an dieser Stelle unter dem Oberbegriff πρᾶξαι, τελέϲαι, d. h. Licinius traf Maßnahmen, um die Belagerung auszusitzen. Dagegen übersetzt König agitabat mit „erwartete“. Besser Aiello, der „si preparava“ hat. wohin die zerstreute Menge strebte Auf die übergroße Zahl der Truppen des Licinius, die zu einer beengten Situation in Byzanz führt, verweist auch Zos. 2,24,2: οἷα ϲτενοχωρουμένων τῷ πλήθει τῶν μετὰ Λικιννίου πολιορκουμένων ἐν τῷ Βυζαντίῳ. Bei ihm wird deshalb schon zu diesem Zeitpunkt ein Teil der Truppen des Licinius von Thrakien nach Asien übergesetzt. verschloss Byzanz In irgendeiner Weise wurde beschrieben, dass Licinius seine schon zuvor ungeordneten Truppen (c. 24) in Byzanz sammelte und sich dort einschloss. Dabei wurde eine mögliche Belagerung von der Landseite vorbereitet, während von der Seeseite aus aufgrund der noch bestehenden Blockade des Hellespont durch Amandus nicht mit einem Angriff gerechnet wurde. seine Flotte aus Thrakien kommen Crispus ankerte an der thrakischmakedonischen Küste, s. oben. gewohnter Überheblichkeit Erneute parteiliche, für Konstantin eingenommene Wendung. Das Erheben eines Mitregenten ohne Einwilligung Konstantins ist überheblich, vgl. zur Überheblichkeit des Licinius bereits c. 22. Richtig ist, dass im Prinzip der ranghöhere Augustus, also Konstantin, das Vorrecht hatte, weitere Regenten zu ernennen. Martinianus … zum Caesar In Wirklichkeit, wie durch die Münzen bewiesen, Augustus, anders PRLE 1, Martinianus 2 (die den Martinianus ebenfalls als Caesar aufführt), während Barnes, New Empire 15 einfach auf die Divergenz von numismatischen und historiographischen Quellen verweist. Der gleiche Fehler findet sich in der Tat auch in der Epit. Caes. 41,6 und bei Zos. 2,25,2, während Aur. Vict. 41,9 durchaus als Augustus-Erhebung verstanden werden kann. Martinianus war zuvor magister officiorum des Licinius (Joh. Lyd. mag. 2,25; Epit. Caes. 41,6 und Zos. 2,25,2) und damit einer der ersten Inhaber dieses Amtes, vgl. Clauss, Magister officiorum 139; R. Delmaire, Les Institutions du Bas-Empire Romain, de Constantin à Justinien, Paris 1995, 75. Gegenüber Zos. 2,25,2, bei dem Martinianus erst nach dem Übersetzen des Licinius nach Chalkedon erhoben wird (so anscheinend auch Aur. Vict. 41,9: s. hist. Komm. zu KFHist B 2, 339 f.), ist eine zeitliche Verschiebung zu konstatieren. Bei Zosimos hat Martinianus eine militärische Aufgabe, weil er nach Lampsakos geschickt wird, um das

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Übersetzen von Truppen von Thrakien zur kleinasiatischen Provinz Hellespont zu verhindern. Diese militärische Aufgabe erklärt möglicherweise auch, warum die Erhebung in der Origo Constantini unmittelbar nach der Nachricht über die Sammlung der Flotte Konstantins aus Thrakien eingefügt wird. 26. refugeret Das von B überlieferte re effugeret wird von Henri Valois in effugeret korrigiert, während Mommsen refugeret bevorzugt. Beide Verben passen in den Kontext; Mommsens Lösung scheint aber näher an der Überlieferung zu sein und verdient daher den Vorzug. Dagegen gibt es keine Parallelen für den reflexiven Gebrauch von effugere, weshalb Aiellos se effugeret hier nicht sinnvoll ist. nach Gallipoli Bei Zos. 2,23 wird Abantos (Amandus) bei Elaious, nicht bei Kallipolis besiegt. In der Hauptsache unterliegt die Flotte des Licinius deshalb, weil sie im engen Raum ihre zahlenmäßige Überlegenheit nicht entfalten kann, vgl. Kienast, Kriegsflotten 140, der hier einen Vergleich mit der Seeschlacht von Salamis vornimmt; König, Origo 158. versenkt Im Bericht der Origo sind also zwei, bei Zosimos getrennt behandelte Faktoren miteinander verschränkt, vgl. Kienast, Kriegsflotten 140; König, Origo 158 f., nämlich 1. die Seeschlacht bei Elaius, 2. der Untergang der Flotte des Licinius durch einen aufkommenden Sturm (Zos. 2,24,2), in dem 130 Schiffe versanken. Die Bedeutung des Sturmes wird in der Origo verschwiegen. Suggeriert wird, dass ausschließlich Crispus bzw. Konstantin für das maritime Ende des Licinius verantwortlich sind, worin man einen möglichen Reflex zeitgenössischer konstantinischer Propaganda sehen kann. 27. ⟨ ⟩ Die notwendige Ergänzung eines Prädikats geht auf Adrien Valois zurück, der pugnavit vorschlug. Dies wird von allen Herausgebern mit Ausnahme von Aiello übernommen, der die Lücke nicht ergänzt. Dagegen hat Patzig, Über die Quelle 577 f. Konstantin zum Subjekt gemacht und Licinium superavit im Einklang mit Iord. Get. 21, 111, der sagt, dass die Goten auf Konstantins Bitte hin gegen Licinius gekämpft haben, vorgeschlagen. Cessi, Fragmenta Historica lxiv f. lehnt diesen Vorschlag ab und betont, dass sich in diesem Fall der Anonymus unnötig wiederholen würde und der Fehler vielmehr bei Iordanes liege. Daher sollte man Aiellos Lösung folgen, da wir mangels weiterer Parallelen nicht wissen, was fehlt. Alica Der von Bp.c. überlieferte Name Alica ist nach PLRE I,45 zwar ein Hapax legomenon, verdient aber trotzdem den Vorzug vor dem syntaktisch unverständlichen aliqua von Ba.c. und den Korrekturen aliqua ⟨ea⟩ von Henri

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Valois bzw. Aliquaca von Gardthausen, der diese Form für den Namen hält, vgl. dazu König, Origo 161 und den hist. Kommentar S. 177. regalis Das von B überlieferte regulis und das von Mommsen verbesserte regulus werden im Spätlatein nicht mehr verwendet, weshalb das durch eine geringfügige Korrektur von Henri Valois’ vorgeschlagene substantivierte Adjektiv regalis in der Bedeutung „Fürst, Kleinkönig“ (vgl. Amm. 16,12,26 und Cod. Theod. 7,1,9) hier am besten passt. Vgl. dazu auch den hist. Kommentar. tum Da das überlieferte cum hier offenbar keinen Nebensatz einleitet, sondern eine Aussage im Indikativ regiert, während cum-Sätze sonst in der Origo stets im Konjunktiv stehen (etwa c. 10 und 11), ist Mommsens tum wohl eine geringfügige, aber notwendige Korrektur. Wollte man an cum festhalten, müsste man die Lücke nicht nach Licinius, sondern nach deduxerat ansetzen und aus dem Indikativ fudit den Konjunktiv fuderet machen, was angesichts fehlender Parallelen keine Verbesserung darstellt. belagert werden konnte Vgl. Zos. 2,24,3: Die Generäle Konstantins machen sich nach dem Erfolg am Hellespont auf, um sich mit den Truppen, die Byzanz von der Landseite aus belagern, zu verbinden und die Stadt auch von der Seeseite abzuschneiden: κυκλωϲόμενοι δὲ καὶ διὰ θαλάϲϲηϲ τὴν πόλιν. mit seinen Schätzen Es handelt sich also um eine größer angelegte Evakuation, bei dem die gesamten Ressourcen mitgeführt werden. Zur Reorganisation der Verteidigung durch den Wechsel auf die kleinasiatische Seite: Aur. Vict. 41,8 und Zos. 2,25,1/3. Zu erinnern ist daran, dass das militärische Geschehen von 324 in den Consularia Constantinopolitana (KFHist G 1) 324,2 als bellum Chalcedonense bezeichnet wird. Bei Zosimos (2,24,2) sind schon zuvor Teil der Armee des Licinius von Thrakien nach Asien verlegt worden. mit ihm zusammentraf Aufgrund der Strömungsverhältnisse konnte Licinius damit rechnen, dass Konstantin nicht mit den bereits in den Seegefechten benutzten Schiffen seiner Flotte auf die gegenüberliegende Bosporusseite gelangen konnte. Er wurde aber dann von neuen im Norden gebauten Schiffen Konstantins überrascht. Vgl. zu dieser Deutung der Origo Constantini in Kombination mit Zos. 2,25,1 und 26,1 König, Origo 159. Andere Deutung zur Passage über den Transport der Legionen mit der Umschreibung von Zos. 2,25,1 bei Kienast, Kriegsflotten 141: „Da die bithynische Steilküste seinen Transportschiffen keine geeigneten Landemöglichkeiten bot, wurden eilends κέλητεϲ καὶ ἀκάτια τυγχανοῦντα ausgerüstet,

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die die Truppen aufnahmen und bei Hiera Akra nahe der Mündung des Pontus an Land setzten.“ Grundsätzlich divergieren die Erzählungen des Zosimos und der Origo darin, dass in der Origo Byzanz schon vor der Schlacht von Chrysopolis erobert ist, während bei Zos. 2,26,3 Byzanz noch von Licinius gehalten und erst nach der Schlacht von Chrysopolis (unklar zur Version der Origo König, Origo 160) von Konstantin eingenommen wird. Für die Chronologie der Origo lässt sich ein zusätzliches Argument anführen. Explizit von der Eroberung von Byzanz berichtet Zonar. 13,1,22, und zwar vor der Einnahme von Chrysopolis. Bei Sym. Log. 88,2 p. 107 Wahlgren zieht sich Licinius über Byzanz nach Chrysopolis zurück. Die Nachricht über das Treffen von Vater und Sohn, bei dem Konstantin dann auch erst vom Seesieg erfährt, soll nach Ohnesorge, Anonymus Valesii 103 ein Beleg dafür sein, dass der Verfasser ein Zeitgenosse und Kriegsteilnehmer war: „Für eine Beteiligung des Verfassers am zweiten Kriege scheint besonders noch die Art und Weise des Berichts zu sprechen, wie sich der siegreiche Vater und der siegreiche Sohn in Byzanz wiedertreffen und wie erst bei diesem Wiedertreffen Constantin von den Seesiegen des Crispus hört.“ Gerade dieses Detail ist zwar, wenn man es genau bedenkt, kaum besonders glaubwürdig, könnte aber eine verzerrende panegyrische Perspektive wiedergeben, in der in übertreibender Form das große Glück der Wiederbegegnung von Vater und Sohn geschildert wurde, wo dann der Sohn mit glücklichen Nachrichten aufwarten kann. Ein Muster einer solchen Begegnung ist die zwischen Alexander und Nearchos (FGrHist 133, F 1,35), wo Nearchos unerwartet die Rettung der ganzen Flotte bezeugen kann. bei Chrysopolis Heute Üsküdar. König, Origo 11 und 161 behauptet, die Origo Constantini sei die einzige Quelle, die den Ort der Entscheidungsschlacht nennt. S. jedoch Sym. Log. 88,3 p. 107,15 Wahlgren; Zonar. 13,1,22. Goten Angeworben wurden die Terwingen durch Licinius über die Grenze an der unteren Donau (Moesia secunda und Scythia). Im spiegelbildlichen Bericht des Jordanes stehen die Goten auf der Seite Konstantins, vgl. Iord. Get. 21,111. Es sind die Goten, die dann den Licinius umbringen, (im Unterschied zu Anon. Vales. 29), und die Konstantinopel errichten, vgl. 21,112. Zur Gegensätzlichkeit zwischen der Erzählung des Jordanes (Cassiodor?) und der Origo Constantini s. bereits Ohnesorge, Anonymus Valesii 34 f. Die angeblich besonders enge Beziehung zwischen Konstantin und den Goten ist eine Gegenerfindung zu der in der Ursprungsversion vertretenen

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engen Beziehung zwischen Licinius und den Goten. Zu Goten als Hilfstruppen vgl. R. Mathisen, Barbarian Invasions or Civil Wars? Goths as Auxiliary Forces in the Roman Army, in: F. Mitthof / G. Martin / J. Grusková (Hgg.), Empire in Crisis: Gothic Invasions and Roman Historiography, Wien 2020, 263–86. Mathisen, 270 geht davon aus, dass sowohl Konstantin als auch Licinius jeweils gotische Hilfstruppen rekrutierten. Auf die Spiegelbildlichkeit der Berichte beim Anonymus und bei Jordanes geht Mathisen nicht ein, sie ist zumindest für die Darstellung vom Tod des Licinius auffällig. Kleinkönig Alica Belege für diesen Namen gibt es sonst nicht, aber er ist als Kurzform von Alarich denkbar, analog zu Adila/Adarich, s. M. Schönfelder, Wörterbuch der altgermanischen Personen- und Völkernamen, Heidelberg 1911, 13. Weiteres bei König, Origo 161. regalis kann zwar Angehörige eines Königshauses (z. B. in der Hariulf-Inschrift, vgl. CIL 13, 3682) bedeuten, ist aber (z. B. bei Amm. 16,12,26) als Bezeichnung für (ggf. Königen untergeordneten) Kleinkönigen (=subreguli) aufzufassen, s. dazu H. Castritius, Art.: regalis, RGA 24 (2003) 608–10. 25.000 Bewaffnete Nach Zos. 2,26,3 entkommen von 130.000 Mann nur 30.000. 28. auf Liburnen kamen Zum Schiffstyp der Liburne vgl. die Diskussion bei König, Origo 162; R.-Alföldi, Phoenix aus der Asche 10 Anm. 9. Man würde erwarten, dass diese Nachricht über die Ankunft der Soldaten Konstantins auf Liburnen, also leichten Kriegsschiffen, bereits vor der Schlacht von Chrysopolis eingeordnet worden wäre. Mit Aiello, 226 kann diese Nachricht nur darauf bezogen werden, dass die Legionen Konstantins dem Licinius von Chrysopolis nach Nikomedeia, wo sich Licinius erneut verschanzte, folgten, dass aber die Origo die Erwähnung von Nicomedia unterlassen hat. Der Hinweis auf die Liburnen würde hier vielleicht so zu verstehen sein, dass die Armee Konstantins extrem schnell auf dem Seeweg nachrücken konnte. Zur Verschanzung und Kapitulation des Licinius in Nicomedia vgl. Praxagoras fr. 1,6; Zos. 2,28,1; Epit. Caes. 41,7; Zonar. 13,1,23; Cod. Theod. 7,20,1. S. auch Constantini or. s. c. 22,2 mit der Interpretation von B. Bleckmann, Ein Kaiser als Prediger. Zur Datierung der konstantinischen „Rede an die Versammlung der Heiligen“, Hermes 125 (1997) 183–202, hier 195 f. Nicht auf die Gefangennahme des Licinius, sondern auf die Überwältigung des Maxentius bezieht die Passage der Konstantinsrede K. M. Girardet, Konstantin. Oratio ad Sanctorum Coetum, Freiburg 2013, 220 f. mit Anm. 233.

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in das Lager des Bruders Aus der Darstellung der Origo Constantini geht nicht hervor, dass sich Licinius nach der Niederlage von Chrysopolis dann in Nikomedeia verschanzt hatte. Gemeint ist in der Erzählung das Lager Konstantins. Zur Flucht des Licinius nach Nikomedeia, wo er belagert wurde, s. Praxagoras, Zos. 2,28,1; Zonar. 13,1,23; Cod. Theod. 7,20,1. und setzte ihre Bitte durch Zur Vermittlungstätigkeit der Constantia, der Gemahlin des Licinius und Schwester Konstantins, vgl. die Parallele bei Epit. Caes. 41,7; Zos. 2,28,2; Zonar. 13,1,22; Sym. Log. p. 107,16-18. Zonaras betont parallel zur Origo explizit, dass Constantia ihre Bitte beim Bruder durchsetzen konnte: καὶ ἔπειϲε τὸν ὁμαίμονα. Bankett Konstantins hinzugezogen Analog ist die Behandlung des Vetranio, der nach dem demonstrativen Ablegen des Kaiserpurpurs an die Tafel gezogen wird, bevor er nach Prusa ins Exil geht: Philost. 3,22,5; Zonar. 13,7,26. Der abgesetzte Kaiser gehörte damit als Privatmann zu den „Freunden“ des regierenden Kaisers. Leben zugestanden Sofortige Hinrichtung dagegen bei Zos 2,28,21. Passend zur Angabe über die einstweilige Verschonung des Martinianus ist, dass in der Origo Constantini dann auf die spätere Hinrichtung in Kappadokien hingewiesen wird (29). Spätere Hinrichtung auch in der Epit. Caes. 41,7. Auch hier zeigt sich die zugunsten Konstantins eingenommene Tendenz der Origo, die die Milde des Kaisers unterstreicht. 29. sed – occidi Auch wenn in diesem Kapitel die Interpolation aus Orosius aus demselben Kontext stammt, zerstört sie hier das syntaktische Gefüge der Origo. Während bei Orosius 7,28,19 und 20 – der Vorlage der Interpolation – Constantinus das Subjekt zu iussit ist, steht in der Origo c. 29 Licinius im Satz vor der Interpolation. Mit dem Anschluss von sed, das hier einen schwachen Gegensatz ausdrückt, erfolgt ein Wechsel des Subjekts. Man würde eher quem Constantinus Herculii … erwarten. iussit regiert wohl auch der Zusatz Martinianum in Cappadocia, der nicht aus Orosius stammt. Der Bezug von qui auf den vorher genannten Licinius ist ein Indiz dafür, dass der ursprüngliche, noch nicht interpolierte Text etwas über Licinius berichtete. tumultu militari exigentibus Der von B überlieferte Text tumultum militari exigentibus, der von der Orosiusinterpolation umrahmt wird, selbst aber nicht in Oros. 7,28,20 steht, ist verderbt. Gardthausen hat mit einer geringfügigen Korrektur des überlieferten Texts tumultu militari exigentibus vorgeschlagen, die neben einem instrumentalen Ablativ auch das Partizip exigentibus im Ablativ (oder Dativ) ohne dazugehöriges Substantiv oder

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Pronomen enthält. Während Boissevain, dem Westerhuis folgt, eine Lücke annimmt, in der nach Boissevain cunctis (möglich wäre z. B. aber auch, nimmt man einen saut du même au même an, militibus) gestanden haben mag, macht Mommsen aus dem Adjektiv militari das mit exigentibus verbundene Substantiv militaribus. Da tumultu militari als feste Junktur im Kontext von Tötungen auch Eutr. 9,17,3, Aur. Vict. 27,6 und Oros. 7,20,4 (ambo tamen … tumultu militari et Decii fraude interfecti sunt) vorkommt, kann man davon ausgehen, dass der Interpolator den Einschub aus Orosius mit Resten aus der Origo (oder einer weiteren Quelle?) ungeschickt miteinander verbunden hat. Aus diesem Grund scheint die von Gardthausen korrigierte Fassung trotz der das Verständnis der Aussage betreffenden Unklarheiten am ehesten den Zustand des Textes nach dem Eingriff des Interpolators darzustellen. exercere ⟨potuit⟩ Im Gegensatz zu den modernen Editionen des Orosius, die ex(s)erere potuit haben, liest man in den besten Codices des Orosius 7,28,21 vor dem potuit ein exercere (letzteres wie in der Origo). Seit der Editio princeps wird von den Herausgebern potuit ergänzt. Bisweilen kommen in den Handschriften Formen von exercere anstelle von exserere vor, vgl. dazu ThLL s. v. exsero Sp. 1854,80–1855,10, der auch diese Stelle anführt (als varia lectio kommt dies auch in einigen Codices des Orosius vor). Falls dagegen der Interpolator der Aussage mit der Verwendung von exercere einen anderen Sinn geben wollte, könnte man auch die minimale Ergänzung von exercere⟨t⟩ mit der Attractio modi in Erwägung ziehen (gerade im Kontext der Verfolgungen wird auch exercere verwendet, vgl. Sulp. Sev. chron. 2,33,2 neque ulterius persecutionem fore credimus, nisi eam, quam sub fine iam saeculi Antichristus exercebit, vgl. auch dial. 2,14,1). Da aber die Handschrift nicht nur bei den Zitaten aus Orosius, sondern im allgemeinen ziemlich unvollständig ist und es sonst keine Hinweise dafür gibt, dass der Interpolator den Sinn der Zitate aus Orosius ändern wollte, sollte man an der von Valois korrigierten Fassung festhalten und exercere als Variante von exserere auffassen und potuit ergänzen. in einem Militäraufruhr Gegen den 324 beschworenen Eid ließ Konstantin ein Jahr später Licinius hinrichten, vgl. Zos. 2,28,2 und Eutr. 10,6,1. Die Tendenz der ursprünglichen Version der Origo Constantini ist wegen der vielen Interpolationen nicht eindeutig zu ermitteln. Der Hinweis auf eine Forderung der Soldaten ist aber m. E. eher ein Hinweis darauf, dass eine Entschuldigung oder Entlastung Konstantins intendiert war. Zur Forderung der Soldaten, den Licinius wegen der Vorbereitung eines Umsturzes (durch

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die Anwerbung gotischer Truppen) umbringen zu lassen, vgl. Sym. Log. p. 107,18–20; Zonar. 13,1,24 f. mit Bleckmann, Chronik des Johannes Zonaras 350 f. S. auch Neri, Costantino e le guerre civili, 80: Die Origo erkläre die Anordnung zur Hinrichtung des Licinius mit dem tumultuarischen Druck der Soldaten. Martinianus in Kappadokien S. Komm. zu 28. herrschte 19 Jahre Licinius herrschte von 308 bis 324, also keine 19 Jahre. S. König, Origo 167. Frau und sein Sohn Die Kaiserschwester Constantia überlebte und behielt einen Einfluss in religionspolitischen Angelegenheiten, vgl. die Quellen bei H. A. Pohlsander, Constantia, Ancient Society 24 (1993) 151–67. Der Neffe Licinius Iunior kann nicht lange überlebt haben, sondern wurde wahrscheinlich im folgenden Jahr liquidiert, vgl. Eutr. 10,6,2. Die Annahme, ein Sohn des Licinius habe als Staatssklave überlebt (oder sogar die Annahme, dass dieser illegitime Sohn mit dem Caesar zu idenfizieren sei), hält einer eindringlichen Quellenanalyse nicht stand, vgl. A. Chastagnol, Quelques mises au point autour de l’Empereur Licinius, in: G. Bonamente / F. Fusco (Hgg.), Costantino il Grande dall’antichità all’umanesimo, Macerata 1992, 311–23, hier 317–23. 30. ex ⟨se⟩ Byzantium Die geringfügige Ergänzung von se durch Mommsen passt zu nuncupare (vgl. etwa Consult. Zacch. 2,11,6 et in diaboli hereditate arcem Arrius tenens ex se gregem nuncupat perditorum). Daher ist Rühls Ergänzung suo nomine nicht nötig. insigne victoriae Henri Valois hat nach ob das von der Handschrift überlieferte insignis victoriae zu insigne (in der Bedeutung „(Kenn)zeichen“, vgl. ThLL s. v. insigne Sp. 1900,74–1901,26) victoriae korrigiert, während Mommsen memoriam nach insignis victoriae hinzugefügt hat, was inhaltlich einen ähnlichen Sinn ergibt. Beide Lösungen weisen Parallelen auf. Da nicht wirklich klar ist, was der Verfasser mit dieser Junktur aussagen wollte, und da ob mit Genetiv nur inschriftlich (und meist in Verbindung mit causa) belegt ist (vgl. ThLL s. v. Sp. 34,27–44), also der Text sicherlich verderbt ist, sollte man der geringfügigen Korrektur der Editio princeps den Vorzug geben. ⟨et⟩ Das von Cessi nach thesauros eingefügte et ermöglicht es, beide Begriffe zu behalten, die zwar pleonastisch scheinen mögen (daher hat Mommsen thesauros athetiert). Wahrscheinlich sind aber die thesauri konkret Geldmittel und Vorräte, während facultates weiter gefasst sind und alle Mittel, die einem Herrscher zur Verfügung stehen, bezeichnen. Dass beide

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Begriffe zusammen gebraucht werden können, beweist etwa Firm. math. 3,7,5 qui facultates regias propria dispositione sustentent et qui omnes reditus regios thesaurosque suae habeant fidei dispositionique commissos. herausragenden Sieges Die wichtige Passage ist leider nur in einem verstümmelten Text erhalten. Die etwas umständlichere Ergänzung Mommsens wurde nicht beibehalten. Wie immer man auch ergänzt, deutlich ist, dass ausgesagt wurde, dass die Umbenennung von Byzanz nach Konstantinopel und die Neugründung der Stadt deshalb erfolgte, um an den Sieg über Licinius zu erinnern. Das Motiv der Errichtung von Städten am Orte eines Sieges geht letztlich auf altorientalische Traditionen zurück, wie schon die Gründung von Pasargadai oder von Persepolis zeigt. Diese Tradition wurde im Hellenismus und in der römischen Kaiserzeit fortgeführt. Unmittelbares Vorbild für Konstantin können Städte des Balkanraums wie Actia Nicopolis, Tropaeum Traiani oder Nicopolis ad Istrum gewesen sein. Die Neuheit der Umbenennung in Konstantinopel liegt vor allem in der Dimension der neugegründeten Stadt. Zu dem vom Anonymus genannten Motiv passen die numismatischen Zeugnisse aus der Zeit der Gründung Konstantinopels, nämlich Medaillons und Kleinmünzen, auf denen Victoria auf dem Schiffsbug gezeigt wird, vgl. dazu bereits Kienast, Kriegsflotten 143 f.; Fotini Ntantalia, Bronzemedaillons unter Constantin dem Großen und seinen Söhnen. Die Bildtypen der Constantinopolis und die kaiserliche Medaillenprägung von 330–63 n. Chr., Saarbrücken 2001, 110–14 sowie R.-Alföldy 31 f. zu den Follis-Typen für Constantinopolis (326–335). Vgl. ferner Philost. 2,9a (KFHist E 7) „Denkmal seiner Kaiserherrschaft und seines Ruhmes für die nachfolgenden Generationen“ mit meinem Kommentar; Praxagoras fr. 1,7: „Als er nun die Herrschaft über das gesamte Imperium errungen und es zu einer Einheit zusammengeführt hatte, hat er Byzantion unter seinem Namen wiederbegründet“. Diese Zeugnisse werden bei R. van Dam, Constantine’s beautiful city, the symbolic value of Constantinople, Antiquité tardive 22 (2014) 83–94 nicht diskutiert. Andere Motive schließt diese Begründung natürlich nicht aus, etwa der Blick auf die günstige strategische Lage. als ob es seine Vaterstadt sei Offenkundig ist es selbstverständlich, dass gerade die eigene Heimatstadt ausgeschmückt wird, was ja im Falle Konstantins für Naissus vermerkt wird (1,1). Ein Parallelbeispiel wäre die Ausschmückung von Leptis Magna durch Septimius Severus oder des arabischen Philippopolis durch Philippus Arabs.

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Rom anzugleichen Der Kontext scheint darauf hinzuweisen, dass bei dieser Angleichung vor allem an große Dimensionen und an baulichen Aufwand gedacht ist, nicht in irgendeiner Form auf eine mit Rom konkurrierende Kapitale. Ähnlich zur Baupolitik des Diokletian in Nikomedeia Lact. mort. pers. 7,10: ita semper dementabat Nicomediam studens urbi Romae coaequare. Für dieses Ziel werden die Ressourcen der Provinzen völlig erschöpft: cum interitu provinciarum. Ressourcen erschöpfte Zur allgemeinen Kritik an den Ausgaben Konstantins aus dem Staatsschatz, vgl. Epit. Caes. 41,16; Zos. 2,38,1; Amm. 16,8,12. Vgl. Bleckmann, Pagane Visionen 167 Anm. 62. Der Aufwand für die Neugründung Konstantinopels wird möglicherweise von einem stadtrömischen Standpunkt aus kritisiert. Die Origo beschränkt sich allerdings auf den Hinweis auf Ausgaben aus dem Staatsschatz und klammert das Problem, dass Spolien aus Provinzstädten nach Konstantinopel überführt wurden (Hier. chron. 232 g), aus. für den zweiten Stand Secundi ordinis kann entweder bedeuten, dass Konstantin in Konstantinopel einen Senat zweiter Klasse neben dem alten Senat in Rom einrichtete und aus diesem Grund die Mitglieder als clari und nicht als clarissimi bezeichnen ließ. Dabei ist nicht auszuschließen, dass die Deklassierung des Senats als „zweitrangig“ nicht die Intentionen Konstantins, sondern die Beurteilung des Sachverhalts durch einen westlichen, römischen Senator darstellt, so jedenfalls Ohnesorge, Anonymus Valesii 95: „Das Selbstbewußtsein des römischen Senates konnte den neuen Senat nicht als ebenbürtig anerkennen: es ist nur ein senatus secundi ordinis.“ Oder aber es ist in dem Sinne zu verstehen, dass im Senat von Konstantinopel der „zweite“ Stand, nämlich die in dieser Zeit durchaus noch existierende Ritterschaft versammelt war, vgl. bereits Chastagnol, Le sénat romain 250: „laissant croire en quelque sorte que les sénateurs de Constantinople prenaient la place de l’ordre équestre en tant que ‚second ordre‘ de l’Etat.“ Vgl. die ausführliche Analyse von Moser, Emperor and Senators 58–63, derzufolge (60 f.) hier nicht ein echter Senat, sondern nur eine curia zu verstehen ist. Dagron, Naissance d’une capitale 123 hat die Annahme geäußert, es habe in Konstantinopel allenfalls eine Art von Zweigstelle des römischen Senats gegeben, aber keinen selbständigen zweiten Senat als eigene Institution (sondern nur die Kurie einer normalen Stadt), vgl. auch A. Berger, Art. Konstantinopel (stadtgeschichtlich), RAC 21 (2006) 435–83, hier 442 f. Dem ist Chastagnol, Le sénat romain 248 entschieden entgegen getreten: „Le fait de la création du Sénat de Constantinople par Constantin lui-même

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est indubitable.“ Dafür führt er als Argument an, dass Konstantin die entsprechenden Präturen in Konstantinopel begründet hat, deren Inhaber dann in den Senat aufrückten, nämlich die Stelle des praetor Flavialis und des praetor Constantinianus, zu denen erst 340 eine dritte Prätorenstelle hinzukam. nannte sie clari Euseb v. C. 4,1,2 berichtet zwar über die Erhebung von Senatoren, aber nichts von der Gründung eines zweiten Senats: ἀλλ’ οἱ μὲν χρημάτων, οἱ δὲ κτημάτων περιουϲίαϲ ἐτύγχανον, ἄλλοι ὑπαρχικῶν ἀξιωμάτων, οἱ δὲ ϲυγκλήτου τιμῆϲ, οἱ δὲ τῆϲ τῶν ὑπάτων, πλείουϲ δ’ ἡγεμόνεϲ ἐχρημάτιζον, κομήτων δ’ οἱ μὲν πρώτου τάγματοϲ ἠξιοῦντο, οἱ δὲ δευτέρου, οἱ δὲ τρίτου, διαϲημοτάτων θ’ ὡϲαύτωϲ καὶ ἑτέρων πλείϲτων ἄλλων ἀξιωμάτων μυρίοι ἄλλοι μετεῖχον· εἰϲ γὰρ τὸ πλείοναϲ τιμᾶν διαφόρουϲ ἐπενόει βαϲιλεὺϲ ἀξίαϲ („sondern die einen bekamen Geld, die anderen Besitztümer im Überfluss, wieder andere den Rang eines Hyparchen, andere den Senatsrang, noch andere den Rang eines Konsuls, mehrerer führten den Titel eines Hegemon, andere wurden des ersten Rangs eines Comes für würdig befunden, andere des zweiten, andere des dritten und zahllose andere bekamen den Rang eines Erlauchten, ebenso wie auch andere ehrenvolle Positionen“, modifizierte Übersetzung von H. Schneider). Die bei Euseb erwähnte, von Konstantin verliehene Rangbezeichnung von διαϲημότατοι ist lange als Entsprechung von clarissimi verstanden worden, es geht aber um einen ritterlichen Rang, vgl. Moser, Emperors and Senators 48–57. Damit stimmen Euseb und Origo überein, was den Rang der in den Senat Aufgenommenen betrifft. 31. Krieg gegen die Goten Nach Ohnesorge, Anonymus Valesii 46–51 hat Ammian diesen großen Krieg gegen die Goten ignoriert, weil nach ihm (Amm. 31,5,17) die von Aurelian geschlagenen Goten per longa saecula siluerunt immobiles. Die Stelle könnte also beweisen, dass die oft angenommene Nähe zwischen Origo Constantini und Ammian illusorisch ist. durch Hunger und Kälte ausgelöscht Zum Sieg über die Goten im Gebiet der Sarmaten, vgl. Cons. Constantini (KFHist G 1) 332; Hier. Chron. 233 c. Die Frage ist, wer den Sieg errungen hat. Barnes, New Empire 86 vertritt die Annahme, der Caesar Constantinus beim Anonymus sei nicht der Sohn Konstantins, sondern Konstantin selbst, der hier in untechnischer Weise als Caesar (für Kaiser) bezeichnet werde. Die Zeugnisse lassen sich aber zwanglos zum Bild einer Operation zusammenfügen, in der Konstantin zwar das Oberkommando innehatte, Constantinus Iunior aber die Aktion ausführte, infolge derer angeblich 100.000 Goten durch Kälte und Hunger

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zugrundegingen, vgl. zum Verhältnis zwischen dem vermutlich in Marcianopolis residierenden Oberkaiser und dem Caesar, der dessen Weisungen folgte, Bleckmann, Constantin und die Donaubarbaren 42 f.; Maraval, Fils de Constantin 21. Die gotischen Geiseln mit dem Sohn des Königs Ariarich empfing dann wieder Konstantin selbst. Bewiesen wird, dass Constantinus II. gegen die Goten aktiv war, durch Iul. imp. or. 1,9 d, wo die Taten der Brüder des Constantius II. bezeugt werden: „Der aber verschaffte, indem er mit den Waffen siegte, uns einen sicheren Frieden gegenüber den Geten.“ Die Julianstelle zeigt, dass zumindest ab den 350er Jahren die Leistungen des jüngeren Konstantin zur Sprache kommen durften, trotz der 340 erfolgten damnatio memoriae (Cod. Theod. 11,12,1 vom 29. April 340). Der Hinweis auf den Tod der Goten durch Kälte und Hunger bedeutet nicht, dass man mit Seeck bei Cons. Constantini nicht vom 20. April, sondern vom 19. Februar ausgehen muss, s. Nickbakht Kommentar zu KFHist G 1. Sohn des Königs Ariarich Iord. Get. 112 nennt als einzige Quelle neben Origo den Ariarich: sub Ariarici et Aorici regum suorum florebant imperio. Ob der (in der Origo) anonyme Sohn Ariarichs mit dem bei Jordanes erwähnten Aorich identisch ist, bleibt unklar. Dass Ariarich und Aorich gemeinsam Partner der Römer bei einem förmlichen Friedensschluss gewesen sein sollen, ist dem Jordanes-Text nicht zu entnehmen, anders König, Origo 174 mit Verweis auf die Sekundärliteratur. Der Jordanestext könnte auch die Sukzession Ariarich, Aorich, Geberich beschreiben, wobei Ariarich und Aorich eine Zeitlang gemeinsam regiert haben können. War Aorich als Geisel in Konstantinpel könnte er mit dem bei Them. or. 15,190 d – 191 a erwähnten und mit einer Statue geehrten Vater des Athanarich identisch sein, zu diesen Konstruktionen s. Meier, Geschichte der Völkerwanderung 1141 Anm. 14. 32. probabantur Die geringfügige Korrektur des überlieferten probantur durch Rühl verbessert den Text, weil damit ein vergangener Zustand der Sarmaten beschrieben wird, der nicht unbedingt eine Verbindung zur Gegenwart des Autors hat. Frieden Vgl. B. Brockmeier, Der Große Frieden 332 n. Chr., Zur Außenpolitik Konstantins des Großen, Bonner Jahrbücher 187 (1987) 79–100. Sklaven der Sarmaten Es handelt sich um die Limiganten, vgl. Hier. chron. p. 233 f: Sarmatae Limigantes dominos suos, qui nunc Argararantes vocantur, facta manu in Romanum solum expulerunt. Vgl. Amm. 17,13,1: Limigantes, Sarmatas servos. Der Volksname wird in der Origo Constantini nicht genannt.

Kommentar

185

Makedonien und Italien Zur Ansiedlung von 334, die bei Eus. v. C. 4,6 beschrieben wird, vgl. Y. Modéran, L’établissem*nt de barbares sur le territoire romain, in: C. Moatti (Hrsg.), La mobilité des personnes en Méditerranée de l’Antiquité à l’époque moderne, Rom 2004, 337–97, hier 371 f. 33.–34. Zu den Orosius-Zitaten vgl. Einl. 110–17. 35. itaque Das von B überlieferte ita ut ist zwar nicht unmöglich und wird von König, der unkorrekt „auf diese Weise“ übersetzt, und von Aiello, der besser „così come“ übersetzt, gewählt, doch darf man sich fragen, wo bei vier Herrschern der ut-Satz aufhört (vor Dalmatius, wie Aiellos Übersetzung vermuten lässt?). Da ein durch ita ut koordinierter Korrelativsatz keinen befriedigenden Sinn ergibt, ist Mommsens itaque viel besser, da es eine Folge bezeichnet. den Dalmatius … machte er zum Caesar Die Origo Constantini hat als eine von wenigen Quellen präzise Angaben zur Beteiligung der Neffen Konstantins Dalmatius und Hannibalian im Mehrherrschaftssystem Konstantins, wobei der eine Caesar, der andere rex war. Diese Erweiterung des kollegialen Herrschaftssystems zu einer Art Hexarchie wird bisweilen in konfuser Weise mit der Nachfolgeregelung von 337 verbunden, vgl. Epit. Caes. 41,20 und bei Zos. 2,39,1 f. Eine große sachliche Übereinstimmung mit der Origo zeigt dabei die Epitome de Caesaribus, auch wenn sie die Territorien anders benennt oder anders umreißt, also cuncta trans Alpes für Galliae; a freto Propontidis Asia atque Orientem für Oriens; Illyricum, Italiamque et Africam für unvollständiges Illyricum et Italiam; Thraciam Macedoniamque et Achaiam für ripa Gothica. Einige Fehler der Epitome erklären sich aus der erwähnten Konfusion der Verhältnisse von 335 mit denjenigen von 337, die in dieser Form nicht beim Anonymus auffallen. So hat natürlich Constantius II. nur die Diözese Oriens, nicht die Kleinasien mitumfassende Präfektur Oriens besessen, solange Konstantin lebte und er nur Caesar war. Afrika gehörte vor dem Tod Konstantins des Großen nicht zum Territorium von Constans. Eine vollständige Analyse der Berichte zu den Territorialteilungen von 335 und 337 bei B. Bleckmann, Der Bürgerkrieg zwischen Constantin II. und Constans (340 n. Chr.), Historia 52 (2003) 225–50, hier 226–36, vgl. ferner meinen Kommentar zu Philost. (KFHist E 7) 3,1 a, 1 f. sowie 3,1 b und c. Die Angabe über die Erhebung des Dalmatius zum Caesar ähnelt zwar Oros. 7,28,30, doch hat die Origo diesem die Information voraus, dass Dalmatius der Sohn des Dalmatius, des Halbbruders Konstantins war, während Orosius auf die Tricennalien verweist. Die Erhebung des Dalmatius fand am 18. September 335 statt, angeblich wegen des Geburtstags Trajans

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(C 3) Origo Constantini

(dem Verteidigungsauftrag am Donauufer, der ripa Gothica, entsprechend): M. Marcos, Constantine, Dalmatius Caesar and the summer of A.D. 337, Latomus 73 (2014) 748–74. König der Könige und der pontischen Völker Zu Hannibalian G. Wirth, Hannibalian. Anmerkungen zur Geschichte eines überflüssigen Königs, BJ 190 (1990) 201–31. Zum Titel Hannibalians, insbesondere zur Frage, ob er (in Konkurrenz zum Perserherrscher) König der Könige und König der pontischen Völker war oder ob er als König der Könige über die kaukasischen Territorien (zum von Hannibalian beherrschten Gebiet, vgl. Epit. Caes. 41,20: Armeniam nationesque circ*msocias) herrschen sollte, König, Origo 182–84 und den hist. Komm. zu Polemius Silvius, Nomina omnium principum (KFHist B 6) 63. Constantina, seine Tochter Zu Constantina als Gemahlin Hannibalians s. auch Philost. 3,22,2 mit Kommentar. Die von mir 1994 vertretene Annahme, dass die Gemahlin Hannibalians den Augusta-Titel trug (vgl. noch Maraval, Fils de Constantin 89 mit Anm. 83), habe ich nicht mehr aufrechterhalten und neige eher der zuvor verworfenen Ansicht zu, dass Philostorgios vermutlich Verhältnisse der theodosianischen Zeit zurückproji*ziert. Wenn Constantina nicht den Augusta-Rang hatte, bleibt offen, ob Hannibalian als rex regum zum Herrscherkollegium gehörte. Dafür würde sprechen, dass er den Titel eines nobilissimus trug und dass seine Gemahlin, die Tochter Konstantins, später jedenfalls einen Anteil am konstantinischen Erbe reklamierte. Constantinus der Jüngere Konstantin II. war auch noch 337, zum Zeitpunkt des Todes Konstantins, in Gallien und blieb dortiger Teilherrscher bis 340. Dalmatius schützte das gotische Ufer Aus der Parallelangabe in der Epit. Caes. 41,20 geht allerdings hervor, dass Dalmatius durchaus einen Territorialsprengel verwaltete, nämlich Thrakien, Makedonien und Achaia. „Achaia“ hält König, Origo 185 für unsinnig und möchte stattdessen Dacia lesen, was besser zum Schutz des gotischen Ufers passe. Instruktiv ist aber m. E. die Parallele zum quaestor exercitus, eines unter Justinian neugeschaffenen Amtes, vgl. Joh. Lyd. mag. 2,28 f.; Iust. nov. 41,536. Der quaestor war zuständig für Moesien, Scythia und die ägäischen Inseln. Der Schutz der unteren Donau und das entsprechende Hinterland bis zur Ägäis wurden als zusammengehörig empfunden und es besteht somit kein Grund, die Epitome de Caesaribus zu korrigieren. Die Angabe ripa Gothica ist nicht technisch, sondern gehörte zu den „Bezeichnungen der allgemeinen Art, unter

Kommentar

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denen sich jeder denken konnte, was er wollte“, vgl. Ohnesorge, Anonymus Valesii 97. 36. in Constantinopoli Das überlieferte in Constantinopolim von B ist offensichtlich falsch, da hier ein Lokativ benötigt wird. Entweder tilgt man die Präposition in und lässt den bloßen Akkusativ Constantinopolim stehen, was im Spätlatein anstelle des Lokativs möglich ist (vgl. dazu H.-Sz. 277 f.; Stotz 4,113), oder man lässt die Präposition in stehen und schreibt wie schon Henri Valois analog zu c. 29 in Thessalonica auch hier in Constantinopoli. auf einem Landgut im Gebiet von Konstantinopel Das einzige Stück der ursprünglichen Quelle (in einem sonst aus Oros. 7,28,31 stammenden Kontext) besteht vermutlich in der Angabe in suburbano Constantinopolitano. Dieses Stück kann entweder mit der Angabe, dass Konstantin in der Nähe von Nikomedeia verstarb, in der Form verbunden werden, dass mit suburbanum hier allgemein die Umgebung von Konstantinopel gemeint ist, – König, Origo 187 spricht von der „etwas ungenaue(n) Ortsangabe des Anonymus“ – auch wenn dies für das nicht ganz nahe Nikomedeia schwierig bleibt (bei Rufin. h. e. 10,12 p. 978, 6 f. geht es um die Umgebung von Nikomedeia, nicht von Byzanz: Augustus Constantinus in suburbana villa Nicomediae tricensimo et primo sui imperii anno diem functus est, liberis de successione Romani orbis testamento heredibus scriptis). Neri, Medius princeps 14 ist dagegen davon ausgegangen, dass die Origo Constantini eine von der EKG-Tradition abweichende Angabe geboten habe und dass Konstantin nach dieser Version bei Konstantinopel und nicht bei Nikomedeia verstarb. Aus der byzantinischen Paralleltradition kann man in Übereinstimmung mit den Angaben bei Euseb und der Origo das genaue Itinerar Konstantins vor seinem Tod rekonstruieren, vgl. insgesamt zu Pythia und zum letzten Itinerar Konstantins Bleckmann, Späte Quellen 28–30 mit weiteren Diskussionen. Demnach begab sich Konstantin von Helenopolis über Pythia in sein Landgut von Nikomedeia. Die von Euseb v. C. 4,61,3 in Konstantinopel verorteten warmen Bäder müssen mit denjenigen des auf der kleinasiatischen Seite des Marmarameers liegenden Quellen von Pythia bei Pylai identisch sein, vgl. zu diesem kleinasiatischen Besitz von Byzanz: Louis Robert, Inscriptions de la région de Yalova en Bithynie, in: Ders., Hellenica VII, Paris 1949, 30–44, hier 38–40. Vgl. bereits zu Plb. 4,52: E. Meyer, Die Grenzen der hellenistischen Staaten in Kleinasien, 1925, 113. Das Faktum ist übersehen bei Av. Cameron / S. G. Hall, Eusebius. Life of Constantine, Oxford 1999, 340; R. Burgess, Studies in Eusebian and Post-Eusebian Chronography, Stuttgart 1999, 223 Anm. 125. suburbano Constantinopolitano

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(C 3) Origo Constantini

bezog sich also möglicherweise in der ursprünglichen Version der Origo gar nicht auf den Todesort, sondern auf ein Landgut, das er im kleinasiatischen Stadtgebiet von Konstantinopel beim Besuch der Bäder von Pylai bezog.

(C 4) Eustochios

Einleitung Der kappadokische Autor verfasste, wie aus der Suda hervorgeht, eine lokalgeschichtliche „Archäologie“ über die Geschichte des Schwarzmeerraums, aus der Stephanos von Byzanz zitierte1. Zusätzlich benennt ihn die Suda als den Autor einer zeitgeschichtlichen Darstellung der Taten des Kaisers Constans (337–350). Janiszewski vermutet wegen der Variante im Codex Laurentianus 55,1, dass das Werk des Eustochios von Kappadokien möglicherweise nicht die Geschichte des Kaisers Constans, sondern die Geschichte Konstantins beschrieb2. Dafür könnte sprechen, dass der aus dem Osten stammende Autor kaum Verbindungen zu Constans gehabt haben kann. Die Sache ist gleichwohl nicht zu entscheiden. Jedenfalls handelt es sich um ein weiteres Beispiel eines Zeitgeschichtsschreibers unter den Konstantiniden. Die Identität mit einem bei Gregor von Nazianz erwähnten gleichnamigen Adressaten ist eher auszuschließen3.

1

FGrHist 738 F 1 = Steph. Byz. π 26. Eustochios wird für die Form Παντικάπη zitiert. Das Zitat stammt aus der „Archäologie Kappadokiens“, die auch „Kappadokien am Meer“, also Pontos und darüber hinaus den Schwarzmeerraum, behandelte. 2 Janiszeswki, Missing Link 380–82. 3 Vgl. dazu Janiszeswki, Eustochios, in: Janiszewski u. a., Prosopography, 128 f. (Nr. 377 und 378).

testimonium 1. (1) Sud. ε 3755 (codd. A[GIFVM]) Εὐϲτόχιοϲ· Καππαδόκηϲ, ϲοφιϲτήϲ. ἔγραψε τὰ κατὰ Κώνϲταντα τὸν βαϲιλέα καὶ Ἀρχαιολογίαν Καππαδοκίαϲ (cf. FGrHist 738 F 1) καὶ λοιπῶν ἐθνῶν. 1 sq. Κωνϲταντῖνον F

Zeugnis 1. (1) Suda, Art. Eustochios Eustochios, aus Kappadokien, ein Sophist. Er schrieb über die Ereignisse unter dem Kaiser Constans und eine Archäologie Kappadokiens (vgl. FGrHist 738 F 1) und sonstiger Provinzen.

(C 5) Proba, Bellum civile

Einleitung Die Senatorin Proba hat nach ihren eigenen Ausführungen in den einleitenden Versen des Cento Vergilianus ein Epos über einen Bürgerkrieg verfasst. Aus der Subscriptio einer lange als verschollen geltenden, aber in Wirklichkeit von Modena nach Padua verbrachten Handschrift geht hervor, dass damit die Darstellung des Bürgerkriegs zwischen Constantius und Magnentius gemeint war. Da die Autorin Gemahlin des Clodius Celsinus Adelphius war1, der 351 als praefectus urbi amtierte2, ist evident, dass sie hier als unmittelbare Zeitgenossin berichtet haben muss. Allgemein wird daher angenommen, dass die Bürgerkriegsdarstellung der Proba in panegyrischer Form die Erfolge des Constantius II. hervorhob3, vielleicht um die fragwürdige Haltung ihres Gatten vergessen zu machen oder um ihren Dank abzustatten. Clodius Celsinus Adelphius hatte nämlich seine Beförderung zum Stadtpräfekten Magnentius zu verdanken, konnte aber später zu Constantius II. übertreten bzw. wurde offenkundig von diesem begnadigt4. Probas panegyrische Darstellung des Sieges des Constantius II. über Constantius in Versen wäre damit weiteren Vertretern dieser besonderen Ausprägung zeitgeschichtlicher Panegyrik an die Seite zu stellen, auf die in diesem Band verwiesen wird (Kallistos, Eusebius Scholastikos, Ammonios). Ein gewisses Problem für die Interpretation als panegyrisches Gedicht stellt die eindeutig lukanische Einfärbung der von Proba selbst gegebenen Inhaltsangabe dar, aus der 1

Vgl. die test. 1 a und b, 2, 3, 4. Zu Clodius Celsinus signo Adelphius s. PLRE I, Celsinus 6; Chastagnol, Les fastes, 131–34 (Nr. 55). Er war vom 7. Juni bis 18 Dezember 351 Stadtpräfekt. 3 Cameron, Poetry and Literary Culture 353 hält sie für eine Vorläuferin von Claudian und rückt damit von der Vorstellung ab, Claudian habe als erster das aus dem Griechischen vertraute Genre im lateinischen Westen etabliert. Zugunsten des Constantius II. eingefärbte Darstellung des Bürgerkriegs, z. B. Chastagnol, Les fastes 134: „un poème épique, évidemment favorable au vainqueur, sur la guerre civile entre Constance et Magnence“; R. Herzog, HLL5, München 1989, § 562, 338 „dürfte ein (panegyrisches?) Zeitepos auf den herrschenden Kaiser gewesen sein“; J. Matthews, The Poetess Proba and Fourth Century Rome: Questions and Interpretations, in: M. Christol (Hg.), Institutions, société et vie politique dans l’Empire romain au IVe siècle ap. J.-C., Rom 1992, 277–304, hier 297 f. 4 Celsinus Adelphius unter Magnentius in Schwierigkeiten, vgl. Amm. 16,6,2: Dorus … quem nitentium rerum centurionem sub Magnentio Romae provectum retulimus accussasse Adelfium urbi praefectum ut altiora coeptantem. Chastagnol, 134 nimmt an, dass er daraufhin zu Constantius II. geflohen sei. 2

Einleitung

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offensichtlich wird, dass keine der beiden Bürgerkriegsparteien positiv charakterisiert und dass (nach dem Ableben Constantius II.) die Katastrophe des Bürgerkriegs aus senatorischer Perspektive beklagt wurde1. Denkbar ist allerdings, dass Proba erst im Rückblick den panegyrischen Ton ihres eigenen Poems ignoriert hat, um den negativen Kontrast zu ihrem nun rein sakralen und Gott gewidmeten Cento hervorzuheben.

1

Bleckmann, Schlacht von Mursa. Vgl. M. Haake, „Trophäen, die nicht vom äußeren Feind, Triumphe, die der Ruhm mit Blut befleckt davon trug …“. Der Sieg im imperialen Bürgerkrieg des „langen dritten Jahrhunderts“ als ambivalentes Ereignis, in: H. Börm / M. Mattthes / J. Wienand (Hgg.), Civil War in Ancient Greece and Rome. Contexts of Disintegration and Reintegration, Stuttgart 2016, 237–301. Zur traditionell ablehnenden Beurteilung von Bürgerkriegssiegen s. Amm. 16,10,1 f. mit J. Wienand, „O tandem felix civili, Roma, victoria!“. Civil War Triumph from Honorius to Constantine and Back, in ders., Contested Monarchy. Integrating the Roman Empire in the Fourth Century AD, Oxford 2015, 169–97.

testimonia 1. AE 2001 a. 629 a XLII Clodi Adelfi c(larissimi) v(iri) et Faltoniae Probae c(larissimae) f(eminae) b. 629 b Clodi Adelfi c(larissimi) v(iri) et Falton[iae Probae c(larissimae) f(eminae)] 2. CIL VI 1712 Clodius Adelfius v(ir) clarisimus), ex praefectis urbis, uxori inconparabili et sibi fecit. 3. Isid. vir. ill. 5 Proba, uxor Adelphi proconsulis, femina inter viros ecclesiasticos idcirco posita sola pro eo, quod in laude Christi versata est componens Centonem de Christo Virgilianis coaptatum versiculis. cuius quidem non miramur studium, sed laudamus ingenium.

4. Isid. orig. 1,39,26 Proba, uxor Adelphi, Centonem ex Vergilio de fabrica mundi et evangeliis plenissime expressit. 5. cod. Vat. Pal. Lat. 1753 fol. 62r (cf. Fassina / Lucarini p. IX et XLVI) incipiunt indicula Centonis Probae, inlustris Romanae, Aniciorum mater, de Maronis, qui et Virgilii, Mantuani vatis libris. praedicta Proba, uxor Adelphi, ex praefecto urbis, hunc Centonem religiosa mente amore Christi spiritu ferventi prudenter enucliate defloravit. 2 libri coda.c. 4 deflorabit cod.a.c.

Zeugnisse 1. (Stempel auf Bleirohr aus Ostia) a. 629 a 42. Des Clodius Adelfius, vir clarissimus, und der Faltonia Proba, femina clarissima. b. 629 b Des Clodius Adelfius, vir clarissimus, und der Faltonia [Proba, femina clarissima]. 2. (Inschrift aus Rom) Clodius Adelfius, vir clarissimus, ehemaliger Stadtpräfekt, errichtete es (d. h. das Grabmal) für seine unvergleichliche Frau und für sich. 3. Isidor, Über berühmte Männer 5 Proba, Gattin des Prokonsuls Adelphius, wurde als einzige Frau unter die geistlichen Männer eingeordnet, und zwar deswegen, weil sie sich mit dem Lob Christi beschäftigt hat, indem sie einen Cento über Christus aus Vergil-Versen zusammengefügt hat. Ihren Eifer bewundern wir zwar nicht, aber wir loben ihr Talent. 4. Isidor, Ursprünge 1,39,26 Proba, die Gattin des Adelphius, stellte einen Cento über die Erschaffung der Welt und die Evangelien voll und ganz aus Vergil her. 5. Hs. Vaticanus Palatinus 1753 Es beginnen die kurzen Angaben zum Cento der Proba, einer angesehenen Römerin, Mutter der Anicier, aus den Büchern des Maro, der auch Vergil genannt wird, des Dichters aus Mantua. Die vorgenannte Proba, die Gattin des Adelphius, eines ehemaligen Präfekten der Stadt, hat diesen Cento in religiöser Gesinnung aus Liebe zu Christi mit glühendem Glaubenseifer in kluger und bündiger Weise gesammelt.

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(C 5) Proba, Bellum civile

fragmenta

1 (1) Proba, Cent. 1–9 iam dudum temerasse duces pia foedera pacis, regnandi miseros tenuit quos dira cupido, diversasque neces regum, crudelia bella, cognatasque acies, pollutos caede parentum insignes clipeos nulloque ex hoste tropaea, 5 sanguine conspersos tulerat quos fama triumphos, innumeris totiens viduatas civibus urbes, confiteor, scripsi: satis est meminisse malorum. nunc, deus omnipotens, sacrum, precor, accipe carmen. 3 post regum interpunxerunt Fassina et Lucarini, post neces pristini edd.

2 cod. Patavinus (olim Padolironensis) 527 fol. 105v, post Centonem (cf. Fassina / Lucarini p. VII sq. cum nota 2 et p. XLVII sq.) Proba, uxor Adelphi, mater Olibrii et Alypii, cum Constantii imperatoris bellum adversus Magnentium conscripsisset, conscripsit et hunc librum. 1 Aliepii cod. : corr. Montfaucon | Constantini cod. : corr. Montfaucon

fragmenta

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Fragmente

1 (1) Proba, Vergil-Cento 1–9 Darüber, dass die Führer den geheiligten Bund des Friedens entweihten, welche die grässliche Gier des Herrschens elend festhielt, über verschiedene Morde an Königen, über grausame Kriege, über Schlachten zwischen Verwandten, über prächtige Schilde, die vom Morde an den Eltern befleckt waren, über Trophäen, die von keinem äußeren Feind stammten, über mit Blut befleckte Triumphe, welche die Kunde bekannt gemacht hatte, über Städte, die so oft unzähliger Bürger beraubt wurden: darüber habe ich schon längst, ich gestehe es, geschrieben. Genug ist’s, sich dieser Übel zu erinnern. Nun, allmächtiger Gott, empfange, ich bitte dich, mein heiliges Lied.

2 Eintrag hinter dem Cento in einer Handschrift aus Padua Proba, die Gattin des Adelphius, die Mutter des Olybrius und des Alypius, schrieb, nachdem sie den Krieg des Kaisers Constantius gegen Magnentius niedergeschrieben hatte, auch dieses Buch.

Kommentar test. 1 Die Stempel auf Bleirohren der spätantiken Therme von Ostia bieten neben CIL VI 1712 den Beleg dafür, dass Proba die Frau des praefectus urbi Clodius Adelphius war (s. Einleitung). Anscheinend hatte das Paar Besitz in Ostia. [B. B.] XLII Die vor dem Namen Clodi stehende Zahl XLII liefert wahrscheinlich keine prosopographischen Informationen zu den beiden domini aquarum. Was genau die Funktion dieser Zahlen auf den antiken Wasserrohren war, ist immer noch nicht restlos geklärt, vgl. dazu H. Dressel in CIL XV, S. 910 f., der meinte, dass diese Zahlen entweder zur Angabe der Dimension der Röhre oder ihrer Position in der Reihenfolge der einzelnen Röhren der Wasserleitung dienten. Für nützliche Hinweise zu diesen Zahlen gebührt Maria Grazia Granino aus Siena großer Dank. [C. S.] test. 2 ex praefectis urbis Der individuelle Plural praefectis, der sich hier aber nur auf eine Person bezieht, dient vielleicht der größeren Emphase, während im Griechischen der Plural ἀπὸ ἐπάρχων gewöhnlich ist (z. B. Chron. Pasch. 565,2 Πρόκλοϲ ἀπὸ ἐπάρχων), vgl. ThLL s. v. praeficio Sp. 632,40, der diese Stelle und weitere Inschriften anführt, und H.-Sz. 16. fr. 1 iam dudum – scripsi Die weite Sperrung zwischen dem temporalen Adverb und dem Verb scripsi verleiht der ganzen Aufzählung der vergangenen Übel Emphase, vgl. dazu Lausberg, Handbuch der literarischen Rhetorik, Stuttgart 1990, 357 f. Rhetorisch verstärkt wird dies v. 8 durch den parenthetischen Einschub von confiteor und die unpersönliche Bemerkung satis – malorum, welche die an eine Priamel erinnernde Aufzählung abschließt und einen scharfen Gegensatz zum Neuanfang v. 9 mit dem temporalen Adverb nunc bildet.

Kommentar

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neces regum Mit Recht interpungieren im Gegensatz zu den früheren Herausgebern (wie z. B. Schenkl) Fassina / Lucarini, die als Parallele Verg. Aen. 12,500 f. caedes / diversas obitumque ducum anführen, nach regum, da der objektive Genetiv regum syntaktisch besser zu neces (vgl. auch Cic. Cat. 1,18 multorum civium neces) als zu bella passt. Denn bei Vergil kommt Aen. 8,146 crudeli … bello ohne weiteres Attribut vor (ebenso 11,532). sanguine conspersos tulerat quos fama triumphos Zu Recht fasst Green, Proba’s Introduction 551 in der Junktur fama ferre „fama as ‚rumour‘ or ‚report‘“ auf und gibt „fero its usual sense in this idiom: ‚triumphs which rumour had it were stained with blood‘.“ Vgl. dazu ebenso ThLL s. v. fama Sp. 219,23–36, der als Beispiele für diese Junktur z. B. Cic. rep. 2,25 quibus cum esse praestantem Numam Pompilium fama ferret oder Lucan. 3,417 f. iam fama ferebat / saepe cavas motu terrae mugire cavernas anführt. innumeris totiens viduatas Vgl. dazu die analoge Konstruktion in Verg. Aen. 8,571 tam multis viduasset civibus urbem. elend gefesselt hielt Constantius und Magnentius werden in lukanischer Diktion den republikanischen duces Caesar und Pompeius gleichgesetzt und ihre Herrschsucht und Bereitschaft zum blutigen Bürgerkrieg wird in Äquidistanz gegeißelt. Für die Interpretation der einzelnen Wendungen ist auf Bleckmann, Schlacht von Mursa, 71–73 zu verweisen. Trophäen, die von keinem äußeren Feind gewonnen wurden. Zum lukanischen Thema s. Bleckmann, Schlacht von Mursa, 72. Erinnert sei auch an die gängige Kritik an Constantius II., der nur in Bürgerkriegen Triumphe erzielt, außenpolitisch aber erfolglos bleibt, s. den Nachruf Ammians (22,16,15): ut autem in externis bellis hic princeps fuit saucius et afflictus, ita prospere succedentibus pugnis civilibus tumidus. habe ich schon längst … geschrieben Zwischen dem Bürgerkriegsgedicht und der Abfassung des Cento Virgilianus liegt also ein größerer Zeitraum. Proba ist auf jeden Fall vor Clodius Adelphius gestorben. Da dieser vor 333 corrector Apuliae et Calabriae war und 351 praefectus urbi, kann Clodius Adelphius bis in die 380er Jahre gelebt haben. Eine Abfassung des Bürgerkriegsgedichts in die Zeit des Constantius II. (noch vor der Konfrontation mit Julian) würde wahrscheinlich machen, dass das Gedicht einen panegyrischen Charakter hatte. Die Lebensdaten schließen aber nicht aus, dass das Gedicht in der Zeit der Konfrontation zwischen Julian und Constantius II. oder in den ersten Regierungsjahren Valentinians I. entstand. Ein solcher späterer Entstehungszeitpunkt würde eine Tendenz zugunsten des

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(C 5) Proba, Bellum civile

Constantius II. (die ohnehin in der Inhaltsangabe der Proba auf jeden Fall nicht bemerkbar ist) ausschließen. fr. 2 des Olybrius und des Alypius Vgl. PLRE 1, Olybrius 3 (Konsul 379) und PLRE 1, Alypius 13 (praefectus urbi 391).

(C 6) Iulianus imperator, Biblidion

Einleitung 355 wurde Julian von Constantius II. zum Caesar ernannt und nach Gallien geschickt. In der Schlacht von Straßburg (357) gelang ihm ein entscheidender Schlag gegen die Alamannen1. Dieser Sieg verschaffte dem jungen Caesar den prestigereichen Ruf, ein erfolgreicher Militärführer zu sein. Dazu trug nicht zuletzt auch der Umstand bei, dass er sein Licht nicht unter den Scheffel stellte, sondern eine Darstellung seines Erfolges verfasste. Diese Broschüre (das „Biblidion“) muss deutliche Züge enkomiastischen Eigenlobs getragen haben2. Das lässt sich Eunap entnehmen. Dieser hat nach eigener Aussage in seinen Historien den Feldzug von 357 nur kursorisch behandelt, um nicht der brillanten Darstellung Julians einen historischen Bericht im gleichen Maßstab und in der gleichen Stilhöhe gegenüberstellen zu müssen (test. 1). Der zeitnahe Brief 35 des Libanios, 358 nach dem Erdbeben von Nikomedeia verfasst, nimmt ebenfalls auf das „Biblidion“ Bezug und liefert einen Beleg für die rühmende Art der Selbstdarstellung Julians (test. 3). Schließlich lassen sich auch die im Winter 357/358 getätigten Äußerungen der Höflinge am Hofe Constantius’ II. zur schriftstellerischen Betätigung des siegreichen Unterkaisers gut verstehen, wenn sie diesem literarischen Zeugnis galten, das geeignet war, das Prestige des Oberkaisers Constantius II. zu verdunkeln (test. 5). Diskutiert wird die Frage, ob Julian neben der Schlacht von Straßburg auch weitere Aktionen, die er als Caesar in Gallien unternommen hat, beschrieben hat. F. Paschoud geht davon aus, dass die Schrift Julians, das Biblidion, allein die Schlacht von Straßburg behandelte und weitere Schriften nicht existierten3. Damit stellt er sich gegen Positionen, die aus dem Biblidion ein Werk zum Gesamtkrieg in Gallien machen, in dessen Zentrum dann die Schlacht von Straßburg stand4. Die Formulierungen bei Eunap (test. 1) sind in dieser Beziehung in der Tat einigermaßen präzise. Die dort erwähnte 1

Zur Schlacht von Straßburg Rosen, Julian, 147–53; Drinkwater, The Alamanni and Rome, 225–40. 2 Vgl. zum Biblidion und zu den Hypomnemata FGRHist 238; Janiszewski, Missing Link 113–16. Zu beachten ist ferner Bidez / Cumont, ep. 160, 212 f. („Libellus de pugna Argentoratensi“.) 3 Paschoud, Les Fragments 8,8a et 9, 290 f. Vgl. Rosen, Julian, 148. Die Feststellung geht auf Borries, Quellen zurück. 4 Z. B. Bleckmann, Reichskrise 413 f.; Wiemer, Libanios und Julian 83: „verlorene Monographie (…), in deren Mittelpunkt die Schlacht bei Straßburg stand.“

(C 6) Iulianos imperator, Biblidion

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Broschüre Julians über den „Feldzug“ kann sich nur auf die Kampagne von 357 mit der Schlacht von Straßburg bezogen haben. Die von Ammian bezeugten Reaktionen am Kaiserhof des Constantius II. machen weiter deutlich, dass diese Broschüre bereits 358 im Osten bekannt war und dass das Biblidion somit kein Gesamtwerk zu allen Kriegstaten in Gallien gewesen sein kann (test. 6). Bei Libanios fällt auf, dass er noch am Anfang der Alleinherrschaft Julians offenkundig nur vom Biblidion über die Schlacht in Straßburg erfahren hatte und dass ihm nicht einmal diese Schrift selbst vorlag1. Trotzdem schließen diese Zeugnisse nicht aus, dass es neben diesem Biblidion weitere Berichte Julians über die eigenen Erfolge gegeben haben könnte. Vor der Redaktion des Biblidion scheint Julian bereits für den Feldzug von 356 berichtende Bulletins verfasst zu haben2. Aufgrund der ablehnenden Reaktionen, die dann sein Biblidion am Hofe des Constantius II. angeblich erfahren hatte3, erschienen, solange Julian als Caesar im Westen weilte, weitere rühmende Berichte über die eigenen Großtaten eher als inopportun. Als aber Anfang 360 die offene Konfrontation mit Constantius II. ausgebrochen war und Julian den gleichen Rang wie sein Cousin bean-

1

Vgl. test. 3 und test. 5. Vgl. zur Existenz von Briefen Eunap fr. 14,7 Müller = 23,2 Blockley (allerdings eher auf spätere Kampagnen zu beziehen). Aus der Darstellung Ammians (17,11,1: quod non tunc primitus accidit) wird deutlich, dass die Höflingen Julians nach der Schlacht von Straßburg nicht zum ersten Mal über die Selbstdarstellung des Caesar lästern, sondern eine Reaktion wiederholen, die sie vermutlich bereits nach der ersten Kampagne von 356 an den Tag gelegt hatten. 3 Das Selbstlob Julians erscheint freilich weniger penetrant, wenn man sich klar macht, dass ein Großteil seiner damaligen literarischen Produktion der panegyrischzeitgeschichtlichen Darstellung der Großtaten des Constantius II. galt. Vgl. zur Simultanität des Sieges von Straßburg und der schriftstellerischen Tätigkeit zur Überhöhung des Constantius Liban. ep. 369,1 = Norman, Letters, Nr. 30: (An Julian) „Du hast einen doppelten Sieg davongetragen, den einen in den Waffen, den anderen in der Rede, und für dich steht ein Tropaion, einerseits von den Barbaren, andererseits von mir, dem Freund.“ Auf die Schlacht von Straßburg wird der erste Sieg (in den Waffen) bezogen von Wiemer, Libanios und Julian 20, s. bereits Bidez / Cumont, Epistulae, Nr. 160, p. 213. Mit dem Sieg über Libanios sollen die Erfolge in der Redekunst gemeint sein, nämlich die mit or. 59 konkurrierende erste Lobrede Julians auf Constantius. Die abweichende These, hier eine Anspielung auf die Art und Weise zu erkennen, in der Julian über seine eigenen Siege schreibt, ist mit Wiemer abzulehnen. S. auch Leppin, Late Empire 419 Anm. 11. 2

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spruchte, bestanden keine Gründe mehr, sich mit Berichten über die Kampagnen an der germanischen Grenze zurückzuhalten, und zwar auch für Rückblicke auf Kriegstaten der vorangehenden Jahre. Vermutlich waren diese Darstellungen aber literarisch weniger ausgefeilt als das mit rhetorischer Vollendung gestaltete Biblidion und fanden auch weniger Verbreitung. Die Festrede des Libanios zum Konsulatsantritt für 362 (or. 12), in der man nach Spuren für die unter Julian als Augustus bekannt gemachten Berichte suchen könnte, beschränkt sich jedenfalls allein auf die Anfänge der Aktionen des Caesars bis zur Schlacht von Straßburg1. Erst der Epitaphios (or. 18) des Libanios erhält dann sehr viel detailliertere Angaben zu den Germanenfeldzügen Julians nach der Schlacht von Straßburg, die freilich nicht zwingend julianischem Material entnommen sein müssen2. Den Beweis für die Existenz eines von Julian verfassten und die Ereignisse nach der Schlacht von Straßburg behandelnden Berichts hat W. Koch führen wollen, und zwar aufgrund der Feststellung von Übereinstimmungen zwischen dem Brief Julians an die Athener und der Erzählung Ammians. Da Ammian den Brief Julians nicht benutzt habe, seien die Übereinstimmungen notwendigerweise auf eine gemeinsame Quelle zurückzuführen, nämlich den Tatenbericht Julians. Die von Koch dargelegten Übereinstimmungen betreffen aber vor allem die Geschichte der Erhebung Julians zum Augustus, für die Ammian mit Sicherheit, wenn vielleicht nicht den Brief der Athener, so doch eines der vielen anderen Rechtfertigungsschreiben, die Julian in dieser Zeit geschrieben hat, zur Kenntnis genommen hat3. Etwas anders verhält es sich lediglich bei dem Stück, in dem Julian in seinem Brief an die Athener Details zum Salier- und Chamavenfeldzug 1

Die Darstellung von 12,20–32 bleibt äußerst vage und läuft dann vor allem auf die Aussage hinaus, Julian habe die Rheingrenze wiederhergestellt. 2 Liban. or. 18,68–89. 3 Koch, Kaiser Julian 344–46. Auseinandersetzung mit der These von Koch und zur mutmaßlichen Abhängigkeit Ammians von Julians Brief an die Athener bzw. dem nicht mehr erhaltenen Brief an den Senat (Amm. 21,10,7) bei Sabbah, Méthode d’Ammien 294–304. Die Rechtfertigungsschreiben aus der Zeit der Usurpation benutzen, wie im Folgenden dargelegt wird, Material aus den Hypomnema-Aufzeichnungen Julians. Sie sind aber nicht als autobiographische Literatur zu definieren, anders M. Alexandre, Fragments autobiographiques dans l’oeuvre de Julien, In: M. Baslez / P. Hoffmann / C. Peront (Hgg.), L’invention de l’autobiographie d’Hésiode à Saint Augustin, Paris 1993, 285–303. S. dagegen Leppin, Late Empire 419, Anm. 13. Zum Brief an die Athener s. S. Stöcklin-Kaldewey, Kaiser Julian, An den Senat und das Volk der Athener. Einleitung, Übersetzung und Kommentar, Klio 97 (2015) 687–725.

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bringt. Dieses Element erweckt den Eindruck eines Tatenberichts, der tatsächlich im Stil der Commentarii Caesars verfasst ist: „Ich nahm die Unterwerfung eines Teils des Volkes der Salier an, die Chamaven aber vertrieb ich, wobei ich viele Rinder und Frauen zusammen mit den Kindern ergriff. Ich flößte allen so sehr Furcht ein und sorgte so sehr dafür, dass mein Einfall Schrecken verbreitete, dass ich sofort Geiseln erhielt und der Getreidezufuhr einen sicheren Eingang verschaffte“1. In gleicher Folge berichtet Ammian über die Unterwerfung von Saliern (wie bei Julian durch deditio) und Chamaven2. Es besteht hier eine große Wahrscheinlichkeit dafür, dass Ammians Erzählung aus einem Tatenbericht Julians stammt, den dieser selbst in verkürzter Form dann auch in seinem Brief an die Athener eingefügt hat. Details über den Chamavenfeldzug, bei dem die Frage der Geiselstellung eine herausragende Rolle spielt, bezeugen des weiteren unabhängig voneinander Eunap und Petros Patrikios in einer Anekdote3. Auch in diesem Fall gibt es eine große Wahrscheinlichkeit für die Annahme, dass beide auf ein Bulletin Julians rekurrieren4. Ein letzter Punkt ist hier anzuführen: In seiner Polemik gegen Kyllenios scheint Julian ebenfalls zur Belehrung seines Kontrahenten einen kleinen Tatenbericht eingefügt zu haben, der möglicherweise auf Ereignisse ohne Zusammenhang mit der Schlacht von Straßburg einging, nämlich auf einen 1

Iul. imp. ep. ad. Ath. 280 b–c. Bei der Getreidezufuhr geht es Lieferungen von Britannien an die Rheingrenze. 2 Amm. 17,8,4 f. sowie die Synopse bei Koch, Kaiser Julian 344. Eunap. fr. 10,1 und Amm. 17,8,3 weisen Ähnlichkeiten der Formulierung des Tatbestands auf, dass die Salier das durch deditio erhaltene Land wie ihr eigenes ansehen dürfen. 3 Vgl. Eunap. fr. 12 = 18,6 Blockley und Petr. Patr. fr. 18 Müller. Üblicherweise wird angenommen, dass Petros Patrikios aus Eunap geschöpft hat (s. z. B. Blockley, The Classizing Fragmentary Historians, 132, Anm. 33), was jedoch die (von Blockley in einem Fall hervorgehobenen) Unterschiede zwischen den beiden Berichten nicht ausreichend erklärt. Zu den Quellenbeziehungen (mit der Annahme einer gemeinsamen Grundquelle), vgl. zuletzt F. Paschoud, Eunape, Pierre le Patrice, Zosime, et l’Histoire du fils du roi Barbare [2000], in: ders. Eunape, Olympiodore, Zosime. Scripta minora, Bari 2006, 395–402. 4 S. bereits meinen Vorschlag bei Bleckmann, Reichskrise 414 Anm. 73. Damit sind auch wörtliche Anklänge zwischen Petros und Eunap erklärbar, die Alan Cameron, The Last Pagans of Rome, Oxford 2011, 673 f. in seiner Argumentation für eine direkte Benutzung des Eunap durch Petros anführt. Eine detaillierte Diskussion soll in KFHist zu Eunap fr. 12 Müller = 18,6 Blockley und Petros Patrikios fr. 18 Müller erfolgen. Zum Wert der Stellung von Königssöhnen als Geiseln s. auch die Episode zu Vadomars Sohn bei Eunap. fr. 13 Müller = 19 Blockley.

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Feldzug gegen die „Nardiner“1. Der lückenhafte Text der Passage Eunaps, die die Polemik Julians wiedergibt, scheint zu belegen, dass Julian eine größere Gesamtdarstellung seiner Erfolge plante und Einzelaspekte dieser Taten bereits in erzählerisch konzipierten Briefen behandelte: „Und obwohl er behauptet, dass man keinen brauche, der die Taten berichte (…), und sich fremde Schriften über seine eigenen Taten (...) verbittet, schreibt er dann wegen der Größe der Ereignisse aus eigenem Antrieb nicht eine einfache Geschichte, sondern eine (…) glänzende Lobrede auf sich selbst, wobei er dieses Thema vielen gegenüber durch seine Briefe verherrlicht.“2 Neben der Frage, inwiefern Julian neben dem Bericht über die Schlacht von Straßburg andere Selbstzeugnisse über seine Taten hinterlassen hat und ob es vielleicht Erweiterungen der kleinen Schrift über die Ruhmestaten von 357 gab, ist auch zu fragen, inwiefern die späteren ausführlichen historiographischen und (im Falle des Libanios) quasi-historiographischen Berichte über die Schlacht von Straßburg Teile des Biblidion reflektieren. Während Eunap ja bewusst die Ereignisse zur Schlacht von Straßburg ausgeklammert hat, haben die Darstellungen des Libanios und des Ammian gerade diese Schlacht zum Höhepunkt ihrer Erzählung gemacht3. Dabei bietet Ammian bekanntlich eine wenig realistische Schlachtbeschreibung, die insbesondere epische und stereotype Schilderungselemente aufweist, wie die „Waffen, die auf Waffen stoßen“4. Diese epischen Elemente sind wohl ausschließlich der Darstellungskunst Ammians zu verdanken. Einige Züge seiner Schilde-

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Weitere Details im Eintrag zu Kyllenios (KFHist C 7). Koch, Kaiser Julian 337 sieht hier den Hinweis auf „die Einleitung zu einem größeren historischen Werke Julians über seine Kriegstaten“. Julian habe in der Zeit, in der er sich als Augustus selbständig gemacht habe, eine Fortsetzung zum Biblidion geschreiben. Von Hypomnemata Julians, die dann auch Quelle zur Geschichte des Perserfeldzugs gewesen sein sollen, geht Hecker aus. Die These von Koch wird von Bidez / Cumont, Epistulae, 28 f. (Nr. 25) aufgenommen. Sie fügen zwei mutmaßliche Stücke aus dieser Fortsetzung des Biblidion hinzu, die sie einerseits in Übereinstimmungen aus Liban. or. 18,94 und Zos. 3,3,2 (a), andererseits in der Notiz Suda χ 473 s. v. χρῆμα erkennen wollen, vgl. den Kommentar zu C 14, fr. 1,3. 3 Amm. 16,12. Die 18. Rede des Libanios hat Züge einer historiographischen Darstellung, vgl. zur Schlacht von Straßburg 18,52–62. 4 Vgl. zur Darstellung der Schlacht von Straßburg Bitter, Kampfschilderungen bei Ammian 56–101; C. A. Crump, Ammianus Marcellinus as a Military Historian, Wiesbaden 1979; R. C. Blockley, Ammianus Marcellinus on the Battle of Strasburg, Art and Analysis in the History, Phoenix 31 (1977) 218–31. 2

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rung enthalten aber anscheinend durchaus spezifische und authentische Angaben. Das gilt etwa für das Detail, die germanischen Mannschaften hätten auch von ihren Königen verlangt, vom Pferd abzusteigen, um gewissermaßen in demokratischer Weise gemeinsam mit den Mannschaften zu Fuß zu kämpfen1. In solchen Fällen könnte man einen Anhaltspunkt dafür haben, dass Ammian aus Julians Erzählung geschöpft hat. In der Quellenforschung des 19. Jahrhunderts ist die Ansicht vertreten worden, dass Julian auch für den Perserkrieg selbst Aufzeichnungen verfasste, die dann in die historiographische Überlieferung eingingen. Für die späteren Phasen des Perserkriegs, der einen immer katastrophaleren Verlauf nahm, ist dies vermutlich auszuschließen. In einem im März 363 in Hierapolis verfassten Schreiben Julians an Libanios liegt aber immerhin für die Anfangsphase des Krieges ein Beispiel dafür vor, wie der Kaiser sein Itinerar beim Aufmarsch gegen die Perser relativ exakt beschrieb2. Als Stationen werden benannt Litarba, Beroia (Aufenthalt einen Tag, mit Besichtigung der Akropolis, einer Unterredung mit dem Stadtrat über den Götterkult), Batne, Hierapolis (Gesandte zu den Arabern geschickt; Verhinderung, dass heimliche Überläufer Nachrichten geben; Militärprozess; Zusammenziehen von Pferden und Maultieren etc.)3. Ein Teil der hier zusammengestellten Fragmente der schriftstellerischen Tätigkeit des Kaisers ist von Jacoby (FGrHist 238, T 1–3) in der Rubrik „Autobiographien. Memoiren“ seiner Sammlung berücksichtigt worden, also gerade nicht in der Rubrik Spezialgeschichte „m) Kaiserzeit“. Janiszewski hat dagegen das Biblidion unter „Contemporary histories. B. Histo-

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Amm. 16,12,34 f. Hierzu Drinkwater, Alamanni and Rome 239. S. dazu allerdings Bitter, Kampfschilderungen 75 mit Anm. 219, demzufolge Ammian historiographischen Vorbildern über das Verhalten guter Feldherren, die im Kampfe absitzen, verpflichtet ist. Dadurch, dass die Alamannenherrscher dazu erst gezwungen werden müssen, erweisen sie sich als arrogant. S. ferner den Verweis auf (als typisch germanisch geltende) „Kampfkeile“, in 16,12,20: densantes semet in cuneos. Zu den cunei s. H. Beck, Art. Fylking, RGA 10 (2010) 291–293. Authentisch sind auch die prosopographischen Nachrichten über die alamannische Führung: 16,12,24–26. 2 Iul. imp. ep. 98. Kommentar bei Caltabiano, L’epistolario di Giuliano 269 f. Ein weiterer Hinweis bei Liban. or. 1,132, vgl. Sabbah, Méthode d’Ammien 132. 3 Die Aufenthalte können auf den Tag genau datiert werden (5. März–9. März 363), vgl. Destephen, Voyage impérial, 365. Stenger, Hellenische Identität 258 vermutet, dass der Brief möglicherweise als Hypomnema für ein von Libanios zu verfassendes Geschichtswerk gedacht war.

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ries of military campaigns of Julian the Apostate” eingeordnet. Die Zuweisung zu der einen oder der anderen Rubrik ist gleichermaßen möglich, da Julian mit der Darstellung zur Schlacht von Straßburg zwar eine autobiographische Schrift vorgelegt hat, diese sich jedoch von üblichen zeitgeschichtlich-panegyrischen Produkten kaum abhebt. Das unterscheidet dieses autobiographische Stück deutlich von den ideologisch und philosophisch geprägten Ausführungen Julians im Brief an die Athener oder im autobiographischen Mythos in der Schrift gegen Herakleios. Letztere vertreten deutlicher den Typus der als Selbstrechtfertigung konzipierten, programmatischen Autobiographie von Kaisern1.

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Vgl. zu früheren Beispielen F. Chausson, La pratique de l’autobiographie politique au IIe et IIIe siècles, Cahiers du Centre Gustave Glotz 20 (2009) 79–110; R. Westall / F. Brenk, The Second and Third Century, in: G. Marasco (Hg.), Political Autobiographies and Memoirs in Antiquity, Leiden – Boston 2011, 363–416.

testimonia 1. (1) Eunap. hist. fr. 9 Müller (= Exc. sent. Eunap. 7 p. 77,9–23) (1) τῆϲ δὲ ϲτρατείαϲ ταύτηϲ (sc. Iuliani) ϲφοδροτάτηϲ τε ἅμα καὶ κλεινοτάτηϲ τῶν πρὸ αὐτῆϲ γενομένων τὴν διήγηϲιν ἐϲ τήνδε τὴν γραφὴν ἐντείνοντεϲ οὐ πειϲόμεθα (loquitur Eunapius) ταὐτὸν τοῖϲ ἐν ἡμέρᾳ δᾷδαϲ ἀναϲχοῦϲιν, ἵνα τι κρυπτόμενον ἀνεύρωϲιν· (2) 5 οὐδὲ ὑπὲρ ὧν ἱκανῶϲ ἅμα καὶ ϲυνενθουϲιῶν τοῖϲ ἑαυτοῦ καλοῖϲ βιβλίδιον ὅλον τῇδε ἀναθεὶϲ τῇ μάχῃ διῆλθεν ὁ βαϲιλικώτατοϲ καὶ ἐν λόγοιϲ ᾽Ιουλιανόϲ, αὐτοὶ παραβαλούμεθα καὶ ϲυνεκθήϲομεν ἑτέραν γραφὴν τὰ αὐτὰ ϲημαίνουϲαν, ἀλλὰ τοῖϲ μὲν βουλομένοιϲ τὸ μέγεθοϲ τῶν ἐκείνου λόγων τε καὶ ἔργων ἀναϲκοπεῖν ⟨ἀναγι10 νώϲκειν⟩ τὸ περὶ τούτων βιβλίον ἐπιτάξομεν καὶ πρὸϲ ἐκείνην φέρεϲθαι τὴν ἀκτῖνα τῆϲ ϲυγγραφῆϲ ἐκ τῆϲ ἐνεργείαϲ τῶν τότε ὑπ᾽ αὐτοῦ πραχθέντων ἐπὶ τὴν τοῦ λόγου δύναμιν ἀπορρυεῖϲαν καὶ διαλάμψαϲαν. (3) αὐτοὶ δὲ ὅϲον οὐ πρὸϲ ἅμιλλαν μειρακιώδη καὶ ϲοφιϲτικήν, ἀλλ’ εἰϲ ἱϲτορικὴν ἀκρίβειαν ἀναϲτῆϲαι καὶ διαπλάϲαι 15 τὸν λόγον, ἐπιδραμούμεθα τὰ γεγενημένα, ϲυνάπτοντεϲ τοῖϲ εἰρημένοιϲ τὰ ἐχόμενα. 4 ἀνάπτουϲιν Polak 6 βιβλίον Cobet 9 post ἀναϲκοπεῖν add. ἀναγινώϲκειν van Herwerden, duce Niebuhr, qui post βιβλίον 13 ὅϲον cod. : θέλοντεϲ van Herwerden 14 ἀναϲτῆϲαι suspectat van Herwerden : ἀναϲτῆναι G. Martin : an καταϲτῆϲαι?

2. Zos. 3,2,4 τὰ μὲν οὖν ἐντεῦθεν (sc. inde a Gallia recepta) ἄχρι παντὸϲ τοῦ βίου Ἰουλιανῷ πραχθέντα ϲυγγραφεῦϲι καὶ ποιηταῖϲ ἐν πολυϲτίχοιϲ γέγραπται βίβλοιϲ, εἰ καὶ μηδεὶϲ τῶν ϲυγγεγραφότων τῆϲ ἀξίαϲ τῶν ἔργων ἐφίκετο· πάρεϲτι δὲ τῷ βουλομένῳ ϲυλλαβεῖν 5 ἅπαντα τοῖϲ λόγοιϲ ἐντυγχάνοντι τοῖϲ αὐτοῦ καὶ ταῖϲ ἐπιϲτολαῖϲ. 3. Liban. ep. 35,6 (= ep. 38,6 Norman) (codd. VVoSVi) κάλλιϲτον δὲ ὧν ἤκουον τὸ ἐλαύνειν ϲε τοὺϲ βαρβάρουϲ καὶ τὰϲ νίκαϲ εἰϲ ϲυγγραφὴν ἄγειν καὶ τὸν αὐτὸν ὄντωϲ ῥήτορά τε εἶναι καὶ ϲτρατηγόν. Ἀχιλλεῖ μὲν γὰρ Ὁμήρου ἔδει καὶ Ἀλεξάνδρῳ πολλῶν Τιτήνων, τρόπαια δὲ τὰ ϲὰ μνήμηϲ τεύξεται τῇ τοῦ ϲτήϲαντοϲ 5 φωνῇ· τοϲοῦτον ἔφθηϲ τοὺϲ ϲοφιϲτὰϲ οὐ τὰ ἔργα μόνον πόνον αὐ1 ϲε Reiske : τε codd. 3 sq. καὶ – Τιτήνων om. SVi 4 Τιτήνων VVo : ἐπαινετῶν Asmus : τοιούτων Wolf

Zeugnisse 1. (1) Eunap, Historien 7 (1) Die Beschreibung dieses Feldzugs (d. h. Julians), des heftigsten und des berühmtesten unter denen, die vor diesem sich ereignet haben, spannen wir in diese Schrift ein, doch wir (Eunap spricht) werden nicht das gleiche erleiden wie diejenigen, die am Tag Fackeln hochhalten, damit sie irgendetwas Verborgenes auffinden. (2) Und wir werden nicht über die Dinge, über die Julian, der auch in seiner Ausdrucksfähigkeit der vollendete Kaiser ist, in hinlänglicher Weise und zugleich in stürmischer Begeisterung wegen seiner schönen Taten berichtet hat, indem er ein ganzes Büchlein diesem Kampf gewidmet hat, noch einmal eine zweite Schrift daneben stellen und verfassen, die das gleiche darstellt, sondern denen, die die Größe seiner Worte und Werke betrachten wollen, denen werden wir auftragen, das Buch über diese Dinge ⟨zu lesen⟩ und sich jenem Glanz der Schrift zuzuwenden, der aus der Kraft der damals von ihm betriebenen Taten in die Kraft der Rede geflossen und erstrahlt ist. (3) Für meinen Teil werde ich, insofern ich meine Erzählung nicht aufstelle und forme, um sie in jugendlicher oder sophistischer Art wetteifern zu lassen, sondern um historische Genauigkeit zu erzielen, das Geschehene eilig durchgehen, indem ich die folgenden mit den bereits erzählten Ereignissen verknüpfe. 2. Zosimos 3,2,4 Was Julian seitdem (d. h. nach der Übernahme Galliens) bis zur Vollendung seines Lebens getan hat, ist von Schriftstellern und Dichtern in umfangreichen Büchern verfasst worden, wenn auch keiner der Autoren den Wert der Taten erreicht hat. Es ist für jeden möglich, alles zu erfassen, wenn er dessen Schriften und Briefe liest. 3. Libanios, Brief 35,6 Das Schönste aber, was ich gehört habe, ist, dass du die Vertreibung der Barbaren und die Siege in eine Schrift bringst und dass du in der Tat zugleich Rhetor und Stratege bist. Achill nämlich bedurfte Homers und Alexander vieler Titanen, die Denkmäler deines Sieges werden durch die Stimme dessen, der sie errichtet hat, der Nachwelt überliefert werden. So sehr hast du die Gelehrten übertroffen, dass du ihnen nicht bloß

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τοῖϲ προθείϲ, ἀλλὰ καὶ τὴν πρὸϲ τοὺϲ λόγουϲ, οὓϲ ἐπὶ τοῖϲ ἔργοιϲ ἐποίηϲαϲ, ἅμιλλαν.

4. (2) Liban. or. 13,25 sq. (codd. CAPUVIMoBMS) (25) ἐνταῦθα δὴ τοῦ λόγου γενόμενοϲ Ὅμηροϲ μὲν ἂν εἶπεν· „ἔϲπετε νῦν μοι Μοῦϲαι Ὀλύμπια δώματ’ ἔχουϲαι“ (Il. 2,484), ἐγὼ δὲ ϲοῦ δεηθείην ἂν εἰπεῖν, ὅπωϲ ἕκαϲτα πέπρακται. δεῖ δὲ οὐδέν ϲοι πρὸϲ ταῦτα ϲτόματοϲ, ἀλλ᾽ ἀποχρήϲει δοῦναι τὴν ϲυγγραφήν, ἣν 5 ὧν αὐτὸϲ ἔπραξαϲ ϲυνέθηκαϲ, ὁ αὐτὸϲ γενόμενοϲ καὶ ϲτρατηγὸϲ καὶ ϲυγγραφεύϲ. (26) ἀλλ᾽ ἐκεῖνα μέν μοι χορηγήϲει πρὸϲ μῆκοϲ λόγου μικρὸν ὕϲτερον, ἐπειδὰν εἰϲ τὸ πᾶν ἀφεῖναι πέλαγοϲ ὁ θεὸϲ ἐπιτρέπῃ, νῦν δὲ τὸ κεφάλαιον τῶν εἰργαϲμένων (καὶ γὰρ εἰϲ ἅπαϲαν ἐξέδραμε τὴν οἰκουμένην) εἰρήϲεται. 3 οὐδέ Morel 4 sq. ἣν αὐτὸϲ ὁ πράξαϲ Morel 5 ἔπραξαϲ αὐτὸϲ dub. Förster 7 sq. ἐπιτρέπῃ CAPVa.c.BMS : ἐπιτρέ`ψ´ῃ Vp.c.IMo : ἐπιτρέποι U

5. (3) Liban. ep. 610 (1) ἔπεμψά ϲοι (Iulianum imperatorem adloquitur) τὸν λόγον μικρὸν ὑπὲρ μεγάλων πραγμάτων. τοῦ δὲ καὶ μείζω γενέϲθαι λόγον ϲὺ δήπου κύριοϲ, εἰ δοίηϲ ἀφ’ ὧν ἂν γένοιτο μείζων. (2) δοὺϲ μὲν οὖν δηλώϲειϲ, ὅτι με τεχνίτην ἐγκωμίων ἡγῇ· μὴ δοὺϲ δὲ δώϲειϲ 5 ἕτερα ὑποπτεύειν.

6. Amm. 17,11,1 (cod. VCDE) haec cum in comitatu Constantii subinde noscerentur (erat enim necesse tamquam apparitorem Caesarem super omnibus gestis ad Augusti referre scientiam), omnes, qui plus poterant in palatio, adulandi professores iam docti, recte consulta prospereque conpleta vertebant in de5 ridiculum, talia sine modo strepentes insulse: „in odium venit cum victoriis suis capella, non hom*o“, ut hirsutum Iulianum carpentes, appellantesque „loquacem talpam“ et „purpuratam simiam“ et „litterio2 apparitorem om. edd. veteres 4 vertebat V

testimonia

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deine Taten zur Ausarbeitung vorlegst, sondern ihnen auch den Wettstreit mit deinen Reden auferlegst, welche du über deine Taten verfasst hast. 4. (2) Libanios, Rede 13,25 f. (25) An dieser Stelle des Berichts angekommen, hätte Homer gesagt: „Sagt mir nun, Musen, die ihr in den Olympischen Häusern wohnt“ (Il. 2,484). Ich aber würde dich bitten zu sagen, wie alles im einzelnen verrichtet wurde. Es bedarf für dich hier keineswegs eines mündlichen Berichts, sondern es wird genügen, die Schrift auszuhändigen, die du selbst über deine Taten angefertigt hast, indem du zugleich Feldherr und Schriftsteller geworden bist. (26) Aber jene werden mir ein wenig später für die längere Behandlung Material liefern, wenn der Gott es mir gewährt, auf das hohe Meer hinauszufahren, jetzt aber soll nur die Hauptsache der unternommenen Taten (denn sie sind schon in die ganze Welt hinausgegangen) erzählt werden. 5. (3) Libanios, Brief 610 (1) Ich habe dir (er spricht Kaiser Julian an) die kleine Schrift über die großen Taten geschickt. Du bist aber gewiss in der Lage, dass auch eine größere Schrift als diese entsteht, wenn du das gewährst, wodurch sie größer werden kann. (2) Wenn du das nun gibst, wirst du offenkundig machen, dass du mich für einen Handwerker der Lobreden hältst. Wenn du es nicht gibst, wirst du Anlass dazu geben, anderes zu vermuten. 6. Ammianus Marcellinus 17,11,1 Als das aber am Hof des Constantius unmittelbar darauf bekannt wurde (der Caesar musste nämlich wie ein Amtsdiener alle Taten zur Kenntnis des Augustus bringen), zogen alle, die im Palast über größeren Einfluss verfügten, Lehrer, die des Schmeichelns schon kundig waren, die klug getroffenen Entscheidungen und deren glückliche Durchführung ins Lächerliche. Abgeschmackt ließen sie dabei folgendes ohne Maß ertönen: „Zu Verhasstheit gelangte mit seinen Siegen eine Ziege, nicht ein Mensch“, indem sie Julian, weil er behaart war, herabsetzten, und sie nannten ihn „geschwätzigen Maulwurf“, „Affen in Purpur“ und

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nem Graecum“ et his congruentia plurima. atque ut tinnacula principi resonantes audire haec taliaque gestienti, virtutes eius obruere verbis 10 inpudentibus conabantur ut segnem incessentes et timidum et umbratilem gestaque secus verbis comptioribus exornantem, quod non tunc primitus accidit. 8 atque ut tinnacula Löfstedt : atque utinnacula V : aeque ut tintinnabula Unger : ut in aula E : vernacula Castelli : ut tintinnacula Clark : velut tintinnacula Kellerbauer

7. Liban. or. 15,45 (codd. CAPUVIBM) ἡ πόλιϲ αὕτη (sc. Antiochia), ἵνα τὰ παλαιότερα παρῶ, πυνθανο -μένη ϲου τὰϲ περὶ Ῥῆνον μάχαϲ καὶ νίκαϲ καὶ λόγων ἀπεργαϲίαϲ καὶ τὴν ἄλλην ἀρετὴν δημοϲίᾳ μὲν οὐκ ηὔξατο τοῖϲ θεοῖϲ ϲὴν γενέϲθαι τὴν γῆν (οὐ γὰρ ἐξῆν), καθ’ αὑτὸν δὲ ἕκαϲτοϲ ἢ κατὰ ϲυμ5 μορίαϲ τῶν ταῦτα βουλομένων αἰτοῦντεϲ οὐ διέλιπον τὸν Δία τὰ μὲν φθείροντα τὴν ἀρχὴν παῦϲαι, δοῦναι δὲ τῷ ϲώϲοντι τὸ κράτοϲ. 5 τὰ codd. : τὸν dub. Reiske

8. vide Cyllen. (C 7) fr. 1.

testimonia

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„griechischen Pedanten“ und sehr vieles, was dazu passte. Wie Schellen hallten sie in den Ohren des Princeps wider, der heiß begehrte, dieses und solches zu hören, und versuchten seine Tugenden durch schamlose Ausdrücke zu verdunkeln, indem sie ihn als träge, furchtsam und schattenhaft schmähten und als einen, der in übler Weise seine Misserfolge mit recht zierlichen Worten ausschmückte, was damals nicht zum ersten Mal geschah. 7. Libanios, Rede 15,45 Als diese Stadt (d. h. Antiochia), um die älteren Dinge zu übergehen, von deinen Kämpfen und Siegen am Rhein, von der Vollendung deiner Reden und von deinen sonstigen Qualitäten erfuhr, betete sie zwar nicht in der Öffentlichkeit darum zu den Göttern, dass die Erde dir untertänig werden möge (nicht war es nämlich erlaubt), aber ein jeder bat einzeln oder in Gruppen von Leuten, die das wollten, ununterbrochen Zeus darum, das, was das Imperium zugrunde richte, zu beenden, dem Retter aber die Macht zu geben. 8. Siehe Kyllenios (C 7) fr. 1.

Kommentar test. 1 (1) τὴν διήγηϲιν ἐϲ τήνδε τὴν γραφὴν ἐντείνοντεϲ Nach LSJ s. v. ἐντείνω V 2 bedeutet das Verb allgemein „place exactly in“ und speziell „versifizieren, vertonen“ (z. B. Plat. Hipparch. 228 d ταῦτα ... ἐντείναϲ εἰϲ ἐλεγεῖον bzw. ποιήματα ... εἰϲ τὰ κιθαρίϲματα ἐντείνοντεϲ). Hier sollte man aber von der Grundbedeutung „einspannen, einsetzen“ ausgehen, vgl. Eunap vit. soph. 9,23,6 εἰϲ δεύτερον προοίμιον ὁ Προαιρέϲιοϲ ἐντείνων τὸν λόγον. οὐ πειϲόμεθα ταὐτὸν Auch wenn theoretisch die Verbform πειϲόμεθα sowohl von πείθω als auch von πάϲχω abgeleitet werden kann, ergibt die Konstruktion mit ταὐτὸν und einem weiteren Objekt im Dativ nur dann einen Sinn, wenn es von πάϲχω abgeleitet wird, wie zahlreiche Parallelen zeigen (vgl. z. B. Plat. leg. 635 d ταὐτὸν πείϲονται τοῖϲ ἡττωμένοιϲ τῶν φόβων oder Liban. or. 11,14 οὐ ταὐτόν γε πείϲομαι τοῖϲ πολλοῖϲ, οἳ πᾶν … βιάζονται δεικνύειν). τοῖϲ ἐν ἡμέρᾳ δᾷδαϲ ἀναϲχοῦϲιν Da die Junktur δᾷδαϲ ἀνέχειν ebenfalls in einem Fragment von Euripides’ Cretes TrGF F 472,13, in dem der Chor sagt, dass er Μητρί τ’ ὀρείᾳ δᾷδαϲ ἀναϲχών, vorkommt und an dieser Stelle sinnvoll ist, scheint Polaks von Boissevain erwähnte Konjektur ἀνάπτουϲιν, die zwar eine anderswo durchaus belegte Junktur (etwa Polyaen. 1,12,1 κατὰ κορυφὰϲ τῶν ὀρῶν δᾷδαϲ καὶ λυχνούχουϲ ἀνάπτειν) und meistens sinnvolle Junktur ist, da es am Tag in der Regel unnötig ist, Fackeln anzuzünden, nicht zwingend zu sein, besonders deswegen, weil nicht nur das Anzünden von Fackeln, sondern noch viel mehr ihr Hochhalten bei Tageslicht eine treffende Metapher für eine überflüssige Handlung ist. das Gleiche erleiden Entscheidend ist, ob das Partizip von πείθω oder πάϲχω abgeleitet ist. Die bisherigen Übersetzungen ziehen das erstere vor, vgl. Blockley, Fragmentary Classicising Historians II 23 und Janiszewski, Missing Link 114: „I shall not be persuaded to the same course.“ S. aber Koch, Kaiser Julian 335: „werde ich mich vor dem Lose derjenigen hüten“. S. den phil. Komm.

Kommentar

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(2) βιβλίδιον ὅλον C. G. Cobet, Ad Eunapii fragmenta, Mnemosyne N. S. 10,1 (1882) 27–41, hier 30, glaubt, dass die sonst nirgends belegte Junktur βιβλίδιον ὅλον, die soviel wie βιβλίδιον μέγα bedeute, lächerlich sei und durch das geläufigere βιβλίον ὅλον (so häufig bei Galen, etwa in de temperamentis CMG 1,645 ἐφεξῆϲ οὕτω βιβλίον ὅλον … γράψαι) ersetzt werden müsse. Es ist zwar möglich, dass ein Leser des Werks βιβλίον durch den Werktitel Julians βιβλίδιον ausgetauscht hat. Der Umfang eines βιβλίδιον, das ein Blatt Papier oder Dokument bezeichnen kann, ist meistens gering, da es z. B. auch an einen Pfeil geheftet werden kann, vgl. Plut. Cim. 12,4 ἅμα δὲ τοξεύοντεϲ ὑπὲρ τὰ τείχη βιβλίδια προϲκείμενα τοῖϲ ὀϊϲτοῖϲ und Procop. Goth. 7,9,20 f., wo Totila kurze Briefe (γραμμάτια) an die Römer sendet, die ebenso als βιβλίδια bezeichnet werden. Allerdings ist es häufig synonym zu βιβλίον, so etwa Plut. sanit. praec. 20. 133 A, wo beide Begriffe Schriften bzw. Bücher bezeichnen, deren Länge nicht angegeben wird. Daher fügt Plut. Brut. 13,3 bei den von Bibulus über Brutus verfassten Memoiren hinzu, dass es τι βιβλίδιον μικρὸν ἀπομνημονευμάτων war. An dieser Stelle muss also das Deminutiv durch das Adjektiv μικρόν verstärkt werden (ebenso schon Dem. 56,1 βυβλιδίῳ μικρῷ). In Plb. 23,2,5 wird ein βυβλίδιον οὐ μέγα mit ὑπομνήματα gleichgesetzt. Bei βιβλίδιον ὅλον gibt das attributive Adjektiv dagegen keine Auskunft über den Umfang der Schrift, sondern über ihren monographischen Charakter, aus der Eunap, der nicht das gesamte Büchlein in sein Werk einzufügen beabsichtigt, nur die wichtigsten Ereignisse entnehmen und in sein eigenes Werk einarbeiten will. Da die Junktur an dieser Stelle gut in den Gedankengang Eunaps passt, sollte man also an der überlieferten Lesart βιβλίδιον festhalten. ἀναϲκοπεῖν ⟨ἀναγινώϲκειν⟩ Schon Niebuhr hat erkannt, dass der Satz, der einen Gedanken aus Thuc. 1,22,4 (ὅϲοι δὲ βουλήϲονται τῶν τε γενομένων τὸ ϲαφὲϲ ϲκοπεῖν … ὠφέλιμα κρίνειν αὐτὰ ἀρκούντωϲ ἕξει) wiederaufnimmt, ohne Ergänzung eines Infinitivs bei ἐπιτάττω nicht sinnvoll ist. Während er diesen nach βιβλίον setzt, schlägt mit Recht van Herwerden, Spicilegium 201 vor, ἀναγινώϲκειν nach ἀναϲκοπεῖν zu setzen, was angesichts der Ähnlichkeit der beiden Formen leicht zu einer Haplographie führen konnte. (3) ὅϲον van Herwerden, Spicilegium 201 glaubt, dass in diesem Satz ein Partizip fehlt, da die Infinitive ἀναϲτῆϲαι und διαπλάϲαι sonst von keinem Prädikat abhängen würden. Daher ersetzt er das überlieferte ὅϲον, das er für eine Korruptel hält, mit einem Partizip wie θέλοντεϲ, γνόντεϲ,

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κρίναντεϲ, βουλόμενοι oder ähnlichen. Indessen drückt ὅϲον mit folgendem (konsekutivem) Infinitiv eine Einschränkung aus, vgl. K.-G. 2,511 Anm. 3. ἀναϲτῆϲαι Ebenso hält van Herwerden, Spicilegium 201 den überlieferten Infinitiv ἀναϲτῆϲαι bei λόγον für korrupt, ohne aber eine Alternative vorzuschlagen. Die Junktur ist außer in der Septuaginta (z. B. Ez. 13,6 καὶ ἤρξαντο τοῦ ἀναϲτῆϲαι λόγον), wo sie „das Wort Gottes erfüllen“ bedeutet, sonst nirgends belegt. Wahrscheinlich bedeutet εἰϲ ἱϲτορικὴν ἀκρίβειαν ἀναϲτῆϲαι … τὸν λόγον soviel wie „die Darlegung nach der historischen Genauigkeit hin ausrichten“ (Hinweis von M. Stein). Da ἀνιϲτάναι auch im Kontext der Verursachung und Auslösung eines Krieges steht, könnte hier Eunap eine kühne Metapher gewagt haben, mit der er dem rhetorischen und schriftstellerischen Wettkampf (πρὸϲ ἅμιλλαν μειρακιώδη καὶ ϲοφιϲτικήν) als sein Ziel die Erreichung historischer Genauigkeit entgegenstellt (εἰϲ ἱϲτορικὴν ἀκρίβειαν), wobei nicht nur die Variatio der Präpositionen πρὸϲ und εἰϲ zur Angabe des Zwecks, sondern auch die chiastische Stellung der Nomina und der Adjektive zu beachten ist. Eine andere Möglichkeit besteht darin, anstelle des transitiven ἀναϲτῆϲαι das intransitive ἀναϲτῆναι zu wählen, das für den Redner, der aufsteht und sich zu sprechen anschickt, gebraucht wird (vgl. LSJ s. v. B), wobei das Objekt τὸν λό– γον nur mit διαπλάϲαι verbunden wird (Hinweis von G. Martin, der als Übersetzung vorschlägt: „Wir werden die Ereignisse nur streifen, insofern als wir uns nicht zu einem jugendlichen Wettkampf unter Schaurednern, sondern mit Blick auf die historische Genauigkeit erheben und den Bericht formen, und so das Folgende mit dem bereits Erwähnten verbinden“). Vielleicht stand aber ursprünglich ein Verb wie καθιϲτάναι, vgl. Apoll. Dysc. 1,1 (p. 86,6), für den die Hinzufügung von Iota der Dual ϲφῷν attisch wird und eine Aussage verdeutlicht: ἡ πρόϲθεϲιϲ οὖν τοῦ ι ποιοῦϲα τὸ Ἀττικὸν καὶ εἰϲ ἀκρίβειαν τὸν λόγον καθιϲτάνει. Daher kann man ohne weiteres eine Verschreibung von ΑΚΡΙΒΕΙΑΝΚΑΤΑϹΤΗϹΑΙ in ΑΚΡΙΒΕΙΑΝΑΝΑϹΤΗϹΑΙ vermuten. Ereignissen verknüpfte Das Testimonium wird in Übereinstimmung mit Janiszewski, Missing Link 114 weiter ausgeführt. Jacoby lässt es schon einen Satz vorher enden. Aber aus dem letzten Satz erfährt man, dass Eunap doch eine ganz kursorische Zusammenfassung geboten hat. Möglicherweise findet man daher bei von Eunap abhängigen Autoren einen schwachen Reflex des Tatenberichts Julians. Vgl. zu den Gründen, aus denen Eunap hier nicht eine im Umfang gleiche Darstellung wie das Biblidion bietet, Sabbah,

Kommentar

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Méthode d’Ammien 36: „Lorsqu’il mentionne le biblidion que Julien ‘exalté par ce combat’ consacra à la bataille de Strasbourg, Eunape précise qu’il n’imitera pas cet ouvrage en sophiste, parce qu’il a pris pour règle de conformer son récit à l’exactitude historique.“ Das würde allerdings voraussetzen, dass Eunap letztlich den Bericht Julians kritisiert. Es geht aber Eunap um die Aussage, dass mit Julian zu konkurrieren vermessen und nicht mehr als eine bloße rhetorische („sophistische“) Übung wäre. Ziel ist die historische Genauigkeit, für die der Verweis auf Julians Werk und eine knappe Zusammenfassung genügt. test. 2 ἄχρι παντὸϲ τοῦ βίου Die Junktur hat keine exakte Parallele, aber mit der Präposition μέχρι kommt sie etwa Plut. consol. Apoll. 26. 114 F vor: τί δέ; παυϲόμεθά ποτε λυπούμενοι ἢ ἀκαταπαύϲτῳ ϲυμφορᾷ ϲυνεϲόμεθα μέχρι παντὸϲ τοῦ βίου; und bedeutet auch hier soviel wie „bis zur Vollendung des Lebens, das ganze Leben lang“. Aus diesem Grund braucht man nicht wie Mendelssohn, Zosimus 113 Anm. 1 in seiner Ausgabe τοῦ βίου zu tilgen analog zu 5,49,2 (εἰρήνην μή ποτ’ ἔϲεϲθαι … ἀλλ’ ἄχρι παντὸϲ αὐτῷ πολεμήϲειν) oder τέλουϲ anstelle von παντὸϲ zu schreiben, jedoch ohne gute Parallelen für die Junktur anzuführen. Doch ohne den Zusatz τοῦ βίου weist ἄχρι bzw. μέχρι παντὸϲ auf das letzte Ende, die äußerste Grenze hin, vgl. z. B. Dem. 25,25 ὅτι ἔξεϲτι καὶ λέγειν καὶ ποιεῖν μέχρι παντὸϲ ὅ τι ἂν βούληταί τιϲ ἐν δημοκρατίᾳ, und drückt eine etwas andere Nuance aus. dessen Schriften und Briefe Keine Hypomnemata, vgl. Paschoud, Zosime II 1,66: „Il faut abandonner l’idée de voir derrière ces λόγοι de prétendus Commentaires sur ses campagnes, rédigés par Julien et complétés après sa mort par ses amis, car il est constant qu’ils n’ont jamais existé, mise à part une description de la bataille de Strasbourg.“ Dagegen Koch, Kaiser Julian 338: Zosimos paraphrasiere Eunapios und setze an die Stelle des Biblidion „die ihm bekannten und von ihm benutzten Schriften Julians“. Die These wurde von Hecker, Zur Geschichte des Kaisers Julian, entwickelt, vgl. dazu Paschoud, Zosime I,L f.

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test. 3 Früher Hinweis auf die Schrift über die Schlacht von Straßburg s. Koch, Kaiser Julian 340; Iul. imp. ep. 160. Der Brief wurde bald nach dem Erdbeben von Nikomedeia 358 geschrieben und im Winter 358/359 dem von Antiocheia nach Gallien reisenden Pompeianus mitgegeben, vgl. Wiemer, Libanios und Julian 22. πολλῶν Τιτήνων Der Hinweis, dass Alexander der Große Hilfe von den Titanen erhalten hat, weist sonst nirgends Parallelen auf, wie schon Norman, Libanius, Autobiography 1,480 f. Anm. g bemerkt hat. Daher haben an dessen Stelle Asmus ἐπαινετῶν und Wolf τοιούτων vorgeschlagen; doch sind diese Konjekturen nicht wirklich befriedigend, da sie ohne Rücksicht auf die Überlieferung den Text vereinfachen. Sud. τ 677 erwähnt, dass Titanen den Menschen helfen, die sie um Hilfe anrufen. An dieser Stelle werden wohl die verschiedenen Gefährten, die Alexander auf seinem Feldzug begleitet und seine Taten aufgezeichnet haben, mit Titanen verglichen, da sie dazu übermenschliche Qualitäten benötigt haben. test. 4 Im Prosphonetikos des Jahres 362 spricht Libanios (13,25 f.) in Antiocheia vor dem Kaiser persönlich seine Erwartung aus, genauere Informationen über die letzten Aktivitäten Julians zu erhalten, und verweist auf dessen literarische Tätigkeit. Die ϲυγγραφή, die Julian selbst über seine Taten angefertigt hat und die Libanios noch nicht kennt, ist mit dem Biblidion identisch, vgl. Wiemer, Libanios und Julian. Die vom Schriftsteller-Kaiser geschilderten Taten bieten das Material für eine große, in Aussicht gestellte „längere Behandlung“ durch Libanios. [B. B.] ἔϲπετε νῦν μοι Μοῦϲαι Ὀλύμπια δώματ’ ἔχουϲαι Dies ist der erste Vers der Apostrophe (Il. 2,484; 11,218; 14,508; 16,112), mit der sich der Iliasdichter an die Musen wendet, wenn er sie als Zeugen eines wichtigen Ereignisses befragen will, so etwa vor dem Schiffskatalog Il. 2,484–93. Libanios, der sich an Julian wendet, nimmt hier nur den ersten Vers auf und verlangt, anders als Homer von den göttlichen Musen, von ihm lediglich Einsicht in seine Schrift (ϲυγγραφή). Natürlich verleiht die Homerreminiszenz dem Brief Würde und dient als Höflichkeitsstrategie gegenüber dem Adressaten, von dem Libanios etwas erhalten will.

Kommentar

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ἣν ὧν αὐτὸϲ ἔπραξαϲ ϲυνέθηκαϲ Auch wenn das Aufeinandertreffen von zwei Relativpronomen ungewöhnlich erscheinen mag (daher hat Morel ἣν αὐτὸϲ ὁ πράξαϲ vorgeschlagen), legen Parallelen wie Eus. h. e. 6,12,2 λέξειϲ, δι᾿ ὧν ἣν εἶχε περὶ τοῦ βιβλίου γνώμην προτίθηϲιν nahe, dass der Text hier nicht verderbt ist. Dadurch, dass hier αὐτόϲ vor beiden Verben steht, wird betont, dass Julian selbst die Taten vollbracht und aufgezeichnet hat. test. 5 Bei Bidez / Cumont, Epistulae, 212 f. (Nr. 160) unter die Zeugnisse für den „Libellus de pugna Argentoratensi“ (also das „Biblidion“) eingeordnet. Julian soll dem Libanios durch die Übersendung einer ausführlicheren Darstellung einen Gefallen erweisen, damit er sich durch dessen Überarbeitung als Künstler panegyrischer Rede profilieren kann. Wiemer, Libanios und Julian, 118–23 argumentiert überzeugend, dass ep. 610 ein Begleitschreiben zum Prosphonetikos von 362 war und im August/September 362 dem Kaiser übersandt wurde. Offenkundig hatte Libanios zum Zeitpunkt des Prosphonetikos nur Kenntnis von der Existenz des Biblidion, hatte aber sein Bild der Erfolge Julians lediglich aus den im Osten zirkulierenden offiziösen Berichten gewonnen. Libanios bittet um Berichte über die Großtaten Julians, die dessen Perspektive einnehmen, unter anderem auch die des Biblidion. test. 6 Es geht um die Reaktionen am Kaiserhof des Constantius II. nach dem Sieg Julians über die Alamannen auf die Selbstdarstellung Julians als Sieger. Mit Koch, Kaiser Julian 340 ist anzunehmen, dass das Biblidion, das Libanios bereits 358 vom Hörensagen (s. ep. 35 = test. 3) kannte, im Winter 357/358 schon zur Kenntnis an den Kaiserhof gelangte. Möglicherweise war es zusammen mit einer relatio (also dem Bericht, den der Caesar an den Oberkaiser schicken musste) oder anstelle einer relatio von Julian an den Kaiserhof geschickt worden. Koch bezieht die Bezeichnung als „geschwätziger Maulwurf“ (loquax talpa) und als „griechischen Schulmeister“ (litterio Graecus) auf die im Biblidion manifest gewordene literarische Produktion des Caesars. Der Hinweis, dass diese Kritik nicht zum ersten Mal geschieht,

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(C 6) Iulianos imperator, Biblidion

sondern sich im Zusammenhang mit der Schlacht von Straßburg nur wiederholt, kann als Indiz dafür gewertet werden, dass schon für 356 ein ähnlicher Tatenbericht Julians einging. atque ut Zu atque ut mit der Bedeutung von tamquam si bzw. quasi vgl. H.-Sz. 478 f. und Löfstedt, Vermischte Beiträge 105 f. mit weiteren Belegstellen, weshalb die von Gardthausen, Ammiani 132 in seiner Edition gemachte Korrektur von atque in aeque überflüssig ist. tinnacula Das von V überlieferte utinnacula ist wohl nicht eine Haplographie von ut tintinnacula (einer Variante von ut tintinnabula). Löfstedt, Vermischte Beiträge 104 f. hält tinnacula für die richtige Form, weil in der grammatischen Literatur auch Kurzformen wie tinnabulum bzw. tinnibulum vorkommen; ebenso De Jonge, Philological and Historical Commentary on Ammianus, 267, der aufgrund von tinnire neben titin(n)ire für die Existenz von tinnaculum plädiert. geschwätziger Maulwurf Was ein geschwätziger Maulwurf sein soll, ist bisher noch nicht zufriedenstellend erklärt. Vielleicht ein nicht verständlicher Hinweis aus einer verlorenen Fabel, so De Jonge, Philological and Historical Commentary on Ammianus, 266. test. 7 Der Presbeutikos des Libanios (or. 15) versuchte, Julian dazu zu bewegen, trotz der offenkundig gewordenen Spannungen (nach dem bevorstehenden Perserfeldzug) erneut Antiocheia zu besuchen, vgl. zum Kontext der Rede Wiemer, Libanios und Julian 217–46. Behauptet wird dabei in unzutreffender Weise, die Stadt habe schon vor 360 heimlich Sympathien für den am Rhein aktiven Caesar bzw. ab 360 für den (nicht anerkannten) Augustus empfunden. Bei der Kunde von den Taten am Rhein scheinen in der unklaren Wendung des Libanios auch die eigenen Schriften des jungen Caesar eine Rolle zu spielen („Perfektion deiner Reden“). Über die wirkliche Kommunikationssituation vor 360/361 sagt die Rede zwar nichts aus, wohl aber, dass Libanios um 363 von der Existenz von angeblich ganz ausgeführten Schriften ausging, die man mit den zuvor beschriebenen Siegen in Verbindung bringen kann. Die Ausführungen sind aber zu vage, um beurteilen zu können, ob hier das Biblidion zur Schlacht von Straßburg oder andere Schriften gemeint sind. Das heimliche Flehen für das Ende des Constantius II. („das, was das Imperium zugrunde richte“) und für den Sieg des „Retters“ Julian suggeriert eine Parteinahme der Antiochener für Julian während der

Kommentar

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Spannungen zwischen Constantius II. und dem Usurpator Julian ab Februar 360. Die „Kämpfe und Siege am Rhein“ können aber schon diejenigen der 350er Jahre, einschließlich der Schlacht von Straßburg sein. test. 8 Eunap weist darauf hin, dass Julian die Darstellung des Kyllenios durch eine eigene Darstellung korrigierte, s. dazu den Kommentar zu KFHist C 7 und die Einleitung, S. 231–33.

(C 7) Kyllenios

Einleitung Wie für das Biblidion Julians hat man es beim Geschichtswerk des Kyllenios1 mit dem Fall eines Fragments zu tun, das selbst nur aus den fragmentarischen Stücken eines seinerseits verloren gegangenen Historikers bekannt ist, nämlich wieder aus dem Geschichtswerk Eunaps (fr. 14,7 Müller = 23,7 Blockley). Eunap selbst kennt das Geschichtswerk des Kyllenios nicht aus erster Hand, sondern aus einem Brief, den Julian gegen Kyllenios gerichtet hat2. Kyllenios bot eine unmittelbar zeitgenössische Darstellung eines Feldzugs, die dem Hauptakteur Julian anscheinend nicht gefiel und die dieser daher durch eine eigene Darstellung korrigierte. Den genauen Grund der Polemik Julians kann man dabei nicht eruieren und auch nicht, worin die Abweichung von der Wahrheit bestand, derer sich Kyllenios schuldig gemacht haben soll. Es bleibt insbesondere völlig offen, gegen wen der Feldzug überhaupt gerichtet war. Die gegnerischen „Nardiner“ sind sonst nicht bekannt. Ihre Identifizierung mit den früheren Naristen scheint nicht möglich, obgleich gelegentlich, wie im Falle der Brukterer3, ältere, scheinbar längst abgelegten Volksnamen, im vierten Jahrhundert reaktiviert worden sein können4. Vorstellbar wäre allenfalls, dass eine Splittergruppe der Quaden, mit denen man es im vierten Jahrhundert zu tun hatte, diesen Namen trug. Aber Julian selbst hat im Unterschied zu Constantius II. keinen Krieg gegen diese geführt. Die Idee, in den Nardinern Dardaner sehen zu wollen, ist dagegen mit Paschoud zurückzuweisen5. Selbst wenn mit den Dardanern hier nicht der frühere Volksstamm, sondern die Provinz Dardania und mit dem „Krieg“ die Implikation ihrer Bewohner in den Bürgerkriegshandlungen von 361 gemeint sein sollten, ist festzustellen, dass es blutige militärische 1

Vgl. FGrHist 222; Janiszewski 116–21; Banchich, Kyllenios. Vgl. Iul. imp. ep. 25. 3 Sulpicius Alexander (Greg. 2,9) zu den Brukterern als fränkischer Teilstamm. Vgl. die Erläuterungen zu Sulpicius Alexander (KFHist D 4). 4 Zurückweisung dieser Idee Müllers durch Banchich, Kyllenios (BNJ), da die Naristi nirgends mit Julian verbunden seien. Die Naristi siedelten nördlich der oberen Donau, zwischen Hermunduren einerseits, Markomannen und Quaden andererseits, vgl. Tac. Germ. 42. In der Historia Augusta begegnen sie (Marcus 22,1) als Varistae. Vgl. G. Neumann / B. Günnewig, s. v. Naristi/Varistae, RGA 20 (2002) 550–54. Die Naristi verschwinden nach dem 2. Jh. 5 Blockley, R., Eunapius fr. XIV.7: Julian as an Homeric Hero? LCM 6 (1981) 213 f.; Blockley, Classizing Historians 133, Anm. 44. Stenger, Hellenische Identität 256, mit Anm. 35. Dagegen Paschoud, A propos des fragments 8–61 475. 2

(C 7) Kyllenios

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Auseinandersetzungen während des Aufmarsches Julians 361 in Illyricum gerade nicht gegeben hat. Denkbar wäre allenfalls, dass das rasche Vorrücken über die Donau als Erfolg gegen die angrenzenden Barbaren ausgegeben wurde1. Aber auch dann ist unklar, wie Julian hier ausführlich über eigene Taten berichtet haben kann. Die Annahme, dass es sich bei dem Feldzug gegen die „Nardiner“ letztlich um einen Feldzug gegen die Alamannen handelt, ist inhaltlich, wenn auch nicht paläographisch, am naheliegendsten2. Sie würde auch inhaltlich passen, weil im Falle der Alamannen das Interesse Julians an einer korrigierenden Darstellung erkennbar wird. Denn an den Aktionen gegen die Alamannen in den 350er Jahren war (z. B. in kombinierten Unternehmen) auch Constantius II. beteiligt und es gab sogar Berichte, die die Taten des Augustus völlig in den Vordergrund stellten und den Anteil des Caesars Julian ganz ausklammerten. Ferner war klar, dass auch dort, wo Julian als Caesar agierte, dies unter dem Oberbefehl des Constantius II. geschah, der dafür dann auch den Ruhm für den Erfolg erntete. Gegen diese zeitgenössischen Darstellungen, die Constantius II. einen höheren oder sogar den einzigen Anteil am Sieg zuwiesen, polemisiert Ammian ganz offen, wobei er vergisst, dass selbstverständlich dem eigentlichen Inhaber der Oberbefehlsgewalt und der Auspizien das Prestige des Sieges zukam3. Es ist zu vermuten,

1

Zum triumphalen Vorrücken und zur Abschreckung der Barbaren an der Donau bei Mamertinus Paneg. 3 (11), 7,1–3 und Liban. or. 13,38 ist auf die Einschätzung von Szidat, Historischer Kommentar, Teil III, 84 zu verweisen, der die vermeintlichen militärischen Erfolge für gegenstandslos hält. Von Kämpfen Julians gegen Sarmaten und Quaden in Pannonien geht dagegen P. Kovács, Kaiser Julian in Pannonien, über Pannonien, in: A. Szabó (Hg.), From Polites to Magos. Studia György Németh Sexagenario dedicata, Budapest 2016, 169–87 aus. Zum Sarmaticus-Titel Julians S. Conti, Die Inschriften Kaiser Julians, Stuttgart 2004, Nr. 17 f. und Nr. 58 f. 2 Im Namen will E. A. Thompson, Eunapius, frg. XIV 7, CR 57 (1943) 70 einen Hinweis auf den Alamannenkönig Chnodomar (Epit. Caes. 42,14: Nodomarius) erkennen. 3 Amm. 16,12,70. Zu diesen Berichten s. Wiemer, Libanios und Julian 85. Seine Großtaten ließ Constantius II. in Edikten bekannt machen, die von dem am Hofe des Kaisers weilenden Kalliopios redigiert wurden, vgl. Liban. ep. 410 und 442 sowie zum Hofaufenthalt Liban. ep. 403 und 441 (Norman, Letters, Nr. 13), vgl. Wiemer, a. a. O. und PLRE I, Calliopius 2. Julian erregte sich darüber, dass Constantius II. auch den Glanz des Sieges von Straßburg für sich in Anspruch nahm, vgl. zu Iul. imp. ep. ad Ath. 279 d; Liban. or. 12,49 mit Stenger, Hellenische Identität 255.

Einleitung

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dass Kyllenios der Autor einer solchen panegyrischen Darstellung der Großtaten des Constantius II. war1 und dass dementsprechend Julian an Kyllenios ein Exempel statuierte, sobald er die Macht allein innehatte. Er nutzte in diesem Fall die Möglichkeit zur Geschichtskorrektur und war darum bemüht, seinen eigenen Anteil am Alamannensieg hervorzuheben2. Die Bekämpfung eines intellektuellen Parteigängers des gerade verstorbenen Constantius wäre dann als Parallele zur Polemik Julians gegen den Kyniker Herakleides zu werten3. Wegen der Angewohnheit Eunaps, Personen nicht mit Namen, sondern nur mit Anspielungen zu bezeichnen, erwägt G. Martin, dass Kyllenios kein Personenname ist, sondern als Hinweis auf die Herkunft aus Kyllene oder als ironische Gleichsetzung mit Hermes zu verstehen ist.

1

Die These, dass Kyllenios ein Anhänger des Constantius II. gewesen sein könnte, bei Janiszewski, Missing Link, 119 f. Allerdings soll er eher den Bürgerkrieg des Constantius II. gegen Julian möglicherweise in dichterischer Form behandelt haben. 2 Van Nuffelen / Van Hoof, Clavis Historicorum 281 (Nr. 273) fassen den Bericht des Julian über den Kampf gegen die „Nardiner“ als ein weiteres panegyrischhistorisches Werk Julians auf. In der vorliegenden Zusammenstellung werden alle die eigenen Taten Julians rühmenden Berichte unter einer einzigen Nummer (C 7) subsumiert. 3 Zu den Umständen dieser Stellungnahme s. B. Bleckmann, Julians Selbstverständnis und seine Kritik an der Konstantinischen Dynastie in der Rede gegen Herakleios, in: H.-G. Nesselrath (Hg.), Von „falschen Hunden“ und wahren Mythen. Kaiser Julian, An die Adresse des Kynikers Herakleios, Tübingen 2021, 299–328, hier 327, mit Anm. 137 und 138. Gegen die Anhänger des Constantius II. wurde Anfang 362 in Schauprozessen vorgegangen: Amm. 22,3. Zu den Säuberungen im Kaiserpalast Amm. 22,4.

fragmentum

1 (test. 1) Eunap. hist. fr. 14,7 Müller (= Exc. sent. Eunap. 16 p. 79,12–23) (1) ὅτι περὶ τῆϲ ϲτρατείαϲ τῆϲ κατὰ Ναρδινῶν πολυτρόπου γενομένηϲ ἐκτίθηϲι μὲν αὐτὸϲ ᾽Ιουλιανόϲ, ἄλλα δὲ ἀλλαχοῦ καὶ πρὸϲ πολλοὺϲ ἀναφράζων ἐν ἐπιϲτολαῖϲ. (2) πρόϲ τινα γοῦν Κυλλήνιον καὶ ταῦτα ἐξηγούμενον τὰ μὲν ἐπιτιμῶν ὡϲ διαμαρτάνοντα τῆϲ 5 ἀληθείαϲ φαίνεται καὶ παρεκτίθηϲί γε τὰ πραχθέντα, ὅπωϲ γέγονε. (3) φάϲκων δὲ μὴ δεῖϲθαι τοῦ τὰ ἔργα λέγοντοϲ (οὐδὲ γὰρ Παλαμήδην ῾Ομήρου προϲδεηθῆναί φηϲιν εἰϲ δόξαν) καὶ τὰϲ ἀλλοτρίαϲ ϲυγγραφὰϲ τῶν ἰδίων ἔργων ὑπὸ μεγαλοψυχίαϲ παραιτούμενοϲ, αὐτὸϲ ὅμωϲ διὰ μέγεθοϲ τῶν πεπραγμένων πρὸϲ τὸ λέγειν αὐτὰ 10 καταϲειόμενοϲ οὐδὲ ϲυγγραφὴν ἁπλῆν, ἀλλ’ ἔπαινον νεανικόν τινα καὶ λαμπρὸν ἑαυτοῦ διέξειϲιν αὐτοκέλευϲτοϲ, καὶ πρὸϲ πολλοὺϲ αὐτὰ διὰ τῶν ἐπιϲτολῶν ὑμνῶν. 1 Ναρδινῶν cod. : Δαρδάνων Blockley : Ἀλαμανῶν Bekker : Ναριϲκῶν Müller : Χονοδομαρίου Thompson 1 sq. πολυτρόπου γενομένηϲ Mai : πολύτροπον γενομένην cod. 10 νεανικόν cod. : ἱϲτορικόν Blockley : ἀκριβῆ Müller

Fragment

1 (test. 1) Eunap, Historien 16 (1) Was den Feldzug gegen die Nardiner betrifft, der einen wechselhaften Verlauf nahm, so legt Julian selbst das eine hier und das andere dort dar und ruft es in Briefen an viele wieder in Erinnerung. (2) Gegenüber einem gewissen Kyllenios etwa, der ebenfalls diese Ereignisse darlegt, tadelt er, dass manches offensichtlich die Wahrheit verfehlt, und stellt dann vielmehr die Tatsachen auf, wie sie gewesen sind. (3) Obwohl er behauptet, dass er keinen brauche, der die Taten berichte (Palamedes habe auch nicht zusätzlich Homers bedurft, um berühmt zu werden), und sich fremde Schriften über seine eigenen Taten aufgrund seiner Hochherzigkeit verbittet, verfasst er gleichwohl selbst, wegen der Größe der Ereignisse zur Erzählung dieser Dinge angetrieben, nicht bloß eine einfache Geschichte, sondern eine etwas ungestüme und glänzende Lobrede auf sich selbst, wobei er dieses Thema vielen gegenüber durch seine Briefe verherrlicht.

Kommentar fragmentum (1) Ναρδινῶν Zur schwierigen Identifizierung der Nardiner und verschiedenen Konjekturen, um den Text zu verbessern, s. die Einl. zu diesem Autor. wechselhaften Verlauf Die Wendung πολύτροποϲ verweist auf das weiter unten zur Sprache gebrachte Odysseus-Thema. Die Angabe zum wechselhaften Verlauf schließt eine Identifizierung des Feldzugs gegen die Nardiner mit dem erfolgreichen Feldzug Julians gegen die Alamannen im Jahre 357 eher aus. (3) ἔπαινον νεανικόν τινα Das überlieferte Adjektiv νεανικόν schien einigen modernen Herausgebern unpassend zu sein, weshalb Müller ἀκριβῆ und Blockley ἱϲτορικόν vorgeschlagen haben. Doch sind diese Korrekturen wohl überflüssig, da Eunap bewusst Julians Schrift, die nicht einmal eine ϲυγγραφὴ ἁπλῆ ist, mit Begriffen versieht, die zur Gattung des Enkomions gehören: zunächst steht der Hinweis auf Homer und den Ruhm (δόξαν), dann folgen das Adjektiv λαμπρὸν und darauf das Partizip ὑμνῶν, die sonst nicht direkt mit der Geschichtsschreibung in Verbindung stehen. Daher passt auch νεανικόν, das hier positiv die ungestüme Kraft des jugendlichen Kaisers im Loben beschreibt. Doch wird diese, um wegen ihres Übermaßes nicht als Kritik gedeutet zu werden, durch den Zusatz des Indefinitpronomens τινα abgeschwächt. Palamedes Der Vergleich mit Palamedes soll nach Janiszewski, Missing Link, 119 f. besser zum Bürgerkriegsgeschehen passen. Palamedes wurde Opfer der Hinterlist des Odysseus, in gleicher Weise wie Julian Opfer der Hinterlist des Constantius II. wurde. Palamedes ist aber vor allem ein intellektuell selbst Odysseus überlegener und umsichtiger Heerführer. Das kann sich durchaus auch zu den Aktionen Julians gegen die Alamannen fügen. fremde Schriften über seine eigenen Taten Es handelt sich um einen weiteren Beleg dafür, dass die Produktion von zwischen Panegyrik und Geschichtsschreibung angesiedelten, aktuellen Darstellungen extrem reichhaltig war und zweifelsohne auch nicht durch die (angebliche) Unmutsbekundung Julians verhindert werden konnte. S. dazu die Belege in der Einleitung S. 11.

Kommentar

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Briefe verherrlicht Jacoby (FGrHist 222) schließt das Fragment schon vorher ab bzw. lässt den Abschluss mit κτλ. offen. (Übernommen von Banchich, Kyllenios). Die Ausführungen über den Gegenentwurf Julians müssen noch zum Kyllenios-Fragment hinzugenommen werden, weil sich hier zusätzliche Aufschlüsse über den Inhalt der Darstellung des Kyllenios gewinnen lassen. Julian war bemüht, nach der Erlangung der Alleinherrschaft Darstellungen der Feldzüge der 350er Jahre, die den Anteil des Constantius II. gegenüber seinem eigenen überbetonten, zu korrigieren.

(C 8) Oreibasios

Einleitung Vorgestellt wird hier nur das historische Werk des Oreibasios, sein Hypomnema zu den Taten Julians1. Oreibasios gehörte zu den engsten Freunden Julians und hatte ihn bereits nach Gallien begleitet. Wegen seiner heidnischen Einstellung stand er ihm besonders nahe und soll sogar aus ideologischen Gründen eine Verschwörung zugunsten des Julian gegen Constantius II. mitangezettelt haben2. Als Leibarzt nahm er auch am Perserfeldzug teil und stand am Sterbebett seines kaiserlichen Patienten. Diese bedeutende soziale Rolle folgt dem Modell des archiatros an hellenistischen Höfen3. Als notorischer Anhänger Julians verlor Oreibasios einige Zeit nach dem Regierungswechsel von 363 vorübergehend Vermögen und soziale Position, wurde aber in der Zeit des Valens oder des Theodosius wieder rehabilitiert. Aus dem Œuvre des Oreibasios sind einige medizinische Traktate erhalten geblieben. Die Widmungen des Oreibasios eines Auszugs aus Galen (ἐπιτομὴ ἐκ μόνων τῶν ὐπὸ Γαληνοῦ γραφέντων) und die des großen medizinischen Sammelwerks (Ἰατρικαὶ ϲυναγωγαί) an Julian illustrieren die engen Beziehungen zwischen dem Kaiser und seinem Arzt4. Die historiographische Aktivität des Autors ist nur durch ein Zeugnis des Eunap bekannt, der ihm ideologisch nahestand und dem Oreibasios später auch einen medizinischen Traktat widmete5. Eunap beschreibt, wie Oreibasios ihn einerseits zu seiner historiographischen Tätigkeit angestiftet, andererseits auch mit einer Hypomnemata-Vorlage versehen haben soll, in der er die Taten Julians verzeichnet habe6. Da Oreibasios noch in der Zeit des Theodosius 1

FGrHist 221. S. ferner Janiszewski, Missing Link 382–90; Penella, Oreibasios BNJ² 221 (2021). Als Werktitel wird Ἰουλιανοῦ πράξειϲ erwogen. 2 Vgl. test. 2. J. F. Drinkwater, The „Pagan Underground“, Constantius’ II „Secret Service“, and the Survival, and the Usurpation of Julian the Apostate, in: C. Deroux (Hg.), Studies in Latin Literature and Roman History III, Brüssel 1983, 348–87. 3 R. Sardiello, Medici e medicina in Giuliano, in: Giuliano imperatore e le sue idee, i suoi amici, i suoi avversari, Lecce 1998, 185–224, hier 221 Anm. 155 mit Verweis auf G. Marasco, Les médecins de cour à l’époque hellénistique, REG 109 (1996) 459 und 444 ff. 4 Vgl. Phot. bibl. cod. 216 und test. 6. 5 Libri ad Eunapium (ed. Raeder CMG VI, 315–498). Vgl. Banchich, Historical Fragments of Eunapius 88. 6 Vgl. fr. 1

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lebte1 (test. 1) und er an das Totenbett des Chrysanthios gerufen wurde2, können diese Hypomnemata auch noch Jahrzehnte nach dem Tod Julians geschrieben worden sein. Das Treffen zwischen Eunap und Oreibasios, in dem letzterer dem Autor seine Unterstützung versprach und in Aussicht stellte, die Hypomnemata zur Verfügung zu stellen, muss nach der Rückkehr des Oreibasios aus dem Exil stattgefunden haben, also ab den ausgehenden 370er Jahren. Die Höhe seiner Position und die Nähe zum Kaiser ermöglichten dem Oreibasios in der Tat einen sehr nahen und gut informierten Blick auf die politischen und militärischen Aktionen des Kaisers. Als geschichtsschreibender Arzt folgte er einer langen Tradition, die mit Ktesias einsetzte und bis zu Kallimorphos (Lucian hist. conscr. 16) reichte3. Besonders ausgeprägt erscheint die Analogie zu Statilius Crito, der Leibarzt Traians war und gleichzeitig dessen Dakerkriege beschrieb4. Für die Diskussion des Verhältnisses der erzählenden Quellen zu Kaiser Julian spielt Oreibasios seit der Dissertation von H. Sudhaus (1870) eine zentrale Rolle5. Ammian und Eunap (bzw. dessen Exzerpt bei Zosimos) weisen nämlich für die Darstellung des Perserfeldzugs auffällige Übereinstimmungen auf. Da Eunap nun nach seiner eigenen Aussage dem Hypomnema des Oreibasios folgt, liegt es nahe zu vermuten, dass die parallelen Passagen aus Ammian ebenfalls – mittelbar oder unmittelbar – auf Oreibasios zurückgehen. Dieser Annahme von Sudhaus ist F. Paschoud gefolgt6. Dagegen geht F. W. Fornara davon aus, dass Sudhaus irrige Folgerungen getroffen hat und dass die angeblichen spezifischen Gemeinsamkeiten von Zosimos und Ammian sich bei genauer Betrachtung in Luft auflösen7. Eine ähnliche 1

Vgl. test. 1. Oreibasios wurde an das Totenbett des Chrysanthios gerufen: Banchich, Historical Fragments of Eunapius 86; Becker, Eunapios 567. 2 Becker, Eunapios 567. 3 Zu verweisen ist auch auf Hermippos von Smyrna (FGrHist 579). S. auch A. Momigliano, History between Medicine and Rhetoric, in ders., Ottavo contributo alla storia degli studi classici, Rom 1987, 13–25, hier 15 (mit Verweis auf Ktesias und Kallimorphos). 4 FGrHist 200. Vgl. M. Savo, Tito Statilio Critone: Medico letterato e storico delle guerre daciche, in: Tradizione e trasmissione degli storici greci frammentari. In Ricordo di Silvio Accame, Rom 2009, 499–540. 5 Sudhaus, De ratione. 6 Paschoud, Zosime I XLIX und LXIII; ders., Zosime II,1 XII–XIX. 7 Fornara, Julian’s Expedition. Eher im Sinne Fornaras McLynn, Persian Expedition 295 f.

Einleitung

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Position ist zuvor bereits von L. Dillemann vertreten worden, bei dem sich beispielsweise ein Teil der Gemeinsamkeiten zwischen Ammian und Zosimos dadurch erklärt, dass die zu beschreibende topographische Situation notwendigerweise dann zu ähnlichen Formulierungen führe1. Mathematisch zwingende Beweise sind in der Quellenforschung meistens nicht möglich. Beweiskraft haben allerdings ganz spezifische Übereinstimmung in der Formulierung. Oft ist das Argument zu hören, die gleichen Sachverhalte müssten aufgrund der Übereinstimmung in der Sache notwendig auch mit den gleichen Formulierungen zum Ausdruck gebracht werden. Das trifft aber höchstens für extrem einfache Aussagesätze zu, während die Gemeinsamkeit in spezifischen Formulierungen eindeutig auf literarische Beziehungen hinweist, sei es, dass eine gemeinsame Vorlage benutzt, sei es, dass die eine Quelle von der anderen abgeschrieben worden ist. Zur Gewissheit verfestigt sich diese Feststellung von Gemeinsamkeiten dann, wenn zwei Vorlagen an mehreren Stellen solche Gemeinsamkeiten aufweisen. (Der aufgrund eines Textvergleichs erfolgende Nachweis von Plagiatsmustern ist aus diesem Grunde auch stets gerichtsfest.) Meistens übernehmen antike Autoren trotz des mehr oder weniger ausgeprägten Bestrebens, selbständig zu formulieren, ausreichend viele Wendungen, um diese Abhängigkeiten erkennen zu lassen. Schwieriger wird es allenfalls, wenn es – besonders bei Autoren, die auf ihre Formulierungskunst stolz sind – sich um rein inhaltliche Anleihen handelt, auch wenn selbst in diesen Fällen der Nachweis von Abhängigkeiten und Beziehungen durchaus ebenfalls möglich ist. Die Diskussion einiger Parallelpassagen2 genügt auf jeden Fall für den Nachweis, dass es ein wie auch immer geartetes literarisches Beziehungsverhältnis zwischen Ammian und Zosimos gibt, und zwar trotz der verschiedenen Schreibung diverser Einzelnamen3. Amm. 24,2,3 f. wird beschrieben, 1

Dillemann, Ammien Marcellin 128. Die Prämisse, dass Autoren überhaupt eine direkte Anschauung der topographischen Situation haben und aus dieser Autopsie-Erfahrung heraus schreiben, ist schon an sich kaum wahrscheinlich. 2 S. zum Folgenden auch Bleckmann, Magnos von Karrhai 120–27 und ders., Ammianus Marcellinus. 3 Das Problem divergierender Namen gibt es auch, wenn man die Namen bei Josephus Flavius und dem Alten Testament vergleicht, vgl. A. Schlatter, Die hebräischen Namen bei Josephus, Gütersloh 1913. Aus der Verschiedenheit der Namensformen ist keineswegs zu folgern, dass Josephus von Alten Testament unabhängig ist. Ähnliches gilt auch für die Namensvarianten, die bei Ktesias gegenüber Herodot auffallen. Die Verschiedenheit der Namen ist also nicht eo ipso ein Beweis dafür, dass beide Traditionen voneinander unabhängig sind.

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wie die Soldaten Julians zur Stadt Ozogardana gelangen, in der noch ein Tribunal Traians erhalten ist: Ozogardana, (…) in quo principis Traiani tribunal ostendebatur. Sie stecken die Stadt in Brand und legen dort zwei Tage Rast ein: hac quoque exusta, biduo ad refectionum corporum dato. Das Abbrennen von „Zaragardia“ und die zweitägige Rast wird auch von Zosimos (3,15,3) geschildert: ταύτην (…) οἱ ϲτρατιῶται διαρπάϲαντεϲ καὶ τὴν ὑϲτεραίαν ἡϲυχίαν ἦγον. Diese Ähnlichkeit könnte man zwar eventuell noch damit erklären, dass bei einer gemeinsamen Teilnahme am Feldzug der Brand von Ozogardana/Zaragardia von den Augenzeugen identisch wahrgenommen wurde. Entscheidend ist aber, dass Zosimos dann auch angibt, in Ozogardana/Zaragardia sei ein Tribunal Traians gezeigt worden. Analog zu Ammian (in quo) wird diese Information durch einen mit ἐν ᾗ eingeleiteten Relativsatz vermittelt: εἰϲ Ζαραγαρδίου πόλιν ἦλθον ἐν ᾗ βῆμα ὑψηλὸν ἐκ λίθου πεποιημένον, ὃ Τραϊανοῦ εἰώθαϲιν οἱ ἐγχωρίοι καλεῖν1. Die Annahme, dass beide Quellen unabhängig voneinander die gleichen Angaben zum Aufenthalt der Soldaten und zu dem von einheimischer Seite gezeigten Traianstribunal enthalten sollen, wird dadurch ausgeschlossen, dass solche Übereinstimmungen in der Kombination ereignisgeschichtlicher Darstellungen und eines Kurzexkurses auch an anderen Stellen zu finden sind. Für den Tod des Adaces verweist Ammian auf dessen Gesandtschaft beim Kaiser Constantius II.: in hac cecidit pugna Adaces, nobilis satrapa, legatus quondam ad Constantium principem missus ac benigne susceptus. Genau der gleiche Rückverweis findet sich bei Zos. 3,27,4: ἀνῃρέθη γὰρ ἐν ταύτῇ τῇ μάχῃ ϲατράπηϲ τιϲ τῶν ἐπιφανῶν ὄνομα Δάκηϲ, ὃϲ ἔτυχε πρότερον ἐπὶ πρεϲβείαν πρὸϲ τὸν βαϲιλέα Κωνϲτάντιον ἀπεϲταλμένοϲ, εἰρήνηϲ περὶ καὶ καταλύϲεωϲ τοῦ πολέμου διαλεξόμενοϲ. Dabei weisen wörtliche Anklänge auf Quellengemeinsamkeiten hin: in hac cecidit pugna entspricht ἀνῃρέθη γὰρ ἐν ταύτῇ τῇ μάχῃ; nobilis satrapa dem

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Dabei drückt der Satz in quo principis Traiani tribunal ostendebatur („wo man zu zeigen pflegte“) das Gleiche aus wie der Satz ἐν ᾗ βῆμα ὑψηλὸν ἐκ λίθου πεποιημένον, ὃ Τραϊανοῦ εἰώθαϲιν οἱ ἐγχωρίοι καλεῖν, abgesehen, dass bei Zosimos die Selbstverständlichkeit hinzugefügt wird, dass das Tribunal hoch und aus Stein war. Den Boeft et alii, Commentary on Ammianus Marcellinus XXIV 36 wollen einen vermeintlichen Unterschied zwischen Ammian und Zosimos konstatieren: Bei Zosimos zeigten die Einwohner das Tribunal, bei Ammian waren sie schon geflohen.

Einleitung

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ϲατράπηϲ τιϲ τῶν ἐπιφανῶν1. Einen eventuellen Bindefehler kann man vielleicht in der Nachricht der bei Dura von den Soldaten gejagten und erlegten Hirsche erkennen, die in Wirklichkeit Gazellen sind2. Die Existenz literarischer Beziehungen zwischen Ammian und Zosimos steht also aufgrund der Fülle spezifischer Gemeinsamkeiten fest3. Da Zosimos nun mit Sicherheit aus Eunap geschöpft hat, muss gefragt werden, wie die Verwandtschaft zwischen den zeitlich nahe beieinander liegenden Autoren Eunap und Ammian zu erklären ist. Die Behauptung, Ammian habe Eunap benutzt4, ist zumindest sehr voraussetzungsreich. Chronologisch ist eine solche Abhängigkeit für die zweite, bis über 410 hinaus reichende Auflage des Geschichtswerks Eunaps auf jeden Fall ganz ausgeschlossen. Die nicht sicher zu datierende erste Auflage Eunaps müsste Ammian dagegen, wenn sie denn wirklich vor ihm publiziert und von ihm benutzt werden konnte, in erheblichem Umfang kontrolliert und durch zusätzliche Angaben

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Ammian erwähnt zuvor in seinem Bericht über Constantius II. diese Gesandtschaft des Adaces an keiner Stelle. Vgl. zur Gesandtschaft des Narses Den Boeft et al., Commentary on Ammianus XXV 14. 2 Vgl. zu den greges cervorum bzw. zum πλῆθοϲ ἐλάφων Paschoud, Zosime II,1 122; Gawlikowski, Route de l’Euphrate 89. Es muss sich um Gazellen (δορκάδεϲ) handeln. Gawlikowski konstatiert „la même erreur zoologique“. Ob in der Wahrnehmung der Griechen und Römer Hirsche und Gazellen wirklich sorgfältig unterschieden wurden, mag dahingestellt sein. Wichtig ist jedenfalls, dass das militärgeschichtlich völlig unerhebliche Detail von beiden Quellen erwähnt wird. 3 An dieser Stelle kann nicht gezeigt werden, dass diese Übereinstimmungen keineswegs punktuell sind, sondern den gesamten Bericht über den Perserfeldzug prägen. Der benutzte und auch bei Zosimos greifbare Grundbericht über den Perserfeldzug ist in diesem Mosaik keineswegs nur als gelegentlich hinzugezogene Nebenquelle zu sehen, anders Matthews, Roman Empire 161–76, so wie (zu Matthews) McLynn, Persian Expedition 295: „One of Matthews’ significant achievements was to rescue Ammianus definitively from a long tradition of Quellenkritik which although it had been invaluable in identifying and exploring the close similarities between his account and Zosimus’, had the effect of reducing him of an impersonal tradition.“ Die Ergebnisse der Quellenkritik lassen sich mit der Frage der persönlichen Gestaltung des Berichts durchaus verbinden. Ammian bestückt seine Matrix nicht nur mit weiterem Material, sondern gestaltet den Bericht nach persönlichen Gesichtspunkten und auch mit eigenen Erfindungen aus. Insgesamt entsteht so ein sehr detaillierter, aber in keiner Weise zuverlässiger Bericht. S. dazu insgesamt meinen Beitrag Bleckmann, Ammian und das Problem der Zeitgeschichte, der einige der hier eingefügten Ausführungen aufgreift. 4 Vgl. Matthews, Roman Empire 503 f. Anm. 67.

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verbessert haben. Die Annahme einer unabhängig von Ammian und Eunap benutzten gemeinsamen Quelle ist wesentlich ökonomischer und plausibler. Dass diese Quelle mit den Aufzeichnungen des Oreibasios identisch sein könnte, ist selbstverständlich nur eine Hypothese. Diese hat aber gegenüber der ebenfalls erwogenen Identifizierung der gemeinsamen Quelle mit Magnos von Karrhai1 zumindest einen zusätzlichen Anhaltspunkt, weil nämlich Eunap selbst explizit auf Oreibasios verweist. Zu berücksichtigen ist allerdings die Eventualität, dass Oreibasios von Eunap gar nicht oder jedenfalls nicht immer direkt, sondern seinerseits in der Brechung durch eine historiographische Quelle benutzt worden ist. Immerhin ist im Hinweis auf die diplomatische Mission des Dakes/Adakes zu erkennen, dass Ammian und Eunap hier ein Autor vorlag, der zu historischen Rückgriffen in der Lage war. Auch die explizit hergestellten Bezüge zum Partherfeldzug Traians reichen vielleicht weiter, als man bei einem Hypomnema-Werk erwarten würde. Oreibasios, der trotz seines langen Lebens seine Hypomnemata wohl eher in den 360er als in den 390er Jahren verfasste, hätte also vielleicht dem Eunap und Ammian gar nicht direkt vorgelegen, sondern durch die Vermittlung einer weiter gestaltenden literarischen Quelle2. Wie dem auch sei: Wenn nach dem Grund für die Qualität der Informationen zum Julian-Feldzug in der Erzählung des Ammianus Marcellinus und in derjenigen des Zosimos gefragt wird, lässt sich die plausible Erklärung formulieren, dass die Informationen über welche Wege auch immer letztlich auf den gut informierten Leibarzt des Kaisers zurückgehen. In der vorliegenden Ausgabe wird das einschlägige Zeugnis in Übereinstimmung mit den für KFHist geltenden Prinzipien der Unterscheidung von Fragmenten und Testimonien, nicht wie Jacoby als Fragment, sondern als Testimonium herausgegeben (test. 1). Die Auswahl der übrigen Testimonien weicht von Jacoby ab. Da Jacoby dem Eunap-Zitat ein F ⟨ΙΟΥΛΙΑΝΟΥ ΠΡΑΞΕΙϹ⟩ gegenüberstellt, besteht der Verdacht, dass auch Jacoby das gesamte Eunap-Zitat in Wirklichkeit als Testimonium betrachtete, ihm hier aber ein Schreibfehler (F für T) unterlief. Die übrigen Testimonien der 1

Klein, Studien. Zur Entwicklung der Tradition und zum Verhältnis zwischen der 18. Rede Julians und der bei Ammianus und Zosimos greifbaren Tradition s. die Überlegungen bei Bleckmann, Magnus von Karrhai 119–27. Die Annahme einer Zwischenquelle würde allerdings bedeuten, dass Eunap mit seinem expliziten Verweis auf Oreibasios als Quellengrundlage partiell irreführend ist. Möglich ist auch, dass Eunap Oreibasios und die Zwischenquelle nebeneinander benutzt hat. 2

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vorliegenden Edition bietet Jacoby nicht. Es ist zwar angesichts der Prominenz des Oreibasios als medizinischer Autor unmöglich, alle Hinweise auf seine Person zu berücksichtigen. Es finden aber einige Passagen als Testimonien Aufnahme, die die besondere Nähe des Oreibasios zu Julian und seine dementsprechend privilegierte Partizipation an den Ereignissen seiner Zeit dokumentieren, wie auch von Eunap deutlich hervorgehoben wird.

testimonia 1. (1) Eunap. hist. fr. 8 Müller (= Exc. sent. Eunap. 5 p. 76,27–77,5) τὸ δὲ ἐξαίρετον καὶ ὅτιπερ ἦν ἐν παιδείᾳ γνωριμώτατον οὐδὲ ἀφιέντα ἠφίεϲαν, ἀλλ’ ἐνέκειντο παραθαρϲύνοντεϲ ὡϲ ἐπιληψόμενοι τοῦ πόνου. ὁ δὲ ἐϲ τὰ μάλιϲτα γεγονὼϲ αὐτῷ (sc. Iuliano imperatori) γνώριμοϲ, ὁ Περγαμηνὸϲ ἀνὴρ Ὀριβάϲιοϲ, ἐκ φυϲικῆϲ 5 φιλοϲοφίαϲ ἰατρικὴν ἐπι⟨τομὴν ϲυν⟩τάττειν ἄριϲτοϲ καὶ δρᾶν ἔτι θειότεροϲ, καὶ ἀϲεβήϲειν ἐβόα περιφανῶϲ, εἰ μὴ ϲυγγράφοιμι· καὶ τῶν γε πράξεων (πάϲαϲ δὲ ἠπίϲτατο παρὼν ἁπάϲαιϲ) μάλα ἀκριβῶϲ ὑπόμνημα ϲυνετέλει πρὸϲ τὴν γραφήν. 2 sq. ϲυνεπιληψόμενοι dub. Bekker

5 ἐπιτομὴν ϲυντάττειν Scardino : ἐπι-

τάττειν cod. : an τε τάττειν? 7 sq. ἀκριβὲϲ van Herwerden

2. Eunap. vit. soph. 21,1–12 (cod. A) (1) Ὀριβάϲιον δὲ Πέργαμοϲ ἤνεγκε. … ἑκατέρων δὲ εὖ πεφυκώϲ, ἐκ παιδὸϲ ἦν ἐπιφανήϲ, πάϲηϲ παιδείαϲ μετεϲχηκώϲ, ἣ πρὸϲ ἀρετὴν ϲυμφέρει τε καὶ τελεῖ. (2) προϊὼν δὲ ἐϲ ἡλικίαν ἀκροατήϲ τε ἐγένετο τοῦ μεγάλου Ζήνωνοϲ καὶ Μάγνου ϲυμφοιτητήϲ. (3) ἀλλὰ τὸν 5 Μάγνον ἀπολιπὼν παλαίοντα τοῖϲ νοήμαϲιν, αὐτὸϲ καὶ ἐν τούτοιϲ ἄριϲτοϲ ὤν, καὶ πρὸϲ τὸ ἄκρον ἐκδραμὼν τῆϲ ἰατρικῆϲ τὸν πάτριον ἐμιμεῖτο θεόν, ὅϲον ἀνθρώπῳ δυνατὸν ἐϲ τὴν μίμηϲιν ὑπελθεῖν τοῦ θείου. (4) ἐκ μειρακίου δὲ οὕτωϲ ἐπιφανὴϲ γενόμενοϲ, Ἰουλιανὸϲ μὲν αὐτὸν εἰϲ τὸν Καίϲαρα προϊὼν ϲυνήρπαϲεν ἐπὶ τῇ τέχνῃ· 10 ὁ δὲ τοϲοῦτον ἐπλεονέκτει ταῖϲ ἄλλαιϲ ἀρεταῖϲ, ὥϲτε καὶ βαϲιλέα τὸν Ἰουλιανὸν ἀπέδειξεν· καὶ ταῦτά γε ἐν τοῖϲ κατ’ ἐκεῖνον ἀκριβέϲτερον εἴρηται. (5) ἀλλ’ οὐδὲ κορυδαλλίϲ, ἡ παροιμία φηϲίν, ἄνευ λόφου (cf. Simonides PMG 538), οὐδὲ Ὀριβάϲιοϲ ἦν ἄνευ φθόνου. ἀλλὰ διὰ τὴν ὑπεροχὴν τῆϲ δόξηϲ οἱ μετὰ Ἰουλιανὸν βαϲιλεύοντεϲ 15 τῆϲ τε οὐϲίαϲ ἀφείλοντο καὶ διαφθεῖραι τὸ ϲῶμα βουληθέντεϲ τὸ μὲν ἔργον ὤκνηϲαν, ἑτεροίωϲ δὲ ἔπραξαν, ὅπερ ᾐϲχύνθηϲαν. (6) ἐξέθηκαν γὰρ αὐτὸν εἰϲ τοὺϲ βαρβάρουϲ, ὥϲπερ Ἀθηναῖοι τοὺϲ κατ’ ἀρετὴν ὑπερέχονταϲ ἐξωϲτράκιζον. (7) ἀλλ’ ἐκείνοιϲ μὲν τὸ τῆϲ 3 ϲυμφέρει τε Canter : ϲυμφέρεται A 8 οὕτωϲ add. Ap.c. (alt. man.)

Zeugnisse 1. (1) Eunap, Historien 5 Aber die herausragendsten und berühmtesten Personen in der Welt der Bildung ließen mich, so sehr ich loslassen wollte, nicht los, sondern drängten dazu, indem sie mich ermunterten, als würden sie die Arbeit anpacken. Der aber, der mit ihm (d. h. Julian) am engsten Umgang hatte, der Pergamener Oreibasios, der am besten darin war, anhand der Naturphilosophie ⟨eine Epitome⟩ der Heilkunst zusammenzustellen, und der sogar noch göttlicher in der praktischen Anwendung war, der erklärte laut und vernehmbar, ich würde sogar freveln, wenn ich nicht das Werk verfasste. Und er steuerte ja auf überaus genaue Weise eine Denkschrift über die Handlungen (er kannte sie alle, da er bei allen anwesend gewesen war) zur Schrift bei. 2. Eunap, Sophistenviten 21,1–12 (1) Pergamon hat Oreibasios hervorgebracht, … . Da er beiderseits von einer guten Familie abstammte, war er von Kind an berühmt und erhielt jedwede Bildung, die für die Tugend von Nutzen ist und sie zur Vollendung bringt. (2) Als er älter geworden war, wurde er ein Hörer des großen Zenon und ein Kommilitone des Magnos. (3) Jedoch ließ er Magnos, der mit seinen Theoriebildungen rang, hinter sich zurück, da er auch hierin bereits der beste war, und er indem er zum Gipfel der Arztkunst entlief, ahmte er den Schutzgott seiner Heimat nach, so gut es einem Menschen eben möglich ist, das Göttliche nachzuahmen. (4) Da er seit seinen jungen Mannesjahren derart berühmt geworden war, zerrte ihn Julian, als er zum Caesar aufstieg, zur Ausübung seiner Kunst weg. Er war jedoch so sehr in den anderen Tugenden fortgeschritten, dass er Julian sogar zum Kaiser machte. Eine genauere Beschreibung dieser Ereignisse findet sich indessen in meinen Ausführungen über Julians Epoche. (5) Aber auch eine Lerche ist nicht ohne Haube, wie das Sprichwort sagt (vgl. Simonides 538 PMG), und so blieb auch Oreibasios nicht vom Neid verschont. Aufgrund seines übermäßigen Ruhmes konfiszierten die auf Julian folgenden Kaiser sein Vermögen und wollten ihn sogar physisch eliminieren. Sie zögerten, die Tat zu begehen, erreichten jedoch auf andere Weise, was sie sich schämten auszuführen. (6) Sie schickten ihn zu den Barbaren in die Verbannung, genauso wie

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πόλεωϲ ἐκβαλεῖν ὁ νόμοϲ ἔλεγε καὶ προϲῆν οὐδέν· οἱ δὲ βαϲιλεύοντεϲ καὶ τὸ παραδοῦναι τοῖϲ ὠμοτάτοιϲ βαρβάροιϲ ἐπέθεϲαν, ἐκείνουϲ ποιοῦντεϲ κυρίουϲ τοῦ ϲφετέρου βουλήματοϲ. (8) Ὀριβάϲιοϲ δὲ ἐκτεθεὶϲ εἰϲ τὴν πολεμίαν ἔδειξε τῆϲ ἀρετῆϲ τὸ μέγεθοϲ. … (9) εὐδοκίμει τε γὰρ εὐθὺϲ παρὰ τοῖϲ βαϲιλεῦϲι τῶν βαρβάρων καὶ ἀνὰ τοὺϲ πρώτουϲ ἦν, καὶ κατὰ τὴν Ῥωμαίων ἀρχὴν ἀποβλεπόμενοϲ παρὰ τοῖϲ βαρβάροιϲ προϲεκυνεῖτο καθάπερ τιϲ θεὸϲ τοὺϲ μὲν ἐκ νοϲημάτων χρονίων ἀναϲώζων, τοὺϲ δὲ ἀπὸ τῆϲ τοῦ θανάτου πύληϲ διακλέπτων. (10) καὶ ἦν αὐτῷ τὸ τῆϲ λεγομένηϲ ϲυμφορᾶϲ εὐδαιμονίαϲ ἁπάϲηϲ πρόφαϲιϲ, ὥϲτε καὶ οἱ βαϲιλεύοντεϲ ἀπαγορεύϲαντεϲ μάχεϲθαι πρὸϲ τὴν διὰ πάντων τοῦ ἀνδρὸϲ δύναμιν ἐπανιέναι ϲυνεχώρηϲαν. (11) ὁ δὲ ὡϲ ἔτυχε τῆϲ ἐπανόδου, μόνον ἑαυτὸν ἔχων ἀντὶ πάϲηϲ οὐϲίαϲ καὶ τὸν ἀπὸ τῶν ἀρετῶν πλοῦτον ἐπιδεικνύμενοϲ γυναῖκά τε ἠγάγετο τῶν κατὰ πλοῦτον ἐπιφανῶν καὶ γένοϲ καὶ παῖδαϲ ἔϲχε τέτταραϲ, οἵτινέϲ εἰϲί τε καὶ εἴηϲαν· (12) αὐτὸϲ δὲ κατὰ τὸν καιρὸν τοῦτον τῆϲ γραφῆϲ ἐν ἀνθρώποιϲ ἔϲτι τε καὶ εἴη· ἀλλὰ τὸν ἀρχαῖον πλοῦτον ἐκ τῶν δημοϲίων ἀνακομιϲάμενοϲ τῶν μετὰ ταῦτα βαϲιλέων ϲυγκεχωρηκότων ὡϲ ἐπ’ ἀδίκῳ τῇ προτέρᾳ κρίϲει. 22 τὴν πολεμίαν Ap.c.: τοὺϲ πολεμίουϲ Aa.c. 24 καταβλεπόμενοϲ dub. Goulet : ἀπόβλητοϲ Stein 32 ἐπιφανῶν Boissonade : ἐπιφανῆ A

3. Eunap. hist. fr. 14 Müller (= Eunap. vit. soph. 7,35) ταῦτα δὲ ϲυνῄδεϲαν Ὀριβάϲιοϲ ἐκ τοῦ Περγάμου καί τιϲ τῶν ἐκ Λιβύηϲ, ἣν Ἀφρικὴν καλοῦϲι Ῥωμαῖοι κατὰ τὸ πάτριον τῆϲ γλώττηϲ, Εὐήμεροϲ. ταῦτα δὲ πάλιν ἐν τοῖϲ κατὰ Ἰουλιανὸν βιβλίοιϲ ἀκριβέϲτερον εἴρηται. 4. Eunap. hist. fr. 24,1 Müller (= Exc. sent. Eunap. 25 p. 82,4–6) ὅτι πρὸϲ τὸν Ὀριβάϲιον εἰπόντα, ὡϲ οὐ χρὴ τὸν θυμόν, κἂν ἐπειϲπέϲῃ, διὰ τῶν ὀμμάτων καὶ τῆϲ φωνῆϲ ἐκφορεῖϲθαι, „ὅρα τοίνυν“, εἶπεν, „ἐπειδὴ καλῶϲ λέγειϲ, εἰ τοῦτο ἐγκαλέϲειϲ ἔτι δεύτερον.“ 3 post τοῦτο add. μοι van Herwerden

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die Athener die an Tugend Herausragenden durch das Scherbengericht zu verbannen pflegten. (7) Aber jenen erlaubte das Gesetz eine Verbannung aus der Stadt, und es gab nichts weiteres. Die Kaiser jedoch fügten noch die Auslieferung an die grausamsten Barbaren hinzu, wobei sie jenen völlige Freiheit gaben, ihr Vorhaben auszuführen. (8) Nachdem Oreibasios im feindlichen Gebiet ausgesetzt worden war, demonstrierte er auch dort die Größe seiner Tugend. … (9) Er war nämlich sofort bei den Königen der Barbaren sehr angesehen und war unter den ersten. Und während er im römischen Reich bewundert wurde, wurde er bei den Bar-baren geradezu wie ein Gott fußfällig verehrt, weil er einige von chro-nischen Krankheiten heilen konnte und andere den Pforten des Todes wegstahl. (10) Und was man eigentlich für ein Unglück hält, das wurde ihm zum Anlass jeglichen Glückes, so dass sogar die Kaiser aufhörten, gegen den allgegenwärtigen Einfluss dieses Mannes zu kämpfen, und ihm die Rückkehr gestatteten. (11) Nachdem er die Erlaubnis zur Rückkehr erlangt hatte und anstelle des gesamten Vermögens einzig im Besitz seiner selbst war, offenbarte er den aus seinen Tugenden entspringenden Reichtum und heiratete eine Frau aus wohlhabender Familie und von guter Herkunft. Mit ihr bekam er vier Kinder, die noch leben und lange leben mögen. (12) Er selbst weilt zur Zeit der Abfassung dieser Schrift noch unter den Menschen und möge noch lange leben. Seinen ur-sprünglichen Reichtum erhielt er durch das Einverständnis der späteren Kaiser aus der Staatskasse erstattet, da das vorherige Urteil ungerecht gewesen sei. 3. Eunap, Sophistenviten 7,35 Mitwisser aber waren Oreibasios aus Pergamon und ein gewisser Euhemeros, der aus Libyen stammte, das die Römer in ihrer Muttersprache Africa nennen. Aber das wird wieder ausführlicher in meinen Büchern über Julian beschrieben. 4. Eunap, Historien 25 Dem Oreibasios, der ihm sagte, dass man nicht den Zorn, auch wenn er einen befalle, im Blick und in der Stimme verraten dürfe, antwortete er: „Da du ja richtig sprichst, achte darauf, ob du diesen Vorwurf noch ein zweites Mal erheben musst.“

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(C 8) Oreibasios von Pergamon

5. Iulian. ep. 14. 384 b–d (cod. V) ἐγὼ δὲ νομίζω ϲε νῦν, εἴπερ ποτὲ καὶ ἄλλοτε, ϲαφῶϲ ἑωρακέναι περὶ τῶν μελλόντων. ἐθεαϲάμην γὰρ καὶ αὐτὸϲ τοιοῦτον ϲήμερον· δένδρον γὰρ ᾠόμην ὑψηλὸν ἔν τινι τρικλίνῳ ϲφόδρα μεγάλῳ πεφυτευμένον εἰϲ ἔδαφοϲ ῥέπειν, ἐν τῇ ῥίζῃ παραπεφυκότοϲ ἑτέρου μι5 κροῦ καὶ νεογενοῦϲ, ἀνθηροῦ λίαν. ἐγὼ δὲ περὶ τοῦ μικροῦ ϲφόδρα ἠγωνίων, μή τιϲ αὐτὸ μετὰ τοῦ μεγάλου ϲυναποϲπάϲῃ· καὶ τοίνυν ἐπειδὴ πληϲίον ἐγενόμην, ὁρῶ τὸ μέγα μὲν ἐπὶ τῆϲ γῆϲ ἐκτεταμένον, τὸ μικρὸν δὲ ὀρθὸν μέν, μετέωρον δὲ ἀπὸ γῆϲ. ὡϲ οὖν εἶδον, ἀγωνιάϲαϲ ἔφην· „οἵου δένδρου κίνδυνόϲ ἐϲτι μηδὲ τὴν παραφυάδα 10 ϲωθῆναι“. καί τιϲ ἀγνὼϲ ἐμοὶ παντελῶϲ· „ὅρα“, ἔφηϲεν, „ἀκριβῶϲ καὶ θάρρει· τῆϲ ῥίζηϲ γὰρ ἐν τῇ γῇ μενούϲηϲ τὸ μικρότερον ἀβλαβὲϲ διαμένει καὶ βεβαιότερον ἱδρυνθήϲεται“. τὰ μὲν δὴ τῶν ὀνειράτων τοιαῦτα, θεὸϲ δὲ οἶδεν, εἰϲ ὅτι φέρει. 4 ἐν del. Hertlein 12 διαμενεῖ Aldina

6. Iulian. or. 5,7. 277 b–c (cod. V) πεπίϲτευτο δὲ τῶν βιβλίων μου τὴν φυλακήν, ὢν μόνοϲ τῶν ἐμοὶ πολλῶν ἑταίρων καὶ φίλων πιϲτῶν, εἷϲ ἰατρόϲ, ὃϲ καί, ὅτι φίλοϲ ὢν ἐλελήθει, ϲυναπεδήμηϲεν. 1 ἐπεπίϲτευτο Hertlein

7. Orib. col. med. 1,1 (CMG VI p. 4) τὰϲ προϲταχθείϲαϲ ἐπιτομὰϲ παρὰ τῆϲ ϲῆϲ θειότητοϲ, αὐτόκρατορ Ἰουλιανέ, πρότερον, ἡνίκα διετρίβομεν ἐν Γαλατίᾳ τῇ πρὸϲ ἑϲπέραν, εἰϲ τέλοϲ ἤγαγον, καθὼϲ ἠβουλήθηϲ, ἅϲτιναϲ ἐκ μόνων τῶν ὑπὸ Γαληνοῦ γραφέντων ἐποιηϲάμην. 8. Anth. Graec. 16,274 ἰητὴρ μέγαϲ οὗτοϲ Ἰουλιανοῦ βαϲιλῆοϲ, ἄξιοϲ εὐϲεβίηϲ δῖοϲ Ὀρειβάϲιοϲ. εἶχε γὰρ οἷα μέλιϲϲα ϲοφὸν νόον, ἄλλοθεν ἄλλα ἰητρῶν προτέρων ἄνθεα δρεψάμενοϲ. 9. Philost. 7,15,5 (KFHist E 7, 1,348) ἰατρῶν μέντοι γε ἄριϲτοϲ ὁ Λυδὸϲ Ὀριβάϲιοϲ αὐτῷ (sc. Iuliano imperatori) ϲυνῆν ὁ ἐκ Ϲάρδεων.

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5. Julian, Brief 14 Ich glaube, dass du jetzt mehr denn je hinsichtlich der Zukunft richtig gesehen hast. Ich habe nämlich ebenfalls heute etwas derartiges gesehen. Ich glaubte, dass ein hoher Baum, der in einem sehr großen Triclinium gepflanzt war, sich zu Boden neigte, dass aber an der Wurzel ein anderer, kleiner Baum wuchs, der ganz in Blüte stand. Ich machte mir große Sorge um den kleinen, dass dieser zusammen mit dem großen entfernt werde. Als ich mich aber genähert habe, sehe ich, dass der große auf der Erde ausgestreckt liegt, der kleine aber gerade und aufrecht von der Erde steht. Als ich das nun sah, sagte ich voller Sorge: „Welch ein Baum ist das, dessen Ableger Gefahr läuft, dass nicht einmal er gerettet werde!“ Und ein mir vollkommen Unbekannter sagte: „Sieh genau hin und sei unbesorgt. Da die Wurzel im Boden geblieben ist, bleibt der kleinere Baum ohne Schaden und wird um so fester gegründet sein.“ So war also der Traum, Gott weiß, wohin er ihn führt. 6. Julian, Brief an die Athener Die Aufsicht über meine Bücher wurde einem Arzt, den ich allein unter den vielen zuverlässigen Gefährten und Freunden hatte, übertragen, der, da es verborgen geblieben war, dass er ein Freund war, mit mir zusammen weggegangen war. 7. Oreibasios, Medizinische Sammlungen 1,1 Die von deiner Göttlichkeit, Kaiser Julian, verlangten Auszüge habe ich früher, als wir im westlichen Galatien weilten, zu einem Ende gebracht, wie du es wolltest. Sie habe ich nur aus den Schriften des Galenus angefertigt. 8. Anthologia Graeca 16,274 Ein großer Arzt des Kaisers Iulianos war dieser, würdig der Hochachtung, der göttliche Oreibasios. Er hatte wie die Biene einen klugen Geist und pflückte von hier und dort die Blüten der früheren Ärzte. 9. Philostorgios 7,15,5 (Übersetzung Bleckmann-Stein) Von den Ärzten freilich war der beste bei ihm (d. h. Julian), der Lyder Oreibasios aus Sardes.

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(C 8) Oreibasios von Pergamon

10. Lyd. mens. 4,118 (365 c) ὁ δὲ Ἰουλιανὸϲ ἐμαχέϲατο ἄριϲτα. εἷϲ δὲ ἐκ τῆϲ Περϲικῆϲ φάλαγγοϲ τῶν λεγομένων Ϲαρακηνῶν ἐκ τῆϲ ἁλουργίδοϲ βαϲιλέα ὑπολαβὼν ἀνέκραγε πατρίωϲ „μαλχάν“ οἱονεὶ βαϲιλεύϲ· καὶ ἐπαφεὶϲ ῥοίζῳ τὴν λεγομένην ῥομφαίαν διήλαϲεν αὐτὸν κατὰ τοῦ ἤτρου. 5 τοῦ δὲ Ὀρειβαϲίου κομίϲαντοϲ αὐτὸν εἰϲ τὴν παρεμβολὴν καὶ διαθέϲθαι τὰ τελευταῖα παραινοῦντοϲ, Ἰουβιανὸν … αὐτὸϲ ψηφιϲάμενοϲ βαϲιλεύειν ἐτελεύτα. 11. Sud. ο 543 Ὀρειβάϲιοϲ· Ϲαρδιανόϲ, γνώριμοϲ Ἰουλιανοῦ τοῦ Ῥωμαίων βαϲιλέωϲ καὶ κοιαίϲτωρ ὑπ’ αὐτοῦ καταϲταθεὶϲ Κωνϲταντίνου πόλεωϲ. ἔγραψε … Πρὸϲ Ἰουλιανὸν τὸν βαϲιλέα βιβλία οβ´, ἐπιτομὴν αὐτῶν ἐν βιβλίοιϲ θ´.

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10. Johannes Lydus, Über die Monate 4,118 Julian kämpfte überaus tapfer, aber jemand aus der persischen Abteilung, die von den sogenannten Sarazenen gebildet wurde, vermutete wegen des Purpurgewands, dass er der Kaiser war, und rief deshalb in seiner Sprache „Malcha“, d. h. „König“. Mit Wucht schwang er das Romphaia genannte Schwert und durchbohrte ihn am Unterleib. Als Oreibasios ihn zum Lager führte und drängte, seine Angelegenheiten zu regeln, wählte er selbst Jovian als Herrscher aus und verstarb. 11. Suda, Art. Oreibasios Oreibasios: aus Sardes, ein Freund des römischen Kaisers Julian und unter ihm zum Quaestor von Konstantinopel eingesetzt. Er schrieb: … An den Kaiser Julian in 72 Büchern, eine Epitome daraus in 9 Büchern.

Kommentar test. 1 Die Übersetzung des langen Berichts in den Sophistenviten Eunaps folgt derjenigen Beckers, modifiziert sie aber an einigen Stellen. Die detaillierte Biographie Eunaps in seinen Sophistenviten hebt unter anderem (4) das besondere Vertrauensverhältnis zu Julian hervor und gibt Auskunft darüber, wie lange Oreibasios nach der Regierung Julians lebte. Zur Karriere des Oreibasios s. B. Baldwin, The Career of Oribasius, Acta Classica 18 (1975) 85–97. Aus der Vita wird deutlich, dass Oreibasios bis weit in die Zeit des Theodosius gelebt haben muss. Nach der Rückkehr aus der Verbannung vermutlich unter Valentinian und Valens und seiner vollständigen Rehabilitierung unter Theodosius und seiner Heirat hatte er zur Zeit der Abfassung der Sophistenviten Eunaps vier Kinder gezeugt. Eines von ihnen war Eustathios, dem Oreibasios eine Abhandlung widmete und dessen Erwachsenenalter Oreibasios noch erlebt haben muss. ἐπιληψόμενοι Bekker (gefolgt etwa von Blockley) erwägt ϲυνεπιληψόμενοι zu schreiben (im Futur haben bekanntlich das aktive ἐπιλαμβάνειν und das mediale ϲυνεπιλαμβάνεϲθαι dieselbe mediale Form), da es in der Bedeutung „zusammen teilnehmen an, unterstützen, mitanpacken“ (so etwa bei Plb. 1,70,8, wo Gesandte δεόμενοι ϲφίϲι βοηθεῖν καὶ ϲυνεπιλαμβάνεϲθαι τῶν πραγμάτων oder Lucian. Prometh. 13: Prometheus bittet Athena, ϲυνεπιλαβέϲθαι μοι τοῦ ἔργου) besser als das einfache ἐπιλαμβάνειν, das nach LSJ s. v. II 5 „undertake“ bedeutet (vgl. Ael. NA 5,18 zum Drachenkopf, der ἐπιλαμβάνει τῆϲ κινήϲεωϲ καὶ οὐκ ἐπ᾽ ὀλίγον, ebenso 13,19: καὶ τοϲοῦτον τῆϲ ἐϲ τὸ ἄνω νήξεωϲ ἐπιλαμβάνουϲι), passe. Die von LSJ s. v. ἐπιλαμβάνειν II 6 erwogene Möglichkeit, dass das Verb bei App. BC 4,96 dieselbe Bedeutung wie ϲυνεπιλαμβάνειν habe, ist nicht zwingend, da es sich an dieser Stelle wohl um eine Haplographie handelt und ursprünglich das Verb ϲυνεπιλαμβάνειν stand: οὕτωϲ ἡμῖν καὶ τὸ δαιμόνιον ὡϲ δίκαια πράϲϲουϲι ⟨ϲυ⟩νεπιλαμβάνει (das im Codex überlieferte πράϲϲουϲιν ἐπιλαμβάνει hat Mendelssohn in der Teubnerausgabe korrigiert). Ohne Korrektur ist der Text auch ironischer, weil diejenigen, die den Autor dazu drängen, das Werk zu schreiben, so tun, als ob sie selbst diese Aufgabe übernehmen, und nicht bloss ihre Mithilfe in diesem Unterfangen in Aussicht

Kommentar

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stellen würden. Aus diesem Grund ist es nicht nötig, in den überlieferten Text einzugreifen. Ὀριβάϲιοϲ Auch wenn in den meisten Zeugnissen und Handschriften (vgl. test 1–3 und 8) die itazistische Schreibweise des Namens belegt ist, kann man davon ausgehen, dass in den sprachlich konservativen Kreisen Julians die von der Suda und anderen Quellen (test. 6, 9, 10) bezeugte Schreibweise Ὀρειβάϲιοϲ, die eine Nominalkomposition mit einem Kasus (ὄρει) im ersten Glied ist, gebräuchlich war. Vgl. dazu H. O. Schröder, Art. Oreibasios, RE Suppl. VII (1940) 797 f. ἐκ φυϲικῆϲ φιλοϲοφίαϲ ἰατρικὴν ἐπι⟨τομὴν ϲυν⟩τάττειν Es ist überhaupt nicht klar, was mit der überlieferten Junktur ἰατρικὴν ἐπιτάττειν ἔκ τινοϲ gemeint ist, da Parallelen fehlen. Das Femininum ἰατρικὴ (sc. τέχνη) ist in der Regel die „Heilkunst, Medizin“ (vgl. Hdt. 2,84 und 3,129,2), ἐπιτάττειν bedeutet „verordnen“ (vom Arzt Theod. Cyr. affect. 12,86 εἴ τιϲ ἄριϲτοϲ ἰατρὸϲ ἐπιτάξοι τῷ κάμνοντι τῶν μὲν μεταλαβεῖν) und im Medium „aufstellen“ (von Truppen, vgl. Thuc. 6,67,2), wird aber nicht in Bezug auf das Kompilieren von Werken gebraucht. Wahrscheinlich ist der Satz aufgrund von Textausfall korrupt. Am besten macht man aus ἐπιτάττειν mit der Ergänzung weniger Buchstaben ἐπι⟨τομὴν ϲυν⟩τάττειν. Bekanntlich hat Oreibasios im Auftrag Julians aus dem Werk Galens und anderer Ärzte eine medizinische Kompilation (ἰατρικαὶ ϲυναγωγαί, vgl. dazu H. O. Schröder, Art. Oreibasios, RE Suppl. VII [1940] 801) verfasst. Zur Junktur ἐπιτομὴν ϲυντάττειν vgl. Plut. Brut. 4,8 (Brutus) ἔγραφε ϲυντάττων ἐπιτομὴν Πολυβίου. Eine andere Möglichkeit besteht darin, anstelle von ἐπιτάττειν einfaches τάττειν oder τε τάττειν zu schreiben und den Satz mit „anhand der Naturphilosophie die Heilkunst ordnen“ (vgl. LSJ s. v. τάττω III 1) zu übersetzen. in der Welt der Bildung Neben Oreibasios vielleicht Libanios und Priscus, vgl. Stenger, Hellenische Identität 261. bei allen anwesend gewesen war Nämlich von der Entsendung Julians als Caesar nach Gallien (test. 1,5,6) über die Beteiligung an der Erhebung 360 (test. 1,2,4) bis zum Zug gegen die Perser (test. 8,9). Das Zeugnis suggeriert, dass das dem Eunap an die Hand gegebene Hypomnema auch die Taten Julians in Gallien beschrieb. In der Regel wird aber angenommen, dass der ausführliche Bericht nur den Großtaten Julians im Perserkrieg galt. Für diese Annahme scheint insbesondere zu sprechen, dass der Bericht Eunaps bzw. des Zosimos über die Zeit Julians als Caesar ausgesprochen knapp ist und offenkundig nur eine schmale Materialgrundlage hatte.

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(C 8) Oreibasios von Pergamon

test. 2 (4) ἐκ μειρακίου δὲ οὕτω ἐπιφανὴϲ γενόμενοϲ Der Nominativ an der Spitze des Satzes, auf den sich das Pronomen bezieht, drückt die Bedeutung des Oreibasios in diesem Satz aus. Zur „rhetorischen Anakoluthie“ vgl. K.G. 1,47,6. mit sich weg Julian wurde 355 nach Mailand gerufen und dort dann von Constantius II. zum Caesar erhoben und nach Gallien geschickt. Oreibasios hat ihn bereits vor dieser Erhebung vom Osten nach Italien begleitet. in meinen Ausführungen Anspielung auf die angebliche Beteiligung des Oreibasios an der Verschwörung, die zur Augustuserhebung Julians führte, vgl. test. 2. Die Geschichte dieser Verschwörung wurde in den Historien Eunaps breit beschrieben. (5) Das Sprichwort des Simonides (fr. 33,1 PMG 538 [Page]) lautet in Plut. cap. inimic. util. 10. 91 E πάϲαιϲι κορυδαλλίϲι χρὴ λόφον ἐγγενέϲθαι und bezieht sich auf die Gefühle des Neids und der Rivalität. die auf Julian folgenden Kaiser Wohl eher nicht Jovian, sondern Valentinian I. und Valens. Vermutlich wurde die Verbannung von Valens ausgesprochen, dessen Anweisungen aber formal im Namen der beiden regierenden Kaiser erfolgte. (7) Königen der Barbaren Bei diesen Königen der Barbaren ist, wie Hartmann, Oreibasios in Persien, 354 f. plausibel machen konnte, eher von Vasallen der persischen Monarchie auszugehen, nicht von gotischen Häuptlingen. Dass es sich nicht um römische Vasallen handelt, geht daraus hervor, dass Oreibasios auf feindlichem Gebiet ausgesetzt wurde (8). (9) ἀποβλεπόμενοϲ Goulet, Eunape de Sardes 277 möchte ἀποβλεπόμενοϲ durch καταβλεπόμενοϲ ersetzen, da Oreibasios „s’il est exilé en dehors de l’Empire Romain, il n’est probablement pas « admiré » (ἀποβλεπόμενοϲ), mais plutôt « méprisé » à l’intérieur de l’Empire : καταβλεπόμενοϲ.“ Abgesehen davon, dass das seltene καταβλέπειν nur einmal urkundlich soviel wie „verachten“ bedeutet (vgl. LSJ s. v. 1 b, besser in diesem Fall wohl ἀπόβλητοϲ [Hinweis von M. Stein], das gemäß Lampe s. v. 1 „ausgestoßen“ bedeutet), passt die Bedeutung von „aufschauen“ durchaus in den Zusammenhang und zeigt, dass Oreibasios’ Verehrung bei den Barbaren gegenüber derjenigen, die ihm im Römischen Reich zuteil geworden war, noch eine Steigerung erfährt (vgl. 3 ἐμιμεῖτο θεόν, ὅϲον ἀνθρώπῳ δυνατὸν ἐϲ τὴν μίμηϲιν ὑπελθεῖν τοῦ θείου und hier 9 παρὰ τοῖϲ βαρβάροιϲ προϲεκυνεῖτο καθάπερ τιϲ θεόϲ). Daher braucht man den überlieferten Text nicht zu verändern.

Kommentar

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fußfällig verehrt Das Detail verweist auf den Aufenthalt des Oreibasios im persisch-orientalischen Raum. (10) Rückkehr gestatteten Diskussion bei Becker, Eunapios, 529 und 530. Die Datierung ergibt sich daraus, dass die Kaiser, die die Erlaubnis zur Rückkehr aus der Verbannung gegeben haben, nicht mit den „späteren“ Kaisern identisch sein können, die die Rückerstattung des Vermögens verfügt haben (12). Erstere sind wohl Valentinian I. und Valens. Letztere sind die Kaiser des Kollegiums von 379–83 Gratian, Theodosius und Valentinian II. (Civiletti, Eunapio 615 erwägt Theodosius und Arcadius). Eine plausible Lösung bietet Hartmann, Oreibasios in Persien 355–60: Oreibasios floh unter Valens (entweder wegen der Verfolgung der Anhänger des Procopius oder wegen der Intellektuellen- und Magieprozessen 371, vgl. auch Banchich, Historical Fragments of Eunapius 86–88) aus dem römischen Reich, worauf sein Besitz konfisziert wurde. Er kehrte nach der Niederlage des Valens in Adrianopel ca. 380 zurück. test. 3 Büchern über Julian Gemeint ist wohl, wie aus der Parallele in test. 1 hervorgeht, das entsprechende Kapitel zu Julian in den Historien des Eunap. Da das gesamte Geschichtswerk um die außerordentliche, sich von den übrigen Kaisern abhebende Gestalt des kurzfristig herrschenden Kaisers kreiste, passt der Titel auch für das Gesamtgeschichtswerk. Zum Problem der paganen Verschwörung, die angeblich Julian an die Macht brachte, vgl. zuletzt die Diskussion von Civiletti, Eunapio 652–54; Becker, Eunapios 527; Hartmann, Philosoph 1517 Anm. 254; 1518 f. mit Anm. 256. Euhemeros Über den Mitverschwörer ist nichts weiter bekannt, vgl. Becker, Eunapios 527. test. 4 Eunap. hist. fr. 24,1 Müller = 28,2 Blockley: Die Passage illustriert wieder die enge Beziehung zwischen Julian und Oreibasios.

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(C 8) Oreibasios von Pergamon

test. 5 Aus dem Ende 359 (Caltabiano, Lʼepistolario di Giuliano 92) geschriebenen Brief des Julian an Oreibasios, der hier nicht in der Gesamtheit wiedergegeben wird, sondern auf die Angaben zum Traum Julians beschränkt ist, geht hervor, dass sich der Leibarzt und der Caesar am Vorabend der Usurpation von 360 über die Beziehungen zu Constantius II. und zur konstantinischen Dynastie austauschten und dass Oreibasios in die Pläne Julians eingeweiht war. Zur Deutung des Traums Caltabiano, Lʼepistolario di Giuliano 237. test. 6 In dem während der Konfrontation mit Constantius II. verfassten Brief an die Athener verweist Julian darauf, dass er den engen Freund und Vertrauten Oreibasios nach Gallien mitgeführt hatte vgl. test. 1 (Eunap. vit. soph. 21,1,4). Die ihm übertragene Aufsicht über die Bücher entspricht der intellektuellen Führungsrolle des archiatros an hellenistischen Königshöfen, s. Einleitung S. 241. πεπίϲτευτο Da die augmentlose Form πεπίϲτευτο auch in guter kaiserzeitlicher Prosa belegt ist (etwa Ios. Bell. Iud. 16,231 oder Ael. VH 13,27), ist es nicht nötig, die Form nach Hertleins Vorschlag in ἐπεπίϲτευτο zu verändern. test. 7 westlichen Galatien: Gemeint ist Gallien im Unterschied zu Galatien. Im Proömium der Ἰατρικαὶ ϲυναγωγαί verweist Oreibasios auf sein früheres, ebenfalls Julian gewidmetes Werk, einer Epitome aus Galen. Die Ἰατρικαὶ ϲυναγωγαί sind zu einem späteren Zeitpunkt verfasst worden, als Julian gemeinsam mit Oreibasios Gallien verlassen hatte, also ab 361. angefertigt Vgl. hierzu Hartmann, Philosoph 1516,252. S. auch die Übersetzung von M. Grant, Dieting for an Emperor. A Translation of Books 1 and 4 of Oribasius’ Medical Compilation with an Introduction and Commentary, Leiden 1997, 25.

Kommentar

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test. 9 Philostorgios bietet neben Johannes Lydus (test. 9) einen Beleg dafür, dass Oreibasios den Kaiser auf dem Perserfeldzug begleitete. Wie die Suda (test. 10) weist Philostorgios dem Oreibasios eine falsche Herkunft aus Sardes zu. Die Nachricht stammt in beiden Quellen aus dem Onomatologos des Hesychios, in dem bereits dieser Fehler enthalten gewesen sein muss. Sardes war vielleicht der Wohnort des Oreibasios in den 390er Jahren: Becker, Eunapios 567. test. 10 Die Notiz des Johannes Lydus belegt, wie test. 8, dass Oreibasios den Kaiser im Perserfeldzug begleitet, und bietet eine bemerkenswerte Version zum Tode Julians. Oreibasios gibt dem sterbenden Kaiser den politischen Ratschlag, seine Nachfolge zu regeln. μαλχάν ist die griechische Transkription entweder des aramäisch-syrischen malkā ($#"!) oder des arabischen malikun (‫)ملك‬, die „König“ bedeuten. Die Endung -an könnte wie malikan im Arabischen auf den Akkusativ hinweisen. test. 11 Freund des Kaisers Julian Wieder Bezeugung der Nahbeziehung zu Julian, die dann auch die Widmung des medizinischen Kompendiums von 52 Büchern an den Kaiser erklärt. Quaestor von Konstantinopel Vgl. S. Faro, Oribasio, Quaestor di Giuliano l’Apostata. Studi in onore di Cesare Sanfilippo VII, Mailand 1987, 263–68. Die Angabe über die Quaestur auch Philost. 7,1c. Einen Quaestor Konstantinopels gibt es nicht, gemeint ist vielleicht die Position des quaestor sacri palatii.

(C 9) Kallistion

Einleitung Libanios hat, während der Prätorianerpräfekt Salutius noch im Amt war1, ein Empfehlungsschreiben an dessen Assessor Kallistion gerichtet, mit der Aufforderung, den bei der Verteilung von Ämtern leer ausgegangenen Arsenios zu berücksichtigen (test. 1). Am Ende des Briefes wird deutlich, dass Kallistion als Verfasser eines Epos bekannt gewesen sein muss. Dieser Kallistion wird in der Sammlung Jacobys mit Kallistos identifiziert2. Kallistos wiederum gehörte dem Kirchenhistoriker Sokrates zufolge zu den protectores domestici Julians und hat den Perserfeldzug in einem epischen Gedicht behandelt (test. 2 = fr. 1). Dass ein solcher Stabsoffizier sich mit Bildungsinhalten beschäftigt, ist im vierten Jahrhundert durchaus belegt3. Für die Identifizierung von Kallistion und Kallistos kann der Umstand sprechen, dass Salutius zu den engen Freunden Julians zählte und dementsprechend Kallistion/Kallistos zunächst in der Umgebung Julians, dann in der des Prätorianerpräfekten zu finden ist, der 363 ebenfalls an der Expedition gegen die Perser teilnahm. Ferner bezeugen Sokrates und Libanios für Kallistos/Kallistion die gleiche literarische Aktivität, nämlich die Herstellung epischer Verse. Nicht ganz zur Identifizierung von Kallistion und Kallistos passt, dass in dem einen Fall Kallistion als assessor – die assessores waren oft rechtskundiger als die hohen Amtsträger, denen sie zuarbeiteten – eine rhetorisch-juristische Karriere verfolgt, in dem anderen Falle Kallistos als protector domesticus eine militärische Laufbahn eingeschlagen hat. Da gar nicht bekannt ist, ob die epische Dichtung des Kallistion überhaupt einen historischen Inhalt hat, und da der Name Kallistion eben nicht mit demjenigen des Kallistos identisch ist, verbleiben Restzweifel gegen die Gleichsetzung4. Keinen selbständigen Wert darf die Behauptung des Michael Sy1

Praefectus praetorio I von 361–65; II von 365–67. FGrHist 223. Vgl. Seeck, Briefe des Libanios 103. Die Identifizierung wurde schon von Valesius vorgeschlagen. 3 Zu literarisch ambitionierten protectores domestici aus gutem Hause vgl. neben dem Fall des Ammian denjenigen des Tryphonianus Sabinus, der in der Subscriptio von Persius-Manuskripten erscheint, vgl. G. Kelly, Ammianus. The Allusive Historian, Cambridge 2008, 123. 4 Für die Identifizierung zuletzt Petit, Les fonctionnaires, 60, Nr. 55; Janiszewski 390–93; (vorsichtig) Kaldellis, A., Kallistion BNJ 223 (2009). Die PLRE unterscheidet dagegen Callistio und Callistus 1. Das Problem wird bei Van Nuffelen / Van Hoof, Clavis Historicorum 79 f. nicht diskutiert. 2

Einleitung

265

rus beanspruchen, Kallistos habe eine Geschichte Jovians verfasst1. Michael Syrus verdankt seinen Stoff (über eine Zwischenquelle) eindeutig dem Kirchenhistoriker Sokrates, aus dem er an anderer Stelle bereits zitiert hat.

1

S. Komm. zu test. 3.

testimonia 1. Liban. ep. 1233 (codd. VViWParVindD) (1) Καλλιϲτίωνι. μετὰ τοῦ Ἰδομενέωϲ παρακαλοῦμεν καὶ τὸν Μηριόνην, μετὰ τοῦ γενναίου Ϲαλουτίου Καλλιϲτίωνα τὸν καλόν, κοινωνὸν ὄντα τῶν ἐπαίνων, ὅϲοι γίνονται παρὰ τῶν ἀνθρώπων ἐκείνῳ. γεγόναϲι δὲ πολλοὶ μὲν ἀεί, πλεῖϲτοι δὲ νῦν διὰ τὴν ἐπικου5 ρίαν, ἣν τοῖϲ λόγοιϲ βεβοηθήκατε, ὁ μὲν πράττων, ϲὺ δ’ εἰϲηγούμενοϲ. (2) ἐγὼ δὲ ἥϲθην μὲν ταῖϲ δεδομέναιϲ ἀρχαῖϲ, ἤλγηϲα δὲ οὐ μικρῶϲ· τὸν γὰρ φίλτατον ἡμῖν Ἀρϲένιον δικαίωϲ ἂν δικάζοντα καὶ αὐτὸν ἐν τοῖϲ δίκαϲ λέγουϲι τετηρήκατε. καίτοι τῶν μὲν ἡλικιώτηϲ, τῶν δὲ οὐ πολὺ νεώτεροϲ, τῶν δὲ καὶ πολὺ πρεϲβύτεροϲ, λόγοι τε 10 ἰϲχυροὶ καὶ γνήϲιοι καὶ γνώμη βελτίων τῶν λόγων. (3) ὃ δὲ ἐγκέκληται, πρῶτον μέν, ὦ ’γαθέ, μικρὸν εἶναι δοξάτω· καὶ γάρ ἐϲτι τοιοῦτον. ἔπειτ’ ἐμὸν κεκρίϲθω τοῦ καταναγκάϲαντοϲ, καὶ ὁ μὲν μὴ κεκωλύϲθω τιμᾶϲθαι, περὶ δὲ ἐμοῦ βουλεύεϲθε. τίμημα δέ, ὅτῳ ἄν με κολάζητε, οἴϲω. πάντωϲ, οἷον ἂν ᾖ, τοῦτό γε ἔϲται κουφότερον 15 τοῦ φίλον δοκεῖν ἀνατετραφέναι. (4) ἀλλά, πρὸϲ Ἀπόλλωνοϲ καὶ Μουϲῶν, παρ’ ὧν ϲοι τὰ ἔπη, τὸν μὲν ἔντιμον κατάϲτηϲον, τοῦ δὲ ἔξελε τὴν ὀργήν. „ἀγαθὴ δὲ παραίφαϲίϲ ἐϲτιν ἑταίρου“ (Il. 11,793). 2 Ϲαλουτίου Förster : Ϲαλουϲτίου codd. 7 δικαίωϲ VVi : ἡδέωϲ WParVind 8 καίτοι codd. : καί τε Wolf 12 ἐμοῦ D 14 ᾖ Vp.c. : ἦν Va.c. : εἴη WParVindD | τοῦτό γε Vp.c. : τούτου τε Va.c. : τοῦτ᾿ WParVindD 15 ἀνατετραφέναι om. WParVindD

2. vide fr. 1,14 sq. 3. Mich. Syr. 7,6 (Chabot IV 147)

‫ܘܐܩ ܣ ܐ ܒ ܬ ܕܣ‬ w-āp̄ Qalisṭōs aḵteḇ taš‘īṯā ḏ-Yōḇīnīnōs.

Zeugnisse 1. Libanios, Brief 1233 (1) An Kallistion. Mit Idomeneus ziehen wir auch den Meriones hinzu, mit dem edlen Salutius den ausgezeichneten Kallistion, der an den Lobesreden Anteil hat, die von den Menschen für jenen geführt werden. Es waren schon immer viele, jetzt aber sehr viele wegen der Hilfe, die ihr der Redekunst erwiesen habt, der eine, indem er gehandelt hat, du aber, indem du den Vorschlag gemachst hast. (2) Ich freute mich zwar über die Ämterverteilung, empfand aber gleichzeitig nicht geringen Schmerz. Denn den mir teuersten Arsenios, der wohl in gerechter Weise Recht sprechen würde, habt ihr gleichfalls unter den Advokaten beibehalten. Und dabei ist er Altersgenosse der einen, nicht viel jünger als andere und viel älter als andere, seine Reden sind stark und echt, und seine Gesinnung ist besser noch als die Reden. (3) Wessen er aber beschuldigt wird, das soll zuerst, mein Guter, als etwas Geringfügiges erscheinen; ein solches ist es nämlich auch. Danach soll über meine Rolle geurteilt werden, der ich es forciert habe, und dieser soll nicht gehindert werden, ein Ehrenamt zu erhalten, über mich aber beratet. Die Buße aber, mit welcher ihr mich bestrafen wollt, werde ich zur Gänze zahlen. Wie beschaffen sie auch ist, wird sie leichter sein, als dass es den Anschein hätte, dass der Freund bestürzt ist. (4) Aber bei Apollo und den Musen, von denen du die Verse bekommst, stelle seine Ehre wieder her und besänftige den Ärger des Salutius. „Der Zuspruch eines Freundes ist eine gute Sache“ (Il. 11,793). 2. Siehe fr. 1,14 f. 3. Michael Syrus, Chronik 7,6 Und auch Kallistos verfasste die (oder eine) Geschichte Jovians.

268

(C 9) Kallistion

fragmentum

1 (1) Socr. 3,21,13–15 (13) ἐκ ταύτηϲ δὲ τῆϲ πληγῆϲ τὸν βίον κατέϲτρεψεν (sc. Iulianus imperator) ἀδήλου γενομένου τοῦ ἀνελόντοϲ αὐτόν· οἱ μὲν γὰρ ὑπό τινοϲ Πέρϲου αὐτομόλου βληθῆναι αὐτόν φαϲιν, οἱ δὲ ὑπὸ οἰκείου ϲτρατιώτου, ὡϲ ὁ πολὺϲ λόγοϲ κρατεῖ. (14) Κάλλιϲτοϲ δὲ ὁ ἐν τοῖϲ 5 οἰκείοιϲ τοῦ βαϲιλέωϲ ϲτρατευόμενοϲ, ἱϲτορήϲαϲ τὰ κατ’ αὐτὸν ἐν ἡρωικῷ μέτρῳ, τὸν τότε πόλεμον διηγούμενοϲ ὑπὸ δαίμονοϲ αὐτὸν βληθέντα τελευτῆϲαί φηϲιν. (15) ὅπερ τυχὸν μὲν ὡϲ ποιητὴϲ ἔπλαϲεν, τυχὸν δὲ καὶ οὕτωϲ ἔχει· πολλοὺϲ γὰρ ἐριννύεϲ μετῆλθον. 7 αὐτὸν add. Hansen e versione Armenica; vide etiam Mich. Syr. 7,5 (Chabot)

fragmentum

269

Fragment

1 (1) Sokrates, Kirchengeschichte 3,21,13–15 (13) Aufgrund dieser Verwundung brachte er (d. h. Julian) sein Leben zu Ende, wobei unbekannt blieb, wer ihn getötet hatte. Die einen sagen nämlich, dass er von einem persischen Überläufer getroffen wurde, die anderen von einem eigenen Soldaten, eine Meinung, die vorwiegt. (14) Kallistos aber, der unter den domestici des Kaisers Militärdienst leistete, der die Ereignisse um ihn in Hexametern erzählte, sagt bei der Behandlung des damaligen Kriegs, dass er von einem Daimon getroffen wurde und verstarb. (15) Das erfand er vielleicht als Dichter, vielleicht aber verhält es sich auch so: viele nämlich suchten die Rachegeister heim.

Kommentar test. 1 Zum Brief vgl. Bradbury, Letters, 207, Nr. 169. Der Brief ist April bis Juni 364 zu datieren. (1) μετὰ τοῦ Ἰδομενέωϲ παρακαλοῦμεν καὶ τὸν Μηριόνην Gemäß Il. 2,650 war Meriones der Gefährte des Kreterkönigs Idomeneus. Dieser epische Vergleich, mit dem er seinen Adressaten Kallistion, der selbst auch Dichter war (vgl. fr. 1,15), mit einer Figur aus der Ilias vergleicht, dient am Anfang des Briefs als captatio benevolentiae. (2) Arsenios PLRE I, Arsenius 2. Kallistion sollte auf den Prätorianerpräfekten Salutius einwirken, den Advokaten Arsenios auf einen staatlichen Posten zu befördern. (3) ἐμὸν κεκρίϲθω τοῦ καταναγκάϲαντοϲ Das von den meisten Handschriften überlieferte ἐμόν bereitet Schwierigkeiten. Gewöhnlich mit dem Artikel versehen, steht das substantivierte Possessivum τὸ ἐμόν als Umschreibung des Personalpronomens, wenn „nicht die Person allein, sondern ihr Wesen oder das, was gleichsam in die Sphäre derselben gehört, verstanden werden soll“ (K.-G. 1,267). Analog vielleicht zu Il. 1,526 f. οὐ γὰρ ἐμὸν παλινάγρετον οὐδ’ ἀπατηλὸν / οὐδ’ ἀτελεύτητον, wo ἐμόν substantiviert ist und „das Meinige“ bzw. „mein Wort“ (vgl. LSJ s. v. ἐμόϲ II) bedeutet, fehlt hier der Artikel, was angesichts der epischen Reminiszenzen in diesem Brief vielleicht von Libanios beabsichtigt ist; es ist aber auch möglich, dass ursprünglich ἔπειτα τὸ ἐμὸν stand und der Artikel in der Folge ausgefallen ist. Zur Apposition im Genetiv nach Possessivpronomen vgl. K.-G. 1,282 f. Hingegen lässt sich das von D überlieferte Personalpronomen ἐμοῦ leicht mit dem Genetiv τοῦ καταναγκάϲαντοϲ verbinden, scheint aber der Korrekturversuch eines Schreibers zu sein, der den Satz vereinfachen wollte. (4) ἀγαθὴ δὲ παραίφαϲίϲ ἐϲτιν ἑταίρου Die Gnome aus der Ilias 11,793, mit der Nestor Patroklos ermuntert, Achilleus zum Kampf zu bewegen, dient Libanios dazu, seine eher prosaische Bitte an Kallistion unter eine allgemeine, sogar literarisch bezeugte Maxime zu stellen. Libanios umrahmt seinen Brief am Anfang und am Ende mit Iliasreminiszenen, was er bei einem Adressaten wie Kallistion offenbar für eine wirkungsvolle Strategie hält.

Kommentar

271

test. 3 Van Nuffelen, Clavis Historicorum, 80. Die Informationen des Michael Syrus stammen über Theodoros Anagnostes letztlich aus Sokrates (vgl. fr. 1). taš‘īṯā im Syrischen determiniert die Endung -ā des Status emphaticus im Gegensatz zum Artikel in anderen semitischen Sprachen nicht immer das Substantiv. Daher kann taš‘īṯā gleichermaßen „die Geschichte“ und „eine Geschichte“ bedeuten. [C. S.] fr. 1 (13) Eine Meinung, die vorwiegt Zu den verschiedenen Versionen zum Tode Julians s. u. C 10 (Magnos von Karrhai) 13 mit Kommentar S. 313. (14) αὐτὸν Die aufgrund der armenischen Version gemachte Ergänzung des Texts durch Hansen (ähnlich lautet der Text in 13 βληθῆναι αὐτόν φαϲιν) scheint hier notwendig zu sein, weil sonst beim Infinitiv der Subjektsakkusativ fehlt. Dass Julian das Opfer war, geht auch aus der Formulierung des Michel Syrus (s. u.) hervor, der hier Sokrates als Vorlage verwendet hat. Zur Bedeutung des Armenischen bei der Textkonstitution von Sokrates’ Kirchengeschichte vgl. Einl. zu Eusebios Scholastikos 396 f. domestici Also zum Corps der Stabsoffiziere („kind of staff college“) gehörig, vgl. Jones, Later Roman Empire I, 638. bei der Behandlung des damaligen Kriegs Sokrates ist also wohl so zu verstehen, dass Kallistos auf der einen Seite die gesamte Regierung Julians behandelte, dass er aber auch auf den Perserkrieg zu sprechen kam. Vgl. Janiszewski, Missing Link 391. Daimon Als Begleiter Julians kann Kallistion/Kallistos nur eine positiv überhöhte Darstellung des Perserfeldzugs geboten haben. Es wurde wahrscheinlich erläutert, wie Julian durch das Schicksal bzw. durch eine vielleicht neidische Gottheit zu Fall kam. Janiszewski, Missing Link 392 mit Anm. 164 verweist auf das Wirken des Daimon in der Darstellung des Historikers Prokop. [B. B.] Der Satz 3,21,14 des Sokrates wird auch von Michael Syrus 7,5 (Chabot IV p. 146) überliefert, der fast wörtlich der Vorlage des Sokrates folgt, den Hinweis auf die Hexameter zwar auslässt, aber merkwürdigerweise zusätzlich erwähnt, dass Julian an einem Samstag verstarb, was von keiner anderen Quelle bezeugt wird:

272

(C 9) Kallistion

‫ܣ‬%"$#"! (' *) -,+ ‫ܗ‬/.+ ‫ܦ‬/3‫ܗ܁ ܕܐ‬/.76‫ ܬ‬9)‫; ܕ)* ܐ‬%:‫ ܕ‬/.)‫ܘ‬ ‫ܡ‬%.+ ;/A6 Qalisṭlōs ḥaḏ men bnay ḇayṯēh d-aḵteḇ taš‘īṯēh. ’emar d-men daywā np̄ al w-mīṯ b-yōm šabbṯā. Qalisṭlōs, einer aus seiner Entourage, der seine (d. h. Julians) Geschichte schrieb, sagte, dass er von einem Dämon niedergestreckt wurde und an einem Samstag verstarb. [C. S.]

(C 10) Magnos von Karrhai

Einleitung I. Der Historiker Magnos Der Chronist Malalas hat als Quellenautoren bisweilen Phantasiefiguren benannt, bisweilen Autoren, von denen man annehmen kann, dass sie historisch sind, etwa Philostratos, dem er Teile einer detaillierten Erzählung zu den römisch-persischen Kriegen entnommen hat1. Echten Autoren kann er allerdings durchaus wiederum frei erfundene Inhalte zuweisen. Im Falle des von Malalas zitierten Magnos2 ist aber anzunehmen, dass dieser Autor nicht fiktiv ist und dass auch die ihm von Malalas zugewiesenen Inhalte einen authentischen Charakter haben. Malalas stellt fest, dass Magnos von Karrhai zu den Begleitern Julians auf dessen Perserfeldzug gehörte3. Das passt sehr gut zu dem Tribunen Magnos, dessen Großtaten bei der Belagerung von Maiozamalcha übereinstimmend Ammian und Zosimos und (mit einer Variante) ein Fragment der Suda beschreiben4. Die Identifizierung des von Malalas genannten Magnos mit dem in den historiographischen Quellen belegten Tribunen bleibt gewiß mit Unsicherheiten behaftet und genügt nicht, um

1

Vgl. KFHist A 3; O. Gengler, Johannes Malalas und seine Quellen: Überlegungen zum Fall Philostratos (Malalas XII 26); in: E. Juhács (Hg.), Byzanz und das Abendland IV. Studia Byzantino-Occidentalia, Budapest 2016, 175–85. Zur Frage des Verhältnisses von Phantasie- und realen Autoren s. die Literatur bei L. Carrara / O. Gengler, Zu den Quellen der Chronik des Johannes Malalas: Eine Einleitung, in: L. Carrara / M. Meier / C. Radtki-Jansen (Hgg.), Die Weltchronik des Johannes Malalas. Quellenfragen, Stuttgart 2017, 9–24. Zu Philostratos s. in diesem Sammelband auch den Beitrag von L. Mecella, Malalas und die Quellen für die Zeit der Soldatenkaiser 73–98. Entschieden mit der Existenz frei erfundener Autoren rechnet W. Treadgold, The Byzantine World Histories of John Malalas and Eustathius of Epiphania, The International History Review 29 (2007) 709–45. Dubios ist etwa die Authentizität von Domninos. Unabhängig davon, ob Malalas Autorennamen in der Art der Historia Augusta frei erfunden hat, ist zumindest sicher, dass er Autoren nennt, die er selbst nicht gelesen hat. 2 Vgl. FGrHist 225; Paschoud, Zosime II 1,240–45 (Appendice A); Janiszewski, Missing Link 123–30; Penella, Magnus. S. ferner meine Vorarbeit Bleckmann, Magnus von Karrhai. Sowohl in der Einleitung wie im Kommentar werden Darlegungen daraus übernommen. Die Paragraphenzählung von fr. 1 folgt derjenigen Jacobys, die von fr. **2 wurde neu eingeführt. 3 test. 1. 4 test. 2a–c.

(C 10) Magnos von Karrhai

276

die Richtigkeit der Angabe des Malalas, Magnos sei ein Teilnehmer des Perserfeldzugs gewesen, zu beweisen1. Dass der Bericht, den Malalas dem Magnos zuweist, gleichwohl zeitnah ist und Informationen eines Kriegsteilnehmers enthält, scheint aber die Qualität der Erzählung des betreffenden Abschnitts zu belegen. Diese Qualität lässt sich durch ein Studium der Parallelen mit Ammian und Zosimos hinreichend nachweisen. Ferner sind die Kenntnisse zur Truppengeschichte, zur Prosopographie und zur Geographie ein sicherer Hinweis auf die zeitgenössische Provenienz des von Malalas benutzten Materials2. Die Art und Weise, in der Malalas diesen mutmaßlich von Magnos von Karrhai verfassten Text benutzt hat, variiert allerdings. Neben relativ textnahen Abschnitten scheint das Exzerpt des Malalas auch Ausführungen zu enthalten, in denen eher kursorisch zusammengefasst wird. Auch sind die Abgrenzungen der dem Magnos zugewiesenen Abschnitte wohl anders vorzunehmen, als dies von den Zitierhinweisen des Malalas suggeriert wird. Der relativ lange Bericht über den Perserkrieg Julians, den Malalas nach eigenen Angaben aus Magnos hat, wird durch zwei solcher Hinweise eingerahmt. Im Zusammenhang mit dem Bau der Euphratflotte, die den Feldzug einleitete, liefert zunächst Malalas die Kurzbiographie des Autors und leitet dann zur Erzählung über3. Ein zweiter, abschließender Hinweis erfolgt dann im Zusammenhang mit der ersten Version zum Tode Julians, der dann eine zweite Version, nämlich diejenige des Eutychianos, gegenübergestellt wird4. Dieser von Malalas selbst dem Magnos zugewiesene Gesamtbericht ist dabei offenkundig nicht hom*ogen:

1

Denn der Name ist zu weit verbreitet, um die Identifizierung sicher zu machen. Gegen die Identifizierung vgl. R. Laqueur, Magnus (27), RE 14, 1928, 491–93, hier 491 f.; Paschoud, Zosime II 1,153: „Le nom est courant et si l’identité n’est pas exclue ni impossible, il n’y a du moins aucun argument solide qui la justifie.“ Vgl. zu weiteren skeptischen Stimmen Janiszewski, Missing Link 127, der aber selbst 128 f. in der Nachfolge von Fornara zum Ergebnis kommt, dass es keinen Grund gebe abzustreiten, dass es sich um Magnus, den Teilnehmer am Julianfeldzug, handle. 2 Vgl. zur Rolle der Mattiarii und Lanciarii Kommentar S. 305. Vgl. im Kommentar die Notizen zu Sebastianus und Procopius, Macameus und Maurus, Anatolius, Lucianus, Victor, Dagalaif, Arintheus. 3 Vgl. fr. 1,1 = Mal. 13,21 p. 252, 45–49 Thurn. 4 fr. 1,13 Ende. Zu Eutychianos vgl. C 10.

Einleitung

277

In einer ersten Partie wird ein Bericht über die erste Phase des Krieges geboten, die vom Aufbruch bis zur Eroberung von Kastellen auf der Anfangsstrecke am Euphrat reicht (fr. 1,1–6). Dieser Abschnitt ist kleinteilig gestaltet und lässt sich genau mit der Parallelüberlieferung abgleichen. Zunächst wird der Aufbruch des Kaisers von Hierapolis und der Bau der Euphratflotte geschildert (fr. 1,1). Es folgt die Beschreibung von zwei Straßen, die von Karrhai aus in die Ferne führen, die eine nach Nisibis, die andere nach Kirkesion (fr. 1,2). Anschließend bringt der Bericht Angaben über die Aufteilung des Heers (fr. 1,2), ferner über die Zurücklassung eines Kontingents in Kirkesion (fr. 1,3), die Überquerung des Chaboras, die Ankunft der Flotte in Kirkesion und eine Ansprache Julians (fr. 1,4–5). Zum Aufbruch der Flotte und des Heers gibt Malalas dann einen Überblick über die Vorhut und die Nachhut der Gesamtstreitmacht sowie über die Eroberung von persischen Euphratkastellen (fr. 1,6). Eine Musterung dieses ersten Teils des Berichts, den Malalas Magnos verdankt, führt zum Ergebnis, dass Malalas seine Quelle zwar gekürzt, aber ohne Entstellungen wiedergegeben bzw. richtig zusammengefasst hat. Geographisch richtige Details begegnen gehäuft. So werden in zutreffender Reihenfolge die Orte Hierapolis als Ausgangspunkt der Operationen, Samosata (der Ort, an dem stromaufwärts die Schiffe gebaut werden), Karrhai, Kirkesion, sowie der Nebenfluss des Euphrat, der Chaboras genannt. In prosopographischer Hinsicht lässt sich feststellen, dass die im Einzelnen genannten Personen als Zeitgenossen Julians zu identifizieren sind. Verschreibungen oder Verballhornungen kommen kaum oder gar nicht vor. Anschließend bietet Malalas, wieder aus Magnos schöpfend, eine summarische Beschreibung des weiteren Verlaufs des Feldzugs bis zum Vorrücken auf Ktesiphon (fr. 1,7–9). Konkrete prosopographische und geographische Angaben sind in diesem Abschnitt sehr viel sparsamer eingesetzt, der Abgleich mit dem Parallelmaterial fällt schwerer. Erkennbar ist gleichwohl, dass dieser zweite Teil im Großen und Ganzen mit den übrigen Erzählungen über den Perserkrieg übereinstimmt. In grober Form wird zunächst das Vorrücken am Königskanal, dem Naarmalcha, bis nach Ktesiphon beschrieben (fr. 1,7–8). Malalas informiert anschließend über die Bewegungen Schapurs, der den Anmarsch Julians über Nisibis erwartet, dann aber aufgrund des Vorrückens Julians über den Euphrat und der direkten Attacke auf die Kerngebiete des Sasanidenreichs in Richtung Armenien flieht (fr. 1,9). Es kann also nicht die Rede davon sein, dass dieser kürzer gefasste Teil ebenso

(C 10) Magnos von Karrhai

278

wie der Folgeteil über den Tod Julians völlig in der Qualität abfällt. Letzteres hatte Mendelssohn angenommen, der für die erste Partie Übereinstimmungen mit Ammian und Zosimos konstatiert, demzufolge Malalas aber dann im Anschluss nur „fabulas ineptas rumoresque aniles“ erzählt1. Mit mehr Details beschreibt dann Malalas im letzten dem Magnos zugeschriebenen Abschnitt das Ende Julians (fr. 1,9–13). Im Einzelnen wird geschildert, wie Julian durch die List der falschen Überläufer in eine ausweglose Situation gerät (fr. 1,9–11). Es folgen die Erzählung, wie die Überläufer durch ein Verhör (fr. 1,12) entlarvt und wie sie darauf verpflichtet werden, das Heer wieder aus der Wüste herauszuführen (fr. 1,12), ferner der Bericht über die letzte Ansprache Julians an das Heer und über den Tod des Kaisers (fr. 1,13). In den älteren Fragmentausgaben ist die Abgrenzung des Magnos-Fragments so vorgenommen worden, wie es den Angaben des Malalas entspricht, der in fr. 1,13 vermeintlich das Magnos-Zitat abschließt. Dass man Malalas hierin aber keineswegs folgen muss, sondern weitere Stücke der Geschichte des Julianfeldzugs wohl ebenfalls Magnos entnommen sind, hat L. Dillemann zu Recht betont2. In der Tat legen qualitätsvolle geographische und prosopographische Informationen sowie enge Berührungen zwischen Ammian und Malalas nahe, dass Malalas auch für die Darstellung der Friedensverhandlungen Jovians oder für die Übergabe von Nisibis die gleiche Quelle benutzt hat, die bereits die Qualitäten des ersten Abschnitts bei Malalas erklärt. Im Einzelnen finden sich dort (fr. **2) folgende Darlegungen: Zunächst wird beschrieben, wie Schapur die Initiative für Friedensverhandlungen ergreift (fr. **2,1). Es wird anschließend erläutert, wie Jovian bereitwillig auf diese Friedensinitiative eingeht (fr. **2,2) und Arintheus mit der Verhandlungsführung innerhalb einer Dreitagesfrist beauftragt wird (fr.

1

Mendelssohn, XLII. Vgl. die (Mendelssohn folgende) Charakterisierung bei Paschoud, Zosime I LII: „le fragment de Magnus (…), dont le début est effectivement très voisin d’Ammien et de Zosime, diverge ensuite complètement du récit de ces deux auteurs, et rapporte des traits purement légendaires sur la retraite de Julien.“ Ferner zum Wechsel Mc Lynn, Persian Expedition 314: „abrupt change of tone once Julian has made camp near Ctesiphon.“ Zum Wechsel gehört auch derjenige von der römischen zur persischen Perspektive. 2 S. bereits Mendelssohn, LII, der allerdings davon ausging, dass das MagnosStück nicht so weit reichte, wie von Malalas angegeben. Zur Frage des Zuschnitts von Fragmenten C. A. Baron, The Delimitation of Fragments in Jacoby’s FGrHist: Some Examples from Duris of Samos, GRBS 51 (2011) 86–110.

Einleitung

279

**2,2). Anschließend wird dargestellt, wie die Räumung von Ostmesopotamien und Nisibis vereinbart wird, wie ein persischer Verbindungsoffizier namens Junios die Bestimmungen des Vereinbarten bei Jovian durchsetzen soll und welche dramatischen Szenen, insbesondere die Aktionen des Silvanus, sich bei der Evakuierung der Bevölkerung von Nisibis abspielen. Wie im Kommentar im Einzelnen zu erläutern ist, finden sich hier zahlreiche Parallelen mit dem zeitgenössischen Bericht Ammians, aber auch mit demjenigen des Eunap-Zosimos. Die eindeutig gegen Jovian gerichtete Tendenz – bis ins Detail wird die überstürzte Verhandlungsführung, die Kooperation mit persischen Autoritäten und die Härte der Auslieferung von Nisibis geschildert – hebt sich deutlich vom Kontext ab, in dem Jovian in der üblichen kirchengeschichtlichen Darstellung als ein Förderer der Rechtgläubigkeit erscheint. Schon diese Tendenz spricht dafür, dass die Darstellung der Verhandlungen Jovians aus einer profangeschichtlichen Quelle stammt. Das besondere Interesse für Nisibis, das in diesen Malalas-Stücken auffällt, würde für einen Autor Magnos aus dem benachbarten Karrhai besonders gut passen. Wie für Ammian gehörte offenkundig auch für die Vorlage des Malalas die Geschichte der Rückführung der Armee unter Jovian und die Liquidierung des Perserkrieges zur notwendigen Gesamtdarstellung des Perserfeldzugs Julians. Wenn also diese Stücke zu Jovian ebenfalls aus Magnos stammen, hätte Malalas dies an sich kenntlich machen müssen. In diesem Fall erklärt sich das Versäumnis damit, dass Malalas durch den Übergang zu der angeblichen Alternativtradition Eutychianos die Quelle gewechselt und später dann nicht mehr darauf verwiesen hat, dass er zu Magnos zurückgekehrt ist1. Diese spezifische Technik des unpräzisen Zuschnitts des Zitierrahmens hat sich bereits für das Verhältnis zwischen den aus Philostratos und angeblich aus Domninos zuzuweisenden Stücken des Malalas nachweisen lassen2. Die zeitliche Einordnung der ausführlichen Quelle, die von Malalas unter dem Namen Magnos zitiert wird, ergibt sich nicht allein aus dem Hinweis darauf, dass der Autor Teilnehmer des Perserfeldzugs gewesen sein soll. Ausschlaggebend sind vielmehr neben der bereits hervorgehobenen Qualität 1

Ob Eutychianos eine wirklich von Malalas benutzte Alternativquelle ist, darf mit einigem Grund bestritten werden. Denn das angebliche Stück des Eutychianos (vgl. KFHist C 11) ist zumindest in einigen Zügen mit der Erzählung des Magnos identisch. 2 Vgl. Einleitung zu KFHist A 3, s. Bleckmann / Groß, Historiker der Reichskrise 77–81.

(C 10) Magnos von Karrhai

280

truppengeschichtlicher und prosopographischer Informationen1 vor allem die Beziehungen, die sich zu Ammianus Marcellinus und zu Zosimos bzw. dessen Quelle Eunap feststellen lassen. Mendelssohn hat angenommen, dass generell alle Gemeinsamkeiten zwischen Ammian und Zosimos in der Erzählung zum Perserfeldzug Julians auf Magnos zurückgehen. Klein hat sogar im zweiten Teil seiner „Studien zu Ammianus Marcellinus“ versucht, alle Passagen, in denen die drei Quellen bzw. allein Ammian und Zosimos übereinstimmen, zu beschreiben und die Stücke als „Fragmente des Magnus von Carrhae“ aufzuführen2. Freilich verlässt man in dem Moment, in dem man zusätzliche, nicht im Malalasexzerpt enthaltene Stücke mit berücksichtigt, sicheren Boden, zumal in der Diskussion der Gemeinsamkeiten zwischen Ammian und Zosimos eine große Bandbreite von Lösungsmöglichkeiten und Positionen begegnet, vom Leugnen einer gemeinsamen schriftlichen Vorlage bis hin zur Etikettierung mit anderen Traditionen wie Oreibasios. Trotz vielfacher Ähnlichkeiten und Berührungen ist darüber hinaus deutlich, dass Magnos eine von Ammianus und Zosimos unabhängige Erzählung bietet. In einigen Punkten fällt Magnos von Karrhai in auffälliger Form mit Zosimos gegen Ammian zusammen, etwa für den Ort der Ansprache Julians an das Expeditionsheer3. Dann gibt es wieder Informationen, die sich mit Details bei Ammian vergleichen lassen, aber keine Entsprechungen bei Zosimos haben. Das gilt etwa für die Information über die Nachhut oder über den Inhalt der Ansprache Julians bei Kirkesion4. Einige Informationen, die historisch durchaus von Bedeutung sind, etwa diejenige über die große Garnison von Kirkesion unter dem Kommando von Macameus und Maurus, machen den Eindruck, authentisch zu sein, und finden sich allein bei Magnos5. In einigen wenigen Fällen bietet Magnos gegenüber Ammian und gegenüber Zosimos vollständigere Angaben, etwa, was den Ort betrifft, an dem Julian am Beginn des Angriffs seine Rede hält6, bei der Zahl der Schiffe der Euphratflotte7, bei dem Kommando der in Kirkesion zurückbleibenden

1

S. o. S. 276. Klein, Studien 58–134. 3 fr. 1,4 f. 4 fr. 1,6 und 1,5. 5 fr. 1,3 mit Kommentar. 6 Kommentar zu fr. 1,5. 7 Kommentar zu fr. 1,4. 2

Einleitung

281

Truppe1 oder der Darstellung der kaiserlichen Gesamtstrategie bei der Aufteilung des Heers2. Die Annahme von Klein, dass sich alle Beziehungen dann erklären lassen, wenn man davon ausgeht, dass das Original des Magnos sehr ausführlich war und auch die nicht bei Malalas, wohl aber bei Ammian, Zosimos und auch bei Libanios enthaltenen Details umfasste, ist rein hypothetisch. Man kann nicht mehr aussagen, als dass Magnos als einer unter vielen zeitnahen Berichterstattern zum Perserfeldzug Julians zu betrachten ist und dass er oft, aber eben nicht immer, mit Ammian und Zosimos übereinstimmt. Nicht einmal klar ist, ob er sein Werk auf griechisch oder lateinisch verfasst hat. [B. B.] II. Zur Überlieferung der Fragmente des Malalas Die beiden Fragmente des Magnos und ein weiteres des Eutychianos (KFHist C 11 fr. 1) sind in Buch 13 der Weltchronik des Malalas überliefert, der offenbar Magnos als Quelle verwendet hat. Der Text des Malalas ist derjenige Thurns, der als erster eine kritische Edition dieses Autors besorgt hat. Indessen wird nicht nur die historische, sondern auch die philologische Beschäftigung mit Malalas fortgesetzt. Aufgrund der Komplexität der Überlieferung des Malalas und der auch nach dem Erscheinen von Thurns Edition gemachten Fortschritte soll an dieser Stelle kurz auf die Überlieferung des Malalastextes, soweit diese für die Fragmente des Magnos von Karrhai und des Eutychianos von Bedeutung ist, eingegangen werden. Vom Werk des Malalas gab es ursprünglich mindestens zwei Fassungen, von denen die erste etwa um 528 fertig war, während die letzte, wohl unfertige Fassung bis 565 reichte3. Von dieser letzten Fassung stammt wohl der beste Zeuge der Weltchronik ab. Es ist der Oxforder Codex Baroccianus graecus 182 (O) aus dem 12. Jh.; in ihm fehlen aber signifikante Teile des 1

Kommentar zu fr. 1,3. Kommentar zu fr. 1,9. 3 So geht E. Jeffereys, The Beginning of Byzantine Chronography: John Malalas, in: G. Marasco (Hg.), Greek and Roman Historiography in Late Antiquity. Fourth to Sixth Century A. D., Leiden 2003, 497–527, hier 500 von nur zwei Editionen aus, wobei die erste 532 beim Frieden mit Persien fertiggestellt war. Mehrere Editionen nimmt dagegen W. Treadgold, The Early Byzantine Historians, Basingstoke – New York 2007, 238–40 an. Vgl. dazu auch Van Nuffelen / Van Hoof, Clavis Historicorum 245. 2

(C 10) Magnos von Karrhai

282

Werks wie das erste Buch, Teile aus Buch 5 und 18 sowie der Schluss, da der Text im Jahr 563 abbricht. Wahrscheinlich hat der Kopist zudem einige Teile gegenüber seiner Vorlage gekürzt. Der ungekürzte bzw. weniger gekürzte Malalas ist in mehreren Fragmenten, z. B. in den Exzerpten des Konstantinos Porphyrogennetos oder in der slawischen Übersetzung (10./11. Jh.), greifbar. Zur Ergänzung und Korrektur kann man griechische und syrische Autoren der Spätantike und des Mittelalters (wie z. B. Euagrios oder Johannes von Ephesos), die wahrscheinlich noch die vollständige Version benutzt haben, heranziehen1. 1842 entdeckte Angelo Mai im orthodoxen Kloster des Heiligen Nilus in Grottaferrata bei Rom einen palimpsestierten Codex (Cod. Cryptoferratensis Z. α XXIV = Tusc.) mit den letzten, im 14. Jh. abgeschriebenen Gesängen der Ilias. Mai fand auf 8 Folien (62r–69v) unter diesem Text Teile aus Malalas’ Weltchronik (auch wenn er dessen Autor nicht mit Malalas identifizierte, sondern was erst L. Patzig 1890 tat) aus dem 7. Jh.2, die Fragmente aus Buch 13 überliefern. Der Rest des Palimpsests hat große Überschneidungen mit O, bietet aber ein paar Abweichungen auf der Wortebene. Thurn verwendet in seiner Edition Tusc. inkonsequent, da er das Fragment separat abdruckt. Gegenüber Mai hat Thurn trotz moderner Aufnahmen nicht viel mehr entziffern können. Das Tübinger Malalas-Projekt hat mit innovativer Technologie neue Aufnahmen des Palimpsests anfertigen lassen. Fabian Schulz hat die Ergebnisse anhand zweier Fragmente demonstriert3. Er hat für unsere Ausgabe des ersten Fragments des Magnos Thurns Text mit dem Palimpsest verglichen. Aufgrund der fast völligen Beschädigung des Palimpsestes ist es meistens nicht mehr möglich, den Text genau zu entziffern. Die erneute Inspektion bestätigt somit weitgehend die Lesarten der Vorgänger. Wo es bedeutende Abweichungen gibt, werden diese im Apparat angemerkt. An einigen Stellen hat das Chronicon Paschale ziemlich genau denselben Text wie Malalas (im fr. 2 des Magnos und im fr. 1 des Eutychianos), der also für diese Passagen die Vorlage der Osterchronik gewesen ist. Da das 1

Vgl. dazu den Überblick bei E. Jeffereys, The manuscript transmission of Malalas’ chronicle reconsidered, in: M. Meier / Chr. Radtki / F. Schulz (Hgg.), Die Weltchronik des Johannes Malalas. Autor – Werk – Überlieferung, Stuttgart 2016, 139–51. 2 Vgl. dazu Schulz, Fragmentum Tusculanum II 154. 3 F. Schulz, Fragmentum Tusculanum II 158–64 und ders., Die Chronik des Johannes Malalas, das Chronicon Paschale und ein obskurer Palimpsest, ZPE 201 (2017) 85–96.

Einleitung

283

Chronicon Paschale Malalas nur bis ins Jahr 530 zitiert, ist es sehr wahrscheinlich, dass dieses die erste Fassung der Weltchronik des Malalas verwendet hat1. Für die Osterchronik, die grundsätzlich auf dem Vaticanus graecus 1941 als codex unicus fußt, liegt immer noch die unbefriedigende Edition von Ludwig Dindorf aus dem Jahre 1832 vor, erst ab 2014 wurde unter der Leitung von Christian Gastgeber das Projekt einer Neuedition in der Reihe Corpus Fontium Historiae Byzantinae begonnen. Auch wenn natürlich der Verfasser der Osterchronik den Text des Malalas leicht verändert haben mag, zeigt der Vergleich mit Malalas, dass das Chronicon Paschale oft näher am Malalas-Text als O und Tusc. ist, die eine überarbeitete Version des Malalas wiedergeben2. Daher wird in der vorliegenden Edition der Fragmente aus Malalas das Chronicon Paschale instar codicis verwendet, wobei bloße orthographische Varianten oder minimale Abweichungen zwischen der Osterchronik und O nicht dokumentiert werden. [C. S.]

1

Vgl. dazu Gastgeber, Die Osterchronik und Johannes Malalas 208: „Der Vergleich mit der Osterchronik ist … von Bedeutung … auch im Hinblick auf einen Quellenwechsel im Chronicon Paschale; denn ab ca. 532 wird Malalas … nicht mehr herangezogen, womit man auf die Verwendung der ersten Redaktion des Malalas schließen darf … Die Fragmenta Tusculana gehören hingegen bereits zur zweiten Redaktion.“ 2 Vgl. dazu Gastgeber, Die Osterchronik und Johannes Malalas 183–224.

testimonia 1. (1) Joh. Mal. 13,1 (codd. OTusc.) (cf. fr. 1,1) ὁ ϲοφώτατοϲ Μάγνοϲ, ὁ χρονογράφοϲ ὁ Καρηνόϲ, ὁ ϲυνὼν αὐτῷ ᾽Ιουλιανῷ βαϲιλεῖ. 1 Καρρηνόϲ Chilmead

**2a. (2a) Zos. 3,22,4 (cod. V) τῶν ἀπὸ τοῦ φρουρίου τοίνυν ἁπάντων εἰϲ τὸ τὴν μηχανὴν ἀποκρούϲαϲθαι ϲυϲτραφέντων διορύξαντεϲ τὸν ὑπόνομον οἱ ταύτῃ ταχθέντεϲ, εἶτα τὴν ἐπικειμένην ἄχρι τῆϲ ἐπιφανείαϲ γῆν διατρήϲαντεϲ ἐφάνηϲαν οἰκίαϲ ἐν μέϲῳ, καθ᾽ ἣν ἔτυχέ τιϲ ἀλετρὶϲ γυνὴ 5 νυκτὸϲ οὔϲηϲ ἔτι βαθείαϲ ϲῖτον ἄλευρα εἶναι ἐργαζομένη. ταύτην μὲν οὖν ὁ πρώτωϲ ἀναδὺϲ ἐκβοᾶν μέλλουϲαν παίϲαϲ ἀνεῖλεν· ἦν δὲ Ϲουπεράντιοϲ ἐν τῷ λόχῳ τῶν Βικτόρων οὐκ ἄϲημοϲ, ἐπὶ τούτῳ δὲ Μάγνοϲ καὶ τρίτοϲ ᾽Ιοβιανὸϲ ὁ τοῦ τάγματοϲ τῶν ὑπογραφέων προτεταγμένοϲ, ἔπειτα δὲ πλείουϲ. 6 πρῶτοϲ Mendelssohn 8 ᾽Ιοβιανὸϲ ὁ Mendelssohn : ὁ ᾽Ιοβιανόϲ V

**2b. (2b) Amm. 24,4,23–25,8,18 (cod. VE) 24,4 (23) quibus ita, ut convenerat, ordinatis et occupatis prohibitoribus patefactisque latebris evolat Exsuperius, de Victorum numero miles, post quem Magnus tribunus et Iovianus notarius, quos audax multitudo secuta his prius confossis, quos in aede, per quam in lucem 5 prodierant, invenerunt. … (24) enituerunt hi, qui fecere fortissime, obsidionalibus coronis donati et pro contione laudati veterum more. … 25,8 (18) ibi tunc vespera tenebrante raptus a cena Iovianus, primus inter notarios omnes, quem in obsidione civitatis Maozamalchae per cuniculum docuimus evasisse cum aliis. 3 votarius V 5 facere VEa.c. 6 cornis Va.c. | in ore Vp.c. (man. alt.) 7 primos V 8 Maozamalchae Accursio : Maiozamalchae codd. : maiore Malchae Sabino

**2c. Sud. α 2094 ὁ δὲ πρῶτοϲ ἀναϲχὼν ἐκ τοῦ ὀρύγματοϲ ἦν Μάγνοϲ, ἀνδρώδηϲ τε καὶ διαφερόντωϲ τολμητήϲ.

Zeugnisse 1. (1) Johannes Malalas 13,1 (vgl. fr. 1,1) Der höchst weise Chronograph Magnos aus Karrhai, welcher in der Begleitung des Kaisers Julian persönlich war.

**2a. (2a) Zosimos 3,22,4 Als nun also die ganze Besatzung der Festung sich zur Abwehr der Belagerungsmaschine zusammenschloss, gruben diejenigen, denen hierzu das Kommando erteilt worden war, den unterirdischen Gang bis zum Ende weiter, durchbrachen dann die darüber liegende Erde bis zur Oberfläche und kamen in der Mitte eines Hauses zum Vorschein, wo gerade eine Müllersklavin, während es noch tiefe Nacht war, dabei war, Getreide zu Mehl zu verarbeiten. Als diese schreien wollte, tötete derjenige, der zuerst auftauchte, sie mit einem Schlag. Es war aber Superantius, der keinen geringen Rang in der Truppe der Victores hatte, danach Magnos und als dritter Jovian, der an der Spitze der Ordnung der Notarii stand, dann aber viele weitere. **2b. (2b) Ammianus Marcellinus 24,4,23–25,8,18 24,4 (23) Nachdem diese so, wie es vereinbart worden war, aufgestellt waren und diejenigen, die es verhindern sollten, überwältigt worden waren und die Schlupfwinkel freigelegt worden war, stürmte Exsuperantius, ein Soldat aus der Abteilung der Victores, hervor, nach diesem der Tribun Magnus und der Notar Jovian, denen eine kühne Menge folgte, nachdem sie zuvor diejenigen getötet hatten, welche sie im Gebäude, durch das sie an die Oberfläche gekommen waren, vorgefunden hatten. … (24) Es leuchteten diese hervor, die überaus tapfer gehandelt hatten, wobei sie mit Belagerungskronen beschenkt und nach Sitte der Alten vor der versammelten Mannschaft belobigt wurden. … 25,8 (18) Als es dort am Abend finster war, wurde Jovian vom Mahl weggerissen, der erste unter allen Notaren, der, wie wir dargelegt haben, bei der Belagerung der Stadt Maozamalcha mit anderen aus einem unterirdischen Gang herausgetreten ist. **2c. Suda, Art. aufgetaucht Der, der als erster aus dem Tunnel auftauchte, war Magnos, ein tapferer und herausragend kühner Mann.

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(C 10) Magnos von Karrhai

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Joh. Mal. 13,21–23 p. 252–56 Thurn (codd. OTusc. Sl) (1) καὶ κατιὼν ὁ αὐτὸϲ βαϲιλεὺϲ ᾽Ιουλιανὸϲ κατὰ Ϲαββουραρϲάκου βαϲιλέωϲ Περϲῶν κατέφθαϲεν ἐν ῾Ιεραπόλει· καὶ πέμψαϲ κατεϲκεύαϲε πλοῖα ἐν Ϲαμοϲάτοιϲ πόλει τῆϲ Εὐφρατηϲίαϲ, τὰ μὲν διὰ ξύλων, τὰ δὲ διὰ βυρϲῶν, ὡϲ ὁ ϲοφώτατοϲ Μάγνοϲ ὁ χρονογράφοϲ ὁ Καρηνὸϲ ὁ ϲυνὼν αὐτῷ ᾽Ιουλιανῷ βαϲιλεῖ ϲυνεγράψατο. (2) ἀπὸ δὲ ῾Ιεραπόλεωϲ ἐξελθὼν ἦλθεν ἐν Κάραιϲ τῇ πόλει· κἀκεῖθεν ηὗρε δύο ὁδούϲ, μίαν ἀπάγουϲαν εἰϲ τὸ Νίϲιβιν, πόλιν οὖϲαν τότε ῾Ρωμαίων, καὶ ἄλλην ἐπὶ τὸ ῾Ρωμαικὸν κάϲτρον τὸ λεγόμενον Κιρκήϲιον κείμενον εἰϲ τὸ μέϲον τῶν δύο ποταμῶν τοῦ Εὐφράτου καὶ τοῦ ᾽Αββορᾶ, ὅπερ ἔκτιϲε Διοκλητιανὸϲ βαϲιλεὺϲ ῾Ρωμαίων. καὶ μερίϲαϲ τὸν ϲτρατὸν ὁ αὐτὸϲ βαϲιλεὺϲ πέμπει ἐπὶ τὸ Νίϲιβιν ὁπλίταϲ ἄνδραϲ μυρίουϲ ἑξακιϲχιλίουϲ μετὰ δύο ἐξάρχων Ϲεβαϲτιανοῦ καὶ Προκοπίου. (3) καὶ κατέφθαϲεν ὁ αὐτὸϲ ᾽Ιουλιανὸϲ τὸ Κιρκήϲιον κάϲτρον· καὶ ἐάϲαϲ καὶ ἐν τῷ Κιρκηϲίῳ κάϲτρῳ ὅϲουϲ ηὗρεν ἐγκαθέτουϲ ϲτρατιώταϲ ἑξακιϲχιλίουϲ, προϲθεὶϲ αὐτοῖϲ καὶ ἄλλουϲ ὁπλίταϲ ἄνδραϲ τετρακιϲχιλίουϲ μετὰ ἐξάρχων δύο Ἀκκαμέου καὶ Μαύρου. (4) καὶ ἐξῆλθεν ἐκεῖθεν καὶ παρῆλθε τὸν ᾽Αββορὰν ποταμὸν διὰ τῆϲ γεφύρηϲ τῶν πλοίων φθαϲάντων εἰϲ τὸν Εὐφράτην ποταμόν· ὧντινων πλοίων ὑπῆρχεν ὁ ἀριθμὸϲ χιλίων διακοϲίων πεντήκοντα. (5) καὶ ϲυναθροίϲαϲ τὸν ἴδιον αὐτοῦ ϲτρατὸν ἔχων μεθ᾽ ἑαυτοῦ ᾽Ανατόλιον μάγιϲτρον καὶ Ϲαλούϲτιον ἔπαρχον πραιτωρίων καὶ τοὺϲ ϲτρατηλάταϲ αὐτοῦ, ἀνελθὼν ἐν ὑψηλῷ βήματι δι᾽ ἑαυτοῦ προϲεφώνηϲε τῷ ϲτρατῷ ἐπαινῶν αὐτοὺϲ καὶ προτρεπόμενοϲ προθύμωϲ καὶ ϲωφρόνωϲ ἀγωνίϲαϲθαι κατὰ Περϲῶν. καὶ εὐθέωϲ ἐμβαίνειν εἰϲ τὰ πλοῖα ἐπέτρεψεν, εἰϲελθὼν καὶ αὐτὸϲ ὁ βαϲιλεὺϲ εἰϲ τὸ εὐτρεπιϲθὲν αὐτῷ πλοῖον. (6) καὶ προηγεῖϲθαι αὐτῶν 3 πόλει Dindorf : πόλεωϲ OTusc. 4 ξύλων O : ποδῶν in Tusc. legere sibi visus est Thurn 5 Καρρηνὸϲ Chilmead 7 τὸ Oa.c.Tusc. : τὴν Op.c. | Νιτζίβιοϲ Tusc. | ποτε O 11 τὸ Oa.c.Tusc. : τὴν Op.c. 14 Κιρκηϲίῳ om. Tusc. 16 Ἀκμέου Tusc. 18 γεφύραϲ Chilmead 21 Ϲαλούτιον Jeffreys

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1 (1) Johannes Malalas 13,21–23 (1) Der besagte Kaiser Julian marschierte gegen Sabborarsakos, den König der Perser, und gelangte nach Hierapolis. Und durch einen schriftlichen Befehl ließ er in Samosata, einer Stadt der Euphratesia, Schiffe bauen, die einen aus Holzbrettern, die anderen aus Lederhäuten, wie der höchst weise Chronograph Magnos aus Karrhai schreibt, welcher in der Begleitung des Kaisers Julian persönlich war. (2) Nachdem er aus Hierapolis aufgebrochen war, gelangte er in die Stadt Karrhai. Dort fand er zwei Straßen vor, die eine führte zur Stadt Nisibis, die damals den Römern gehörte, und die andere zum römischen Lager, das Kirkesion heißt und das in der Mitte der beiden Flüsse, des Euphrat und des Chaboras, liegt. Diokletian, Kaiser der Römer, hatte es gegründet. Der besagte Kaiser teilte das Heer und schickte 16.000 Schwerbewaffnete nach Nisibis gemeinsam mit den zwei Kommandeuren Sebastianus und Procopius. (3) Und der besagte Julian gelangte zum Castrum Kirkesion und er ließ im Castrum Kirkesion alle dort stationierten Soldaten, die er vorfand, 6.000 Mann, zurück, wobei er ihnen auch weitere 4.000 Schwerbewaffnete mit den zwei Kommandanten Accameus und Maurus hinzufügte. (4) Er zog von dort aus und überquerte den Chaborasfluss mittels der Brücke, die aus den Schiffen bestand, die in den Euphrat gelangt waren. Die Zahl dieser Schiffe betrug 1.250. (5) Er versammelte sein Heer, wobei er den magister (officiorum) Anatolius und den Präfekten Salustius um sich hatte sowie seine Generäle. Und er stieg auf ein hohes Tribunal und sprach in eigener Person zum Heer, wobei er sie lobte und ermahnte, bereitwillig und diszipliniert gegen die Perser zu kämpfen. Und er gab die Weisung, sofort auf die Schiffe zu steigen, und auch der Kaiser selbst stieg auf das für ihn vorbereitete Schiff. (6) Und er ordnete an, dass 1.500 tapfere Männer aus der Truppe der Lanciarii und Mattiarii sie als Vorhut leiten sollten, und befahl, dass

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(C 10) Magnos von Karrhai

προϲκουλκάτοραϲ προϲέταξεν ἄνδραϲ γενναίουϲ ἐκ τοῦ ἀριθμοῦ τῶν λαγκιαρίων καὶ ματτιαρίων χιλίουϲ πεντακοϲίουϲ, κελεύϲαϲ βαϲτάζεϲθαι καὶ τὰ ϲίγνα αὐτοῦ καὶ τὸν κόμητα Λουκιανόν, ἄνδρα πολεμικώτατον, εἶναι ϲὺν αὐτῷ. ὅϲτιϲ καὶ πολλὰ κάϲτρα Περϲικὰ παρὰ τὸν Εὐφράτην κείμενα καὶ ἐν μέϲῳ τῶν ὑδάτων ἐν νήϲοιϲ ὄντα ἐπόρθηϲε καὶ τοὺϲ ἐν αὐτοῖϲ ὄνταϲ Πέρϲαϲ ἀνεῖλεν. Βίκτορα δὲ καὶ Δαγαλάιφον κατέταξεν ὄπιϲθεν τῶν λοιπῶν πλοίων εἶναι καὶ φυλάττειν τὰ πλήθη. (7) καὶ κατῆλθεν ὁ βαϲιλεὺϲ μετὰ τοῦ ϲτρατοῦ παντὸϲ διὰ τῆϲ μεγάληϲ διώρυγοϲ τοῦ Εὐφράτου τῆϲ μιϲγούϲηϲ τῷ Τίγρητι ποταμῷ· εἰϲῆλθεν εἰϲ τὸν αὐτὸν Τίγρητα ποταμόν, ὅπου μίγνυνται οἱ δύο ποταμοὶ καὶ ἀποτελοῦϲι λίμνην μεγάλην. καὶ παρέβαλεν εἰϲ τὰ Περϲικὰ ἐν τῇ χώρᾳ τῶν λεγομένων Μαυζανιτῶν, πληϲίον Κτηϲιφῶντοϲ πόλεωϲ, ἔνθα ὑπῆρχε τὸ Περϲικὸν βαϲίλειον. (8) καὶ ἐπικρατὴϲ γενόμενοϲ ᾽Ιουλιανὸϲ ὁ βαϲιλεὺϲ ἐϲκήνωϲεν ἐν τῇ πεδιάδι τῆϲ αὐτῆϲ πόλεωϲ Κτηϲιφῶντοϲ βουλόμενοϲ μετὰ τῆϲ ἰδίαϲ ϲυγκλήτου καὶ ἕωϲ Βαβυλῶνοϲ ἐπελθεῖν καὶ παραλαβεῖν τὰ ἐκεῖϲε. (9) ὁ δὲ βαϲιλεὺϲ Ϲαββουραρϲάκιοϲ ὑπονοήϲαϲ, ὅτι διὰ τοῦ Νιϲίβεωϲ ἤρχετο ὁ βαϲιλεὺϲ ῾Ρωμαίων ᾽Ιουλιανόϲ, ὥρμηϲε κατ᾽ αὐτοῦ μετὰ τοῦ πλήθουϲ αὐτοῦ παντόϲ. ἀπαγγελθέντοϲ δὲ αὐτῷ, ὅτι ὄπιϲθεν αὐτοῦ ἐϲτιν ὁ βαϲιλεὺϲ ῾Ρωμαίων ᾽Ιουλιανὸϲ παραλαβὼν τὰ Περϲικὰ μέρη καὶ ὅτι ἔμπροϲθεν αὐτῷ ἀπαντῶϲιν οἱ ϲτρατηγοὶ τῶν ῾Ρωμαίων καὶ πλήθη πολλά, καὶ γνοὺϲ ὅτι ἐμεϲάϲθη, φεύγει ἐπὶ τὴν Περϲαρμενίαν, δόλῳ πέμψαϲ δύο ϲυγκλητικοὺϲ αὐτοῦ, καὶ αὐτοὺϲ κατὰ ἰδίαν βούληϲιν ῥινοτομήϲαϲ, πρὸϲ ᾽Ιουλιανὸν τὸν βαϲιλέα ῾Ρωμαίων, ἵνα πλανήϲωϲιν αὐτὸν πρὸϲ τὸ μὴ καταδιωχθέντα αὐτὸν φθαϲθῆναι. (10) οἱ δὲ ῥινοτομηθέντεϲ Πέρϲαι ἦλθον πρὸϲ τὸν βαϲιλέα ῾Ρωμαίων προδοῦναι, φηϲίν, θέλοντεϲ τὸν βαϲιλέα Περϲῶν ὡϲ τιμωρηϲά27 προϲκουλκάτοραϲ Chilmead : πρòϲ κουλκάτοραϲ Ο : προϲκο(ιλλ)άτοραϲ Tusc., ut vid. : προκουρϲάτοραϲ dub. Mai 29 Λουκιανόν O : om. Tusc. : Λουκιλλιανόν Dindorf 30 αὐτοῖϲ Dillemann 32 αὐτοῖϲ ὄνταϲ Ο : ναυϲὶν ἱένταϲ Tusc. 33 πλοίων OTusc. : πεζῶν Mendelssohn 34 καὶ1 om. Chilmead 35 διώρυγοϲ Οa.c. : διόρυγοϲ Op.c. : διορυγήϲ Tusc. 36 Τίγρητα Chilmead : Τίγρηντα O : Τίγριν Tusc. 38 παρέβαλεν Tusc. : παρέλαβεν O 40 καὶ O : καὶ ***κη Tusc. : post καὶ lacunam posuit Thurn 40 sq. ᾽Ιουλιανὸϲ – πεδιάδι O : τοῦδε ἀνόϲου Βαβυλῶνοϲ, ἦλθεν διὰ τὴν πεδιάδι Tusc. 42 ἕωϲ Ο : τῆϲ Tusc. 42 sq. ἐπελθεῖν Tusc. : εἰϲελθεῖν Ο 44 τοῦ 52 φθαϲθῆναι Ο : ἔμΝιϲίβεωϲ Οa.c. : τῆϲ Νιϲίβεωϲ Οp.c. : τοῦ Νιτζίβιοϲ Tusc. προϲθεν Tusc., ut vid. 53 Πέρϲαι Chilmead : Πέρϲεϲ Ο : om. Tusc. 54 προδοῦναι OTusc. : φυγεῖν Sl | φαϲίν Chilmead

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seine Feldzeichen getragen würden und dass der Comes Lucianus, ein sehr kriegserfahrener Mann, sich in seiner Begleitung aufhalten solle. Dieser zerstörte auch viele persische Lager, die entlang des Euphrat lagen und in der Mitte der Gewässer auf Inseln waren, und tötete die in diesen befindlichen Perser. Er ordnete an, dass Victor und Dagalaif hinter den übrigen Schiffen sein und die Menge bewachen sollten. (7) Und der Kaiser fuhr mit dem gesamten Heer durch den großen Euphratkanal hinab, der sich mit dem Tigris mischt, und er fuhr in den Tigris selbst ein, wo sich die beiden Ströme mischen und einen großen See hervorbringen. Und er rückte auf persisches Gebiet vor in das Land der sogenannten Mauzaniten, neben der Stadt Ktesiphon, wo die persische Königsresidenz war. (8) Und nachdem der Kaiser Julian gesiegt hatte, lagerte er in der Ebene derselben Stadt Ktesiphon, wobei er mit seinem Senat sogar bis nach Babylon ziehen und das dortige Gebiet einnehmen wollte. (9) Der König Sabburarsakios hatte erwartet, dass der Kaiser der Römer Julian durch Nisibis marschieren werde, und brach gegen ihn mit seiner ganzen Heeresmacht auf. Als ihm aber gemeldet wurde, dass der Kaiser der Römer Julian sich hinter ihm befand und die persischen Gebiete übernommen hatte und dass ihm die Generäle der Römer und große Truppen von vorne entgegenkamen, und da er erkannte, dass er in die Zange genommen worden war, floh er nach Persarmenien, wobei er hinterlistig zwei seiner Senatoren, denen er nach ihrem Willen die Nase abgeschnitten hatte, zum Kaiser der Römer Julian schickte, damit sie ihn täuschten, damit es nicht gelinge, ihn (d. h. Schapur) bei der Verfolgung einzuholen. (10) Die Perser mit den abgeschnittenen Nasen gingen zum Kaiser der Römer, weil sie, wie er (d. h. Magnos) sagt, den König der Perser verraten wollten, da er sie bestraft habe. Der besagte Kaiser Julian ließ sich von ihnen täuschen, da sie unter Eid

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μενον αὐτούϲ. ἀπατηθεὶϲ δὲ παρ᾽ αὐτῶν ἐπομνυμένων ὁ αὐτὸϲ βαϲιλεὺϲ ᾽Ιουλιανὸϲ ἠκολούθηϲεν αὐτοῖϲ μετὰ τοῦ ἰδίου ϲτρατεύματοϲ. καὶ ἀπήγαγον αὐτὸν εἰϲ τὴν ἔρημον καὶ ἄνυδρον ἐπὶ μίλια ρν´ πλανήϲαντεϲ αὐτούϲ τῇ εἰκάδι πέμπτῃ τοῦ Δαιϲίου τοῦ καὶ ᾽Ιουνίου μηνόϲ. (11) καὶ εὑρὼν ἐκεῖ τείχη παλαιὰ πεπτωκότα πόλεωϲ λεγομένηϲ Βουβίων καὶ ἄλλο δὲ χωρίον, ἑϲτώτων μὲν τῶν οἰκημάτων, ἔρημον δὲ ἦν, ὅπερ ἐλέγετο ᾽Αϲία· ἔνθα ἐλθὼν ὁ βαϲιλεὺϲ ᾽Ιουλιανὸϲ καὶ ὁ πᾶϲ ϲτρατὸϲ τῶν ῾Ρωμαίων ἐκεῖ ἐϲκήνωϲεν. ἐν αὐτοῖϲ δὲ τοῖϲ τόποιϲ γενόμενοι ἐλίποντο τροφῶν καὶ οὐδὲ τοῖϲ ἀλόγοιϲ ὑπῆρχε βοτάνη καὶ ὕδωρ· ἦν γὰρ ἐρημία. καὶ γνοὺϲ ὁ πᾶϲ ϲτρατὸϲ ῾Ρωμαίων, ὅτι ἀπατηθεὶϲ ὁ βαϲιλεὺϲ ἐπλάνηϲεν αὐτοὺϲ καὶ εἰϲ ἐρήμουϲ ἤγαγεν τόπουϲ, εἰϲ πολλὴν ἀταξίαν ἐτράπηϲαν. (12) τῇ δὲ ἑξῆϲ ἡμέρᾳ μηνὶ Δαιϲίῳ τῷ καὶ ᾽Ιουνίῳ κς´ ἀγαγὼν τοὺϲ πλανήϲανταϲ αὐτὸν Πέρϲαϲ ἐξήταϲεν αὐτούϲ· καὶ ὡμολόγηϲαν λέγοντεϲ ὅτι· „ὑπὲρ πατρίδοϲ καὶ τοῦ βαϲιλέωϲ ἡμῶν, ἵνα ϲωθῇ, ἐδώκαμεν ἡμᾶϲ ἑαυτοὺϲ εἰϲ θάνατον καὶ ἐπλανήϲαμεν ὑμᾶϲ· ἰδοὺ οἱ δοῦλοί ϲου ἀπεθάνομεν“. καὶ ἀπεδέξατο αὐτούϲ, μὴ φονεύϲαϲ αὐτούϲ, ἀλλὰ δοὺϲ λόγον αὐτοῖϲ, ἵνα ἐκβάλωϲι τὸν ϲτρατὸν ἐκ τῆϲ ἐρήμου χώραϲ. (13) καὶ περὶ ὥραν δευτέραν τῆϲ αὐτῆϲ ἡμέραϲ ὁ βαϲιλεὺϲ ᾽Ιουλιανὸϲ παριὼν τὸ ϲτράτευμα καὶ δυϲωπῶν αὐτοὺϲ μὴ ἀτάκτωϲ φέρεϲθαι ἐτρώθη ἀδήλωϲ· καὶ εἰϲελθὼν εἰϲ τὸν ἴδιον παπυλεῶνα διὰ τῆϲ νυκτὸϲ τελευτᾷ, ὡϲ ὁ προγεγραμμένοϲ Μάγνοϲ ἐξέθετο. 58–76 εἰκάδι – ἐξέθετο om. Tusc. 59 εὑρὼν Ο : εὗρεν Müller : εὗρον Kambylis 64 καὶ ὕδωρ add. Sl 67 Δαιϲίῳ τῷ καὶ om. O 70 sq. ἀπεθάνωμεν Oa.c.

**2 Joh. Mal. 13,27 p. 258 sq. Thurn (cod. O Sl Chron. Pasch.) (1) ὁ δὲ βαϲιλεὺϲ Περϲῶν Ϲαββουραρϲάκιοϲ μήπω μαθὼν τὴν τοῦ βαϲιλέωϲ Ἰουλιανοῦ τελευτήν, φόβῳ πολλῷ ϲυνεχόμενοϲ ἐκ τῆϲ Περϲαρμενίαϲ χώραϲ πρεϲβευτὴν ἐξέπεμψεν αἰτῶν περὶ εἰρήνηϲ καὶ δεόμενοϲ ἕνα τῶν μεγιϲτάνων αὐτοῦ ὀνόματι Ϲουρραεινᾶν 5 πρὸϲ τὸν βαϲιλέα Ῥωμαίων· ὅντινα ἐδέξατο ἀϲμένωϲ ὁ θειότατοϲ Ἰοβιανὸϲ βαϲιλεὺϲ καὶ ἐπένευϲεν δέχεϲθαι τὴν πρεϲβείαν τῆϲ εἰρήνηϲ εἰρηκὼϲ πέμπειν καὶ αὐτὸϲ πρεϲβευτὴν πρὸϲ τὸν βαϲιλέα 1 Ϲαββουραρϲάκιοϲ Ο : Λαβουραρϲάκιοϲ Sl (cf. Chron. Pasch. 553,4) | μήπω Sl (cf. Chron. Pasch. 553,4) : om. O 7 εἰρηκὼϲ Chron. Pasch. 553,10 : εἰρηνικώϲ O

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standen, und folgte ihnen mit seinem Heer. Und sie führten ihn in die Wüste und in wasserloses Gelände über 150 Meilen weit, wobei sie sie in die Irre führten, am 25. des Monats Daisios, d. h. des Monats Juni. (11) Er fand dort alte und verfallene Mauern einer Stadt namens Bubion vor und einen anderen Ort, in dem zwar die Gebäude noch standen, der jedoch verlassen war; dieser hieß Asia. Dorthin ging der Kaiser Julian, und das ganze Heer der Römer lagerte dort. Als sie an diese Orte gelangt waren, ermangelten sie der Nahrung, und auch den Pferden standen keine Pflanze und kein Wasser zur Verfügung; es war nämlich die Wüste. Und als nun das gesamte Heer der Römer erkannte, dass der Kaiser getäuscht worden war und sie in die Irre geführt und in wüste Orte gelenkt hatte, da gerieten sie in große Unordnung. (12) Am folgenden Tag, am 26. des Monats Daisios, des Juni, ließ er die Perser, die ihn getäuscht hatten, holen und verhörte sie peinlich. Und sie gestanden, indem sie sagten: „Für das Vaterland und für unseren König, damit er gerettet werde, haben wir uns selbst dem Tod preisgegeben und euch in die Irre geführt. Wir, deine Sklaven, wir sind jetzt gestorben.“ Und er nahm sie auf, tötete sie aber nicht, sondern gab ihnen sein Wort, damit sie das Heer aus der Einöde herausführten. (13) Und als sich um die zweite Stunde des gleichen Tages Kaiser Julian an sein Heer wandte und die Männer inständig bat, sie möchten sich nicht undiszipliniert geben, da wurde er, ohne dass man wusste, woher, verwundet. Nachdem er in sein Zelt gekommen war, starb er während der Nacht, wie der vorgenannte Magnos dargelegt hat.

**2 Johannes Malalas 13,27 (1) Sapur Arsakios aber, der Perserkönig, hatte noch nichts vom Tod Kaiser Julians erfahren, war von großer Furcht erfasst und schickte mit der inständigen Bitte um Frieden aus dem Lande Persarmenien einen seiner Großen namens Surrhaeinas als Gesandten zum Kaiser der Römer. Ihn empfing der göttlichste Kaiser Jovian bereitwillig und stimmte zu, die Friedensgesandtschaft zu empfangen, wobei er sagte, er wolle seinerseits einen Gesandten zum Perserkönig schicken. (2) Als aber

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Περϲῶν. (2) ἀκούϲαϲ δὲ τοῦτο Ϲουρραεινᾶϲ πρεϲβευτὴϲ Περϲῶν ᾔτηϲε τὸν βαϲιλέα Ἰοβιανὸν τυπῶϲαι εὐθὺϲ καὶ παραχρῆμα εἰρήνηϲ πάκτα. καὶ ἀφορίϲαϲ ϲυγκλητικὸν αὐτοῦ τὸν πατρίκιον Ἀρίνθαιον δέδωκεν αὐτῷ τὸ πᾶν ϲυνταξάμενοϲ ἐμμένειν τοῖϲ παρ’ αὐτοῦ δοκιμαζομένοιϲ ἢ τυπουμένοιϲ, οἷα τοῦ βαϲιλέωϲ αὐτοῦ ὑπερηφανοῦντοϲ μετὰ τοῦ ϲυγκλητικοῦ ἤτοι πρεϲβευτοῦ Περϲῶν ποιῆϲαι εἰρήνηϲ πάκτα καὶ παραϲχόντοϲ ἔνδοϲιν τοῦ πολέμου ἡμέραϲ τρεῖϲ ἐν τῇ περὶ τῆϲ εἰρήνηϲ βουλῇ. (3) καὶ ἐτυπώθη μεταξὺ τοῦ πατρικίου Ἀρινθαίου τοῦ Ῥωμαίου καὶ Ϲουρραεινᾶ, ϲυγκλητικοῦ καὶ πρεϲβευτοῦ Περϲῶν, δοῦναι Ῥωμαίουϲ Πέρϲαιϲ πᾶϲαν τὴν ἐπαρχίαν τὴν λεγομένην Μυγδονίαν καὶ τὴν μητρόπολιν αὐτῆϲ τὴν λεγομένην Νιζτίβιοϲ γυμνὴν ϲὺν τείχεϲι μόνοιϲ ἄνευ ἀνδρῶν τῶν οἰκούντων αὐτήν. (4) καὶ τούτου ϲτηριχθέντοϲ καὶ εἰρήνηϲ ἐγγράφου γενομένηϲ ἔλαβεν μεθ’ ἑαυτοῦ ὁ βαϲιλεὺϲ Ἰοβιανὸϲ ἕνα τῶν ϲατραπῶν, Πέρϲην, ὄντα μετὰ τοῦ πρεϲβευτοῦ, ὀνόματι Ἰούνιον, εἰϲ τὸ διαϲῶϲαι αὐτὸν καὶ τὰ ἐξπέδιτα αὐτοῦ ἐκ τῆϲ Περϲικῆϲ χώραϲ καὶ παραλαβεῖν τὴν ἐπαρχίαν καὶ τὴν μητρόπολιν αὐτῆϲ. (5) καὶ καταφθάϲαϲ ὁ βαϲιλεὺϲ Ἰοβιανὸϲ τὸ Νιζτίβιοϲ πόλιν οὐκ εἰϲῆλθεν ἐν αὐτῇ, ἀλλ’ ἔξω τῶν τειχέων κατεϲκήνωϲεν. ὁ δὲ Ἰούνιοϲ ὁ τῶν Περϲῶν ϲατράπηϲ εἰϲελθὼν εἰϲ τὴν πόλιν κατὰ κέλευϲιν τοῦ βαϲιλέωϲ, εἰϲ ἕνα τῶν πύργων ϲημεῖον Περϲικὸν ἔθηκε τοῦ βαϲιλέωϲ Ῥωμαίων κελεύϲαντοϲ τοὺϲ πολίταϲ πάνταϲ ϲὺν πᾶϲι τοῖϲ διαφέρουϲιν αὐτοῖϲ ἕωϲ ἑνὸϲ ἐξελθεῖν. (6) καὶ ἐξελθὼν πρὸϲ αὐτὸν Ϲιλουανὸϲ κόμηϲ τῇ ἀξίᾳ καὶ πολιτευόμενοϲ τῆϲ αὐτῆϲ πόλεωϲ προϲέπεϲεν αὐτῷ τῷ βαϲιλεῖ δεόμενοϲ αὐτοῦ μὴ προδοῦναι τὴν πόλιν Πέρϲαιϲ· καὶ οὐκ ἔπειϲεν αὐτόν. ὀμωμοκέναι γάρ, φηϲίν, ἔφαϲκεν καὶ μὴ βούλεϲθαι δόξαν ἐπίορκον παρὰ πᾶϲιν ἔχειν. (7) καὶ τειχίϲαϲ 8 ἀκούϲαϲ – Περϲῶν2 Chron. Pasch. 553,11 : om. O | Ϲουρέναϲ Chron. Pasch. 553,11: corr. Thurn 10 post ἀφορίϲαϲ add. ὁ βαϲιλεὺϲ Ἰοβιανὸϲ ἕνα Chron. Pasch. 553,14 | Ἀρίνθεον Ο : e Chron. Pasch. 553,15 corr. Thurn 11 ϲυνθέμενοϲ Chron. Pasch. 553,15 12 ἢ Ο : ἤτοι Chron. Pasch. 553,16 12 sq. οἷα – ὑπερηφανοῦντοϲ om. Chron. Pasch. 14 post πάκτα add. ὡϲ αὐτὸϲ ἀϲχολούμενοϲ Chron. Pasch. 553,18 | παραϲχόντοϲ Ο : παρέϲχεν Chron. Pasch. 553,18 : exspectaveris παραϲχὼν 16 Ἀρινθαίου Chilmead : Ἀρινθέου Dindorf : Ἀρινθέτου O 17 Ῥωμαίουϲ Chron. Pasch. 553,21 : Ῥωμαῖοι O 18 Μυγδωνίαν O : corr. Dindorf 19 Νιϲίβιοϲ Chron. Pasch. 553,22 22 Πέρϲην O : Περϲῶν Chron. Pasch. 554,3 23 sq. διαϲῶϲαι – καὶ1 om. Chron. Pasch. 28 post τοῦ add. δὲ O 30 post ἑνὸϲ add. εὐθέωϲ Chron. Pasch. 554,10 34 ἐπίορκον Ο : ἐπιόρκου e Chron. Pasch. 554,14 dub. Chilmead

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Surrhaeinas, der Abgesandte der Perser, dies gehört hatte, da ersuchte er Kaiser Jovian, er möge sofort und unverzüglich die Vereinbarungen des Friedensvertrags formulieren. Und er (d. h. Jovian) bestimmte einen Senator, den patricius Arinthaios, und übertrug ihm das Ganze; er vereinbarte mit ihm, er wolle sich an seine Vorstellungen bzw. Festlegungen halten. Denn der Kaiser hielt es für unter seiner Würde, mit einem Senator bzw. Gesandten der Perser selbst einen Friedensvertrag abzuschließen; und er räumte drei Tage Waffenstillstand während der Beratungen um den Frieden ein. (3) Und es wurde zwischen dem patricius Arinthaios, dem Römer, und Surrhaeinas, dem Senator und Abgesandten der Perser, folgendes vereinbart: Die Römer sollten den Persern die ganze Provinz mit Namen Mygdonis und ihre Metropole namens Nisibis geben, letztere geleert, nur mit den Mauern, ohne die dort wohnenden Menschen. (4) Als dies fixiert und ein schriftlicher Frieden formuliert worden war, da nahm Kaiser Jovian einen Satrapen mit sich, einen Perser namens Junios, der Begleiter des Gesandten war, damit er ihn (d. h. Jovian) und seine Marschheerabteilungen heil aus dem Perserland rettete und dann die Provinz und ihre Metropole übernahm. (5) Und Kaiser Jovian gelangte zur Stadt Nisibis, betrat sie aber nicht, sondern zeltete außerhalb der Mauern. Junios aber, der Satrap der Perser, zog gemäß der Weisung des Kaisers in die Stadt ein; auf einem der Türme errichtete er das Zeichen der Perser, da der Kaiser der Römer angeordnet hatte, dass alle Einwohner mitsamt ihrer Habe bis zum letzten Mann ausziehen sollten. (6) Und es kam zu ihm Silvanus, seinem Rang nach ein comes und ein leitender Politiker selbiger Stadt, heraus; er fiel dem Kaiser selbst zu Füßen und bat ihn, die Stadt nicht an die Perser auszuliefern; und er konnte ihn nicht umstimmen. Der Kaiser behauptete nämlich, berichtet er (d. h. Magnos), er habe einen Eid geleistet und er wolle nicht

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πόλιν ἔξω τοῦ τείχουϲ τῆϲ πόλεωϲ Ἀμίδηϲ προϲέζευξεν τὸ αὐτὸ τεῖχοϲ τῷ τείχει τῆϲ πόλεωϲ Ἀμίδηϲ, καλέϲαϲ τὴν κώμην Νιϲίβεωϲ. (8) ἐκεῖ πάνταϲ τοὺϲ ἐκ τῆϲ Μυγδονίαϲ χώραϲ οἰκεῖν ἐποίηϲεν καὶ Ϲιλουανὸν τὸν πολιτευόμενον. 35 sq. προϲέζευξεν – Ἀμίδηϲ (sic) Chron. Pasch. 554,16 : om. O O : corr. Dindorf

37 Μυγδωνίαϲ

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bei allen als Eidbrüchiger verrufen sein. (7) Und er ließ eine befestigte Stadt außerhalb der Mauer der Stadt Amida errichten und verband diese Mauer mit der der Stadt Amida, wobei er sie Dorf Nisibis nannte. (8) Und dort siedelte er alle, die aus dem Lande Mygdonia stammten, an, dazu Silvanos, den leitenden Stadtpolitiker.

Kommentar test. 1 in der Begleitung des Kaisers Julian Die Rolle des Magnos wird kontrovers diskutiert. Entweder ist gemeint, dass Magnus zur engsten Umgebung Julians gehört, was nach Thompson ausschließen soll, dass er mit dem Tribun identisch sein kann, der bei der Belagerung von Maiozamalcha gerade nicht zur Truppe um Julian gehörte, sondern in einem abgespaltenen Unternehmen agierte, vgl. Fornara, Julian’s Expedition, Appendix. Oder aber es ist nur gemeint, dass er Teilnehmer des Julianfeldzugs war, vgl. Fornara, Appendix, und zur Alternative Janiszewski, Missing Link 128, der darüber hinaus darauf hinweist, dass sehr wohl Personen aus der engsten Umgebung des Kaisers bisweilen mit Sonderaufgaben betraut wurden. Das gilt offenkundig auch für den primicerius notariorum Jovianus, der als dritter Maiozamalcha gestürmt hat (s. test. **2a und b). test. **2a Die Identität des hier erwähnten Magnos mit Magnos von Karrhai ist nicht gesichert, s. dazu die Einleitung zu Magnos sowie den Kommentar zur parallelen Angabe Ammians (test. **2b). ὁ πρῶτωϲ ἀναδὺϲ Mendelssohn korrigiert das von V überlieferte Adverb πρώτωϲ und verweist dabei auf die Suda (test. ** 2c ὁ δὲ πρῶτοϲ ἀναϲχὼν). Das Adverb πρώτωϲ kann aber auch temporal „zuerst“ und dementsprechend „als erster“ bedeuten, vgl. Cass. Dio 49,11,4: (Lepidus) εἶχε δὲ τάϲ τε δυνάμειϲ … καὶ τοὺϲ ἐγκαταλειφθένταϲ ἐν τῇ Μεϲϲήνῃ πάνταϲ, ἐπειδὴ καὶ πρώτωϲ ἐϲ αὐτὴν ἐϲεληλύθει und Eunap. vit. soph. 7,3,12 τῶν ἄκρων γέ ἐϲτιν Ἑλλήνων καὶ ταῦτα πεπαιδευμένων μὴ πάντωϲ εἴκειν τοῖϲ πρώτωϲ ἀπαντήϲαϲιν. Aus diesem Grund kann man wohl am überlieferten Text festhalten. test. **2b Die Gemeinsamkeiten in der Formulierung zwischen Zosimos (test. **2a) und Ammianus Marcellinus mag man darauf zurückführen, dass hier beide

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Texte ein zeitgenössisches Bulletin widerspiegeln, mit denen die dekorierten Soldaten bekannt gemacht wurden, vgl. die gleichartige Darstellung bei Josephus Flavius, Bell. Jud. 1,149 (Übers. Michel / Bauernfeind): „Der erste, der die Mauer zu überschreiten wagte, war Sullas Sohn, Faustus Cornelius, und nach ihm drangen zwei Centurionen, Furius und Fabius, ein. Es folgte jedem seine Schar (…)“. In diesem Sinne argumentiert Dillemann, Ammien Marcellin 130 sicher zu Recht gegen die Annahme von Klein, Studien 31, dass diese Erzählung über die Verteilung von Militärdekorationen völlig ahistorisch sei und dass solche Ehrungen in der spätantiken Armee nicht mehr üblich gewesen seien. Es handelt sich vielmehr um einen von Julian bewusst wiederbelebten Brauch. Trotzdem schließt die Annahme von der Historizität dieser Ehrung überhaupt nicht aus, dass Zosimos und Ammian einen gemeinsamen erzählenden Bericht benutzen, wie die Ähnlichkeiten der syntaktischen Struktur zeigen. Bei der Betrachtung der Quellenbeziehungen ist auch Liban. or. 18,238 zu berücksichtigen, der zwar die Namen nicht nennt, aber die drei hintereinander eindringenden Personen deutlich ausweist: ὁ πρῶτοϲ ... δεύτεροϲ ... τρίτοϲ. Belagerungskronen Gemeint ist eigentlich eine corona muralis, keine corona obsidionalis, vgl. Müller, Militaria 620. herausgetreten ist Ammian bietet im Zusammenhang mit der Darstellung der Tötung des primicerius notariorum Jovian einen Rückverweis auf die in 24,4,23 f. beschriebene Episode von Maiozamalcha. test. **2c Zur Diskussion dieses Fragments: A. Norman, Magnus in Ammianus, Eunapius and Zosimus: New Evidence, Classical Quarterly 7 (1957) 129–33; W. Chalmers, Eunapius, Ammianus Marcellinus and Zosimus on Julian’s expedition, Classical Quarterly 10 (1960) 152–60; A. Cameron, An Alleged Fragment of Eunapius, Classical Quarterly 13 (1963) 232–36. Aller Wahrscheinlichkeit nach hat die Suda (bzw. der Redakteur der konstantinischen Exzerpte) im Unterschied zu Zosimos Eunap falsch zitiert und durch unzulässige Kürzung und Auslassungen Magnos an die erste Stelle gesetzt, vgl. Banchich, Historical Fragments of Eunapius 53 f. Wenn dieses Stück der Suda wirklich Magnos von Karrhai zuzuweisen wäre, wäre Magnos als Quelle der Darstellung von Eunap-Zosimos und Ammian (test. **2a) ausgeschlossen, da Magnos dort nur als zweiter Maiozamalcha betritt. Seeck, Zur Chronologie und Quellenkritik 531 f. geht allerdings davon aus, dass

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gerade die Erwähnung des an sich nicht relevanten Details, dass Magnos nur als zweiter eingedrungen war, für die Zuweisung an den Historiker Magnos spreche, in dem er den „Geschichtsschreiber“ erkennt, „der auch seine Verdienste auf die Nachwelt bringen wollte.“ fr. 1 Die Übersetzung von Thurn-Meier wurde für fr. 1 eingesehen und partiell benutzt. (1) ὁ αὐτὸϲ βαϲιλεὺϲ Der Gebrauch des Demonstrativpronomens αὐτόϲ bzw. ὁ αὐτόϲ gehört wohl zu den typischen Elementen der Kanzleisprache, die in Malalas’ Chronik Spuren hinterlassen hat, und die für das grammatikalische Verständnis des Textes meist irrelevant sind. Im Deutschen wird es am besten mit „der besagte“ oder „der schon erwähnte“ wiedergegeben. Vgl. dazu Psaltes, Grammatik der byzantinischen Chroniken 195 und Philologisch-historischer Kommentar des Malalas 18,40,3/2 (https://malalas.hadw-bw.de/kommentar/18/40#K000600). τὰ μὲν διὰ ξύλων, τὰ δὲ διὰ βυρϲῶν Die Präposition διά dient bei Malalas auch zur Angabe des Stoffes, aus dem eine Sache besteht, vgl. Mal. 13,8 διάδημα διὰ μαργαρίτων καὶ λίθων τιμίων. Dazu A. Rüger, Studien zu Malalas. Präpositionen und Adverbien. Das 18. Buch. Die konstantinischen Excerpte. Die tuskulanischen Fragmente, Bad Kissingen 1895, 32 mit weiteren Stellen. ξύλων Nach Thurn überliefert Tusc. nicht ξύλων, sondern vielleicht ποδῶν, was nach LSJ s. v. πούϲ II 2 die „Schot“ bzw. das „Ruder“ bedeutet. Eine erneute Inspektion des Palimpsests durch F. Schulz hat die von Thurn erwogene Lesart nicht bestätigen können, da der Palimpsest aufgrund der Beschädigung an dieser Stelle kaum mehr entziffert werden kann. Des weiteren darf bezweifelt werden, dass diese Teile genügend Material für den Bau von Schiffen (oder Flössen) hergaben, weshalb ξύλων von O, das allgemein Holzbretter bezeichnet, die richtige Lesart ist. Sabborarsakos Vgl. die abweichende Namensform in fr. 2,1. Gemeint ist Schapur II. (309–79). Diese Benennung ist nicht zeitgenössisch, sondern eine „Eigenleistung“ des Malalas. In irgendeiner Form scheint eine Verschmelzung von Schapur mit dem Armenierkönig Arsaces III. stattgefunden zu haben.

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Stadt der Euphratesia Also die spätantike Provinz (Augusta) Euphratensis, die gemeinsam mit Syria Coele aus der severischen Provinz Syria hervorging. Lederhäuten Über den Flottenbau in Samosata berichtet auch Zos. 3,12,1. Bei ihm werden freilich die Kriegsschiffe in Hierapolis versammelt, nachdem sie von Samosata und von anderen Orten durch die Strömung des Euphrat dorthin verbracht worden sind. Hierapolis liegt aber nicht am Euphrat. Nur die Version des Magnos kann die zutreffende sein. Zu den verschiedenen Materialien, aus denen die Schiffe hergestellt worden sind, vgl. Amm. 23,3,9: onerariae naves ex diversa trabe confectae und Zos. 3,13,2: 600 Schiffe in Holz, 500 in Häuten. S. auch weiter unten zu (4). Begleitung des Kaisers Julian Vgl. test. 1 (2) εἰϲ τὸ Νίϲιβιν Die Deklination und das grammatische Geschlecht der Stadt Nisibis ist in den byzantinischen Quellen unterschiedlich, neben Νίϲιβιϲ kommt auch die Form Νιζτίβιοϲ vor, vgl. Psaltes, Grammatik der byzantinischen Chroniken 173 und Thurn, Malalas 467. ἦλθεν ἐν Κάραιϲ τῇ πόλει Die Verwendung der Präposition ἐν mit Dativ anstelle von εἰϲ mit Akkusativ zur Richtungsangabe ist typisch für die Sprache des Malalas (vgl. die Liste der Stellen bei Thurn, Malalas 504), der wie andere späte Autoren hyperkorrekt das von εἰϲ in der Umgangssprache verdrängte ἐν auch bei der Richtungsangabe verwendete (vgl. dazu Schwyzer 2,461), aber wohl nicht schon in der Vorlage der Magnos vorfand. Stadt Karrhai Das Itinerar von Hierapolis nach Karrhai wird von Ammian detaillierter dargestellt, die Etappen sind teilweise von bösen Vorzeichen begleitet: Amm. 23,2,5–3,1; s. auch die Stationen bei Zos. 3,12,1. Im summarischen Bericht des Libanios wird immerhin Karrhai mit dem Zeustempel deutlich hervorgehoben, vgl. Liban. or. 18,214. damals den Römern gehörte Klein, Studien 64 hält diese Bemerkung, die auf die Abtretung von Nisibis im Friedensvertrag von 363 verweist, für einen Zusatz des Malalas. Möglicherweise ist hier aber ein Reflex des zeitgenössichen Irredentismus zu erkennen, vgl. die Stellensammlung bei R. Turcan, L’opinion publique, 363 ap. J.-C., in: R. Chevallier (Hg.), Mélanges d’archéologie et d’histoire offerts à A. Piganiol, Paris 1966, 875–90; S. Belcher, Ammianus Marcellinus and the handover of Nisibis, in: A. Sarantis, War and Warfare in Late Antiquity, Leiden 2013, 631–52. Die Kritik an der Abtretung von Nisibis ging gerade von Parteigängern Julians aus, die die Verantwortung ganz auf dessen Nachfolger abwälzten.

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römischen Lager, das Kirkesion heißt Zu den beiden von Karrhai ausgehenden Straßen vgl. die Fernperspektive bei Amm. 23,3,1: unde duae ducentes Persidem viae regiae distinguuntur, laeva per Adiabenam et Tigridem, dextra per Assyrios et Euphratem. Ammian nennt also eine östliche am Tigris entlang führende Route und eine westliche am Euphrat. Diese Wege entsprechen demjenigen zum ostmesopotamischen Nisibis, der zum Tigris führt, und demjenigen zum Euphratlager Kirkesion. Zos. 3,12,1 ist vollständiger als Ammian. Bei ihm führen die Straßen wie bei Magnos nach Nisibis bzw. nach Kirkesion. Zusätzlich gibt er an, dass die Straßen darüber hinaus in das Gebiet der Perser, genauer nach Adiabene bzw. in die Satrapie Assyrien führen: „Von da boten sich ihm zwei Wege: Der eine führt über den Tigris und die Stadt Nisibis in die Satrapien von Adiabene, der andere über den Euphrat und Kirkesion, eine Festung, die vom Fluß Aboras und vom Euphrat selbst eingeschlossen, dicht an Assyrien grenzt.“ (Übersetzung Veh). Alle drei Quellen berichten aber Verwandtes, vgl. aus der quellenkritischen Literatur nur Klein, Studien 63–66. Das Fernziel beider Straßen, nämlich Ktesiphon, wird nur implizit vorausgesetzt. Diokletian, Kaiser der Römer, hatte es gegründet Auf die Lage der Festung Kirkesion weist Amm. 23,5,1 hin: munimentum tutissimum et fabre politum, cuius moenia Abora et Eufrates ambiunt flumine velut spatium insulare fungentes. S. ferner Zos. 3,12,3: „Eine Festung, die vom Fluss Aboras und vom Euphrat selbst umringt wird und die Grenzen der Assyrier berührt“. Zur Gründung unter Diokletian genauer Amm. 23,5,2: quod Diocletianus exiguum ante hoc et suspectum muris turribusque circumdedit celsis, cum in ipsis barbarorum confiniis interiores limites ordinaret. Zum Dossier hinzuzufügen ist Evagr. h. e. 5,9 p. 204: „Kirkesion ist eine Festung, die für die Römer sehr günstig am Rande des Staates liegt. Dieses machen nicht nur die Mauern, die in eine unbegrenzte Höhe heraufragen, fest, sondern auch der Euphrat und der Chaboras, die die Stadt umgeben und gleichsam die Stadt als Insel abschneiden.“ Zumindest die Gemeinsamkeit zwischen Ammian und Magnos von Karrhai erklärt sich durch eine gemeinsame Quellenbasis. Es ist kaum notwendig zu Kirkesion anzugeben, dass es unter Diokletian gegründet worden ist. Procop. aed. 2,6,2–4 berichtet ebenfalls (mit einigen architektonischen Details) über die Errichtung von Kirkesion unter Diokletian, aber vermutlich aus einer schriftlichen Quelle, die hier mit den hier zitierten Erzählungen verwandt ist. Die übereinstimmenden historischen Reminiszenzen lassen an der Behauptung von Dillemann, Ammien Mar-

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cellin 128 zweifeln, dass der Konsens der Quellen zu Kirkesion sich lediglich aus der Beobachtung der Lage ergebe: „La description de Circesium montre bien que la véritable cause du consensus est souvent le terrain.“ Dass Malalas, Zosimos und Ammianus alle identisch zu Kirkesion schreiben, dass es zwischen Euphrat und Chaboras liege, erklärt sich nach der Annahme Dillemanns durch die Sache: „Tout auteur qui décrit sommairement cette ville ne peut guère s’exprimer autrement.“ Vgl. aber die durchaus anders formulierte Beschreibung der Lage von Kirkesion bei Eutr. 9,2,3: vicesimo miliario a Circesio, quod castrum nunc Romanorum est Euphratae inminens. Den Tenor der gemeinsamen Quellengrundlage von Ammian, Zosimos und Malalas beschreibt Klein, Studien 66 folgendermaßen: „Das Kastell liegt in der Mitte zwischen den Flüssen Eufrat und Abora und an der Grenze von Assyrien. Es war ursprünglich klein und ungeschützt, aber der römische Kaiser Diocletianus umgab es mit hohen Mauern und Türmen, als er im Grenzgebiete der Barbaren die Verhältnisse hinter der Grenze ordnete.“ zwei Kommandeuren Sebastianus und Procopius. Zu Sebastianus vgl. PLRE I, Sebastianus 2; zum späteren Usurpator PLRE I, Procopius 4. Die Angaben über die Abkommandierung des Procopius und des Sebastianus finden sich auch bei Ammian und Zosimos. Das zweite Kontingent sollte sich nach der Erzählung Ammians mit den Streitkräften des armenischen Herrschers Arsakes verbinden und über den Tigris zu Julian stoßen, vgl. Amm. 23,3,5. Nach Zosimos 3,12,4 f. sollten Sebastianus und Procopius am Tigris bleiben und einen Angriff auf Nisibis verhindern. Die von Magnos genannte Truppenzahl kommt derjenigen des Zosimos (18.000 Mann) und auch noch des Libanios (or. 18,214: 20.000 Mann) ziemlich nahe, während Amm. 23,3,5 30.000 Mann nennt. (Oder ursprünglich auch 20.000?, so Austin, Ammianus and Warfare 109 f.). Trotz der Ähnlichkeiten in diesen Quellen zur Abkommandierung von Sebastianus und Procopius kann Magnos nicht Ammian oder Zosimos als Quellengrundlage benutzt haben, s. Selem, Diversione 59. Als Unterschiede zwischen den drei Quellen hält Selem fest: Malalas erkläre nicht den Grund und das Ziel der Aufteilung. Bei Zosimos sei die Aufteilung nur Reaktion auf einen persischen Überfall, während bei Ammian diese Aufteilung als Ergebnis planvollen Handelns Julians erkläre. Klein, Studien 67–70 versucht alle divergierenden Angaben miteinander zu verbinden und eine Urfassung zu rekonstruieren. (3) καὶ ἐάϲαϲ καὶ … προϲθεὶϲ In seiner Abneigung für den Periodenstil konstruiert Malalas manchmal seine Sätze ohne Verbum finitum, vgl. auch

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18,23 ἀπὸ εὐπόρων πένηϲ γενόμενοϲ. Das zweite καὶ ist in der Satzkonstruktion strenggenommen überflüssig. ἐγκαθέτουϲ Zur Bedeutung „stationiert“ vgl. Lampe s. v. ἐγκάθετοϲ 3. den zwei Kommandanten Accameus und Maurus Insgesamt sollen also 10.000 Mann in der großen Festung stationiert gewesen sein. Diese Disposition war militärisch durchaus sinnvoll, da es geboten war, den römischen Grenzpunkt am Euphrat mit seiner starken Festung zu sichern. Allerdings ist Magnos die einzige Quelle, die diese Disposition bezeugt. Die Plausibilität ist vielleicht deshalb gegeben, weil die Kommandanten der Schwerbewaffneten bekannt sind: Accameus ist der bei Amm. 25,1,2 und Zos. 3,26,5 erwähnte Macameus, der Bruder des Maurus. Maurus setzte sich in heroischer Weise für seinen Bruder ein, überlebte und wurde später Dux Phoenices, vgl. PLRE I, Maurus 1 und Macameus. Will man die Nachrichten bei Malalas einerseits und Ammian/Zosimos andererseits miteinander kombinieren, müssen diese beiden Truppenführer von Kirkesion aus nachgerückt sein, s. bereits Klein, Studien 77. (4) Brücke Schiffsbrücke, vgl. Amm. 23,5,4 und Penella, Magnus, zur Stelle. in den Euphrat gelangt waren Diese Formulierung zielt darauf ab, dass Flotte und Armee sich am Euphrat etwas vor der Ankunft in Kirkesion trafen und gemeinsam den Euphrat herabzogen, vgl. den Boeft u. a., Commentary on Ammianus XXIII, 53 zu Amm. 23,3,9. Nach Zos. 3,13,2 ist die Flotte bereits vor dem Heer in Kirkesion eingetroffen. Zahl dieser Schiffe Zu den Schiffszahlen in den Parallelquellen vgl. Paschoud, Zosime II 1,113 f.; Penella, Magnus, Kommentar zur Stelle. Vgl. Zos. 3,13,2 (600 hölzerne Schiffe, 500 Lederschiffe); Amm. 23,3,9 (1000 Transportschiffe, 50 Kriegsschiffe, 50 mobile Brücken); Zonar. 13,13 (700 Trieren und 400 Transporter). Es handelt sich um die stärkste, je gebildete römische Euphratflotte, vgl. (mit Zahlen zu früheren Flotten) Kienast, Kriegsflotten 151 Anm. 79. 20.000 Mann sind allein zum Ziehen erforderlich: so Müller, Militaria 591 zu Amm. 24,7,4, und zwar auch für die flussabwärts fahrende Flotte (vielleicht im Bereich der Kanäle): ne …, ut ab expeditionis primordio factum est, armatorum fere viginti milia in trahendis occuparentur isdem navibus et regendis. (5) ἴδιον Zur Funktion von ἴδιοϲ als reflexivem Possessivum anstelle von (ἑ)αὑτοῦ vgl. LSJ s. v. ἴδιοϲ I 6, Psaltes, Grammatik der byzantinischen Chroniken 197 mit weiteren Belegen und Philologisch-historischer Kom-

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mentar des Malalas 18,46,3/1 (https://malalas.hadw-bw.de/kommentar/18/46#K000758), der auf die bei Malalas typische Junktur von ἴδιοϲ αὐτοῦ in der Bedeutung von „sein“ bzw. emphatisch „sein (eigener)“ hinweist. sowie seine Generäle Amm. 23,5,15 erwähnt in allgemeiner Form Würdenträger, die den Kaiser umgeben: coronaque celsarum circumdatus potestatum. Magnos nennt konkreter den praefectus praetorio Secundus Salutius, vgl. PLRE I, Secundus (3), ferner den magister officiorum Anatolius, vgl. PLRE I, Anatolius (5) und die Generäle. auf ein hohes Tribunal Übereinstimmung mit Zos. 3,13,3: Julian spricht von einem Tribunal (βῆμα), bei Amm. 23,5,15 ist von einem Erdhügel die Rede. Es handelt sich um eine übliche Adlocutioszene, wie sie auf der Trajanssäule mehrfach zu sehen ist. gegen die Perser zu kämpfen Die von Julian gehaltene Rede wird bei Magnos von Karrhai nur summarisch wiedergegeben, entspricht aber derjenigen bei Ammian. Bei diesem wird der Aufruf zu Disziplin und zur Bereitwilligkeit für den beginnenden Feldzug als zentrale Botschaft der Rede genannt, vgl. Amm. 23,5,21 und 23. Dillemann, Ammien Marcellin, 134 konstatiert ferner Übereinstimmungen zwischen dem am Anfang hervorgehobenem Lob der Armee bei Malalas und Amm. 23,5,16. Man könnte daher annehmen, Ammian habe seine Rede aus Magnos geschöpft, was aber von Dillemann verworfen wird. Bei Magnos finden sich in der Tat keine Entsprechungen zu den historischen Ausführungen, die Julian bei Amm. 23,5,16–20 äußert. Geht man davon aus, dass diese Arabesken ausschließlich dem literarischen Bemühen Ammians zu verdanken sind, reduziert sich der authentische und wirklich vorgetragene Teil der Rede auch bei diesem Autor genau auf die beiden von Magnos festgehaltenen Punkte (Lob und Ermahnung zur Disziplin). Das Verhältnis zwischen der Rede bei Magnos und derjenigen bei Ammianus ist vergleichbar demjenigen, das sich für die Darstellung der Rede Valentinians I. in der Kirchengeschichtsschreibung (Philost. 8,8,6; Soz. 6,6,8; Theod. Cyr. h. e. 4,6,2) und bei Ammian (26,2,4– 11) beobachten lässt. Vgl. hierzu den Kommentar von Bleckmann zu Philostorgios (KFHist E 7) 8,8,6. In der Erzählung Ammians spricht Julian erst in Sichtweite des Kenotaphs Gordians III. zur Truppe, also weiter flussabwärts bei Zaitha/Zautha (wobei sich der Kenotaph Gordians am rechten Euphratufer bei Dura befunden hat, möglicherweise aber vom linken Ufer aus gesehen wurde, es sei denn, dass der Vormarsch überhaupt am rechten Ufer stattfand, wie von Gawlikowski, La Route de l’Euphrate vermutet

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wird). Dagegen richtet Julian bei Magnos sofort nach der Überquerung des Chaboras das Wort an die Soldaten, bei Zos. 3,13,1 ebenfalls nach der Überquerung des Chaboras, und auf jeden Fall lange vor der Ankunft in Zautha (Zos. 3,14,2). Der teilweise durch Zosimos bestätigten Version des Magnos ist auf jeden Fall der Vorzug vor Ammian zu geben. Zunächst stellt die Überquerung eines Grenzflusses einen deutlich passenderen Anlass für eine Ansprache an die Soldaten dar, als die Nähe des Tumulus eines bei einer Persienoffensive gescheiterten Kaisers, vgl. die analoge Ansprache des Mark Aurel nach der Überschreitung der Donau und beim Betreten des Feindeslands, vgl. J. Griebel, Der Kaiser im Krieg. Die Bilder der Säule des Marc Aurel, Berlin – Boston 2013, 197. Vgl. auch zur Diskussion der Frage Paschoud, Zosime II 1,115–19, Anm. 36. Beim keineswegs kohärenten Ammian ist an anderer Stelle durchaus bekannt, dass die Rede Julians unmittelbar nach der Überquerung des Chaboras gehalten wurde, vgl. Amm. 23,5,15: Peracto igitur, ut ante dictum est, ponte cunctisque transgressis imperator antiquissimum omnium ratus est militem alloqui. Es handelt sich um die lange vor der Ankunft in Zaitha abgerissene Schiffsbrücke über den Chaboras, vgl. Amm. 23,5,5. Zur Textgestalt von Amm. 23,5,15 s. Sabbah, Méthode dʼAmmien 491 Anm. 112. für ihn vorbereitete Schiff Bei Ammian (24,1,2) marschiert Julian im Zentrum der Fußtruppen, bei Zos. 3,13,1–3 besteht der Zweck der Flotte in der Sicherung der Zufuhr. Dillemann, Ammien Marcellin 150 folgert daher, dass Malalas hier Magnos falsch wiedergegeben habe. Aber Malalas kann eine zutreffende Sonderinformation wiedergegeben haben. 361 hatte Julian einen Großteil des Weges nach Illyricum auf einem Donauschiff zurückgelegt. Der Hinweis, dass der Kaiser „auf das für ihn vorbereitete“ Schiff stieg, macht nicht den Eindruck missverständlicher Wiedergabe. Bei Ammian kann man das Einwirken einer Tendenz nicht ausschließen, den soldatischen Charakter der Persönlichkeit des Kaisers zu übertreiben, indem er ihn inmitten seiner Truppen marschieren lässt. Auch bei Zosimos fährt Julian durchaus ein Stück auf einer Barke den Euphrat herab (Zos. 3,13,1), allerdings vor und nicht nach der Rede an die Soldaten. Wenn das anfängliche Itinerar Julians am Euphrat in dem Sinne von Gawlikowski, Route de l’Euphrate zu verstehen ist, dass die römische Armee am westlichen Ufer, also auf der römischen Seite marschierte und nur ab und zu mit persischen Truppen besetzte Euphratinseln überfallen wurden, würde sich besonders gut verstehen lassen, warum Julian auf einem Schiff fährt. (6) αὐτῷ Vgl. hist. Komm. zu Comes Lucianus.

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ὅϲτιϲ Bei Malalas hat ὅϲτιϲ meistens nicht mehr die relative Funktion, sondern wird als Personal- und Demonstrativpronomen verwendet, vgl. Philologisch-historischer Kommentar des Malalas 18,42,7/6 (https://malalas.hadw-bw.de/kommentar/18/42#K000630). Es bezieht sich hier nach der Auffassung von BNJ nicht auf Lucianus, sondern auf Julian. Im Kommentar erklärt BNJ zur Stelle: „The Greek text … has: κελεύϲαϲ … Λουκιανόν … εἶναι ϲὺν αὐτῶι. ὅϲτιϲ … ἐπόρθηϲε. If αὐτῶι is sound … then ὅϲτιϲ should refer to Julian, not to Lucianus (see Paschoud, Zosime, Tome II, 1re partie, 243, against Jeffreys et al., The Chronicle of John Malalas, 179, and Dodgeon in Dodgeon and Lieu, The Roman Eastern Frontier and the Persian Wars, 262).“ Da aber der Text in der überlieferten Fassung einen guten Sinn ergibt, ist es nicht notwendig, ὅϲτιϲ auf Julian zu beziehen. πλοίων ist die von den Codices überlieferte Lesart. Mendelssohn schlägt in seiner Zosimos-Ausgabe aufgrund der Parallelen in Zos. 3,13,3 τοῦ μὲν πεζοῦ Βίκτορα ϲτρατηγὸν καταϲτηϲάμενοϲ … und Amm. 24,1,2 agmina vero postrema Dagalaifus cogebat et Victor ultimusque omnium Osdroenae dux Secundinus πεζῶν vor. Vgl. Jacoby, Kommentar, 636 zu FGrHist 225 F 1,6. Paschoud lässt dagegen im Anhang seiner Zosimos-Ausgabe S. 243 den Malalastext unverändert. Da der Satz sprachlich auch mit πλοίων sinnvoll ist, gibt es keinen Grund, den Text zu ändern. Lanciarii und Mattiarii Hinter den 1500 Mann verbergen sich offenkundig drei Einheiten à 500 Mann, vgl. Amm. 24,5,5: tres procursatorum cohortes. Auf die Existenz solcher aus drei Verbänden bestehenden Voraustruppen verweist Hoffmann, Bewegungsheer 2,139, Anm. 175, vgl. Amm. 24,3,1 und 2; Zos. 3,19,1 f. Diese Voraustruppen bestanden aus Reitertruppen, vgl. die klärende Parallele bei Liban. or. 18,229 f. Die Lanciarii und Mattiarii waren dagegen infanteristische Elitetruppen (legiones palatinae et comitatenses), vgl. zu diesen Einheiten, die für die Zeit Julians zum ersten Mal als Paar belegt sind (Amm. 21,13,16), und zur Vorgeschichte der Lanciarii und Mattiarii Müller, Militaria 578 f.; Hoffmann 218–22. Hoffmann hält die Erzählung des Magnos für korrekturbedürftig. Die Elitelegionen könnten nicht als Kundschafter tätig gewesen sein, da sie für den eigentlichen Kampf hätten geschont werden müssen. Den Boeft u. a., Commentary on Ammianus XXIV, 6 f. sehen dagegen die vorausgeschickten Späher als Fußtruppen, die mit den infanteristischen exculcatores bei Veg. mil. (2,15,6 f.; 2,17,1; 3,14,9 f.) zu vergleichen seien, vgl. zu exculcatores unter den Auxilia palatina in der Notitia Dignitatum (occ. 7,122; 5, 175 und 207) Hoffmann 169–72. (Die προϲκουλκάτορεϲ sind allerdings bei Malalas nicht als

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spätantiker Truppenname aufzufassen, s. nächstes Lemma). Zu beachten ist neben der Frage, ob die vorausgeschickten Truppen infanteristische Kundschafter waren, auch der Umstand, dass der Vergleich der Überlieferungen ein verwirrendes Bild bietet, was die Größe der vorausgeschickten Truppen betrifft. Bei Amm. 24,1,2 ist nämlich zunächst von einem Vorausmarsch von 1500 Soldaten die Rede, was Zos. 3,14,1 entspricht. Hier haben die 1500 Soldaten die Rolle einer Vorhut in einer geschlossenen Heeresformation. Vgl. zur Beschreibung des agmen quadratum Müller, Militaria 616: „Als Julian in Assyrien einrückte, ließ er 1500 excursatores (24,3,1 heißen sie procursatores) vorauf marschieren, die rechte Flanke bildeten einige Legionen, die linke Cavallerie und den Schluß des Quadrates Infanterie und Reiterei; in die Mitte waren alle Nichtcombattanten und das Gepäck gestellt. Das Ganze mußte weitläufig marschieren, um den Anschein größerer Truppenzahl zu erwecken.“ Für den weiteren Verlauf des Feldzugs wissen aber Ammian und Zosimos dann zu berichten, dass von diesen 1500 Mann 1000 Mann unter dem Kommando des Lucillianus in einen besonderen Kampfeinsatz geschickt werden, vgl. Amm. 24,1,6: cum expeditis mille impositis navibus Lucillianus comes imperatu principis mittitur und Zos. 3,14,3: Julian schickt Lucillianus mit 1000 Kundschaftern nach Phatousas (Anatha). Eine solche Teilentsendung von 1000 Mann findet man zwar in der Erzählung des Malalas nicht. Möglicherweises ist aber die Angabe über die Doppeltruppe der Mattiarii und Lanciarii, die nur mit 1000 und nicht mit 1500 Mann deckungsgleich sein kann, aus der Verkürzung einer Information über die Teilabordnung von 1000 Mann hervorgegangen. Oder aber Magnos hat ursprünglich tatsächlich drei Truppennamen erwähnt. Eine Dreiergruppe von Mattiarii, Lanciarii und Victores (letztere sind also die bei Magnos nicht erwähnte dritte Einheit) erwähnt Zos. 3,22,2 für den Kampfeinsatz bei der Eroberung von Maiozamalcha. Das ist genau der Kampfeinsatz, an dem Magnos möglicherweise beteiligt war (vgl. test. 2 a–c). sie als Vorhut Das Wort prosculcatores wird oft von einer germanischen Wurzel *skulka abgeleitet, vgl. z. B. N. Milner, Vegetius. Epitome of Military Science. Translated with notes and introduction, Liverpool 1993, 48, Anm. 3. Das spätgriechische προϲκουλκάτορεϲ ist jedoch προ-ϲκουλκάτορεϲ zu trennen aus einer Verkürzung von exculcatores („Niedertrampler“) zu sculcatores zu erklären, vgl. Ph. Rance, Sculca, *sculcator, exculcator and proculcator: The Scouts of the Late Roman Army and a Disputed Etymology, Latomus 73 (2014) 474–501, bes. 476 und 487 zur

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lateinischen Etymologie aus collocare/*culcare. Unabhängig von der Etymologie schwankt die Bedeutung der von ϲκούλκα abgeleiteten Wortbildungen zwischen „Wacht“ und „Erkundung“ (zum letzteren vgl. vor allem Passagen aus dem Strategikon des Maurikios (Belege bei Rance, 484 f.). Zur Frage, ob diese Kundschaftertätigkeit und der Einsatz als infanteristische Kerntruppe sich miteinander vereinbaren lassen, s. bereits die vorausgehenden Ausführungen. M. E. sind beide Aspekte unter den Bedingungen des Euphratfeldzugs nicht voneinander zu trennen. Bei Zosimos und Ammian hat man insgesamt den Eindruck, dass die 1500 bzw. 1000 Soldaten des Trupps des Lucilllianus/Lucianus bald nur Kundschafter sind, bald als Besetzung der Vorflotte fungieren, bald als geschlossene Einheit von Elitetruppen, die für die Eroberung von Einzelkastellen zuständig sind. Mit diesem Bild stimmt die Darstellung bei Magnos von Karrhai völlig überein, bei dem Lucillianus/Lucianus zwar auf der einen Seite Anführer der Kundschafter ist, auf der anderen Seite aber „persische Kastelle, die entlang des Euphrat lagen und in der Mitte der Gewässer auf Inseln waren, zerstörte und die in diesen befindlichen Perser tötete“. Comes Lucianus Ammian und Zosimos nennen für die Flotte ein Doppelkommando, Magnos nur den Lucianus. Amm. 23,3,9 nennt den Lucillianus (PLRE I, Lucillianus 2) als übergeordneten Flottenführer: classis advenit tribuno Constantiano cum comite Lucilliano ductante; Zos. 3,13,3 dagegen Lucianus und Constantianus als Führer der Flotte, während ab 3,14,3 Lucillianus als Anführer der Vorhut begegnet. Lucianus/Lucillianus ist also mit Constantianus für die Flotte zuständig gewesen: Er ist nicht dem Kaiser, sondern den Flottenmannschaften beigegeben, was gegebenenfalls einen Eingriff in den Malalas-Text notwendig macht, siehe Dillemann, Ammien Marcellin 150, der αὐτοῖϲ („mit ihnen“) für αὐτῷ („mit ihm“, d. h. dem Kaiser) vorschlägt. Zur Konstellation des Kommandos vgl. Müller, Militaria 594: „Die große Euphratflotte wird 23,3,9 von einem Comes und einem Tribunus befehligt, letzterer ist also etwa ein Vice-Admiral“. Die Tatsache, dass beide Flottenführer nicht gleichrangig sind, erklärt also wohl, dass Magnos von Karrhai nicht ein Doppelkommando, sondern nur den ranghöheren Befehlshaber erwähnt. Lucillianus, comes der Doppeltruppe der Lanciarii und Mattiarii, verschwindet aus der Überlieferung, weil er in Ktesiphon die Opposition gegen Julian anführte, vgl. zur Episode und zur Ersetzung des Lucillianus durch Victor Liban. or. 18, 250 f. Diskussion zum Karriereende des Lucillianus bei D. Woods, The Role of the Comes

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Lucillianus during Julian’s Persian Expedition, L’Antiquité Classique 67 (1998) 243–48. Mitte der Gewässer auf Inseln waren Einige der Lager entlang des Euphrat werden im Parallelbericht des Ammian und des Zosimos benannt. Die Einnahme von Euphratinseln auf dem Weg nach Ktesiphon wird auch für analoge Feldzüge gegen die Parthermonarchie bezeugt, vgl. die Reste des Asinius Quadratus in KFHist A1 fr. 13 und 14. Namentlich erwähnte Euphratinseln sind bei Ammian Anatha = ‘Ana (24,1,6), das nicht eingenommene Thilutha = Thilabous/Telbis (24,2,1), das nicht eingenommene Achaiachala (24,2,2), sowie Pirisabora/al-Anbār (24,2,9). Zur Lokalisierung der einzelnen Plätze und Rekonstruktion des Itinerars, vgl. Gawlikowski, Route de l’Euphrate 88–91. Victor und Dagalaif Victor, vgl. PLRE I, Victor 4, General sarmatischer Herkunft. Unter Julian bekleidete er das Amt eines comes rei militaris. Zu Victor s. auch Amm. 24,6,13. Er diente noch unter Valens in diplomatischer Funktion bei Verhandlungen mit den Goten 369, vgl. Austin, Ammianus on Warfare, 35. Dagalaifus, vgl. PLRE I, Dagalaifus, der bekannte General germanischer Herkunft und Konsul von 366, unter Julian comes domesticorum. Die Angaben des Magnos über das Kommando der Nachhut sind mit Amm. 24,1,2 identisch. Dieser nennt allerdings noch zusätzlich den Secundinus, den dux der Osrhoene: agmina vero postrema Dagalaifus cogebat et Victor ultimusque omnium Osdroeneae dux Secundinus. hinter den übrigen Schiffen Der von Mendelssohn und Jacoby vorgeschlagene Eingriff (s. phil. Komm.) ist nicht zwingend, da Malalas selbst hier den Text des Magnos von Karrhai verkürzend auf die Flotte bezogen hat, von der ständig die Rede war. Außerdem muss die Nachhut auch amphibisch operiert haben. (7) Euphratkanal, der sich mit dem Tigris mischt Ähnliche Beschreibung des Königskanals bei Liban. or. 18,245. großen See Vermutlich darauf zu beziehen, dass von persischer Seite die Schleusen geöffnet worden waren und sich so eine große Wasserlandschaft gebildet hatte, s. Liban. or. 18,223 und 233 f. Land der sogenannten Mauzaniten Zum Land der Mauzaniten: Von F. Sarre / E. Herzfeld, Archäologische Reise im Euphrat- und Tigrisgebiet, Bd. 1, Berlin 1920, 48, Anm. 2 mit Maiozamalcha identifiziert (Amm. 24,4,2 und 25,8,18), s. dazu Paschoud, Zosime II 1,144. Neben dem sprachlichen Argument (Mauzaniten entsprechen dem ersten Bestandteil von Maiozamalcha, nämlich mahoza im Sinne von Marktstadt, während das zweite Element

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aramäisch für „königlich“ steht: vgl. die Angaben bei Den Boeft, Philological and Historiographical Commentary on Ammianus Marcellinus XXIV 102) spricht für diese Identifizierung der Umstand, dass bei Ammian die Einnahme von Maiozamalcha der Ankunft in der urban verdichteten Gegend von Seleukeia-Ktesiphon vorangeht, beides aber offenkundig bei Malalas miteinander verschmolzen wird. Amm. 24,3,12 spricht in seiner Beschreibung der mesopotamischen Ebene von der Mesene (24,3,12). Eine irrtümliche Identifizierung der Gegend um Ktesiphon mit dieser Landschaft kann man bei einem Autor wie Malalas nicht völlig ausschließen. (8) ἐπικρατὴϲ Da Tusc. zwischen καὶ und κη (auch wenn hom*ophon, ist es wohl kein zweites καί, da auch Tusc. wie O davor καί und nicht κη hat) eine wenige Βuchstaben umfassende Lücke aufweist, vermutet Thurn, dass hier etwas ausgefallen ist. Zwar scheint der Übergang etwas unvermittelt zu sein, doch lässt sich einerseits nicht mehr rekonstruieren, was ausgefallen sein könnte (z. B. ⟨ἱππι⟩κῇ oder ⟨πεζι⟩κῇ), andererseits ist der von O überlieferte Text durchaus sinnvoll, weshalb man hier auf das Setzen einer Lücke verzichten kann. Babylon Babylon dürfte hier im Sinne der Gegend um Ktesiphon gemeint sein. Zur Verbindung der Städteansammlung bei Seleukeia-Ktesiphon mit Babylon und Babylonia: Liban. or. 18,244 (πόλειϲ αἳ τὴν Βαβυλωνίαν γῆν ἀντὶ Βαβυλῶνοϲ κοϲμοῦϲιν); Ktesiphon als Nachfolgerin Babylons: Soz. 6,1,5. Verwechselt wird von Malalas die Frage nach der Einnahme der Zone um Ktesiphon (mit Koche, Veh-Ardaschir) und der erwogenen Belagerung von Ktesiphon selbst. Zur Diskussion um die Aufnahme der Belagerung von Ktesiphon vgl. Sokr. 3,21,4; Amm. 24,7,1. Im Sinne einer Anspielung auf die Zone um Ktesiphon fasst Selem, Diversione 28 die Anekdote über das Pferd Babylonius bei Amm. 23,3,6 auf: „Evidentemente Ammiano con le parole attribuite all’imperatore si riferiva alla zona di Ctesifonte, che per lui non era Assiria.“ In der Anekdote scheint es aber um Babylonia in der Bedeutung des persischen Gesamtreichs zu gehen. (9) Nisibis marschieren werde Dillemann, Ammien Marcellin 124 unterstreicht den hohen historischen Wert der Angabe des Malalas : „Malala est seul à faire connaître que Sapor attendait Julien par Nisibe, ce qui éclaire toute la campagne de 363, dont le plan consistait à surprendre l’adversaire.“ Die Armee des Procopius habe den König zunächst auf die falsche Fährte geführt. Dillemann diskutiert nicht, dass auch Ammian (23,3,6) über ein solches Ablenkungsmanöver berichtet: Julian schlägt nämlich auch bei diesem Autor zunächst den Weg zum Tigris und nach Nisibis ein, um auf

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diese Weise den Perserkönig in die Irre zu führen: his ita ordinatis ipse exitu simulato per Tigrim, quod iter etiam re cibaria de industria iusserat instrui, flexit detrorsus. persischen Gebiete übernahm Zur Sichtweise, dass Julian sich tatsächlich Gebiete der Perser angeeignet hatte und dass erst Jovian diese Positionen wieder abtrat, s. Benedetti / Martig, Studi 32 Zange genommen worden war Von einer Zangenoperation, die durch beide Armeen gebildet werden soll, weiß Zos. 3,12,5 nichts. Dillemann, Ammien Marcellin 224 wirft Zosimos daher vor, gerade den wichtigen Umstand zu verkennen, dass „la manoeuvre en tenaille imitée de Trajan a été la grande idée stratégique de Julien.“ Allerdings liefert Zos. 4,4,2 diese Information nach (Procopius sollte zusammen mit Sebastianus den Weg durch die Adiabene nehmen und mit Julian zusammentreffen), vgl. auch Selem, Diversione 32. Dillemann geht ferner nicht darauf ein, dass in der Erzählung des Malalas gerade diese strategische Idee (und nicht nur die Ablenkung durch den Aufmarsch bei Nisibis) unter allen Quellen am deutlichsten beschrieben wird. Bei Zosimos dient im dritten Buch die Teilung in zwei Armeen nur dazu die Verteidigung zu optimieren, „damit, wenn Feinde sich zeigten, es Leute gebe, die sich diesen entgegenstellten, und damit sie nicht schadlos das vorliegende Gebiet plündern könnten.“ Bei Amm. 23,3,5 und 25,8,7 bleiben Procopius und Sebastianus in Armenien stehen, vgl. Selem, Diversione 26 f., haben allerdings den Auftrag, später in Assyria (Ktesiphon) Julian zu unterstützen. Bei Liban. or. 18,214 und 260 f. soll das Korps des Procopius und Sebastianus den Tigris abwärts ziehen und sich mit dem Heer Julians treffen, wobei von armenischer Seite Hilfe geleistet werden soll (18,215). Diese Operation kommt der von Magnos von Karrhai beschriebenen Zangenoperation nahe, ist aber, da Procopius und Sebastianus letztlich in Armenien verbleiben, nicht ausgeführt worden. Bei Malalas/Magnos wird zwar ebenfalls nicht beschrieben, wie weit Procopius und Sebastianus überhaupt gekommen sind, doch üben sie unzweifelhaft Druck auf Schapur aus, der die Generäle des Julian vor sich und Julian selbst hinter sich vorfindet. floh er nach Persarmenien Die Fluchtrichtung kann nicht stimmen, da in Armenien der mit den Römern befreundete Arsakes stand. Schapur wird sich eher in andere Teile seines großen Reichs begeben haben. Persarmenien (erst ab 386 durch die Teilung Armeniens entstanden) ist ein anachronistisches, die Realitäten des sechsten Jahrhunderts spiegelndes Detail. Hier ist zu erkennen, dass zu einem Teil der Erzählung übergeleitet wird, der auch

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sonst, was die Beziehungen zur Vorlage Magnos von Karrhai betrifft, freier gestaltet worden ist. Verfolgung einzuholen Malalas beschreibt im letzten, von ihm dem Magnos zugewiesenen Abschnitt, wie es Schapur gelingt, Julian zu täuschen und in eine verlassene Wüste zu führen. Die Darstellung der verräterischen Überläufer ist von Mendelssohn, Zosimus XLII–XLIV einer späten legendarischen Überlieferung, nämlich einem tendenziösen kirchlichen Schriftsteller zugewiesen worden. Eine solche Erzählung war aber auch bereits den Zeitgenossen bekannt, vgl. W. G. Reinhardt, Der Perserkrieg des Kaisers Julian, Jahresbericht des Herzoglichen Friedrich-Realgymnasiums und der Vorschule des Fridericianums für das Schuljahr 1891/1892, Dessau 1892, 31, Anm. 4. Gregor von Nazianz (or. 5,11) hat unmittelbar nach dem Tode Julians schon eine Erzählung vorgetragen, die sogar das Zopyros-Motiv kennt. Aber auch in den positiv für Julian eingenommenen Quellen ist der Verrat durch vermeintliche Überläufer thematisiert worden, vgl. Ruf. Fest. 28,3: cum a transfuga qui se ad fallendum obiecerat inductus viae in Madenam compendia sectaretur. Im Bericht Ammians 24,7 sind ebenfalls falsche Überläufer erwähnt gewesen. Der partiell zerstörte Text lässt erkennen, dass diese falschen Überläufer den Kaiser nicht dazu bewegten, in die Irre zu gehen, sondern dazu, vorschnell die mitgeführten Schiffe zu verbrennen, vgl. Zonar. 13,13,4–7, der teilweise eine Rekonstruktion des bei Ammian Gemeinten erlaubt. Die Verbrennung der Flotte wird auch bei Gregor von Nazianz (or. 5,11) von den falschen Überläufern angeraten, vgl. BenedettiMartig, Studi, 84). Die Geschichte des Zopyros (Hdt. 3,154,2–158,2) war in dieser Zeit präsent, vgl. Amm. 18,5,3. Möglicherweise beweist sie, dass Magnos durch Anlehnungen an Herodot historiographische Ambitionen kultivierte. [B. B.] Die Verwendung des Zopyros-Motivs ist auch insofern interessant, als man darin eine leise Kritik des Magnos oder seiner Quelle einerseits an Julians Leichtgläubigkeit, andererseits an dessen Unfähigkeit, in dieser gefährlichen Situation aus dem theoretischen Wissen praktischen Nutzen zu ziehen, erkennen kann. Gerade Julian, der gewiss ein Kenner des Herodotischen Werks war, hätte die List der Perser vorher entdecken müssen. Zwar standen die persischen Gesandten im Gegensatz zur Erzählung bei Herodot unter Eid, aber im Gegensatz zu ihnen hatte Zopyros das Vertrauen der Babylonier durch die brillante Abwehr zweier persischer Angriffe gewonnen. [C. S.]

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(10) Πέρϲαι Zwar entspricht die von Ο überlieferte Form Πέρϲεϲ durchaus dem byzantinischen Griechischen des Malalas, der solche Formen verwendet (so 6,29 p. 131 Thurn Αἰνειάδεϲ, vgl. Psaltes, Grammatik der byzantinischen Chroniken 140 und 174 zum Übergang von der I. zur III- Deklination mit weiteren Beispielen aus Malalas). Da aber Malalas an allen übrigen Stellen immer die Form Πέρϲαι hat, ist Chilmeads Korrektur des Textes wohl richtig. φηϲίν Das φηϲίν bezieht sich in Malalas auf seine Quelle, also an dieser Stelle auf Magnos, vgl. auch Mal. c. 27,6 (fr. 2,6). Daher ist Chilmeads Vorschlag, φαϲί zu schreiben und auf die persischen Überläufer zu beziehen, überflüssig. Aus dem unmittelbar vorausgehenden Text und dem folgenden Partizip ἀπατηθεὶϲ ist hinlänglich klar, dass diese Perser nicht wirklich die Absicht hatten, ihren König zu verraten. Monats Juni Zum Datum s. fr. 1,12. (11) καὶ εὑρὼν Der Satz ist angesichts von Malalas’ Abneigung gegen den Periodenstil und Vorliebe für die Parataxe inkonzinn. Aus diesem Grund kann man an der Lesart εὑρὼν von Ο festhalten, die Korrekturen εὗρεν von Müller und εὗρον von Kambylis sind daher nicht nötig. Bubion Diskutiert wird in der Forschung eine Verschreibung für Babylon: siehe Dillemann, Ammien Marcellin 123 und 150. Asia Als Todesort im Bericht des Eutychianos genannt, vgl. KFHist C 10 fr. 1,2. gerieten sie in große Unordnung In der Erzählung Ammians wird dagegen eine Situation dargestellt, in der Julian die Kontrolle bewahrt. Die falschen Überläufer gestehen auf der Folter und der Kaiser schlägt zunächst eine Route durch Gelände ein, das eine gute Versorgung ermöglicht (24,7,6). Die Erzählung Ammians macht klar, dass der Rückmarsch Julians vom Plan bestimmt ist, für die Versorgung geeignete Gegenden zu durchstreifen, vgl. Austin, Ammianus and Warfare, 112 f. Erst nach längerem Vorrücken verschlechtert sich die Versorgung für die Armee, bis endlich die Situation eintritt, dass analog zur Darstellung des Magnos von Karrhai Menschen und Zugtiere in Not geraten. (12) 26. … Juni Das Datum der Nacht des 26. Juni auf den 27. Juni für den Tod Julians ist korrekt, vgl. nur Eutr. 10,16,2; Th. Nesselrath, Kaiser Julian und die Repaganisierung des Reiches. Konzept und Vorbilder, Münster 2013, 31.

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tötete sie aber nicht In den Parallelberichten, in denen die falschen Überläufer auftauchen, werden sie dagegen getötet. Die Erzählung des Magnos von Karrhai hat hier also eine Variante geboten. Die Überläufer werden deutlich später überführt als etwa bei Ammian (bei diesem unmittelbar nach der Verbrennung der Schiffe) und auch genutzt, um die Armee aus der misslichen Lage herauszuführen. (13) sich nicht undiszipliniert geben Dass Julian bei seinem letzten Auftritt in der zweiten Stunde des Tages die Soldaten zur Disziplin mahnt, hat seine genaue Entsprechung in der Darstellung Ammians (25,2,8), bei dem Julian die Soldaten in dem Augenblick zur Ordnung ermahnt, als sich das Heer gerade zu Beginn des Tages aufmacht, vgl. Büttner-Wobst, Tod des Kaisers Julian 566 zur zweiten Stunde bei Malalas: „Damit stimmt wieder auf das Beste Ammian, welcher XXV 2,8 berichtet, daß an jenem Unglückstage exorto iam die ‚mit Tagesanbruch‘ das Heer sich aufgemacht habe.“ ohne dass man wusste, woher Amm. 25,3,6 berichtet mit wörtlicher Übereinstimmung: et, incertum unde, subita equestris hasta cute bracchii eius praestricta costis perfossis haesit in ima iecoris fibra. Büttner-Wobst, Tod des Kaisers Julian, 566 sieht hier ein Indiz für die Authentizität der Angabe: „Da nun der unparteiische Ammian in seinem ausführlichen Bericht auch darin mit Magnos übereinstimmt, daß es unsicher sei, woher das tödliche Geschoß gesendet worden sei, so dürfte es geraten sein, auch jetzt dabei stehen zu bleiben, daß wir nicht genau wissen, wer den Schuß gethan.“ Zum Reiterspeer, der Julian getroffen haben soll, Liban. or. 18,268; Ruf. Fest. 28,3. Die Version Ammians, der Täter sei unbekannt gewesen, steht in Konflikt mit einer Tradition, in der davon ausgegangen wird, dass für die Tötung ein Soldat der römischen Armee bzw. aus der Truppe der verbündeten Sarazenen verantwortlich gewesen sei, vgl. Liban. or. 24,6; Philost. h. e. 7,15; Sokr. 3,21,13 (Kallistos). Soz. 6,1 f. Sabbah, Méthode d’Ammien 413 verweist darauf, dass auch Ammian diese Version kennt, vgl. Amm. 25,6,6: audierant enim ipis quoque referentibus transfugis, rumore iactato incerto, Iulianum telo cecidisse Romano. in sein Zelt gegangen war Vgl. Amm. 25,3,10: reducto ad tentoria principe. starb er während der Nacht Vgl. Amm. 25,3,23: epota gelida aqua, quam petiit, medio noctis horrore vita facilius est absolutus.

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fr. **2 Für die Malalaspassagen mit der Darstellung des Joviansfriedens lehne ich mich deutlicher an die Übersetzung von Thurn/Meier 345–47 an. (1) μήπω Thurn ergänzt μήπω aus dem Chronicon Paschale 553,4, das eine leicht gekürzte Version von Malalas’ Text bietet, und aus der kirchenslawischen Version. Er wählt μήπω, das wegen der Ähnlichkeit mit dem nebenstehenden Partizip μαθών in O leicht ausgefallen sein kann. In der Sprache der späten Zeit kann besonders beim kausal gefärbten Partizip μή stehen, wo οὐ erwartet wird, vgl. K.-G. 2,201, Schwyzer 2,595. mit der inständigen Bitte um Frieden Ein sasanidisches Friedensangebot während des Vormarschs Julians kennt Liban. or. 18,259 und or. 1,133. Bei Malalas ist vielleicht dieses Friedensangebot mit demjenigen unter Jovian verschmolzen worden, indem behauptet wird, die bei Jovian eintreffende Gesandtschaft sei noch in einer Zeit, in der die Perser noch nichts vom Tod Julians erfahren hatten, entsendet worden. Dass die Perser den ersten Schritt bei den Verhandlungen machen und nicht die Römer um Frieden bitten, unterstreicht Ruf. Fest. 29,2. Vgl. auch Amm. 25,7,5 und Zos. 3,31,1. S. den Boeft u. a., Commentary on Ammianus XXV, 227. Surrhaeinas Also das hier nicht mit Eigennamen bezeichnete Oberhaupt der großen Familie der Suren, den Surenas. Zur Beteiligung des Surenas in den Verhandlungen: Amm. 25,7,5. Theod. Cyr. H. e. 4,2,2 nennt mehrere Gesandte auf persischer Seite. Vgl. ferner Rufin h. e. 11,1; Joh. Lyd. mag. 3,52. S. den Boeft u. a., Commentary on Ammianus XXV, 227 f. (2) Dieser Paragraph weist in der Überlieferung des Malalas große Probleme auf, weshalb an dieser Stelle die Version des Chronicon Paschale von Nutzen ist, auch wenn dieser Textzeuge ebenso problematisch ist und zur Vermutung Anlass gibt, dass schon die vom Verfasser des Chronicon Paschale verwendete Fassung des Malalas gekürzt bzw. verderbt war. [C. S.] ἀκούϲαϲ δὲ – Περϲῶν Nur durch diesen Zusatz aus dem Chronicon Paschale erfährt man, wer das Subjekt des Hauptsatzes mit dem Prädikat ᾔτηϲε ist. Aufgrund des zweimaligen Vorkommens von Περϲῶν am Ende von (1) und hier handelt es sich in O wohl um einen saut du même au même. Allgemein zu Problemen im Text, die durch Kürzung der ursprünglichen Fassung verursacht worden sind, vgl. A. James, The Language of Malalas 1, General Survey, in: E. Jeffreys / B. Croke / R. Scott (Hgg.), Studies in John Malalas, Sydney 1990, 217–25, bes. 220 mit Beispielen. ἀφορίϲαϲ Das Subjekt dieses Satzes muss der vorher im Akkusativ genannte Jovian sein. Ein abrupter Wechsel des Subjekts kommt bei Malalas

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oft vor (so z. B. 18,6 καὶ πολλὰ χαριϲάμενοϲ [Kaiser Justinian] αὐτῷ ἀπέλυϲεν αὐτόν, καὶ ὥδευϲεν [der Herulerkönig Grepes] ἐπὶ τὴν ἰδίαν χώραν μετὰ τῆϲ ἑαυτοῦ βοηθείαϲ, vgl. dazu Philologisch-historischer Kommentar des Malalas 18,6,6ff./11 https://malalas.hadw-bw.de/kommentar/18/6#K000065), weshalb hier anders als zu Beginn von § 2 der Zusatz des Chron. Pasch. ὁ βαϲιλεὺϲ Ἰοβιανὸϲ ἕνα kaum nötig ist. οἷα τοῦ βαϲιλέωϲ αὐτοῦ ὑπερηφανοῦντοϲ Diese Begründung fehlt im Chronicon Paschale, das 553,18 für das Entsenden des Gesandten stattdessen die neutralere Motivation ὡϲ αὐτὸϲ ἀϲχολούμενοϲ angibt. Ob diese die von Malalas in der ersten Fassung selbst genannte Erklärung ist oder ob dies der anonyme Verfasser des Chronicon Paschale, der einen (vielleicht verderbten und) schwer verständlichen Text (vielleicht ist der absolute Genetiv wegen eines saut du même au même zwischen ἢ und ἤτοι ausgefallen) überarbeitet hat, lässt sich nicht mehr rekonstruieren. Auf jeden Fall scheint es sprachlich kaum möglich zu sein, beide Versionen, die gegensätzliche Begründungen enthalten, miteinander zu verbinden. καὶ παραϲχόντοϲ Das mit καὶ angeschlossene Partizip im Genetiv ist wohl an den absoluten Genetiv ὑπερηφανοῦντοϲ angeglichen worden, auch wenn man den Nominativ παραϲχών erwarten würde. Indessen kann die Inkonzinnität der Periode auch mit der typischen Abneigung des Malalas für den glatten Periodenstil bzw. einem Influenzfehler des Malalas oder seiner Überlieferung erklärt werden. Das Chronicon Paschale hat hier einen neuen Satz, der mit καὶ παρέϲχεν beginnt, was ein Hinweis dafür ist, dass der Verfasser entweder seine Vorlage bewusst umformuliert hat oder dass der ihm vorgelegene Text von demjenigen, wie ihn O überliefert, in mehreren Punkten abwich. Patricius Arinthaios Neben Arintheus erwähnen Amm. 25,7,7 und Zos. 3,31,1 Secundus Salutius als den zweiten hochrangigen Gesandten Jovians. Bei Libanios or. 24,20 führen Victor und Salutius Secundus die Verhandlungen, bei Joh. Lyd. mag. 3,52,3 nur Salutius Secundus. Die Varianten machen hier deutlich, dass Ammian und Zosimos (mit den Angaben zu Arintheus und Secundus) hier wieder aus einer gemeinsamen Tradition schöpfen, die sich von den übrigen Überlieferungen abgrenzen lässt. Dabei ist allerdings nicht ausgeschlossen, dass Magnos ebenfalls den Secundus Salutius erwähnt hat und dies nur von Malalas unterschlagen worden ist. Dass Arintheus patricius gewesen sein soll, weiß allein Malalas bzw. das aus ihm schöpfende Chronicon Paschale. Es handelt sich wohl um eine Verwechslung mit Salutius: zu dessen patricius-Eigenschaft vgl. Mal. 13,31 (262,79

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(C 10) Magnos von Karrhai

f. und 263,84 Thurn). Für historisch hält den Patriziat R. Mathisen, Patricians as Diplomats in Late Antiquity, Byzantinische Zeitschrift 79 (1986) 35– 49, hier 46. Arintheus könnte, wie dies auch bei anderen Diplomaten der Fall gewesen ist, wegen der Verhandlungen zum patricius ernannt worden sein. Wenn Malalas ihn als Senator bezeichnet, ist dies auf jeden Fall irreführend. Arintheus ist Militär gewesen, vgl zu seiner Funktion als magister peditum unter Valens (in Begleitung der Gesandtschaft des Victor) Amm. 27,5,9, ferner 26,8,5. Vermutlich war er gotischer Herkunft, s. Waas, Germanen im römischen Dienst im 4. Jahrhundert n. Chr., Bonn 1969, 87; Austin, Ammianus on Warfare 35. und übertrug ihm das Ganze; Das bedeutet, dass Arintheus als Gesandter mit allen Vollmachten (αὐτοκράτωρ) agieren kann, obwohl der Kaiser in der Nähe ist und er also eine abschließende Prüfung der Vertragsbedingungen hätte vornehmen können. Möglicherweise ein Beleg für die rücksichtslose Geschwindigkeit, mit der die Verhandlungen vorangetrieben wurden. unter seiner Würde … abzuschließen Vielleicht ein bloßer Vorwand, um die umfangreichen Vollmachten für Arintheus zu rechtfertigen, die angesichts der Präsenz des Kaisers vor Ort nicht notwendig gewesen wären. Allerdings spielen in den diplomatischen Verhandlungen Rangfragen eine entscheidende Rolle. Es kam also darauf an, dem Surenas in etwa gleichrangige Gesprächspartner gegenüberzustellen. Eine persönliche Teilnahme des Kaisers war daher auch aus diesem Grund ausgeschlossen. drei Tage Waffenstillstand Vgl. zur Dreitagesfrist Amm. 25,7, 7: dum deliberatur examinatius, quid finiri deberet, dies quattuor sunt evoluti inedia cruciabiles et omni supplicio tristiores. (3) Provinz mit Namen Mygdonis und ihre Metropole Nisibis Zur (fälschlich als Provinz aufgefassten) Landschaft Mygdonien um Nisibis (Antiocheia in Mygdonien) vgl. Strabo 16,1,23. Plin. n. h. 6,16 gebraucht den Namen für die Adiabene. Musterung der Passagen bei Dillemann, Haute Mésopotamie, 112 f. Gemeint sein dürfte, dass Nisibis nicht allein abgetreten wurde, sondern auch das angrenzende Gebiet mit Castra Maurorum und Singara, vgl. Chrysos, Räumung und Aufgabe, 178. Ruf. Fest. 24 spricht von einer abgetretenen pars Mesopotamiae. ohne die dort wohnenden Menschen Diese als besondere Härte erscheinende Bedingung bedeutete, dass die Einwohner von Nisibis nicht in persische Gefangenschaft verschleppt wurden, war also für die römische

Kommentar

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Seite in Wirklichkeit durchaus günstig, vgl. Chrysos, Räumung und Aufgabe 179–81. (4) Junios Die Person heißt bei Ammian Bineses. Die Verschreibung von „Bineses“ zu „Iunius“ wird von den Boeft u. a., Commentary on Ammianus XXV 280 für unerklärlich gehalten. heil aus dem Perserland Dagegen gehen in der Darstellung Ammians beim Rückzug durch das unwirtliche Gebiet bis Hatra de facto die persischen Attacken weiter, vgl. Amm. 25,8,1–6. (5) πάνταϲ … ἕωϲ ἑνὸϲ ἐξελθεῖν Diese Junktur bedeutet im klassischen Griechisch „bis zu einem, bis auf einen“, vgl. Aristot. gen. anim. 750 a 33– 37: τὸ μὲν γὰρ πρότερον τίκτει (der Löwe) πέντε ἢ ἕξ, εἶτα τῷ ὑϲτέρῳ ἔτει τέτταραϲ, πάλιν δὲ τρεῖϲ ϲκύμνουϲ, εἶτα τὸν ἐχόμενον ἀριθμὸν ἕωϲ ἑνόϲ, εἶτ’ οὐθέν, ὡϲ ἐξαναλιϲκομένου τοῦ περιττώματοϲ. Dagegen bedeutet der Ausdruck in der Septuaginta „bis zum letzten Mann“, vgl. LXX Iud. 4,16 καὶ ἔπεϲεν πᾶϲα παρεμβολὴ Ϲειϲαρὰ ἐν ϲτόματι ῥομφαίαϲ, οὐ κατελείφθη ἕωϲ ἑνόϲ („Das ganze Heer Siseras fiel unter dem scharfen Schwert; nicht ein einziger Mann blieb übrig“, vgl. Paulus Rom. 3,12 οὐκ ἔϲτιν ὁ ποιῶν χρηϲτότητα {οὐκ ἔϲτιν} ἕωϲ ἑνόϲ = da ist keiner, der Gutes tut, noch nicht einmal einer (Paulus zitiert Psalm 53,3 οὐκ ἔϲτιν ποιῶν ἀγαθόν, οὐκ ἔϲτιν ἕωϲ ἑνόϲ), vgl. dazu Bauer / Aland s. v. ἕωϲ II 4. Entweder steht hier Malalas unter dem Einfluss dieser Literatur, oder es handelt sich einfach um die Übersetzung des lateinischen ad unum omnes, die sonst aber nirgends belegt ist. außerhalb der Mauern Zum Aufenthalt außerhalb der Stadt s. Amm. 25,8,17: extra urbem stativa castra posuit princeps rogatusque enixe precante multiplici plebe, ut ingressus palatio more succederet principum, pertinaciter reluctatus est. Zum Aufenthalt Jovians außerhalb der Stadt s. Zos. 3,33,2; Ephr. Hym. Adv. Iulian. 3,1 f. mit Den Boeft u. a., Commentary on Ammianus XXV 275. Zur Besonderheit des anonymen Autors zur Geschichte Julians bei Johannes Antiochenus gehört, dass dort explizit von einem Aufenthalt Jovians in Nisibis selbst die Rede ist, s. unten S. 378. Zeichen der Perser Amm. 25,9,1: Bineses (…) principe permittente Romano civitatem ingressus gentis suae signum ab arce extulit summa migrationem e patria civibus nuntians luctuosam. Malalas (Magnos) und Ammian stimmen also darin überein, dass eine Fahne der Perser auf der Akropolis von Nisibis errichtet wird. Ist damit die Standarte König Schapurs II. gemeint? Vgl. hierzu das Material bei A. Shapur Shahbazi, Art. Derafš, EIr 7 (1994) 312–15.

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(C 10) Magnos von Karrhai

Kaiser der Römer angeordnet hatte Zu verweisen ist wieder auf die wörtliche Parallele bei Ammian, nämlich Amm. 25,9,1: principe permittente und 25,9,4: iussit (Jovian). bis zum letzten Mann ausziehen sollten Parallel zum Evakuierungsbefehl Jovians Amm. 25, 9, 4 (mit einer genauen Angabe über die zeitliche Frist): quo verbo exasperatus intra triduum omnes iussit excedere moenibus detestantes rerum praesentium statum. Der Befehl zum Abzug innerhalb von drei Tagen wird bei Ammian von Jovian allerdings erst nach der Begegnung mit Silvanus gegeben, bei Magnos von Karrhai bereits vor der Begegnung. Silvanus versucht nach Magnos dem vom Kaiser bereits befohlenen Abzug zu verhindern. (6) Silvanus Zu Silvanus/Sabinus sind zwischen Ammian, Zosimos und Magnos ähnliche Beziehungen zu beobachten, wie für den Fall Lucianus und Lucillianus. Silvanus taucht bei Ammianus Marcellinus 25,9,4 ebenfalls als Wortführer der Nisibener auf, allerdings dort mit Sarkasmen gegen den Kaiser, die er während der Übergabe einer Kranzspende beim Adventus äußert: Silvanus quidam causarum defensor confidentius exclamavit: „ita“ inquit „imperator, a civitatibus residuis coroneris“. R. M. Frakes, Some hidden Defensores civitatum in the Res Gestae of Ammianus Marcellinus, ZRG, RA 109 (1992) 526–32, hier 528 f. sieht mit guten Gründen in Silvanus einen (an sich erst ab Valens belegten) defensor civitatis: Für die höhere soziale und administrative Position spricht nach Frakes insbesondere, dass Silvanus in der von Ammian geschilderten zeremoniellen Szene direkt beim Kaiser steht; damit nähert er sich ein wenig dem Profil bei Malalas/Magnos, was bei Frakes allerdings nicht diskutiert wird. Zosimos (3,33,4) kennt einen τοῦ βουλευτικοῦ προεϲτὼϲ καταλόγου namens Sabinus. Er beschreibt also dessen Stellung in einer mit Magnos vergleichbaren Weise. Zosimos bietet Näheres zu den Versprechen des Silvanus: Er schlägt nämlich vor, dass die Nisibener selbst den Kampf übernehmen und nach der erfolgreichen Abwehr der Perser in den römischen Reichsverband zurückkehren. Ammian kennt Sabinus ebenfalls, und zwar als angesehenen Kurialen, vgl. 25,9,3: tum Sabinus fortuna et genere inter municipes clarus. Möglich erscheint, dass Zosimos und Magnos aus zwei Personen, nämlich den Kurialen Sabinus und den Beamten Silvanus, eine einzige Person gemacht haben (vgl. den Boeft u. a., Commentary on Ammianus XXV 284) oder dass eine Person namens Sabinus Silvanus von Ammian und seiner Vorlage in zwei Personen, Sabinus und Silvanus, aufgeteilt wurde.

Kommentar

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Eid geleistet Vgl. Amm. 25,9,3 : iuris iurandi religionem principis destinatius praetendente ; Amm. 25,9,8 : amictu periurii fugiendi. (7) προϲέζευξεν – Ἀμίδηϲ Hier überliefert das Chronicon Paschale einen vollständigeren Text als O, in dem wegen eines saut du même au même (τῆϲ πόλεωϲ Ἀμίδηϲ kommt zweimal vor) die Angabe, dass die Mauern der beiden Städte miteinander verbunden worden sind, verlorengegangen ist. Das von Thurn nach Ἀμίδηϲ gesetzte und fälschlich dem Chronicon Paschale zugeschriebene καί fehlt allerdings in diesem und würde die syntaktische Konstruktion des Satzes stören. Das modal verwendete Participium coniunctum καλέϲαϲ gehört noch zu dieser Periode, während mit ἐκεῖ ein neuer Satz beginnt. Amida Die Nachricht von der Umsiedlung der Bevölkerung von Nisibis nach Amida hat eine Parallele bei Zos. 3,34,1, während Ammian aus welchen Gründen auch immer davon nichts weiß, vgl. den Boeft u. a., Commentary on Ammianus XXV 290. Auch Ephraim gelangt – allerdings später als die übrige Bevölkerung, da er noch bis zur Ankunft Schapurs blieb – nach Amida, s. den Boeft u. a. 2005, 290; S. N. C. Lieu (Hrsg.), The Emperor Julian: Panegyric and Polemic. Claudius Mamertinus, John Chrysostom, Ephrem the Syrian, Liverpool 21989, 96.

(C 11) Eutychianos

Einleitung Zu den von Malalas erwähnten Historikern, die angeblich über den Perserfeldzug Julians berichteten, gehört neben Magnos ein zweiter angeblicher Teilnehmer des Perserfeldzugs, nämlich Eutychianos von Kappadokien1. Während bei Magnos letztlich offenbleiben muss, ob er Militär war (was nur bei der Identifizierung des von Malalas zitierten Autors mit dem gleichnamigen, in den zeitgenössischen historiographischen Berichten erwähnten Tribun sicher wäre), wird Eutychianos von Malalas als Soldat vorgestellt2. Ihm verdankt Malalas angeblich eine weitere Zeitzeugenerzählung über den Tod Julians. Bei genauem Hinsehen erkennt man freilich, dass diese dem Eutychianos zugewiesene Erzählung sich in großen Linien mit der vorangestellten Erzählung des Magnos deckt. Denn berichtet wird in beiden Stücken, wie Julian über den Euphrat in das Persergebiet eindringt und bis nach Ktesiphon kommt, während Schapur nach Persarmenien flieht3. Als Todesort nennen beide von Malalas zitierte Quellen – Magnos und Eutychianos – eine Stadt Asia4. Bei Magnos befindet sich diese Stadt offenkundig schon weiter von Ktesiphon entfernt, da die Armee bereits, von zwei vermeintlichen persischen Überläufern fehlgeleitet, schon weit in die Irre gelaufen ist, bevor unmittelbar vor dem Tod Julians der Betrug entdeckt wird5. In der Eutychianos-Passage wird dagegen die Stadt neben Ktesiphon lokalisiert6. Das ist eher ein gravierender Irrtum des Malalas selbst denn ein Beleg dafür, dass Eutychianos einen von Magnos völlig abweichenden Bericht bot. Die angeblich Eutychianos entnommenen Ausführungen über eine Traumvision Julians sowie die Darlegungen über den vorausgesagten Todesort, die dann wieder bei beiden Quellen zu finden sind, können mit Eigentümlichkeiten

1

2

FGrHist 226. Vgl. Janiszewski, Missing Link 130–32; Banchich, Eutychianos. Vgl. fr. 1,1 „Soldat und Vicarius seines eigenen Numerus der Primoarmeni-

aci“. 3

Magnos fr. 1,7–9 und Eutychianos fr. 1,1. Magnos fr.1,11 = Eutychianos fr. 1,2. 5 Magnos fr. 1,10 f. 6 Eutychianos fr. 1,2. Weiter unten berichtet Eutychianos, dass die Soldaten zum Zeitpunkt des Todes Julians angeblich bei Ktesiphon lagern. 4

(C 11) Eutychianos

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antiker Geschichtsschreibung gut erklärt werden, zumal sich inhaltliche Entsprechungen zu Ammian und zur profangeschichtlichen Quelle des Zonaras feststellen lassen1. Bei den Ausführungen, die der Darstellung des Todes Julians folgen (fr. 1,24,1–25,3), muss offenbleiben, wie weit Malalas hier noch Eutychianos verpflichtet ist. Die Erzählungen über den Regierungsantritt Jovians einerseits und über die Vision des Basileios andererseits sind beim Chronisten durch keine Zäsur abgetrennt. Beide Elemente könnten noch zu Eutychianos gehören. Die Nachrichten zum Regierungsantritt Jovians (fr. 1,24,1 f.) fügen sich dabei ganz zu den aus Ammian vertrauten Begebenheiten und sind daher auf jeden Fall zeitgenössisch. Einer späteren Erfindung verdankt dagegen die Erzählung ihre Existenz, in der Basileios eine Vision hat, in der der heilige Merkurios im Auftrag Gottes Julian beseitigt und anscheinend mit dem Gepanzerten im Bericht des Eutychianos identifiziert werden kann2. Es folgen anschließend erst Ausführungen, die auf jeden Fall nicht mehr zu Eutychianos gehören: Zunächst weist Malalas daraufhin, dass Eutrop abweichend berichtet habe3. Dann folgt eine Dublette zur Erhebung Jovians, die nicht zu den vorausgehenden Ausführungen aus Eutychianos passt4. Denn das eine Mal wird (aus Eutychianos) berichtet, er (Jovian) sei in Abwesenheit der Masse des Heers zum Kaiser erhoben, das andere Mal dagegen, ihm sei vom Gesamtheer das Diadem aufgesetzt worden5. Während man also nicht ausschließen kann, dass die Mercurius-Legende noch zum Eutychianos-Abschnitt gehört, markieren also spätestens der Hinweis auf Eutrop und der Alternativbericht zur Erhebung Jovians einen deutlichen Einschnitt. Es drängt sich der Verdacht auf, dass insbesondere die mit Ammian parallelen Passagen, die Malalas dem Eutychianos zuweist, genau der gleichen Quellenschicht entsprechen, die sonst dem „Magnos von Karrhai“ zugehört, 1

Vgl. Kommentar zu fr. 1. Büttner-Wobst, Tod des Kaisers Julian 564 Anm. 8 möchte den Zuschnitt des Eutychianos-Fragments begrenzen und nimmt an, es habe die Geschichte vom Traumorakel um Asia und von der Tötung des Kaisers durch Helios nicht mehr enthalten. Vgl. dagegen die eingehende Diskussion der Problematik bei Bleckmann, Reichskrise 388–92. 2 Eutychianos fr. 1,25. 3 Mal. 13,25. Diese Passagen sind nicht mehr in die hier vorgelegte Eutychianosausgabe aufgenommen worden. 4 Mal. 13,26. 5 Mal. 13,24 und 26.

Einleitung

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und dass nur einige legendarische und späte Elemente von dieser Quellenschicht zu trennen sind. Es ist nicht ausgeschlossen, dass es tatsächlich einen Autor und Zeitzeugen namens Eutychianos gegeben hat, der parallel neben Magnos zeitnah einen weiteren und oft inhaltlich ähnlichen Bericht zum Perserfeldzug Julians verfasste. Denn die Aussage, Eutychianos sei ein Teilnehmer des Feldzugs gewesen, findet man auch in der Patria Konstantinoupoleos1. Allerdings wird man damit rechnen müssen, dass Malalas mit Eutychianos nur einen weiteren Namen eines Feldzugteilnehmers nennen wollte, dass er aber den Inhalt seines Eutychianos-Referats teils dem Magnos (bzw. dem unter Magnos figurierenden Bericht), teils späterer legendarischer Tradition entnahm. Keine Anhänger hat heute, was Eutychianos betrifft, die These von Otto Seeck. Dieser ging davon aus, dass Ammian bis zum Kapitel 26,9 aus zwei Hauptquellen geschöpft hat, nämlich einem heidnischen Thukydideer einerseits, der nach Kriegssommern und Kriegswintern disponiert habe, und einem christlichen Annalisten andererseits, der nach Konsuljahren vorging und die Ereignisse im Osten in den Mittelpunkt stellte. Da dieser christliche Annalist von Seeck mit Eutychianos identifiziert wird, wären nach seiner These große Teile des ammianischen Berichts auf Eutychianos zurückzuführen2.

1 2

S. unten zu test. 2. Seeck, Chronologie und Quellenkritik, besonders 538 f. zu Eutychianos.

testimonia 1. vide fr. 1,23,1. 2. Ps.-Codin. patria Cpl. 1,58 (codd. ABCGJ cett.) ταῦτα ἐπράχθη τῷ δωδεκάτῳ ἔτει τῆϲ βαϲιλείαϲ τοῦ μεγάλου καὶ ἐν ἁγίοιϲ Κωνϲταντίνου ϲυμπραττόντων καὶ ϲυνευδοκούντων εἰϲ τὴν οἰκοδομὴν τῆϲ θεοφρουρήτου Κωνϲταντινουπόλεωϲ Εὐφρατᾶ τε … τοῦ παρακοιμωμένου καὶ Οὐρβικίου καὶ Ὀλυβρίου 5 πραιποϲίτου καὶ Ἰϲιδώρου καὶ Εὐϲτοργίου καὶ Μιχαὴλ πρωτοβεϲτιαρίου, ἀμφοτέρων πατρικίων, καὶ Ὁνωρηϲίου ἐπάρχου, καθὼϲ ἱϲτοροῦϲιν Εὐτυχιανὸϲ πρωτοαϲηκρήτηϲ, ὁ γραμματικόϲ, ὁ ϲυμπαρὼν τῷ παραβάτῃ Ἰουλιανῷ ἐν Περϲίδι, Εὐτρόπιόϲ τε ὁ ϲοφιϲτὴϲ καὶ ἐπιϲτολογράφοϲ Κωνϲταντίνου, Ἐλεύϲιόϲ τε διάκονοϲ ὁ 10 φιλόϲοφοϲ καὶ Τρωΐλοϲ ὁ ῥήτωρ ὁ πολλὰϲ ἀρχὰϲ διανύϲαϲ μετὰ δόξηϲ καὶ Ἡϲύχιοϲ ὁ ταχυγράφοϲ – οὗτοι πάντεϲ αὐτόπται καὶ θεαταὶ γενόμενοι τῶν τηνικαῦτα πραχθέντων ἀκριβῶϲ. 3 sq. Εὐφρατᾶ C : εὐφρανᾶ Aa.c. : εὐφρατίου JG : εὐφράτου G : εὐφραάτη Ap.c. 5 πραιποϲίτου Aa.c. : πραιποϲτιου J : τοῦ πραιποϲίτου C : πραιποϲίτων Ap.c.G 6 Ὁνωρηϲίου Preger : ὀνοριϲίου J : ὀναρηϲίου G : ὡνοριϲίου B : ὁνοταριϲίου A : προτοναρίου καὶ ἐπάρχου τοῦ ὀνταρίου C : Ὁνωράτου Lambecius 7 sq. ὁ2 – Περϲίδι post ϲοφιϲτὴϲ (v. 9) transpos. BG 12 γεγόναϲι AC | post ἀκριβῶϲ add. ταυτὶ ϲυνεγράψαντο G

**3. Liban. ep. 1302,2 Εὐτυχιανὸϲ δὲ κἂν ἄλλοϲ τιϲ εἰϲ οὐρανὸν τοξεύῃ, γελᾶν ἀξιῶ τὸν οὐ βαλλόμενον Δία.

fragmentum

1 (1) Joh. Mal. 13,23–25 p. 256 sq. Thurn (cod. O Sl Chron. Pasch.) 23. (1) Εὐτυχιανὸϲ δὲ ὁ χρονογράφοϲ ὁ Καππάδοξ, ϲτρατιώτηϲ ὢν καὶ βικάριοϲ τοῦ ἰδίου ἀριθμοῦ τῶν Πριμοαρμενιακῶν, παρὼν καὶ αὐτὸϲ ἐν τῷ πολέμῳ, ϲυνεγράψατο, ὅτι κατελθὼν ὁ αὐτὸϲ βα1 ϲτρατηγόϲ Sl 2 Ἀρμενιακῶν Sl

Zeugnisse 1. Siehe fr. 1,23,1. 2. Patria Konstantinupoleos 1,58 Das wurde im zwölften Jahr der Kaiserherrschaft des Großen und zu den Heiligen gehörenden Konstantin ausgerichtet, wobei bei der Errichtung der gottbefestigten Stadt Konstantinopel kooperierten und gemeinsam billigten … Euphratas, der Parakoimomenos, Urbicius, Olybrios, der Praepositus, Isidor, Eustorgios, Michael, der Protobestiarios, beide Patrizier, und der Eparch Honoresius, wie der Protoasekretis Eutychianos, der Grammatiker war und der den Apostaten Julian in Persien begleitete, der Sophist und Epistolograph Konstantins Eutropius, der Diakon Eleusios, der Philosoph, und der Rhetor Troilos, der viele Ämter ruhmreich verwaltete, und Hesychios der Tachygraph erzählen – diese alle waren gewissenhafte Augenzeugen und Betrachter der damals ausgeführten Dinge.

**3. Libanios, Brief 1302,2 Wenn aber Eutychianos oder irgendein anderer einen Pfeil in den Himmel schießt, denke ich, dass der nicht getroffene Zeus lacht.

Fragment

1 (1) Johannes Malalas 13,23–25 23. (1) Eutychianos, der Chronograph aus Kappadokien, Soldat und Vicarius seines Numerus der Primoarmeniaci, der ebenfalls am Krieg teilnahm, hat geschrieben, dass der besagte Kaiser Julian über den Eu-

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(C 11) Eutychianos

ϲιλεὺϲ ᾽Ιουλιανὸϲ μονὰϲ ιε´ ἐπὶ τὰ Περϲικὰ μέρη διὰ τοῦ Εὐφράτου εἰϲῆλθεν καὶ ἐπικρατὴϲ γενόμενοϲ καὶ νικήϲαϲ πάνταϲ παρέλαβεν ἕωϲ πόλεωϲ λεγομένηϲ Κτηϲιφῶντοϲ, ἔνθα ὁ βαϲιλεὺϲ Περϲῶν ἐκάθητο, ἐκείνου φυγόντοϲ ἐπὶ τὰ μέρη τῶν Περϲαρμενίων, καὶ βουλομένου (sc. Iuliani) μετὰ τῆϲ ἰδίαϲ ϲυγκλήτου καὶ τοῦ ϲτρατοῦ αὐτοῦ ἄχρι τῆϲ Βαβυλῶνοϲ τῇ ἑξῆϲ ὁρμῆϲαι καὶ ταύτην παραλαβεῖν διὰ τῆϲ νυκτόϲ. (2) καὶ ὡϲ καθεύδει, εἶδεν ἐν ὁράματί τινα τέλειον ἄνδρα ἐνδεδυμένον ζάβαν καὶ εἰϲελθόντα πρὸϲ αὐτὸν εἰϲ τὸν παπυλεῶνα αὐτοῦ πληϲίον τῆϲ πόλεωϲ Κτηϲιφῶντοϲ ἐν πόλει λεγομένῃ ᾽Αϲίᾳ καὶ κρούϲαντα αὐτὸν λόγχῃ· καὶ πτοηθεὶϲ ἐξυπνίϲθη κράξαϲ. καὶ ἐξανέϲτηϲαν οἱ κουβικουλάριοι εὐνοῦχοι καὶ ϲπαθάριοι καὶ ὁ ϲτρατὸϲ ὁ φυλάττων τὸν παπυλεῶνα· καὶ εἰϲελθόντεϲ πρὸϲ αὐτὸν μετὰ λαμπάδων βαϲιλικῶν. (3) καὶ προϲεϲχηκὼϲ ᾽Ιουλιανὸϲ ὁ βαϲιλεὺϲ ἑαυτὸν ϲφαγέντα κατὰ τῆϲ μαϲχάληϲ ἐπηρώτηϲεν αὐτούϲ· „πῶϲ λέγεται ἡ κώμη, ὅπου ἐϲτὶν ὁ παπυλεών μου“; καὶ εἶπον αὐτῷ ὅτι· „᾽Αϲία λέγεται“. καὶ εὐθέωϲ ἔκραξεν· „ὦ ῞Ηλιε, ἀπώλεϲαϲ ᾽Ιουλιανόν“. καὶ ἐκχυθεὶϲ τὸ αἷμα παρέδωκε τὴν ψυχὴν ὥραν νυκτερινὴν πέμπτην ἔτουϲ κατὰ ᾽Αντιόχειαν τὴν μεγάλην χρηματίζοντοϲ υιαʹ. 24. (1) καὶ εὐθέωϲ ὁ ϲτρατὸϲ πρὸ τοῦ γνῶναι τοὺϲ πολεμίουϲ Πέρϲαϲ ἀπῆλθον εἰϲ τὸν παπυλεῶνα Ἰοβιανοῦ κόμητοϲ τῶν δομεϲτικῶν καὶ ϲτρατηλάτου τὴν ἀξίαν ἔχοντοϲ· καὶ ἀγνοοῦντα ἤγαγον αὐτὸν εἰϲ τὸν βαϲιλικὸν παπυλεῶνα ὡϲ δῆθεν τοῦ βαϲιλέωϲ ᾽Ιουλιανοῦ ζητήϲαντοϲ αὐτόν. (2) καὶ ὅτε εἰϲῆλθον εἰϲ τὸν παπυλεῶνα, ϲυϲχόντεϲ αὐτὸν ἀνηγόρευϲαν βαϲιλέα τῇ κζʹ τοῦ Δαιϲίου τοῦ καὶ Ἰουνίου μηνόϲ, πρὸ τοῦ διαφαύϲει. τὸ δὲ πλῆθοϲ τοῦ ϲτρατοῦ τὸ ἐπὶ Κτηϲιφῶντα καὶ {τὸ} ἀπὸ πολλοῦ διαϲτήματοϲ ἀπληκεῦον οὐκ ἔγνω τὰ ϲυμβάντα ἕωϲ ἀνατολῆϲ ἡλίου ὡϲ ἀπὸ διαϲτήματοϲ ὄντεϲ. ἐτελεύτα οὖν ὁ αὐτὸϲ Ἰουλιανὸϲ βαϲιλεὺϲ ὢν ἐνιαυτῶν λγʹ. 7 sq. ante βουλομένου exspectaveris e. g. ᾽Ιουλιανοῦ 13 ᾽Αϲίᾳ Chilmead : Ἀϲϲία Ο : Ῥαϲίᾳ Chron. Pasch. 551,3 : om. Sl 17 sq. ἐπερώτηϲεν Ο : corr. Dindorf 21 post πέμπτην add. μηνί ... δαιϲίῳ πρὸϲ ϛʹ καλανδῶν Chron. Pasch. 551,18 25 ἀγνοοῦντα Ο : καὶ ἀγνοοῦντοϲ αὐτοῦ τὰ τῆϲ τελευτῆϲ ᾽Ιουλιανοῦ Chron. Pasch. 551,14 f. 28 sq. τῇ – μηνόϲ Ο : μηνὶ τῷ αὐτῷ δαιϲίῳ πρὸ ϛʹ καλανδῶν ἰουλίων Chron. Pasch. 551,18 29 διαφαύϲει Ο : διαφαύϲῃ Wolf et Helms : διαφαῦϲαι Chilmead : διαφαύϲειν Weierholt 30 τὸ2 del. Jeffreys 33 λγʹ Ο : λζʹ Sl Chron. Pasch. 551,21 : λαʹ Chilmead

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phrat 15 Tagesreisen weit in die persischen Gebiete eindrang, die Oberhand gewann, alle besiegte und das Gebiet bis zur Ktesiphon genannten Stadt einnahm, wo der König der Perser residierte; da jener aber in die Gebiete der Persarmenier geflohen war, wollte er (d. h. Julian) mit seinem Senat und seinem Heer am nächsten Tag bis nach Babylon marschieren und dieses nachts einnehmen. (2) Und als er schlief, sah er im Traum, wie ein Mann in der Blüte seiner Jahre, der mit einem Panzer bekleidet war, zu ihm in das Zelt kam neben der Stadt Ktesiphon, in einer Stadt, die Asia heißt, und ihn mit einer Lanze traf. Und geängstigt, erwachte er schreiend. Und es erhoben sich die Kubikularier-Eunuchen, die Spatharii und das Herr, das das Zelt bewachte. Und sie gingen zu ihm mit Kaiserfackeln hinein. (3) Und als der Kaiser Julian bemerkte, dass er tödlich verletzt war an der Achselhöhle, da fragte er sie: „Wie heißt das Dorf, wo mein Zelt steht?“ Und sie antworteten ihm: „Es heißt Asia“. Und sofort schrie er auf: „Helios, du hast den Julian zugrunde gerichtet“. Und er vergoss sein Blut und gab den Lebensgeist auf, in der fünften Stunde der Nacht im 411. Jahr der Ära von Antiochia dem Großen. 24. (1) Das Heer ging sofort, bevor die feindlichen Perser es erfuhren, in das Zelt des Jovian, der die Würde eines comes domesticorum und eines Generals hatte. Und den Ahnungslosen führten sie in das Kaiserzelt, gerade als ob der Kaiser Julian nach ihm gesucht hätte. (2) Als sie in das Zelt hineintraten, hielten sie ihn fest und riefen ihn zum Kaiser aus, am 27. des Monats Daisios, des Juni, bevor der Morgen dämmerte. Die Masse der Soldaten, die in Ktesiphon und in großer Distanz lagerte, erfuhr nichts von den Ereignissen, bis zum Aufgang der Sonne, da sie ja weit entfernt waren. Somit verstarb der besagte Kaiser Julian im Alter von 33 Jahren.

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(C 11) Eutychianos

25. (1) ἐν αὐτῇ δὲ τῇ νυκτὶ εἶδεν ἐν ὁράματι καὶ ὁ ὁϲιώτατοϲ ἐπίϲκοποϲ Βαϲίλειοϲ ὁ Καιϲαρείαϲ Καππαδοκίαϲ τοὺϲ οὐρανοὺϲ ἠνεῳγμένουϲ καὶ τὸν ϲωτῆρα Χριϲτὸν ἐπὶ θρόνου καθήμενον καὶ εἰπόντα κραυγῇ· „Μερκούριε, ἀπελθὼν φόνευϲον Ἰουλιανὸν τὸν βαϲιλέα τὸν κατὰ τῶν χριϲτιανῶν.“ ὁ δὲ ἅγιοϲ Μερκούριοϲ ἑϲτὼϲ ἔμπροϲθεν τοῦ κυρίου ἐφόρει θώρακα ϲιδηροῦν ἀποϲτίλβοντα· καὶ ἀκούϲαϲ τὴν κέλευϲιν ἀφανὴϲ ἐγένετο. καὶ πάλιν εὑρέθη ἑϲτὼϲ ἔμπροϲθεν τοῦ θρόνου τοῦ κυρίου καὶ ἔκραξεν· „Ἰουλιανὸϲ ὁ βαϲιλεὺϲ ϲφαγεὶϲ ἀπέθανεν, ὡϲ ἐκέλευϲαϲ, κύριε.“ (2) καὶ πτοηθεὶϲ ἐκ τῆϲ κραυγῆϲ ὁ ἐπίϲκοποϲ Βαϲίλειοϲ διυπνίϲθη τεταραγμένοϲ. ἐτίμα γὰρ αὐτὸν Ἰουλιανὸϲ ὁ βαϲιλεὺϲ καὶ ὡϲ ἐλλόγιμον καὶ ὡϲ ϲυμπράκτορα αὐτοῦ καὶ ἔγραφεν αὐτῷ ϲυχνῶϲ. καὶ κατελθὼν ὁ ἅγιοϲ Βαϲίλειοϲ διὰ τὰ ἑωθινὰ εἰϲ τὴν ἐκκληϲίαν, καλέϲαϲ πάντα τὸν κλῆρον αὐτοῦ εἶπεν αὐτοῖϲ τὸ τοῦ ὁράματοϲ μυϲτήριον καὶ ὅτι ἐϲφάγη Ἰουλιανὸϲ ὁ βαϲιλεὺϲ καὶ τελευτᾷ ἐν τῇ νυκτὶ ταύτῃ. (3) καὶ πάντεϲ παρεκάλουν αὐτὸν ϲιγᾶν καὶ μηδενὶ λέγειν τι τοιοῦτον. ὁ δὲ ϲοφώτατοϲ Εὐτρόπιοϲ ὁ χρονογράφοϲ ἔν τιϲι τούτων οὐχ ὡμοφώνηϲεν ἐν τῇ αὐτοῦ ϲυγγραφῇ. 40 post ἀφανὴϲ add. εὐθὺϲ Sl 41 τοῦ1 – κυρίου Thurn ex Chron. Pasch. 552,7 : τοῦ κυρίου Ο : τοῦ Χριϲτοῦ θρόνου Sl

fragmentum

331

25. (1) Gerade in dieser Nacht erblickte auch der heiligste Bischof von Kaisareia in Kappodokien Basileios in einer Vision, dass die Himmel sich öffneten und der Heiland Christus auf dem Thron saß und laut rief: „Merkurios, geh und töte den Kaiser Julian, den Feind der Christen.“ Der heilige Merkurios aber stand vor dem Herrn und trug einen glänzenden eisernen Panzer; und sowie er den Befehl vernommen hatte, verschwand er. Und er fand er sich wieder ein vor dem Thron des Herrn stehend und rief laut: „Der Kaiser Julian wurde niedergehauen und starb, wie du es, Herr befohlen hast.“ (2) Vom lauten Ruf erschrocken, erwachte der Bischof Basileios verwirrt. Der Kaiser Julian ehrte ihn nämlich, weil er berühmt und sein Gefährte war, und schrieb ihm häufig. Und als der heilige Basileios wegen der Morgenliturgie in die Kirche zu -rückkehrte, rief er seinen ganzen Klerus zusammen und erzählte ihnen vom Geheimnis der Vision und dass der Kaiser Julian niedergemetzelt wurde und dass er in dieser Nacht verstorben war. (3) Und alle forderten ihn auf, zu schweigen und niemandem etwas von dieser Art zu erzählen. Der überaus gelehrte Eutrop, der Chronograph, stimmt in seinem Werk mit einigen von diesen Dingen nicht überein.

Kommentar Zu Eutychianos vgl. FgrHist 226; Janiszewski, Missing Link 130–32; Banchich, Eutychianos. test. **2 Dieses zusätzliche von Jacoby und anderen nicht berücksichtigte bzw. verworfene Testimonium, in dem Eutychianos in einer Serie von zahlreichen Autoren zur Epoche Konstantins begegnet, wird von Janiszewski, Missing Link 265–81 ausführlich diskutiert. Jacoby hatte die Identität des Eutychianos in der Patria Konstantinupoleos mit der bei Malalas erwähnten Person in Abrede gestellt, vgl. Kommentar zu FGrHist 226 sowie O. Seeck / F. Jacoby, Art. Eutychianos 4, RE 6, 1907, 1531. S. auch PLRE I, Eutychianos 2 und 3. Zum „caractère légendaire“ der Liste der ersten Senatoren, die angeblich Konstantin aus Rom folgen, vgl. Dagron, Naissance d’une capitale, 122 sowie 36 mit Anm. 1. Für die Identifizierung spricht, dass Eutychianos sowohl in der Patria Konstantinupoleos als auch bei Malalas den Kaiser Julian beim Perserfeldzug begleitet. Dass es zwei gleichnamige Begleiter des Kaisers gegeben haben soll, ist unwahrscheinlich. [B. B.] γενόμενοι Die Tatsache, dass dieser Nachsatz, hier als Apposition zur davorstehenden Aufzählung, anstelle einer finiten Verbform das Partizip γενόμενοι aufweist, ist ein Phänomen, das sich nicht auf das Spätgriechische beschränkt, sondern zu allen Zeiten vorkommt (das Partizip ist jeweils eine Erweiterung des gleichen oder eines benachbarten Satzes), vgl. K.-G. 2,100 und Schwyzer 2,406 f. Daher ist es nicht nötig, wie A und C das Vollverb γεγόναϲι zu schreiben. ἀκριβῶϲ Das Adverb ἀκριβῶϲ an letzter Stelle passt besser zu αὐτόπται καὶ θεαταὶ γενόμενοι als zum unmittelbar davorstehenden πραχθέντων, da es ja nicht darum geht, dass die Handlungen genau ausgeführt worden sind, sondern dass die Augenzeugen das Geschehen exakt beobachtet haben. Das Adverb beschreibt also die αὐτόπται καὶ θεαταὶ, vgl. K.-G. 1,609, während γενόμενοι die Kopula bildet. Im übrigen gibt es für die Verbindung von ἀκριβῶϲ und πράττειν keine Parallelen (auch in Cass. Dio 78,27,3 οὐ μέντοι καὶ πάντα τὰ πραχθέντα αὐτοῖϲ ἀκριβῶϲ ὁ Μακρῖνοϲ τῇ βουλῇ ἐπέϲτειλεν bezieht sich das Adverb auf das Prädikat). Ein Indiz für die Schwierigkeit dieses Satzes bieten aber die überlieferten Varianten.

Kommentar

333

γεγόναϲι von A und C ist bereits erwähnt worden, dagegen ergänzt G am Schluß ταυτὶ ϲυνεγράψαντο, zu dem das Adverb ἀκριβῶϲ gut passt. Parakoimomenos Nachfolger des praepositus sacri cubiculi, vgl. ODB 3, 1584. Protoasekretis Zu diesem Amt der byzantinischen Epoche ODB 3, 1742. Wenn man nach einer spätantiken Analogie sucht, kann nur ein Notariat oder ein ähnliches Amt in der Zivilverwaltung gemeint sein. Das passt zum Hinweis auf die Charakterisierung des Eutychianos als professionellen Literaten (Grammatikos). Eutychianos ist aber nach Malalas ein Soldat gewesen. test. **3 Vgl. zu diesem möglichen Testimonium Seeck, Briefe des Libanius, 154. Banchich, Eutychianos bringt das Testimonium ohne Diskussion oder Übersetzung. Εὐτυχιανὸϲ δὲ κἂν ἄλλοϲ τιϲ Die Wortstellung dieses Satzes überrascht, da der Name Εὐτυχιανὸϲ emphatisch an der Satzspitze und κἂν nur einmal steht. Es ist wohl eine Verkürzung für ἐὰν δὲ Εὐτυχιανὸϲ καὶ ἄλλοϲ τιϲ. Vielleicht handelt es sich hier um Wortspiel des Libanios mit dem Namen des Εὐτυχιανόϲ (Hinweis von G. Martin), der für ein bestimmtes Verhalten (z. B. Übereifer) verwendet wird oder der als sprechend („der gut zielt bzw. trifft“) aufgefasst und attributiv mit κἂν ἄλλοϲ τιϲ verbunden wird. Die Redensart steht sprichwörtlich für den Versuch, etwas Unmögliches zu tun, vgl. Plut. prov. 6 εἰϲ οὐρανὸν τοξεύειϲ. Offenbar spielt Libanios in diesen Brief auf etwas an, das er und Ulpian, der Empfänger seines Briefs, kannten, das für uns aber nicht mehr verständlich ist. fr. 1 23. (1) καὶ βουλομένου Eigentlich müsste sich der absolute Genetiv analog zum vorangehenden ἐκείνου φυγόντοϲ auf den Perserkönig beziehen, was aber keinen Sinn ergibt. Es ist Julian, der der nun Subjekt ist. Der Nominativ βουλόμενοϲ, der sich auf das Subjekt des vorangehenden Hauptsatzs bezieht, macht das Verständnis des Satzes nicht wirklich besser, da παρέλαβεν ziemlich weit weg ist. Auch wenn bei Malalas sehr harte Wechsel in der Konstruktion auftreten (vgl. bei Magnos KFHist C 10 fr. 2,2

334

(C 11) Eutychianos

ἀφορίϲαϲ und καὶ παραϲχόντοϲ mit Komm.), hat dieser Fall keine wirkliche Parallele. Wahrscheinlich ist beim Prozess des Kürzens etwas ausgefallen, vielleicht bloß der Name ᾽Ιουλιανοῦ. Primoarmeniaci legio prima Armeniaca, dazu W. Kubitschek, Art. Legio, RE 12, 1925, 1405. Die Secundoarmeniaci (mit der pseudocomitatensischen Legion in Not. Dign. or. 7, 50 identisch: Müller, Militaria 577) „gehörten zur Besatzung von Bezabde und wurden bei der Eroberung der Stadt gefangen fortgeführt“ (vgl. Amm. 20,7,1): Seeck, Zur Chronologie und Quellenkritik des Ammianus Marcellinus, 539 f. Seeck äußert die Annahme, Eutychianos habe ursprünglich zu den Secundoarmeniaci gehört, sei mit diesen von den Persern verschleppt und anschließend nach der Rückkehr aus Persien der „Schwestertruppe“, also den Primoarmeniaci, zugeteilt worden. mit seinem eigenen Senat Gemeint sind hier die Würdenträger der unmittelbaren Umgebung Julians wie z. B. Secundus Salutius, nicht aber der Senat. bis nach Babylon Zu „Babylon“ s. die Parallele in der Darstellung des Magnos von Karrhai (fr. 1,8) mit Kommentar. (2) Stadt, die Asia heißt Zum Asia-Orakel s. den Kommentar zu Magnos von Karrhai (fr. 1,11). mit Kaiserfackeln hinein Gemeint sind die Fackeln, die im Zeremoniell dem Kaiser vorangetragen wurden, vgl. A. Alföldi, Die Monarchische Repräsentation im Römischen Kaiserreich, Darmstadt 1970, 113–18. (3) an der Achselhöhle Für die Verletzung Julians gibt es zwei Varianten, eine ehrenhafte, nämlich diejenige Ammians (Verletzung im Brustbereich), und eine polemische, in der die Verletzung im Unterleibsbereich mit skatologischen Details beschrieben wird, die allerdings auf einen authentischen zeitgenössischen Bericht zurückgeht, vgl. Rufius Festus, Breviarium 28,3; genaue Ausführungen in meinem Kommentar zu Philostorg (KFHist E 5) 7,15,2. Malalas bietet nicht die christlich-polemische, sondern die ehrenhafte Variante: Der Speer tritt wie bei Ammian im Oberarm-Achselbereich in die Brust. Vgl. dazu Liban. or. 18,268, bei dem ebenfalls die Lanze „durch den Arm in die Seite dringt“. Es heißt Asia Den Boeft u.a. Commentary on Ammianus XXV 76 vergleichen dieses Orakel mit dem Orakel über den Todesort des Kambyses bei Herodot 3,64,3–5. Auch sonst ist der Bericht mit herodoteischen Bezügen (Zopyros) angereichert.

Kommentar

335

Ära von Antiochia dem Großen Hier lässt Jacoby, FGrHist 226 fr. 1 enden. Malalas selbst scheint einen Quellenwechsel erst mit der Erwähnung des Eutropios festzuhalten. 24. (1) Würde eines comes domesticorum und eines Generals Jovianus (PLRE I, Iovianus 3) war nicht comes domesticorum, sondern diente unter den domestici und war primicerius domesticorum. Vgl. Amm. 25,5,4: Iovianus eligitur imperator, domesticorum ordinis primus. Der Hinweis auf den Rang als comes domesticorum und damit als wichtiger General passt also nicht zu Iovianus selbst, wohl aber zu dessen Vater Varronianus (PRLE 1, Varronianus 1). Im Zusammenhang mit der Erhebung Iovians zum Augustus wird wiederholt auf die Position des prominenten Vaters hingewiesen. Das dürfte auch in der Vorlage des Malalas (Eutychianos?) der Fall gewesen sein. Die Behauptung des Malalas, Jovianus sei Feldherr gewesen, kann aus einem Missverständnis der Imperator-Erhebung erklärt werden oder ist ein Versuch zu bestimmen, was ein comes domesticorum war. Zum 27. Juni, vgl. Amm. 25,5,1: principio lucis secutae, qua erat quintum kalendas Iulias (..) collecti duces exercitus advocatisque legionum principiis et turmarum super creando principe consultabant. Es sind also Feldherren und Offiziere der einzelnen Truppenabteilungen, die über die Kaiserwahl beraten, während Malalas zwar vom Heer spricht, es sich aber auch hier nur um wenige Militärpersonen handeln kann, weil sie Jovian in seinem Zelt aufsuchen und ihn dann im Kaiserzelt umringen. Kaiserzelt … nach ihm gesucht hätte In Berichten über die Erhebung Jovians spielte der Umstand, dass die ersten Anfänge in der Verborgenheit eines Zeltes stattfanden und dass Jovian aus dem Zelt herausgeführt wird, offenkundig eine gewisse Rolle. Vgl. Amm. 25,5,5 : et confestim indumentis circumdatus principalibus subitoque productus e tabernaculo per agmina iam discurrebat proficisci parantia. Die Idee, dass Julian selbst den Jovian eingesetzt hat, findet sich auch bei Johannes Lydus, De Mensibus (vgl. C 8, test. 9). (3) πρὸ τοῦ διαφαύϲει Zu den Eigenheiten von Malalas’ Sprachgebrauch gehört, dass nach πρὸ τοῦ bisweilen anstelle des Infinitivs eine finite Verbform folgen kann, vgl. auch 4,10 πρὸ τοῦ ἄρχεται (p. 56,33 Thurn) und den Philologisch-historischen Kommentar des Malalas 18, 37/5 (https://malalas.hadw-bw.de/kommentar/18/35#K000559). Aus diesem Grund braucht man den Text nicht zu verbessern. Zum seltenen διαφαύω (ebenso in Malalas 13,36 p. 291,72 Thurn) anstelle von διαφαύϲκω, vgl. Lampe s. v. Merkwürdig ist allerdings, dass Malalas hier das sonst nur selten

336

(C 11) Eutychianos

gebrauchte Futur (vgl. dazu Thurn, Malalas 511) hat (vielleicht analog zum Gebrauch von πρίν in Mal. 5,14 p. 84,92–97 Thurn πρὶν … δόξομεν [δόξωμεν Chilmead] … ἀποδώϲομεν [ἀποδώϲωμεν Chilmead], vgl. auch den Apparat zur Stelle in Thurns Ausgabe). λγ´ Die Angabe, dass Julian mit 33 Jahren starb, stammt aus O, während sowohl die slawische Übersetzung als auch das Chronicon Paschale die Zahl 37 schreiben. Möglicherweise war jene die ursprüngliche Angabe des Malalas, die später von O korrigiert worden ist. weit entfernt waren Die übrige Menge des Heers nimmt die Erhebung Jovians nicht wahr, vgl. das von Ammianus Marcellinus 25,5,6 beschriebene Missverständnis : et quoniam acies ad usque lapidem quartum porrigebatur, antesignani clamare quosdam Iovianum audientes nominis, quod una littera discernebat, Iulianum recreatum arbitrati sunt deduci magnis favoribus, ut solebat. Verum cum incurvus ille visus est longior adventaret, suspicati, quod acciderat, in lacrimas effusi sunt omnes et luctum. Malalas oder seine Zwischenquelle hat eine Nachricht dieser Art missverstanden und angenommen, dass das Hauptheer sich noch in Ktesiphon befunden habe. Das Datum der Ausrufung Jovians (27. Juni) setzt die Chronologie in den dem Magnos zugewiesenen Abschnitt (Tod Julians am 26. Juni) fort, s. o. C 10, fr. 1,12. im Alter von 33 Jahren Vgl. Kienast, 309: Geburt Mai/Juni 331. Julian stand also in Wirklichkeit im 33. Lebensjahr. 25. Eine eindeutige Umgrenzung der zeitgenössischen Partien des aus Eutychianos entnommenen Abschnitts ist nicht möglich, s. zum Problem die Einleitung zu C 11. Der Gepanzerte, der in der Traumerscheinung Julians auftritt, und zwar in einem Abschnitt, der noch eindeutig dem Eutychianos zugewiesen ist, scheint mit dem heiligen Merkurios identisch zu sein. Die Merkurios-Legende kann aber freilich kaum in einer Erzählung eines Augenzeugen und Kriegsteilnehmers enthalten gewesen sein. Aus diesem Grund scheint es angemessen, das Stück über Merkurios für eine assoziativ hinzugefügte, aus einer christlichen Quelle oder aus mündlicher Tradition geschöpfte Passage zu halten und es nicht der ursprünglichen Version des Eutychianos zuzuwiesen. Schließt man dagegen diese Erzählung ein, müsste man in Eutychianos nicht einen Zeitzeugen, sondern einen späten Legendenerzähler sehen. So z. B. E. Patzig, Rezension H. Bourier, Über die Quellen der ersten vierzehn Bücher des Johannes Malalas. Erster Teil. Diss München 1898, ByzZ 10 (1901) 255–62, hier 261. Dazu Bleckmann, Reichskrise 390, Anm. 250. [B. B.]

Kommentar

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(3) weise Chronograph Eutropius Der Hinweis auf Eutrop markiert einen Quellenwechsel und das Ende der „Benutzung“ des Eutychianos. Gemeint ist anscheinend Eutr. 10,16,2.

(C 12) Philagrios

Einleitung Der aus der antiochenischen Elite stammende Philagrios1 ist in der Hauptsache durch die Schriften des Libanios bekannt, mit dem er eng befreundet war2. Im Unterschied zu Libanios machte er eine Karriere im Reichsdienst. Er war am Hofe des Caesar Julian in Gallien notarius und empfing in dieser Zeit ein Empfehlungsschreiben des Libanios für einen agens in rebus Dionysios3. Als Julian sich gegen Constantius II. erhoben hatte, betraute er den Philagrios als notarius mit heiklen Missionen. Ammian schildert ausführlich dessen Rolle bei der Gefangennahme des Vadomar4. Es ist mit einiger Plausibilität vermutet worden, dass während der Usurpation Julians auch eine weitere ebenso schwierige Mission von Philagrios ausgeführt wurde5. Später begleitete Philagrios den Julian in den Perserfeldzug6. Dieses vielfach dokumentierte enge Verhältnis zu Julian hinderte Philagrios aber offenkundig nicht daran, unter Theodosius I. weiter Karriere zu machen. 382 war er comes Orientis7, wo er im Konflikt zwischen Stadtbevölkerung und den Bäckern von Antiocheia eine besonders prominente

1

Zu Philagrios als Autor vgl. Janiszewski, Missing Link 121–23. PLRE I, Philagrios, 2; Seeck, Briefe des Libanius 237; W. Kuhoff, Studien zur zivilen senatorischen Laufbahn im 4. Jahrhundert n. Chr. Ämter und Amtsinhaber in Clarissimat und Spektabilität, Frankfurt 1983, 145–47; 381, Nr. 120; Petit, Les fonctionnaires 197 f., Nr. 235; Wintjes, Das Leben des Libanios 203 f.; Janiszewski, Philagrios, in: Janiszewski u. a. (Hgg.), Prosopography 288 (Nr. 819). 3 Vgl. zu Liban. ep. 608 (Empfehlungsschreiben für Dionysios) PLRE I, Dionysius 4; Petit, Les fonctionnaires 197 f. 4 Die Episode gehört in die Zeit der Erhebung Julians gegen Constantius II. Vadomar verstand sich als loyaler Gefolgsmann des Constantius II. In der julianischen Sicht hetzte dagegen Constantius II. den germanischen Reichsfeind Vadomar auf Julian, um diesen in Gallien zu binden: Iul. imp. ep. ad Ath. 286 a; 287 c.; Amm. 21,3,4–5; Liban. or. 18,107 f.). Vgl. hierzu E.-M. Seiler, Konstantios II. bei Libanios. Eine kritische Untersuchung des überlieferten Herrscherbildes, Frankfurt 1998, 103–105; Drinkwater, Alamanni 255–59. 5 Der in 20,9,9 genannte notarius, der nach Bononia geschickt wird, um darauf zu achten, dass niemand nach Britannien gelangt, könnte Philagrios gewesen sein, vgl. zu dieser Idee von Szidat auch Den Boeft u. a., Commentary on Ammianus XXI 43. 6 S. unten zu test. 1. 7 Vgl. Cod. Theod. 8,5,41. Vgl. Cod. Iust. 12,0,10. 2

Einleitung

341

Rolle spielte1 und überhaupt durch vorbildliche und bescheidene Amtsführung glänzte2. Am Ende seines Lebens war er möglicherweise patricius3. Seine familiären Verbindungen reichten anscheinend bis in die senatorische Oberschicht der westlichen Reichshälfte, wenn er wirklich – wofür einiges spricht – zu den Ahnen des Kaisers Avitus gehörte4, aber auch mit dem Kon-

1

H. U. Wiemer, Der Sophist Libanios und die Bäcker von Antiocheia, Athenaeum 84 (1996) 527–48; Petit, Les fonctionnaires, 198. Vgl. vor allem Liban. or. 1,206 (Übersetzung Wolf): „Philagrios, ein Mann von hohem Ansehen, der das höhere Amt damals bekleidete, konnte die Lage nicht verbessern, wenn er sie nicht verschlimmerte, war er zufrieden.“ Zum Verlauf s. Liban. or. 1,206–11; 29,6 und 34,4. Vgl. weiter Liban. ep. 608; 916; 985; 1079. 2 Liban. or. 41,18: „Du kennst jenen Philagrios, der Statthalter war, der jenen großen Winter ertrug und ihm entkommen war? Dieser kam einstmals in das Theater und betrachtete das, was gezeigt wurde, in tiefem Schweigen und, als er es für sich wahrgenommen hatte, ging er weg und von den Gut Gesonnenen wurde er gelobt. Indem er nämlich zuhörte, tat er so, als bestünde jener frühere Zustand, als der Statthalter herrschte, der Untertan beherrscht wurde, als das Gute blühte, das Schlechte aber vertrieben wurde. Folglich ist es für ihn der beste Ruhm, dass das Herrschen so ist. Und als er zum erstenmal herankam, da gingen ihm einige entgegen, gemeinsam mit einem Lied, das etwas von ihm sagte. Als sie den Anfang dieses Lieds aufsagten, da wurden sie zum Schweigen gebracht, indem jener sagte, dass es in keiner Hinsicht eines solchen Unsinns bedürfe.“ Vgl. Petit, Les fonctionnaires 198: „P. sut resister à la passion fervente de la clique du théâtre et fut loué par les gens du bon sens.“ 3 Sidon. carm. 7, 156 f.: gentisque suae (des Avitus) te teste, Philagri, patricius resplendet apex. Sidon. ep. 2,3,1 4 S. die vorangehende Anm. Vgl. ferner zur Bibliothek Sidon. carm. 24, 90–94: hinc ad consulis ampla tecta Magni/ Felicemque tuum veni, libelle,/ et te bybliotheca qua paterna est,/ qualis nec tetrici fuit Philagri,/admitti faciet Probus probatum. („Von dort gelangte ich zum weiten Haus des Consuls Magnus und zu deinem Felix, oh Buch. Und wo die väterliche Bibliothek ist, von einer Art, wie sie nicht einmal diejenige des sittenstrengen Philagrios war, wird Probus dich, nachdem du vorbereitet worden bist, aufnehmen.“) Sidonius Apollinaris imaginiert die Reise eines von ihm verfassten Büchleins zu verschiedenen mit Bibliotheken ausgestatteten Landsitzen seiner Verwandten und Freunde. In welcher Beziehung Philagrios zum Konsul Magnus Felix steht, ist hier zwar nicht zu erkennen, doch s. Sidon. ep. 2,3,1. Deutlich ist jedenfalls, dass dieser Philagrios auf der einen Seite sehr belesen und gebildet (bzw. im Besitz einer Bibliothek), dass er aber auf der anderen Seite besonders sittenstreng ist. Beides passt zu der Persönlichkeit, wie man sie von Zeitgenossen kennt. Die Identifizierung mit dem bekannten Philagrios liegt also nahe. Petit, Les fonctionnaires 198 möchte aus dem Befund, dass Philagrios dem Libanios nur das Rohmaterial für seine eigene historiographische Erzählung in or. 18 bieten

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(C 12) Philagrios

sul Magnus Felix (cos. 460) verwandtschaftlich verbunden war. Er muss bald nach 393 verstorben sein1. Zu den Aufgaben, die Philagrios als notarius während des Perserfeldzugs Julians wahrzunehmen hatte, gehörte anscheinend, eine Art Kriegstagebuch zu führen. Dieses Kriegstagebuch enthielt „nackte Fakten“ (test. 1,4) und beschrieb mit großer Genauigkeit den geographisch-topographischen Rahmen des Feldzugs (test. 1,2: „die Natur der Örtlichkeiten, die Ausdehnung der Städte, die Höhe der Burgen, die Breite der Flüsse“) und die Details der militärischen Aktionen („was auch immer getan und erlitten wurde“) Libanios (ep. 1434 Förster = test. 1) forderte diese Aufzeichnungen als Rohmaterial für eine historiographische Bearbeitung ein. Der Brief enthält den einzigen Hinweis auf die historiographische Tätigkeit des Philagrius und ist unmittelbar nach dem Perserfeldzug verfasst worden, aus dessen Katastrophe Philagrios „wie aus einem Sturm“ entkommen ist. Unklar ist, ob Philagrios seine Aufzeichnungen sofort dem Libanios zur Verfügung stellte. Doch besteht eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Aufzeichnungen des Philagrios in die wenig später verfasste 18. Rede, den Epitaphios auf Julian, eingingen2 und die Genauigkeit der dort gemachten Angaben zum Perserfeldzug erklären. Als zweites Testimonium ist hier wegen der Illustration der engen Beziehungen zwischen Julian und Philagrius und wegen des möglichen Hinweises auf die schriftstellerische Betätigung des Philagrius der Bericht Ammians (21,4,1–6) über die Gefangennahme Vadomars durch den von Julian entsandten Philagrius hinzugenommen worden. Der Bericht Ammians über diese Episode geht mit einiger Wahrscheinlichkeit auf eine relatio des Philagrius zurück, der Julian über sein Vorgehen berichtete3. Die Tatsache, dass

sollte, folgern, dass die Bildung des Philagrios „ne semble cependant pas considérable.“ Wenn in dem Beziehungsgeflecht unter gebildeten Freunden Hypomnemata zur Verfügung gestellt werden (z. B. Plinius für Tacitus, Cicero für Lucceius), können daraus keine Schlussfolgerungen über das jeweilige Bildungsniveau gezogen werden. 1 Vgl. Seeck, Briefe des Libanios 237. 2 Stenger, Hellenische Identität 259 Anm. 46 lässt die Frage offen. 3 Vgl. Sabbah, Méthode d’Ammien 226 f. mit Anm. 27. Dagegen vermutet D. Woods, The rex Alamannorum Vadomarus, Mnemosyne 53 (2000) 690–710, Ammian habe keine engeren Beziehungen zu Philagrius gehabt und verdanke seine Erzählung seinen Beziehungen zu dem später als Militär im Osten dienenden Vadomar. Der Bericht über die Gefangennahme Vadomars durch Philagrius zielt aber

Einleitung

343

für die spätere Erzählung Ammians keinerlei Hinweise zu Philagrius als Quelle zu finden sind, erklärt sich daraus, dass nur die relatio über die isolierte Aktion gegen Vadomar benutzt wurde.

eindeutig darauf ab, die energische Tätigkeit des Philagrius hervorzuheben und bietet keinen Fokus auf Vadomar.

testimonia

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1. Liban. ep. 1434 (cod. V) (1) Φιλαγρίῳ. ὅτι μὲν ἀπεϲώθηϲ, καλῶϲ ποιεῖϲ· ἔδει μέντοι ϲε τὸ τῶν χαιρόντων δρῶντα τοῖϲ φίλοιϲ ἐπιϲτέλλειν διδάϲκοντα, ἡλίκον διέφυγεϲ κλύδωνα. (2) ἀλλ’, οἶμαι, καταφρονεῖϲ ἡμῶν ἅτε τὸν πόλεμον ἐν γράμμαϲιν ἔχων εἰδώϲ, ὅτι ϲου δεῖϲθαι δεήϲει τοὺϲ ϲοφιϲτάϲ, οἷϲ ἔρωϲ εἰπεῖν τι περὶ τῶν πεπραγμένων. ἀκούω γάρ ϲε τὸ ἀεὶ γινόμενον γραφόμενον ϲκέπτεϲθαι χωρίων τε φύϲειϲ καὶ μέτρα πόλεων καὶ ὕψοϲ φρουρίων καὶ ποταμῶν πλάτοϲ καὶ ὅϲα δρᾶϲαί τε καὶ παθεῖν ϲυνέβη. (3) ἀλλ’ εἰ μὲν ἡμῖν χαριζόμενοϲ τοῦτο ἐποίειϲ, τῆϲ αὐτῆϲ ἦν δήπου γνώμηϲ καὶ τὸ ἐπιϲτεῖλαι· εἰ δὲ ϲαυτῷ καὶ τοῖϲ ϲυϲτρατευϲαμένοιϲ, ἡμᾶϲ γ’ ἐχρῆν ἐξ ἐπιϲτολῆϲ εὐφρᾶναι. (4) ἃ μέντοι φρονῶ περὶ τῶν γεγραμμένων, ϲοὶ φράϲω. οὐ μᾶλλον ἐγὼ ϲοῦ δεήϲομαι ἀναγινώϲκειν ἢ ἐμοῦ ϲὺ τὰ ὦτά με παραϲχεῖν. ϲὺ μὲν γὰρ ἐμὲ διδάξειϲ ἔργα γυμνά, ἐγὼ δὲ αὐτὰ τοῖϲ ἐκ τῶν λόγων ἐϲθήμαϲιν ἀμφιέϲω. βούλοιο δ’ ἂν κοϲμηθῆναι τὰϲ πράξειϲ, ὥϲπερ ἐγὼ μὴ ἀγνοῆϲαι τὰ ἔργα. (5) ἀλλ’ ἐν μὲν ἐκείνοιϲ τὸ μὲν δώϲειϲ, τὸ δὲ κερδανεῖϲ· ἕωϲ δ’ ἂν ἀπῇϲ, χαρίζου δι’ ὧν ἔξεϲτι τοῖϲ ἀποῦϲιν, ἄλλωϲ θ’ ὅτε ϲοι καὶ βέλτιον μηνύειν ἔνι βαϲιλέωϲ περὶ πάντα τε ἀρετὴν καὶ πρὸϲ ϲέ τινα χρηϲτότητα. θαυμαϲτὸν δὲ οὐδὲν διακόνῳ βελτίϲτῳ τὸν οὐκ ἂν πονηροῖϲ χρηϲάμενον χαίρειν. (6) τοῦ τε οὖν γράφειν ἔχου καὶ Ϲάλβιον ὄντα μου φίλον καὶ ϲαυτοῦ νόμιζε· ὃϲ ἐνοχλήϲει μέν ϲε οὐδέν, ἐπίϲταται δὲ μεμνῆϲθαι χάριτοϲ. 1 ante καλῶϲ add. χαίρων dub. Förster 3 κλύδωνα Va.c. : κίνδυνον Vp.c. 6 ϲκέπτεϲθαι Förster : ἕπεϲθαι V βελτίω V

17 ἄλλωϲ Förster : ἄλλ᾿ ὡϲ V | βέλτιον Förster :

Zeugnisse 1. Libanios, Brief 1434 (1) An Philagrios. Dass du heil davongekommen bist, ist erfreulich. Aber du solltest das tun, was sich für Glückliche geziemt, und den Freunden einen Bericht senden, in dem du darlegst, welch großem Sturm du entkommen bist. (2) Ich vermute aber, dass du mich verachtest, weil du als Besitzer einer schriftlichen Fassung des Krieges weißt, dass sich die Gelehrten, die das Verlangen haben, etwas über die Ereignisse zu berichten, an dich wenden müssen. Ich habe nämlich vernommen, dass du, wenn du das, was jeweils geschieht, aufschreibst, die Natur der Örtlichkeiten, die Ausdehnung der Städte, die Höhe der Burgen, die Breite der Flüsse und, was auch immer getan und erlitten wurde, prüfst. (3) Aber wenn du mir das zum Gefallen tätest, wäre es ohne Zweifel die Folge derselben Einstellung, mir zu schreiben. Wenn es für dich selbst und für deine Kampfgefährten wäre, dann müsstest du zumindest mich durch einen Brief beglücken. (4) Was ich über das, was du geschrieben hast, denke, werde ich dir sagen: Ich will dich nicht in höherem Maß bitten, sie lesen zu können, als du mich darum bitten wirst, dir meine Ohren zu leihen. Du nämlich wirst mich über die nackten Fakten unterrichten, ich aber werde sie mit den Gewändern aus Worten umhüllen. Du möchtest, dass deine Taten mit literarischem Zierat geschmückt werden, so wie ich nicht über die Fakten im Unklaren bleiben möchte. (5) Aber darin wirst du einerseits Geber und andererseits Nutznießer sein. Solange du nicht da bist, tu mir den Gefallen, den abwesende Freunde machen können, besonders, wenn es dir möglich ist, besser und umfassend von der Tugend des Kaisers und von einer besonderen Güte dir gegenüber zu be¬richten. Denn es würde nicht erstaunen, wenn jener, der niemals über schlechte Untergebene verfügte, sich über einen besonders guten freute. (6) So begib dich also an das Schreiben. Betrachte Salvius, der mein Freund ist, auch als deinen. Er wird dich nicht stören, er weiß aber, eine Freundlichkeit in Erinnerung zu behalten.

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(C 12) Philagrios

2. Amm. 21,4,1–6 (codd. VEW) (1) haec ut erant periculosa et dubia, Iulianus in exitiale malum eruptura considerans in unum omni cogitatione intenta eum (sc. Vadomarium) vi incautum rapere festinabat, ut securitatem suam provinciarumque locaret in tuto, et iniit consilium tale. (2) Philagrium notarium, orientis postea comitem, ad eas miserat partes. cuius prudentiae fidebat olim sibi conpertae eique inter multa, quae pro captu instantium rerum erat acturus, signatam quoque chartulam tradidit mandavitque, ne aperiret vel recitaret nisi Vadomario viso cis Rhenum. (3) perrexit Philagrius, ut praeceptum est, eoque praesente et negotiis adstricto diversis transgressus Vadomarius flumen, ut nihil in profunda metuens pace nihilque secus gestorum simulans scire, viso praeposito militum ibi degentium, pauca locutus ex more, ultro semet, ut suspicionis nihil relinqueret abiturus, ad convivium eius venire promisit, ad quod erat etiam Philagrius invitatus. (4) qui statim ingressus rege conspecto imperatoris recordatus est verba, causatusque rem seriam et urgentem ad diversorium rediit scriptisque lectis doctus, quid agi conveniet, confestim reversus discubuit inter ceteros. (5) finitisque epulis Vadomarium fortiter adprehensum rectori militum arte custodiendum apud signa conmisit textu lecto iussorum, comitibus eius ad sua redire conpulsis, super quibus nihil fuerat imperatum. (6) exhibitus tamen idem rex ad principis castra.

1 ut erant Wcorr. : iterant V : inter E 2 sq. intenta eum vi Clark : intentae vim V : intenta eum Wcorr. : intenta vi Gelenius : intente vi Castelli 3 capere Bentley 4 locarent V 6 conpertae Castelli : conperti V 12 ultro Wp.c. : ultris V : ulterius E 15 seriam E : saepiam V 16 conveniret E

testimonia

347

2. Ammianus Marcellinus 21,4,1–6 (nach Seyfarth mit Modifikationen) (1) Da diese Verhältnisse gefahrvoll und ungewiss waren, glaubte Julian, sie könnten einen verhängnisvollen Ausgang nehmen. Daher richtete er all seine Aufmerksamkeit auf das eine Ziel und beeilte sich, ihn (d. h. Vadomar), ohne dass dieser Vorsichtsmaßnahmen traf, gewaltsam zu entführen, damit er seine eigene Sicherheit und die der Provinzen gewährleiste. So setzte er folgenden Plan um: (2) Den Notar Philagrios, der später Comes Orientis wurde, entsandte er in diesen Landstrich. Er vertraute seiner Klugheit, die einstmals von ihm erprobt worden war, und händigte ihm unter vielen Dingen, die er je nach Maßgabe der bevorstehenden Angelegenheiten ausführen sollte, auch einen versiegelten Brief aus und gab ihm den Auftrag, ihn nur zu öffnen und zu lesen, wenn man Vadomar diesseits des Rheins erblicke. (3) Philagrius machte sich, wie vorgeschrieben worden war, auf, und als er dort war und durch verschiedene Geschäfte in Beschlag genommen war, da überquerte Vadomar den Fluss, da er ja im tiefen Frieden nichts zu fürchten hatte und so tat, als würde er nichts von bösen Handlungen wissen; nachdem er den Vorgesetzten der dort weilenden Soldaten gesehen und mit ihm ein wenig nach Gewohnheit gesprochen hatte, versprach er überdies, damit er beim Weggehen keinen Verdacht zurückließ, zu dessen Gelage zu kommen, zu dem auch Philagrius eingeladen war. (4) Dieser erinnerte sich, als er eintrat, beim Anblick des Königs sofort an die Worte des Kaisers, und indem er eine ernsthafte und drängende Sache als Grund vorgab, kehrte er zu seiner Unterkunft zurück und nachdem er den Brief gelesen hatte und darüber belehrt worden war, was zu tun sei, kehrte er sofort zu den übrigen zurück und lagerte sich unter die übrigen. (5) Nachdem das Bankett beendet worden war, ergriff er energisch den Vadomar, übergab ihn dem Truppenführer, damit er ihn bei den Feldzeichen eng bewache, wobei er den Text der Befehle vorlas. Dessen Begleiter wurden dazu veranlasst, zu ihren Wohnsitzen zurückzukehren, da in Bezug auf diese nichts befohlen worden war. (6) Der besagte König wurde jedoch in das Lager des Kaisers überführt.

Kommentar test. 1 (1) καλῶϲ ποιεῖϲ Förster erwog, nach καλῶϲ ein Partizip wie z. B. χαίρων zu ergänzen, von dem der ὅτι-Satz abhängt. Aber hier erfüllt bereits der ὅτι-Satz die Funktion, die häufiger einer partizipialen Ergänzung (z. B. ep. 39,1 νῦν τε ἐπιϲτέλλων καλῶϲ ποιεῖϲ καὶ εἰ πρότερον ἐπέϲτελλεϲ καὶ τότε ἂν καλῶϲ ἐποίειϲ) vorbehalten ist. Ebenso in Liban. ep. 150,1: ϲὺ δ’ ὅτι μὲν τῇ τε ἄλλῃ καὶ τῷ πλήθει τῶν βουλευτῶν μείζουϲ τὰϲ πόλειϲ ποιεῖϲ, καλῶϲ ποιεῖϲ und ep. 367,5: ὅτι μὲν οὖν τῷ πόνῳ μὲν μιμῇ τὸν Ἡρακλέα, τῷ τάχει δὲ τὸν Περϲέα, καλῶϲ ποιεῖϲ steht anstelle des Partizips ein ὅτι-Satz. Mit der Formel καλῶϲ ποιῶν drückt „der Redende seine Zustimmung zu der besprochenen Handlung oder Lage des Subjekts aus“ (K.-G. 2,87, vgl. z. B. Plat. conv. 174 e). In Menanders Sam. 63 wird der Ausdruck εὖ γ᾽ ἐπόηϲαν verwendet, um Dank auszusprechen. Mit dieser Formel verleiht „man seiner Freude Ausdruck darüber, dass jemand gesund heimgekehrt ist“ (H.-D. Blume, Menanders ‘Samia’. Eine Interpretation, Darmstadt 1974, 23). Dazu passt in diesem Brief auch das vorangehende ἀπεϲώθηϲ, das nach LSJ s. v. ἀποϲῴζω II im Passiv „to get safe to a place“ bedeutet. κλύδωνα Da Libanios gern poetische Ausdrücke für seine Metaphern gebraucht, ist die ursprüngliche Lesart κλύδωνα von V sicherlich der Glosse κίνδυνον im korrigierten Codex V vorzuziehen. (3) ἦν δήπου γνώμηϲ Der Indikativ Imperfekt ohne ἄν in der Apodosis bei ἦν (und dann bei ἐχρῆν) drückt eine Forderung aus, die in der Gegenwart noch gültig ist, aber deren Erfüllbarkeit in die Vergangenheit gehört. Diese wird im Griechischen als real betrachtet wird, im Deutschen aber aufgrund der Modusverschiebung mit Konjunktiv übersetzt wird, vgl. K.-G. 1,204 f. (4) Gewändern … umhüllen Vgl. dazu Benedetti Martig, Studi 235. (6) Salvius Freundschaft des Libanios zu Salvius, vgl. ep. 1433,1; 1276; 1464. Zu Salvius s. Seeck, Briefe 413; Norman, Libanius 209 Anm. b. test. 2 Für dieses Kapitel aus dem 21. Buch Ammians ist der ursprünglich aus Fulda stammende Codex V (Vat. Lat. 1873 aus dem 9. Jh.) grundlegend, von

Kommentar

349

den zahlreichen codices descripti sind von den modernen Editoren vor allem die von Humanisten korrigierten Codices W (Venezia Bibl. San Marco 388) und E (Vat. Lat. 2969) berücksichtigt worden, wo sie andere Lesarten haben, die hauptsächlich Konjekturen von scribae docti sind. Der hier gebotene Text folgt vorwiegend der Edition von Fontaine (CUF), der die letzte Kollation der Manuskripte vorgenommen hat. An einigen Stellen wird aber auch noch die Teubnerausgabe Seyfarths verwendet. (1) intenta eum vi Die minimale Korrektur Clarks des von V überlieferten intentae vim stellt ein gutes Textverständnis her. Aufgrund der Häufung von v, i, m und n lässt der überlieferte Text an eine Haplographie denken: aus intentaevmviincavtvm ist intentaevimincavtvm geworden, wofür auch der Korrekturversuch intenta eum von W spricht. (2) miserat Das Plusquamperfekt ist „for metrical reasons only“ (Den Boeft, Philological and Historical Commentary on Ammianus Marcellinus XXI 42), wie perrexit im folgenden Satz zeigt. Vgl. zum verschobenen Plusquamperfekt auch H.-Sz. 320 f. pro captu instantium rerum Die Junktur pro captu zusammen mit einem objektiven Genetiv kommt mehrmals bei Ammian vor (z. B. 14,11,4 pro rerum tunc urgentium captu; 31,7,1 pro captu rerum impendentium) und bedeutet nach ThLL s. v. captus Sp. 381,68–73 die Fähigkeit, etwas zu erfassen bzw. umfassen (facultas capiendi nach ThLL). Hier wird es am besten „je nach Maßgabe der bevorstehenden Angelegenheiten“ bzw. „soweit es die bevorstehenden Angelegenheiten erfordern“ übersetzt. Vgl. dazu auch de Jonge, Sprachlicher und historischer Kommentar zu Ammianus Marcellinus XIV,2 118. hatte er in diesen Landstrich entsandt. Vgl. die analoge Entsendung des Tribuns Hariobaudes zu Hortar bei Amm. 18,2,2 mit Sabbah, Méthode d’Ammien 227 Anm. 27. (4) conveniet Obwohl das von E überlieferte conveniret nach der Consecutio temporum in der indirekten Frage die im klassischen Latein korrekte Form ist, handelt es sich hierbei jedoch um die Korrektur eines scriba doctus in einem humanistischen Codex aus dem 15. Jh. Vielmehr ist der Indikativ Futur conveniet der übrigen Codices deshalb besser, weil Ammian in der indirekten Frage oft Indikativ verwendet, vgl. Den Boeft, Philological and Historical Commentary on Ammianus Marcellinus XXI 45 mit weiteren Angaben. (6) tamen wird im Spätlatein oft abgeschwächt und dient als adversative Partikel der Weiterführung eines Gedankens, hat aber bisweilen auch kon-

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(C 12) Philagrios

klusive Funktion, vgl. H.-Sz. 496 f. Den Boeft, Philological and Historical Commentary on Ammianus Marcellinus XXI 46 bezeichnet seine Funktion hier als „resumptive“. In das Lager des Kaisers überführt Über das weitere Schicksal des Alamannenkönigs berichtet Liban. or. 13,35 abweichend von Amm. 21,3,5, vgl. PRLE 1, Vadomar. Nach Libanios (vgl. auch zur Bestrafung allgemein Liban. or. 18,108) wird der Alamannenherrscher ausgepeitscht, nach Ammian wird er, ohne dass gegen ihn Vorwürfe formuliert werden, nach Spanien verbracht (21,4,6) und steigt à la longue zum dux Phoenices auf (21,3,5). Unter Valens ist er als General tätig (Amm. 26,8,2). Libanios ist zwar zeitlich näher an den Vorgängen um 360. Doch in der 13. Rede reflektiert Libanios eine „hofferne Perspektive auf Julian“ und hat auch sonst keine konkreten Informationen über die Vorgänge, vgl. Wiemer, Libanios und Julian, 90. Dagegen erhielt Ammian auch seine Informationen über die Verhaftung Vadomars aus erster Hand, nämlich von Philagrios selbst.

(C 13) Seleukos von Emesa, Parthika

Einleitung Die Suda hat einen Autor Seleukos von Emesa, der „Parthika“, also anscheinend die Geschichte eines gegen die Parther oder Perser gerichteten Feldzugs, verfasst hat1. O. Seeck hat diesen Seleukos mit dem Seleukos identifiziert, der ein Briefpartner und Freund des Libanios war2 und das Projekt einer Darstellung des Perserfeldzugs Julians verfolgte. Diese Kombination ist wiederholt in Frage gestellt worden, etwa von R. A. Kaster3. Sie ist schon deshalb unsicher, weil Seleukos bei Libanios aus Kilikien und nicht wie der von der Suda erwähnte Verfasser der Parthika aus Emesa stammt. Der Position Kasters widersprechend, hat freilich Janiszeswki Argumente für die Identifizierung der in der Suda genannten Persönlichkeit mit dem Freund des Libanios gesammelt und ist für die Thesen von Seeck eingetreten4. Ein Geschichtswerk mit dem Titel Parthika könne durchaus eine Geschichte der Perserkriege geboten haben, da die Bezeichnungen Parther und Perser in der Spätantike nebeneinander verwendet werden. Ferner sei aus der Suda-Notiz nicht zu schließen, dass diese „Parthika“ in Versen verfasst waren5. Vielmehr sei auch der ebenfalls im Werkverzeichnis der Suda erwähnte Kommentar zu den Lyrikern mit Sicherheit ein einfaches Prosawerk gewesen. Schließlich verrate zwar der Brief 1508 des Libanios nicht, ob der Adressat sein Geschichtswerk fertiggestellt hat, schließe es aber auf jeden Fall nicht aus. Die insgesamt zahlreichen, hier nicht vollständig wiedergegebenen Angaben des Libanios zu Umfeld und Karriere des Seleukos zeigen allerdings, dass Seleukos eine sehr hochgestellte Persönlichkeit in direkter Kaisernähe war. Daher mag man sich fragen, ob dieses Profil mit demjenigen des in der 1

FGrHist 780; Janiszewski, Missing Link 136–44; Banchich, Seleukos; A. D’Hautcourt, Seleukos of Emesa, BNJ 780 (2007). 2 S. test 1. Zur Biographie vgl. Seeck, Briefe des Libanios 273, Seleucus 3; PRLE 1, 818 f.; B. Schuler, Hommages de Libanios aux femmes de son temps, Pallas 32 (1985) 123–48; Bradbury, Letters 52, Anm. 1; Wiemer, War der 13. Brief 91 f. mit Anm. 44. 3 Kaster, Guardians of Language 428 f. (Nr. 253); Stenger, Hellenische Identität 260 Anm. 56. 4 Janiszewski, Missing Link 129. Banchich, Seleukos trifft keine Entscheidung, setzt sich allerdings auch nicht mit Kaster auseinander. 5 Was von Kaster, Guardians of Language 429 auch nur deshalb als Eventualität vermutet wird, weil der Grammatiker Seleukos sonst „clearly involved with poetry“ war.

(C 13) Seleukos von Emesa, Parthika

354

Suda erwähnten Seleukos deckungsgleich ist, der ein professioneller Grammatikos war. Für eine positive Antwort könnte sprechen, dass immerhin der Schwager des durch Libanios bekannten Seleukos, Kalliopios, ein solcher Grammatikos gewesen sein dürfte1. Seleukos selbst, wie er sich in der Korrespondenz des Libanios darstellt, gehörte sehr früh zu den engsten Vertrauten Julians, und zwar schon vor dessen Erhebung zum Caesar. Später war er comes am Hofe Julians, unterstützte dessen Religionspolitik als provinzialer Oberpriester (wahrscheinlich Kilikiens2) und begleitete den Kaiser in prominenter Funktion in den Perserkrieg. Während er dann noch weiter unter Jovian diente3, wurde er offenkundig unter Valens vorübergehend ins Exil geschickt.

1

Die Gattin des Seleukos, Alexandra, war die Schwester eines Grammatikos, nämlich des Kalliopios: Norman, Letters 193 f.; P. Janiszewski, Seleukos, in: Janiszewski u. a., Prosopography 327 f. mit Verweis auf Liban. ep. 696 (= Norman, Libanius Nr. 81); 734 (= Bradbury, Letters 193 f., Nr. 155). Zu den Beziehungen zwischen Libanios und Alexandra s. S. Ruprecht, Unter Freunden. Nähe und Distanz in sozialen Netzwerken der Spätantike, München 2021, 46, Anm. 123 und 149. Die genaue Bestimmung des Profils von Kalliopios ist nicht ganz so klar, vgl. Kaster, Guardians of Language 250–52 (Nr. 25), da partiell in der Korrespondenz des Libanios hier verschiedene Personen mit gleichem Namen identifiziert werden können, vgl zum Problem P. Wolf, Vom Schulwesen der Spätantike. Studien zu Libanius, Baden-Baden 1952, 70; Kaster, 252. 2 Liban. ep. 770,1 = Norman, Libanius, Nr. 92, 1. „Mit Mühe hast du das, was Dir gehört, erlangt und bist Aufseher der Dinge, die deiner Natur gebühren. Zuvor warst du gezwungen, dich als Herakles um Wolle zu sorgen und Streitigkeiten von Menschen zu schlichten, denen du gerne Kriege zugefügt hättest. Aber jenes ist – was gut tut – Vergangenheit; jetzt hast du es mit Altären, Tempeln, heiligen Bezirken, Standbildern zu tun. Sie werden von dir geschmückt und schmücken zugleich dich und dein Geschlecht.“ 3 Liban. ep. 1120 = Norman, Libanius Nr. 113: „Ich bin froh, dass du die Gunst des Kaisers genießt. Denn das folgere ich daraus, dass du im Dienst verblieben bist. Wenn das eine nämlich nicht der Fall wäre, dann würde auch das andere nicht sein. 2. Wenn deine Fehde mit Seleukos beendet ist, (ist es gut) – wenn aber nicht, dann soll sie beendet werden, beim Zeus.“ Der Brief ist an Helpidios gerichtet, der comes rei privatae Julians war, vgl. PLRE I, Helpidius 6; Norman, Libanius 200. Man erfährt, dass dieser hochrangige Amtsträger, der in der Kirchengeschichte Philostorgs als prominenter Apostat an der Seite Julians figuriert (Philost. 7,10, vgl. Theodoret. h. e. 3,12), seine Karriere unter Jovian fortsetzte. Er war anscheinend in der Regierungszeit Jovians mit Seleukos verfeindet. Der Brief belegt damit indirekt, dass auch Seleukos unter Jovian weiter am Hofe tätig war.

Einleitung

355

Der Brief 1508 des Libanios muss in dieser Zeit entstanden sein. In ihm fordert Libanios den Seleukos auf, das offenkundig milde Exil am Schwarzen Meer für die Fertigstellung eines Geschichtswerks zu nutzen. Die Gründe für dessen Exilierung bleiben dabei unklar. Neben der Parteinahme für Julian wäre eine Verstrickung in die Usurpationspläne des Julian-Verwandten Prokop zu erwägen, analog zum Verhalten des Helpidios. Im Unterschied zum Schicksal des Helpidios1 ging allerdings die Sache für Seleukos letztlich glimpflich aus. Er erhielt die Möglichkeit zur Rückkehr auf seine Güter und konnte anscheinend schon 365 dem Libanios wieder ein Neujahrsgeschenk schicken2. Zwar hatte er keinen unmittelbaren Einfluss am Hof mehr, aber seine gesellschaftliche Position mit ihren Verbindungen zur Reichselite blieb anscheinend intakt3. Seine Tochter Olympias war kurzfristig mit dem Präfekten von Konstantinopel Nebridius, wahrscheinlich dem Schwager der Kaiserin Flacilla, verheiratet und hatte ein gewaltiges Vermögen4, mit dem sie Johannes Chrysostomus unterstützte5. Ihr Vormund Procopius gehörte zu den prominenten Senatoren des Ostens.

1

Philost. 7,10, 4 mit Komm. in KFHist E 7. ep. 1473,1 f. = Norman, Libanius Nr. 140: „Ich atmete auf, als ich hörte, dass du jenen guten und gerechten Wettstreit vollendet hast. Meine Taten würde man vielleicht nicht loben – denn sie sind klein – aber ich glaube, dass meine Gesinnung sogar bei den Göttern ein gutes Ansehen hat. Denn ich seufzte, weinte und übertraf deine Trauer. Und nun freue ich mich wie du, dass das gesamte Meer durchfahren ist. Ich freue mich auch darüber, dass du das alte Gesetz deines Hauses wahrst und dass du Geschenke zu schicken vermagst, auch nach dem Sturm.“ 3 Jedenfalls, wenn die Identifizierung des Korrespondenten des Libanios mit Seleukos, dem Vater der Olympias, zutrifft, vgl. PLRE I, Seleucus 1 und Olympias 2. Diese Identifizierung schließt Chausson, La famille 213 aus. Dass der Korrespondent des Libanios von seiner Frau Alexandra eine Tochter hatte, geht aus Liban. ep. 802,8 = test. 5 hervor. Vgl. Liban. ep. 677 und 734. Diese wurde 361 geboren. 4 Zum Vermögen gehörten Güter in Thrakien, Galatien, Kappadokien, Bithynien sowie Anwesen in Konstantinopel und Umgebung. 5 Zu den auch im Folgenden dargelegten biographischen Angaben zu Olympias vgl. PLRE I, Olympias 2; Palladios, Hist. Laus. 56 (G. Bartelink, Palladio. La storia Lausiaca, Mailand 1978): „Sie war die Tochter des Seleukos, des gewesenen Comes, eine Enkelin des früheren Praefekten Ablabios, für wenige Tage Braut des Nebridius.“ Vgl. weiter A. M. Malingrey (Hg.), Vie Anonyme d’Olympias, SC 13 bis, Paris 1968, 410 f. Zu beachten ist auch Mal. 11,45 a p. 270 Thurn: Olympias, die Tochter des gewesenen Eparchos Seleukos. Malalas verwechselt Eparchos und Comes. Gemeint ist der gleiche Angehörige der Elite. 2

(C 13) Seleukos von Emesa, Parthika

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In der hagiographischen Tradition erscheint Olympias als Enkelin des berühmten christlichen Präfekten Konstantins, des Ablabius. Für die Verbreitung dieses ungewöhnlichen Frauennamens in dessen Familie spricht die Tatsache, dass Ablabius eine ebenfalls den Namen Olympias tragende Tochter hatte, die erst in das konstantinische Haus einheiraten sollte, dann mit dem armenischen Herrscher Arsakes verheiratet wurde1. Man könnte also entweder annehmen, dass Seleukos in die Familie des Ablabius eingeheiratet hat und deshalb diese Namenstraditionen pflegte. Oder aber man kommt (wenn die Identifizierung des Korrespondenten des Libanios mit dem Vater der jüngeren Olympias zutrifft) zum Schluss, dass Seleukos niemand anderes war als der Sohn des christlichen Prätorianerpräfekten Ablabius2. Eine solche Herkunft wäre für den demonstrativ heidnisch-projulianischen Parteigänger Seleukos zwar ausgesprochen paradox3. Ausschließen kann man dies jedoch nicht, wie die Analogie zu einem Mitglied der konstantinischen Familie, zu Iulius Iulianus, den Onkel Julians und Comes Orientis4, zeigt. Vielleicht gehörte Seleukos zu den Personen des verwandtschaftlichen Umfelds des Kaisers, die dessen religiöse Wendung mitmachten. Unabhängig davon, ob der Grammatikos Seleukos des Suda-Artikels mit der Persönlichkeit bei Libanios identifiziert werden kann oder nicht5, steht fest, dass der Korrespondent des Libanios das historiographische Projekt einer Darstellung des Perserkriegs Julians verfolgte. Über die Rezeption dieses Geschichtswerks ist nichts bekannt, die Vermutung, dass Festus daraus geschöpft haben kann, ist völlig hypothetisch6. Der Fall zeigt auch, wie 1

Amm. 20,11,3; Athan. h. Ar. 69. Vgl. PLRE I, Olympias 1; Chausson, La famille 213 f. Die Verlobung mit Constans bestand bis zu dessen Tod. Die Hochzeit mit dem armenischen Herrscher ist 354 oder 358 zu datieren. 2 Stemma bei Janiszewski, Missing Link 143: Flavius Ablabius, Vater der Olympias (1) und des Seleukos, detaillierter bei Chausson, Stemmata aurea 150. 3 Chausson, La famille, 219 schließt daher die Identifizierung aus, da man in diesem Fall eine Apostasie annehmen müsste. 4 Vgl. zur Verwandtschaft Chausson, Stemmata Aurea, 129. 5 Zur großen sozialen Bandbreite, die man für die Grammatiker konstatieren kann, Kaster, Guardians 132: „The grammarians thus show a range of backgrounds and fortunes about as wide as one could imagine, from the sons of freedmen to high ministers of state.” 6 R. C. Blockley, Festus’ Source on Julian’s Persian Expedition, Classical Philology 68 (1973) 54 f. Anders J. J. Arce, On Festus’ source for Julian’s Persian expedition, Athenaeum 52 (1974) 340 ff. S. die Diskussion bei Benedetti-Martig, Studi 20 f. Als mutmaßliche Vorlage von Liban. or. 18 bringen Sabbah, Méthode

Einleitung

357

schwierig es ist, in einer Fragmentsammlung Hinweise auf historiographische Projekte von vollendeten historiographischen Werken zu unterscheiden1. Je nachdem, ob man den Adressaten des Libanios mit dem in der Suda erwähnten Verfasser von zwei Büchern Parthika identifiziert oder nicht, fällt die Antwort auf die Frage, ob das Werk vollendet wurde oder nicht, unterschiedlich aus. Für die Ausgabe der Testimonien zu Seleukos könnte man sich auf die Gegenüberstellung des Sudaeintrags und der Ausführungen des Libanios zum projektierten Werk beschränken. Hinzugezogen sind aber zusätzlich Angaben, die deutlich machen, dass Seleukos den Perserfeldzug als Augenzeuge mitmachte. Weitere hier nicht in die Testimonein aufgenommene Hinweise auf die Person des Seleukos ergeben sich u. a. aus Iul. imp. ep. 862; Liban. ep. 309; 4993, 6254; 6965; 6976; 770, 771; Liban. or. 1,1167.

d’Ammien 258 Anm. 58 und Caltabiano, Epistolario 262, Anm. 5 Seleukos ins Spiel. Angesichts der engen Beziehungen zwischen Seleukos und Libanios ist die Wahrscheinlichkeit hierfür durchaus gegeben. 1 Systematisch ausgegliedert in der Fragmentsammlung von Van Hoof / Van Nuffelen, Fragmentary Latin Histories 2. 2 Brief an Theodora (Antiocheia, Ende 362). Seleukos als Freund des Kaisers: „Was du dem Philosophen Maximos geschrieben hast, gleichsam, als ob mein Freund Seleukos dir feindlich gesonnen sei, so lass dich überzeugen, dass dieser bei mir nichts dergleichen tut oder sagt, aufgrund dessen er dich am meisten verleumden könnte. Im Gegenteil, alles, was dich betrifft, handelt er als rühmliche Dinge ab.“ 3 Rhetor 356. Das passt zur Charakterisierung als γραμματικόϲ in der Suda. 4 Vgl. Bradbury, Letters 162, Nr. 124. Brief an Priscian, Statthalter der Syria Euphratensis, vom Sommer 361: Seleukos bringt Brief zur Provincia Euphratensis, wo er anscheinend Grundbesitz hat. 5 Seleukos eifriger Heide. Vgl. Norman, Libanius Nr. 81. 6 Vgl. Bradbury, Letters, 167, Nr.129. Hier erklärt Libanios dem Vertrauensmann Julians Seleukos, warum er selbst nicht an der antiochenischen Gesandtschaft teilnahm, die dem Kaiser das aurum coronarium überbrachte. 7 Prätorianerpräfekt Hermogenes (PLRE I, Hermogenes 3) möchte mit Libanios so eng befreundet sein, wie Aristainetos und Seleukos. Vgl. hierzu Wiemer, War der 13. Brief 91 mit Anm. 43. Aristainetos war bereits 358 gestorben (PRLE I, Aristainetos 1). ep. 499 an Seleukos von 356.

testimonia 1. (1) Sud. ϲ 201 (codd. A[GFVMΒ]) Ϲέλευκοϲ· Ἐμιϲηνόϲ, γραμματικόϲ. Ἀϲπαλιευτικὰ δι’ ἐπῶν βιβλία δ´, εἰϲ τοὺϲ Λυρικοὺϲ ὑπόμνημα, Παρθικὰ βʹ. καὶ ἄλλον δέ τινα Ϲέλευκον εὗρον ἐμπαράθετον, βιβλία δὲ οὐκ εἶχε. 1 γραμματικόϲ del. Gutschmid 2 εἰϲ – ὑπόμνημα ad art. Sud. ϲ 200 rettulit M. Schmidt | Παρθικὰ AFVMB : Παρθενικά G : Παρθονικικά M. Schmidt 3 ἐμπαράθετον GVM : ἐν/παραθτ A : ἐν παραθήκῃ Bernhardy : εὕρομεν παρ᾽ Ἀθ(ηναίῳ) Rohde

2. Liban. ep. 1508,4–7 (codd. VSParVind) (4) μή, πρὸϲ Διόϲ, ὦ Ϲέλευκε, μὴ κόπτε ϲαυτὸν μηδ’ ἀμνημόνει τῶν ϲτρατηγῶν ἐκεινῶν, οἳ ἄρτι τὰ τρόπαια ϲτήϲαντεϲ, ὁ μὲν ἦν ἐν δεϲμοῖϲ, οἱ δὲ ἔφευγον. οὐδὲ γὰρ ὅπωϲ πονοῖμεν, ἐκεῖνα ἐμανθάνομεν, ἀλλ’ ὅπωϲ ἐν τοῖϲ δεινοῖϲ ἐκεῖθεν κουφιζοίμεθα. (5) ϲὺ δ’ 5 ἔχων καιρὸν εἰϲ ἐπίδειξιν ἀνδρείαϲ ὀδύρῃ καὶ τοὺϲ Πέρϲαϲ οὐ δείϲαϲ τὰ δένδρα ἡγῇ δεινὸν καὶ τὸν μὲν ἥλιον τὸν περὶ τὸν Τίγρητα ἤνεγκαϲ, ϲκιὰν δὲ ἔχων ἐκ φύλλων ἐν Πόντῳ τῶν ἐν ἄϲτεϲιν ἀγορῶν ἐπιθυμεῖϲ καὶ φῂϲ εἶναι μόνοϲ· ὃ ἥκιϲτ’ ἂν ἀνδρὶ φιλολόγῳ ϲυμβαίη. πῶϲ γὰρ ἄν ϲε καταλίποι Πλάτων καὶ Δημοϲθένηϲ καὶ ὁ χορὸϲ 10 ἐκεῖνοϲ, οὓϲ ἀνάγκη μένειν, ὅπουπερ ἂν ἐθέλῃϲ; (6) τούτοιϲ τε οὖν διαλέγου καὶ τὸν πόλεμον, ὃν ὑπέϲχου, ϲύγγραφε, καί ϲου τὰ παρόντα οὐχ ἅψεται βλέποντοϲ εἰϲ ἆθλον οὕτω μέγαν. τοῦτο καὶ Θουκυδίδῃ τὴν φυγὴν ἐποίηϲεν ἐλαφράν, καὶ διῆλθον ἄν ϲοι τὸ πᾶν, εἰ μὴ ἠπίϲτω καλῶϲ. (7) πάνυ γε ἡγοῦ τῇ γραφῇ χαριεῖϲθαι πᾶϲιν 15 ἀνθρώποιϲ. εἶδεϲ μὲν γὰρ ἔργα μετὰ πολλῶν, μόνῳ δὲ ϲοὶ τῶν ἑωρακότων ἀξία τῶν ἔργων ἡ φωνή. 6 τὸν2 Va.c. : om. SParVind 10 ἐθέλοιϲ SVind 12 μέγα Reiske 16 ἀξία – φωνή V : ἡ φωνὴ τῶν ἔργων ἀξία SParVind

3. Liban. ep. 13,1 Ϲελεύκῳ δὲ ἄρα ἔπρεπε καὶ τοῦτο ἀγγεῖλαι τὸ ὡϲ ἐκπέφευγαϲ τοῦ κακοῦ τὴν ἀκμήν.

Zeugnisse 1. (1) Suda, Art. Seleukos Seleukos von Emesa, ein Grammatiker. Er hat vier Bücher „Über den Fischfang mit der Angel“ in epischen Versen geschrieben, einen Kommentar zu den Lyrikern, zwei Bücher Parthika. Und ich fand, dass ein anderer Seleukos hineingefügt war, er hatte aber keine Bücher.

2. Libanios, Brief 1508, 4–7 (4) Bei Zeus, Seleukos schlage dich nicht selbst und vergiss nicht, dich an jene Feldherren zu erinnern, von denen, kaum dass sie Siegesdenkmäler aufgestellt haben, der eine in Ketten lag, die anderen in Verbannung lebten. Denn nicht damit wir leiden, haben wir von jenen Beispielen erfahren, sondern damit wir in schweren Zeiten von dort Erleichterung erhalten. (5) Du hast die Gelegenheit zur Demonstration deiner Tapferkeit und du klagst? Du hast keine Angst vor den Persern gehabt und du fürchtest die Bäume? Du hast die Sonne am Ufer des Tigris ertragen, und während du dich nun des Schattens der Blätter im Pontos erfreust, hast du Verlangen nach den Marktplätzen der Städte und du behauptest, allein zu sein, was das letzte ist, was einem Freund der Literatur geschehen kann? Wie könnte nämlich Platon dich im Stich lassen und Demosthenes und jene ganze Schar, die notwendigerweise überall dort ist, wo du es willst? (6) Unterhalte dich mit ihnen und verfasse die Darstellung des Kriegs, die du versprochen hast, und das Gegenwärtige wird dich nicht berühren, wenn du auf den so großen Siegespreis siehst. Das machte auch dem Thukydides die Verbannung leicht, und ich würde mit dir das Ganze durchgehen, wenn du es nicht bereits sehr gut kenntest. (7) Sei überzeugt, dass du mit deinem Schreiben allen Menschen einen Gefallen erweisen wirst. Du sahst nämlich Taten zusammen mit vielen, aber dir allein von denen, die sie gesehen haben, ist eine Stimme zueigen, die der Taten wert ist. 3. Libanios, Brief 13,1 Für Seleukos hätte es sich wirklich geziemt, auch die Tatsache zu melden, dass du dem Höhepunkt des Übels entkommen bist.

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(C 13) Seleukos von Emesa, Parthika

4. Liban. ep. 734,2 τὸν γενναῖον Ϲέλευκον ἀκούων κεκομίϲθαι τὴν ζώνην, ἤλπιζον τὸν μὲν ἕψεϲθαι τῷ βαϲιλεῖ, ϲὲ δὲ (appellat Seleuci coniugem) ἐκείνῳ.

5. Liban. ep. 802,7 sq. (codd. VVaVoMoSWVindDAth) (7) ἔγωγε ἐπιϲτελῶ προκαλούμενοϲ γράμματα τὰ ϲὰ ἀπὸ μέϲηϲ μάχηϲ πιϲτεύων, ὅτι καὶ ταῦτ’ ἂν εἴη τῆϲ ϲῆϲ φύϲεωϲ, τάττειν τε ὁμοῦ ϲτρατὸν καὶ τιτρώϲκειν καὶ ἐπιϲτέλλειν. (8) οὕτωϲ ὑπὸ τοῦ ϲώματοϲ ἀδικοῦμαι μέλλων ἀκούειν, ἃ χρῆν ὁρᾶν· Ϲέλευκοϲ δὲ ὁ 5 μακάριοϲ ὄψεται καλῶϲ προθεὶϲ καὶ γυναικὸϲ ἀγαθῆϲ καὶ παιδὸϲ ἀγαπητῆϲ τὴν ἀπὸ τοῦ τοιούτῳ βαϲιλεῖ διακονεῖν εὔκλειαν. 1 προϲκαλούμενοϲ S | τὰ del. S : om. Va Vind DAth 2 τοῦτ’ Vind 3 ante οὕτωϲ add. ἔγω μὲν οὖν Reiske 5 προϲθεὶϲ Vp.c. VαVoSW

testimonia

361

4. Libanios, Brief 734,2 Als ich hörte, dass der edle Seleukos den Gürtel erhalten hat, hoffte ich, dass er dem Kaiser folgen werde und du (er spricht Seleukos’ Gattin an) ihm. 5. Libanios, Brief 802,7 f. (7) Ich werde dir schreiben, um dich um deine Briefe zu bitten, die mitten im Kampf geschrieben sind, in der Gewissheit, dass auch das gut deiner Natur entsprechen wird, gleichzeitig die Armee zu kommandieren, zu verletzen und einen Brief zu schicken. (8) So viel Unrecht widerfährt mir von meinem Körper; deshalb werde ich das nur hören, was ich eigentlich sehen müsste. Aber Seleukos, der glückliche Mensch, wird es sehen, er, der in vornehmer Weise seiner tugendhaften Gattin und seiner angebeteten Tochter den Ruhm, der davon rührt, einem solchen Kaiser zu dienen, vorgezogen hat.

Kommentar test. 1 S. die hist. Einleitung. γραμματικόϲ Da auch der vorangehende Seleukos aus Alexandria (Sud. ϲ 200) als γραμματικόϲ bezeichnet wurde, meinte wohl Gutschmid (bei Adler), dass dieses Wort hier fälschlich aus Analogie zum vorhergehenden Eintrag in den Text eingedrungen sei; doch lassen die beiden zuerst genannten Werke an einen Grammatiker denken, weshalb man hier den Text nicht zu ändern braucht. Ἀϲπαλιευτικὰ Der Werktitel „Über den Fischfang mit der Angel“ ist im Gegensatz etwa zu Halieutika (in Athen. 1,22 p. 13 C und 7,113 p. 320 A wird ein heute verlorenes Werk Halieutika des Seleukos von Tarsos [Nr. 43 in der RE II A 1 (1921) 1251], der, um von Athenaios zitiert zu werden, früher als unser Seleukos lebte, zugeschrieben wird) sonst nirgends bezeugt. εἰϲ τοὺϲ Λυρικοὺϲ ὑπόμνημα Für den Vorschlag von M. Schmidt, Seleukos der Homeriker und seine Namensverwandten, Philologus 3 (1848) 436–59, hier 453, εἰϲ τοὺϲ Λυρικοὺϲ ὑπόμνημα dem vorhergehenden Lemma (Sud. ϲ 200) zuzuweisen, gibt es mangels klarer Angaben in der Parallelüberlieferung keine Anhaltspunkte. Παρθικὰ Die von den meisten Codices überlieferte Lesart ist angesichts der von den übrigen Testimonien bezeugten historischen Beschäftigung des Seleukos sicherlich dem Παρθενικά in G und dem von M. Schmidt vorgeschlagenen Παρθονικικά („Sieg über die Parther“), das sonst nur bei Lucian. hist. conscr. 32 belegt ist, vorzuziehen. ἐμπαράθετον Das sehr seltene Verbaladjektiv zum sonst nicht belegten Verb ἐμπαρατιθέναι kommt in der Suda nur hier und ε 996 ἐμπαράθετοϲ vor (für weitere Belegen vgl. LBG s. v. ἐμπαράθετοϲ und ἐμπαραθέτωϲ). Vergleichbar ist Sud. ν 405 ταῦτα ἐν παραθήκῃ εὗρον κείμενα. Kühn ist der Vorschlag von E. Rohde, Kleine Schriften, Leipzig 1901, 1,137, hier eine Verkürzung εὕρομεν παρ᾽ Ἀθ(ηναίῳ) anzunehmen, da Athen. 15,53. p. 697 einen Seleukos als τῶν ἱλαρῶν ᾀϲμάτων ποιητήν erwähnt.

Kommentar

363

test. 2 (4) der eine in Ketten lag, die anderen verbannt wurden Libanios denkt an die klassische griechische Geschichte (Miltiades, Themistokles, Aristeides). (6) ἆθλον Da Libanios auch an anderen Stellen anstelle des in der Prosa üblichen Neutrums ἆθλον das maskuline ἆθλοϲ (z. B. ep. 778,1) verwendet, das in klassischer Zeit den Ioniern und den Dichtern vorbehalten war, braucht man dem Vorschlag Reiskes, μέγα anstelle von μέγαν zu schreiben, nicht zu folgen. Allerdings bedeutet das Wort bei Libanios in der Regel „Wettkampf, -bewerb“ und nur selten Siegespreis (etwa or. 24,17). test. 3 Vgl. die Übersetzung von Wiemer, War der 13. Brief 85. test. 4 den Gürtel erhalten hat Seleukos steht also im kaiserlichen Dienst und trägt den Dienstgürtel. Vgl. die Interpretation in der PLRE. Anders bei Bradbury, Letters 194 Anm. 50, der den Gürtel mit der Priesterwürde in Verbindung bringt. test. 5 Vgl. Norman, Libanius Nr. 98. Diesen Brief hatte Libanios an Julian gerichtet, nachdem er ihn zunächst bis Litarba begleitet hatte. Aus gesundheitlichen Gründen musste er zurückkehren, ohne sein Anliegen, nämlich die Versöhnung von Julian mit Antiocheia, erreicht zu haben. Für die Zukunft wird Seleukos als Mittelsmann bezeichnet, der Julian auf der Perserexpedition begleitete.

(C 14) Anonymer Historiker zur Geschichte Julians bei Johannes Antiochenus

Einleitung I. Historische Bemerkungen Johannes Antiochenus enthält zahlreiche Stücke, die über welche Wege auch immer Eutrop entnommen sind1, ferner auch Teile aus dem Kirchenhistoriker Sokrates. Diese Quellen sind auch für die Regierungszeit Julians benutzt worden, nämlich für fr. 271 Roberto Socr. 31,54 f. und für fr. 272 Eutr. 10,16,2 f. Von diesem Muster unterscheidet sich das fr. 264 deutlich. Es berichtet über die Anfänge und die ersten Aktionen von Julian als Usurpator ab 360 n. Chr. Das Fragment lässt sich in zwei Teile gliedern. Der erste Teil über die Selbsterhebung Julians vom Caesar zum Augustus im Februar 360 zeigt auffällige Ähnlichkeiten mit der Struktur der Erzählung Eutrops, wie der Vergleich der Passagen zeigt. Unser Stück aus Johannes Antiochenus berichtet hierzu relativ ausführlich2, wobei enge Beziehungen zur Erzählung Eutrops auffallen. Eutr. 10,15,1 lautet: neque multo post, cum Germaniciani exercitus a Galliarum praesidio tollerentur, consensus militum Iulianus factus est, interiectoque anno (ad Illyricum obtinendum profectus). An Details entsprechen sich: - Joh.: „die sogenannten Germanischen Truppen, die zur Bewachung Galliens seit uralter Zeit dort stationiert waren,“ Eutr.: cum Germaniciani exercitus a Galliarum praesidio tollerentur. - Joh.: „da wurde er durch die Zustimmung der Soldaten, die die Absicht des Constantius erkannt hatten, zum Augustus ausgerufen“ - Eutr.: consensu militum Iulianus factus Augustus est. - Joh.: „und stellte, als er dort noch ein Jahr verblieben war, Gallien wieder her.“ - Eutr.: interiecto anno (ad Illyricum obtinendum profectus).

1

Die Eutropübersetzung bei Johannes Antiochenus wurde lange Zeit (etwa in der Eutrop-Ausgabe Droysens) mit der des Kapiton Lykios identifiziert (vgl. Suda κ 342). Skeptisch U. Roberto, Il Breviarium di Eutropio nella cultura greca tardoantica e bizantino: la versione attribuita a Capitone Licio, MEG 3 (2003) 241–71. Eutropstoff soll Johannes Antiochenus über eine sprachlich einfache griechische Übersetzung erhalten habe, die er dann sprachlich aufpolierte. 2 Vgl. den griechischen Text unter fr. 1.

(C 14) Anonymer Historiker zur Geschichte Julians bei Joh. Ant.

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Neben diesen Parallelen sind freilich bei Johannes zahlreiche tendenziöse Zusatzausführungen zu greifen: Constantius beruft die aus Germanien stammenden Soldaten aus Neid auf die Leistungen Julians ab. Er bezweckt mit dem Abzug der Soldaten Julian dem Verderben auszuliefern. Die Soldaten erkennen die unguten Absichten des Oberkaisers, was sie zur Erhebung Julians zum Augustus anstachelt. Und während Eutrop nur darauf verweist, dass ein Jahr zwischen Usurpation und Aufbruch zum Bürgerkrieg verging, betont die anonyme Quelle, dass Julian in dieser Zeit (als verantwortungsvoller Kaiser und trotz des bevorstehenden Bürgerkriegs!) die Situation an der gallischen Grenze wiederherstellte. Die Passagen, die in diesem Fragment keine Entsprechung zu Eutrop haben, bieten somit tendenziöse Darlegungen, die sich in Varianten auch bei anderen projulianischen Quellen, d. h. bei Libanios, Ammianus Marcellinus und Zosimos finden1. Der zweite Teil des anonymen Fragments beschreibt dann – weitgehend ohne Parallelen mit Eutrop – den Aufmarsch des Kaisers vom Rhein über den Schwarzwald zur Donau, der offenkundig nicht in der Absicht unternommen wird, Constantius II. zu überraschen, sondern weiter dem Kampf gegen die Germanen gilt. Als Constantius vom Marsch Julians erfährt, wendet er sich von seiner Seite aus zum Bürgerkrieg. Die Ähnlichkeit mit der Darstellung Eutrops besteht vor allem darin, dass auch bei diesem darüber berichtet wird, Constantius II., nicht Julian, habe sich zum Bürgerkrieg gewandt2. Allerdings reagiert der Oberkaiser bei Eutrop damit lediglich auf den bereits von Julian vorgenommenen Aufmarsch in Illyricum3, dem er erst mit Verspätung begegnen kann. Die Erzählung von Johannes Antiochenus fr. 264 Roberto enthält zahlreiche Details, die mit der julianischen Propaganda übereinstimmen. Neben den bereits hervorgehobenen Angaben zu den Motiven Julians und des Constantius bei den Ereignissen im Zusammenhang mit der Augustus-Ausrufung Julians 360 weist insbesondere auch der Umstand, dass der Tod des Constantius als Entscheidung der göttlichen Macht dargestellt wird, deutlich auf die pagan-julianische Tendenz hin4. Die anonyme Erzählung ist daher relativ bald nach dem Tod Julians entstanden und stellt einen bisher nicht hinreichend gewürdigten Überrest aus der umfassenden heidnischen historiographischen Produktion dar, die durch die Katastrophe Julians angeregt 1

Vgl. den Kommentar. Eutr. 9,15,2: qui rebus cognitis ad bellum civile conversus in itinere obit. 3 Eutr. 9,15,1. 4 Vgl. den Kommentar. 2

Einleitung

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worden war. Die Parallelen zu Eutrop sind entweder mit einer zeitnahen Aufnahme und Diskussion der Darstellung Eutrops zu erklären oder aber damit, dass Eutrop und die Vorlage dieses bei Johannes erhaltenen Textfragments aus einer gleichen Quelle schöpfen. Eine selbständige Montage durch Johannes Antiochenus wäre gerade, was die zum christlichen Deutungshorizont kaum passenden Stücke der unzweifelhaft projulianischen Tendenz betrifft, mit Sicherheit anders ausgefallen. Ähnlichkeiten zwischen Ammian, Eutrop, Festus, aber auch der spätgriechischen Tradition zeichnen nicht nur die Darstellung der Regierung Julians, sondern auch die seines Nachfolgers Jovian aus, die ebenfalls bei Johannes Antiochenus zu finden ist1. Ob beide Fragmente aus einem einzigen Geschichtswerk stammen, muss gleichwohl offenbleiben. [B. B.] II. Zur Überlieferung der Fragmente des Johannes Die Fragmente2 über Julian in der Ἱϲτορία χρονική des Johannes von Antiochia, die jüngst Roberto und Mariev herausgegeben haben, stammen vornehmlich aus den Mitte des 10. Jh. angefertigten Konstantinischen Excerpta de insidiis. Diese sind von Müller in den FHG, der aber nur eine Handschrift berücksichtigt hat, und de Boor herausgegeben worden. Die Excerpta de insidiis werden von zwei humanistischen Codices, S (cod. Scorialensis Ω 1 11 aus dem 16. Jh.) und P (cod. Parisinus. gr. 1666 aus dem 16. Jh.), der jedoch unvollständig ist, überliefert. Da beide viele Bindefehler aufweisen, stammen sie wohl von einer gemeinsamen Vorlage (vielleicht aus Venedig) ab. [C. S.]

1

Vgl. C 15. Vgl. dazu Roberto, Ioannis Antiocheni Fragmenta XXXI–CXXIV und Mariev, Ioannis Antiocheni Fragmenta 17–30, auf die sich die hier gemachten Ausführungen stützen. 2

fragmentum

5

10

15

20

1. Joh. Ant. fr. 264 Roberto (fr. 203 Mariev) (haustum ex Exc. insid. Joh. Ant. 75 p. 115,11–21 [codd. PS]) (1) ὅτι Ἰουλιανὸϲ ὁ παραβάτηϲ μέχρι μέν τινοϲ δεύτερα λέγων διετέλει τῷ αὐτοκράτορι. (2) ἐπεὶ δὲ πρὸϲ φθόνον τῶν οἱ δρωμένων κινηθεὶϲ Κωνϲτάντιοϲ τὰϲ Γερμανικὰϲ καλουμέναϲ φάλαγγαϲ ἐπὶ φυλακῇ τῆϲ Γαλατίαϲ ἐκ τοῦ παλαιοτάτου καθιδρυμέναϲ ἀπιέναι τῆϲ ϲυνήθουϲ ἠνάγκαζε διατριβῆϲ, ὡϲ μονωθεὶϲ Ἰουλιανὸϲ αὐτῷ τε καὶ τοῖϲ βαρβάροιϲ εὐεπιχείρητοϲ εἴη, καταινέϲει τῶν ϲτρατιωτῶν αἰϲθομένων τῆϲ τοῦ Κωνϲταντίου γνώμηϲ αὐτοκράτωρ ἀποδείκνυται· ἐνιαυτόν τε καταμείναϲ αὐτόθι τὴν Γαλατίαν κατεϲτήϲατο. (3) ἄραϲ δὲ τὸν ϲτρατὸν οὔτε ἐπὶ Ἰταλίαϲ τὴν πορείαν ἐποιεῖτο οὔτε εὔδηλοϲ ἦν πρὸϲ τὸν ἐμφύλιον ὡρμημένοϲ πόλεμον, ἀλλ’ ἐπὶ τοὺϲ βαρβάρουϲ αὖθιϲ ἵετο. γενόμενοϲ δὲ πρὸϲ τῷ ποταμῷ καὶ ἐπιϲτρέψαϲ τὴν πορείαν ἐχώρει ⟨ἐπὶ⟩ τῶν Ἑρκυνίων καλουμένων δρυμῶν. (4) ἐκεῖ δὲ ναῦϲ ποταμίαϲ καταϲκευαϲάμενοϲ καὶ τῆϲ ϲτρατιᾶϲ ὅϲον ἦν κράτιϲτον ἀναλαβὼν παρὰ τὴν ποταμίαν ὄχθην ἐκομίζετο, ὡϲ ἂν λάθοι. καὶ πολλὰ εἰργάϲατο. (5) ὁ δὲ Κωνϲτάντιοϲ ἐπεὶ ᾔϲθετο τοῦτο, πρὸϲ τὸν ἐμφύλιον πόλεμον ϲὺν ὀργῇ τρέπεται· οὐ μὴν ἐξεγένετό οἱ διὰ μάχηϲ ἐλθεῖν τῷ Ἰουλιανῷ βραβεύϲαντοϲ τοῦ θεοῦ τὸν πόλεμον καὶ κατὰ μέϲην αὐτῷ τὴν πορείαν ἐπιγενομένηϲ τῆϲ τελευτῆϲ περὶ Μοψουεϲτίαν πόλιν ἐν ὅροιϲ Κιλίκων τε καὶ Ϲύρων κειμένην, με' τῆϲ ἡλικίαϲ ἐνιαυτῷ, τῆϲ δὲ βαϲιλείαϲ λη'. 1 δεύτερα λέγων Müller : δεύτερα λόγων PS : δευτερολογῶν dub. Müller 4 ἀπιέναι S : ἐπιέναι P : ἐξιέναι Müller 5 post Ἰουλιανὸϲ add. δεδιὼϲ μή ποτε Kambylis apud Mariev 12 ἐπὶ add. Müller | Ἑρκυνίων Müller : ορκυωνίων PS 19 Μοψουκρήνην dub. Müller | ὅροιϲ Cramer : ὀλίγοιϲ PS

Fragment 1. Johannes Antiochenus, fr. 264 Roberto (fr. 203 Mariev) (1) Julian der Abtrünnige blieb bis zu einem gewissen Zeitpunkt dem Kaiser gegenüber im zweiten Rang. (2) Als aber Constantius aus Neid auf die von ihm (d. h. Julian) vollbrachten Taten die sogenannten Germanischen Truppen, die zur Bewachung Galliens seit uralter Zeit dort stationiert waren, zwang, den gewohnten Aufenthaltsort zu verlassen, damit der allein zurückgelassene Julian leicht von ihm und von den Barbaren anzugreifen sei, da wurde er durch die Zustimmung der Soldaten, die die Absicht des Constantius erkannten, zum Augustus ausgerufen und stellte Gallien, als er dort ein Jahr lang blieb, wieder her. (3) Als er mit dem Heer aufbrach, marschierte er weder gegen Italien, noch gab er den Anschein, dass er zum Bürgerkrieg auszog, sondern er rückte erneut gegen die Barbaren vor. Als er aber an den Strom gelangt und abgebogen war, marschierte er ⟨zu⟩ den sogenannten Herkynischen Wäldern. (4) Dort baute er Flussschiffe, nahm den stärksten Teil des Heeres auf und reiste entlang des Flussufers, damit er verborgen blieb. Und er richtete viel aus. (5) Als aber Constantius dies erfuhr, wandte er sich im Zorn zum Bürgerkrieg. Nicht aber wurde es ihm gewährt, Julian im Kampf zu begegnen, da Gott den Lauf des Krieges entschieden hatte und ihn mitten im Vormarsch bei der Stadt Mopsuhestia, die im Grenzgebiet zwischen Kilikien und Syrien gelegen ist, der Tod ereilte im fünfundvierzigsten Jahr seines Lebens, im achtunddreißigsten seiner Kaiserherrschaft.

Kommentar fr. 1 (1) δεύτερα λέγων Das von beiden Codices überlieferte δεύτερα λόγων (im Sinne von „vollendete er Zweitrangiges in den Reden“?), das Mariev abdruckt, schwer verständlich ist, kann man mit Recht wie schon Roberto in seiner Ausgabe Müllers Korrektur δεύτερα λέγων folgen. Die Junktur ist nicht nur temporal aufzufassen, dass man nämlich als Zweiter spricht, sondern bezieht sich metaphorisch auf die Bedeutung des Gesagten und den Rang des Sprechenden, der wie ein Schmeichler sich zurückhält und der anderen Person den Vorrang lässt, vgl. Plut. adul. 10. 54 C: ὁ δὲ κόλαξ ἀεὶ μνημονεύων τοῦ τὰ δεύτερα λέγειν ὑφίεται τῇ ὁμοιότητι τῆϲ ἰϲότητοϲ ἡττᾶϲθαι πανταχοῦ καὶ ἀπολείπεϲθαι πλὴν τῶν φαύλων ὁμολογῶν, vgl. auch die Kritik in frat. amor. 15. 486 A Ἀντίοχοι δὲ καὶ Ϲέλευκοι καὶ πάλιν Γρυποὶ καὶ Κυζικηνοὶ τὰ δεύτερα λέγειν οὐ μαθόντεϲ ἀδελφοῖϲ ἀλλὰ πορφύραϲ καὶ διαδήματοϲ ὀρεγόμενοι πολλῶν μὲν αὑτοὺϲ κακῶν καὶ ἀλλήλουϲ πολλῶν δὲ τὴν Ἀϲίαν ἐνέπληϲαν. Dagegen bedeutet das paläographisch ebenso naheliegende δευτερολογῶν immer „wiederholen“, scheint hier also weniger gut in den Sinnzusammenhang zu passen. im zweiten Rang D. h. er war untergeordneter Caesar gegenüber dem Augustus Constantius II. (2) ὡϲ μονωθεὶϲ Ἰουλιανὸϲ Obwohl das Verständnis dieses Satzes keine Schwierigkeiten bereitet, hat Kambylis vorgeschlagen, nach Ἰουλιανὸϲ ähnlich wie in fr. 272 (p. 458,19 Roberto) οἱ δὲ ᾿Αντιοχεῖϲ … οὐχ ἥκιϲτα … περὶ ϲφῶν αὐτῶν δεδιότεϲ, μή ποτε καὶ αὐτοὺϲ πρόοιτο auch hier die Wörter δεδιὼϲ μή ποτε einzufügen. Abgesehen davon, dass diese Einfügung die Konstruktion dieses Nebensatzes ziemlich kompliziert macht (man würde erwarten διατριβῆϲ, Ἰουλιανὸϲ ὡϲ (?) δεδιώϲ, μή ποτε μονωθεὶϲ αὐτῷ τε καὶ τοῖϲ βαρβάροιϲ εὐεπιχείρητοϲ εἴη), wäre in diesem Fall also Julians Furcht, allein den Barbaren und Constantius ausgeliefert zu sein, Auslöser für dessen Erhebung zum Augustus und würde nicht mehr von dem mit ἐπεί eingeleiteten Nebensatz abhängen, sondern direkt vom Hauptsatz. Marievs Übersetzung „in order to render Julian (who would be stripped of his military forces) easy prey for him and the barbarians“ entspricht aber nicht dem von ihm gebotenen Text. Da der ὡϲ-Satz die Absicht

Kommentar

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des Constantius für den Abzug der Truppen in aller Deutlichkeit angibt, bedarf es keiner weiteren Änderung des Textes. Neid auf die von ihm (d. h. Julian) vollbrachten Taten Vgl. Amm. 20,4,1: urebant Iuliani virtutes, quas per ora gentium diversarum fama celebrior effudebat magnorum eius laborum factorumque vehens adoreas celsas post Alamannia quaedem regna prostrata receptaque oppida Gallicana ante direpta a barbaris et excisa, quos tributarios ipse fecit et vectigales. Es sollen Ruhmestaten Julians unterbunden werden: Amm. 20,4,2. S. ferner Liban. or. 18,91; Iul. imp. ep. ad Ath. 282 c. Germanischen Truppen … dort stationiert waren Zu den Vereinbarungen, dass die in Gallien stationierten, aus Germanien kommenden Truppen nicht abgezogen werden durften, vgl. Amm. 20,4,4: ut illi nullas paterentur molestias, qui relictis laribus transrhenanis sub hoc venerat pacto, ne ducerentur ad partes umquam transalpinas. Diese Regelung nicht einzuhalten, würde, so argumentiert Julian gegenüber Constantius, dazu führen, dass in Zukunft keine freiwilligen Aufgebote aus dem germanischen Gebiet ins römische Hoheitsgebiet gelangen würden: verendum esse affirmans, ne voluntarii barbari militares saepe sub eiusmodi legibus assueti transire ad nostra hoc cognito deinceps arcerentur. Die bei Eutr. 10,15,1 erwähnten Germaniciani sind an sich die aus den linksrheinischen germanischen Provinzen rekrutierten Truppen, aber keine Germanen. Solche Germaniciani werden in der Juthungeninschrift erwähnt, vgl. zur Diskussion Th. Kissel, Die Germaniciani aus Lyon: Eine schnelle Eingreiftruppe im 3. Jahrhundert n. Chr.? Saalburg Jahrbuch 48 (1995) 100–107 (Vexillationen aus den vier Legionen der Germania superior und inferior, die seit Septimius Severus in Lyon stationiert sind); K. P. Johne, Semnonen am Lech. Der Augsburger Victoria-Altar und die Historia Augusta [2001], in: K. P. Johne, Kaiser, Konsuln und Kolonen. Studien zur Kaiserzeit und Spätantike, Hamburg 2007, 79–91, hier 87 (aus den Provinzen Germania superior und inferior). In der Spätantike hatten sich aus den Germaniciani der Reichskrise Truppen des Bewegungsheers gebildet, vgl. R. Scharf, Germaniciani und Secundiani – ein spätrömisches Truppenpaar, Tyche 7 (1991) 197–202. Johne verweist auf Hist. Aug. Alb. 1,2: „Diese Bedeutung hat eine Parallele in der Historia Augusta, wo einmal von Germaniciani exercitus, ‚Heeren aus den germanischen Provinzen‘, die Rede ist. Die handschriftliche Überlieferung bietet allerdings die Formen Germaniani und Germanici. Die dem Augsburger Stein entsprechende Wortform ist erst eine zweifellos berechtigte Konjektur des berühmten Editors Claudius Salmasius aus dem frühen 17. Jahrhundert.“

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Der Fall zeigt, dass die Verwechslung von Germaniciani, also Truppen aus den Provinzen Germania superior und inferior, und Truppen germanischer Herkunft verbreitet war. Im Unterschied zu Eutrop unterläuft der von Johannes Antiochenus benutzten Quelle die Verwechslung zwischen Germaniciani und Germanen nicht. von den Barbaren anzugreifen sei Bei Ammian soll vor allem durch den Abzug der Truppen Gallien den Barbaren preisgegeben werden. Vgl. Amm. 20,4,7: abstrahendos e Galliarum defensione pugnaces numeros barbarisque iam formidatos. Die Vorstellung, dass Julian nicht nur von den Barbaren, sondern auch von Constantius II. angegriffen werden soll, bedeutet eine weitere Steigerung der tendenziösen Verzerrung. In Liban. or. 12,62 setzt Constantius die Germanen und Goten gegen Julian in Bewegung. Eine ähnliche Version bietet Liban. Or. 18,90-93. Absicht des Constantius erkannten Wie die Soldaten die Absicht des Constantius II. erkennen konnten, bleibt offen. Solche Erklärungen zur Motivation gehören aber zum Genre der großformatigen Historiographie. In diesem Fall dürfte allerdings auch zu berücksichtigen sein, dass die Hintermänner Julians die Soldaten über die Absichten des Oberkaisers „informierten“. Instruiert wurden die Offiziere in von Julian organisierten Banketten, vgl. Amm. 20,4,13 und Zonar. 13,10,11. dort ein Jahr blieb Gemeint ist, dass das Jahr 360/361 weiter zur Verteidigung Galliens gegen die Germanen genutzt wurde. (3) noch gab er den Anschein, dass er zum Bürgerkrieg auszog Ein Einfall in Oberitalien oder nach Illyricum wäre als Auftakt eines Bürgerkriegsfeldzugs empfunden worden. Andere Quellen berichten dagegen, dass Julian in einer Ansprache vor dem Aufbruch nach Illyricum bereits seine feindseligen Absichten bekannt gab, vgl. Zonar. 13,11,3 (Jahreswende 360/361); Amm. 21,5,2–8 (unmittelbar vor dem Aufbruch). marschierte er zu den sogenannten Herkynischen Wäldern Julian gelangt zum Rhein und marschiert von dort aus weiter in den Schwarzwald, den „Herkynischen Wäldern.“ Amm. 21,8,2; Tab. Peut. 3 f. sprechen dagegen von Marcianae silvae. Der seit Caesar bekannte unbestimmte Begriff für das vom Schwarzwald bis tief nach Mitteleuropa reichende Waldmassiv wird im Rahmen der Darstellung der Feldzüge Julians mit seinen historischen Reminiszenzen reaktiviert, vgl. P. Kehne, s. v. Hercynia silva. § 2 Historisches, RGA 14 (1999) 398–401, hier 400. Julian selbst hat von der Undurchdringlichkeit des von ihm durchschrittenen „herkynischen Waldes“

Kommentar

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berichtet, vgl. Iul. imp. ep. 25 b (Sud. χ 473, s. auch Sud. ε 3019). Vgl. auch Caltabiano, L’epistolario di Giuliano, 93 und 241. (4) Flussschiffe Amm. 21,9,2 spricht von lembi; Paneg. 3 (11) 8,3 (Claudius Mamertinus) von lembi und liburnae. Bei Ammian findet Julian die Schiffe zufällig vor: lembis escensis quos opportune fors dederat plurimos. entlang des Flussufers Mit dem Fluss ist die nach der Durchquerung des Schwarzwaldes erreichte Donau gemeint. Zur Diskussion der Passage s. Bleckmann, Fragmente heidnischer Historiographie 67. Gegenüber Roberto, Ioannis Antiocheni Fragmenta 449, der von einer Überquerung des Flusses spricht, muss festgehalten werden, dass die Truppen entlang des Ufers geführt werden, vgl. die richtige Übersetzung von Mariev. Es geht nicht um die bei Amm. 21,4,8 beschriebene Aktion, in der Julian Truppen in der Nacht über den Rhein führt, vgl. zum Angriff S. Lorenz, Imperii fines erunt intacti. Rom und die Alemannen 350–78, Frankfurt 1997,10. Die dargestellten Ereignisse entsprechen vielmehr Amm. 21,8,2 mit der Darstellung des Vormarschs Julians von Basel in Richtung auf Illyricum. Der Weg führte nach Koch, Kaiser Julian 475 über Vindonissa, Tenedo, Brigobanne (auf der Tabula Peutingeriana = Hüfingen). Greg. Naz. or. 4,47 berichtet über die Fahrt durch das eigene Territorium und entlang der „barbarischen Küste“, bis er verborgen bis in die Nähe des Kaisersitzes gelangt: οὐ μὴν ἐπεϲχέθη γε τῆϲ ὁρμῆϲ, ἀλλὰ τάχει πολλῷ τήν τε οἰκείαν καὶ τῆϲ βαρβαρικῆϲ ὄχθηϲ ὅϲη ἐϲτι διαδραμὼν καὶ τῷ λαθεῖν μᾶλλον ἢ τῷ κρατεῖν τὴν πάροδον ἁρπάϲαϲ πληϲίον τῶν βαϲιλείων γίνεται. Bernard übersetzt: „En tout cas, il ne fut arrêté dans ses propres domaines et ce qu’il pouvait y avoir de rivages barbares sur son chemin, après s’être assuré le passage plus par la ruse que de vive force, il s’approche de la cour.“ Zum Terminus „Küste der Barbaren“ s. auch Zos. 3,10,3. damit er verborgen blieb Zum verborgenen Aufmarsch vgl. Greg. Naz. or. 4,47 τῷ λαθεῖν μᾶλλον. Liban. or. 12,63; Amm. 21,9,2: per alvum quantum fieri potuit ferebatur occulte, ideo latens … oppida forinsecus transibat et castra. Zu Gregor und Ammian vgl. Kurmann, Gregor von Nazianz 163 f. er richtete viel aus Der Aufmarsch des Julian soll also, auch als er den Schwarzwald durchquert und die Donau abwärts fährt, ausschließlich der Bekämpfung der Germanen dienen. Erst durch die Gegenreaktion des Constantius wird daraus ein Bürgerkrieg. Da die Alamannen als Verbündete des Constantius II. dargestellt werden (gedacht ist an den Fall Vadomars), geht der Feldzug gegen sie nahtlos in den Bürgerkrieg gegen Constantius II.

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über, ohne dass der Angriff auf Illyricum durch Julian als Eskalationsmaßnahme erscheinen muss, vgl. die Argumentation bei Mamertinus, Paneg. 3 (11),6, 1 f.: „Ich lasse beiseite, wie die gesamte Barbarenwelt aufgewiegelt wurde, gegen den Beschützer der Freiheit Roms die Waffen zu ergreifen (…). Also hat er zunächst Alamannia genau zu Beginne eines erneuten Rebellionsversuchs überwältigt; darauf ist er, der kurz zuvor mit seinem siegreichen Heer Landschaften, Flüsse und Bergregionen mit noch nie gehörten Namen durchquert hatte, entlegenste Reiche wilder Stämme, im Flug hineilend über die Häupter von Königen, die er mit Füßen trat, unerwartet mitten im Herzen des Illyric*ms aufgetaucht.“ (Übersetzung Müller-Rettig). Die von Mamertinus geschilderten Erfolge Julians sind wohl nicht als Erfolge gegen die Sarmaten zu verstehen, s. dazu Einl. zu C 7 (Kyllenios). (5) Μοψουεϲτίαν Da nach Strab. 14,5,19 p. 676 C Mopsuestia an der Grenze zwischen Kilikien und Syrien lag (καὶ Μοψουεϲτία καὶ αἱ πύλαι λεγόμεναι ὅριον Κιλίκων τε καὶ Ϲύρων), braucht man nicht nach Ammian 21,15,2, der Mobsucrenae hat, den Text des Johannes zu ändern, s. dazu auch den hist. Komm. unten. im Zorn zum Bürgerkrieg Vgl. zur angeblichen Verantwortung des Constantius für den Aufmarsch zum Bürgerkrieg Amm. 21,15,1: ingressus itaque Antiochiam festinando Constantius ad motum certaminum civilium, ut solebat, avide surrecturus. Allerdings kehrt Constantius II. zuvor erst, nachdem er den Perserkrieg beendet hat und vom Vormarsch des Julian erfahren hat, von der Ostgrenze nach Antiocheia zurück vgl. Amm. 21,13,7. da Gott den Lauf des Krieges entschieden hatte Zur Übersetzung vgl. Marievs englische Übersetzung. Die Vorstellung, dass durch den Tod des Constantius II. die Gottheit zugunsten Julians entschieden hatte, hat das Sendungsbewusstsein Julians stark bestimmt, vgl. Greg. Naz. Or. 4,47: „Gemäß seinen Anhänger wurde er veranlasst, diesen Feldzug zu unternehmen (gegen Constantius II.) wegen der Vorhersage dessen, was sich ereignen werde.“ S. auch Iul. imp. ep. 14 und 28; Liban. or. 13,40 f.; Amm. 21,1,2 und 2,2; Zos. 3,9,6; Zonar. 13,11,9; Soz. 5,1,8 f. Zur Polemik des Gregor von Nazianz, vgl. Kurmann, Gregor 164. im Grenzgebiet zwischen Kilikien und Syrien Vgl. zur Einordnung Bleckmann, Fragmente heidnischer Historiographie 68 mit Anm. 32. Vgl. Socr. 2,47,4 und Soz. 5,16. Bei Eutrop 10,15,2 befindet sich der Todesort (also Mopsukrene) an der Grenze zwischen Kilikien und Kappadokien. im achtunddreißigsten seiner Kaiserherrschaft Gerechnet ab der Erhebung zum Caesar im November 324.

(C 15) Anonymer Historiker zur Geschichte Jovians bei Johannes Antiochenus

Einleitung I. Historische Bemerkungen Johannes Antiochenus bietet in seiner teils aus Eutrop und Sokrates schöpfenden Erzählung zu Jovian auch ein längeres Stück aus unbekannter Quelle, das ein sehr ungünstiges Bild von Jovian (363–64) und seinem Friedensschluss bietet. Geschildert wird die verantwortungslose Flucht des neuen Kaisers aus Nisibis und die Vernichtung des Traianeums in Antiocheia, ferner die maßlose Schmähung durch die Bevölkerung von Antiocheia, bis der Prätorianerpräfekt Salutius dem Aufruhr Einhalt gebieten kann. Ein Parallelbericht ist aus der Suda bekannt. Wegen der deutlich antichristlichen und gegen Jovian eingenommenen Tendenz werden die Stücke oft als Fragmente aus dem Geschichtswerk Eunaps identifiziert1. Diese Identifizierung ist allerdings dann, wenn man in Rechnung stellt, dass Zosimos ein relativ getreues Eunapexzerpt bietet, wenig wahrscheinlich2. Während nämlich aus Zosimos eindeutig hervorgeht, dass der Kaiser Jovian Nisibis nicht betrat3, findet man bei Johannes Antiochenus im Gegenteil ausgesagt, dass der Kaiser immerhin zwei Tage in Nisibis verbrachte und erst dann die Stadt heimlich verließ4. 1

Zu dieser These vgl. C. de Boor, Zu Johannes Antiochenus, Hermes 20 (1885) 321–30, hier 329 f. Die Suda (vgl. das zweite Fragment) benutze einerseits Johannes Antiochenus, andererseits die Quelle des Johannes Antiochenus, nämlich Eunap. De Boor verweist zur Begründung auf A. Köcher, De Johannis Antiocheni aetate, fontibus, auctoritate, Diss. Bonn 1871, 34. Bei Blockley wird das Suda-Stück als Eunap-Fragment 29,1 geführt. 2 G. Wirth, Jovian. Kaiser und Karikatur, in: E. Dassmann / K. Thraede (Hgg.), Vivarium. Festschrift Theodor Klauser zum 90. Geburtstag, München 1984, 353– 84, hier 382 weist der Darstellung in der Suda und bei Johannes Antiochenus zeitgenössische „oppositionelle Züge“ zu und scheint ebenfalls keine Herkunft der Passagen aus Eunap zu erwägen. 3 Vgl. Zos. 3,33,2; Amm. 25,8,17. S. auch Kommentar zu Magnos von Karrhai (KFHist C 11), fr. **2. Zum Bericht Ammians über die Auslieferung von Nisibis s. auch. S. Belcher, Ammianus Marcellinus and the Nisibene Handover of AD 363, in: A. Sarantis / N. Christie (Hgg.), War and Warfare in Late Antiquity, Band 2, Leiden 2013, 631–52. 4 Eine Harmonisierung versuchen Den Boeft u. a., Commentary on Ammianus XXV 275 „Jovian remained near Nisibis only for two days (…). Zos. 3,33,2 confirms that Jovian did not enter the city but encamped outside its walls.”

Einleitung

379

Ähnliche Unterschiede zu dem aus Eunap entnommenen Bericht des Zosimos fallen auch für den im Text geschilderten Aufenthalt des Jovian in Antiocheia auf1. Für den Antiochia-Aufenthalt des Kaisers ist nämlich bei Zosimos nur ausgesagt, dass der Kaiser mit seiner Garde, also mit den protectores domestici, nach Antiocheia gelangte, während der Rest der Armee sich offenkundig abspaltet und die Leiche Julians nach Tarsos begleitet. Über die besondere Eile, die Jovian dazu drängt, trotz des Winters und der negativen Vorzeichen Antiocheia zu verlassen, schreibt Ammianus Marcellinus (25,10,4): moratum paulisper Antiochiae principem curarumque ponderibus diversis afflictum exeundi mira cupiditas agitabat; proinde nec iumento parcens nec militi flagrante hieme die profectus, signis vetantibus plurimis Tarsum urbem Cilicum nobilem introiit2. Hier treibt sich allerdings Jovian selbst zur Eile an und nimmt keine Rücksicht auf die Soldaten oder die negativen Vorzeichen. In unserem anonymen Text muss er dagegen zur Eile getrieben werden, weil sein Aufenthalt in Antiocheia angesichts der Stimmung der Bevölkerung zum Problem wird. Das gelingt dem praefectus praetorio Salustius, nachdem er sich seinerseits in Antiocheia eingefunden hat. Johannes Antiochenus hier von der übrigen Tradition deutlich abwiechende Informationen. Als Argument für eine Identifizierung mit Eunap kann auch nicht die auffällige und intensive Benutzung von Homerversen angeführt werden, weil es sich hier um zeitnahe und politisch aktuelle Verwendungen handelt, die dem aktuellen Diskurs in Antiocheia entsprechen und nicht erst nachträglich von Homer eingefügt worden sind. Ein Beispiel scheint hier besonders ins Auge zu springen. Zu den gegenüber Jovian formulierten Schmähungen gehört eine Variante von Homer. Il. 2,261–63. Bei Homer lauten die drei Verse (aus der Drohung des Odysseus gegen Thersites): εἰ μὴ ἐγώ ϲε λαβὼν ἀπὸ μὲν φίλα εἵματα δύϲω,/ χλαῖναν τ’ἠδὲ χιτῶνα, τά τ’αἰδόα ἀμφικαλύπτει/ αὐτὸν δὲ κλαίοντα θοὰϲ ἐπὶ ἀφήϲω. („Wenn ich dich nicht ergreif‘ und jedes Gewand dir entreiße,/ Deinen Mantel und Rock, und was die Scham dir umhüllet,/ Und mit lautem Geheul zu den rüstigen Schiffen dich sende“ [Voss]). Für ἐπὶ νῆαϲ ist allerdings im Homerzitat pas-

1

Vgl. Zos. 3,34,3. Zum Aufenthalt in Antiocheia s. Cod. Theod. 10,19,2 (22. Oktober 363) mit Destephen, Voyage impérial, 366. Am 12. November hatte Jovian Antiocheia noch nicht verlassen: Cod. Theod. 11,20,1. Vgl. Amm. 25,10,4: moratum paulisper Antiochiae. 2 Zum Weg von Antiocheia nach Tarsos vgl. Zonar. 13,14,10.

(C 15) Anonymer Historiker zur Geschichte Jovians bei Joh. Ant.

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send zu den Zeitumständen ἐπὶ Πέρϲαϲ gesetzt. θοάϲ ist durch θοῶϲ ersetzt. In der Variante des Homerverses soll also Jovian, seiner Kaisergewänder entledigt und nackt rasch zu den Persern zurückgeschickt werden. Dieser Wunsch erklärt sich vor dem Hintergrund der erbitterten Diskussion um den Jovianfrieden und der dort vereinbarten Abtretung von Nisibis1. Behauptet wurde zu einem sehr frühen Zeitpunkt – die Version ist bereits im ca. 369 verfassten Breviarium Eutrops verfestigt – die Römer hätten Vereinbarungen, in denen nach einer Niederlage Territorien abgetreten wurden, sofort wieder rückgängig gemacht. Eine besondere Rolle spielt unter den für diese These angeführten Exempla die vorübergehend abgeschlossene und dann sofort kassierte Vereinbarung des Hostilius Mancinus mit den Numantinern2. Dessen Fall hatte Eutrop bereits in 4,17,1 eingehend beschrieben: post eum C. Hostilius Mancinus consul iterum cum Numantinis pacem fecit infamem, quam populus et senatus iussit infringi atque ipsum Mancinum hostibus tradi, ut in illo, quem auctorem foederis habebant, iniuriam soluti foederis vindicarent. Im Schmähvers wird also der Wunsch formuliert, dass der Vertrag Jovians mit den Persern kassiert und Jovian als der allein für den Friedensvertrag Verantwortliche an die Perser zurückgeschickt wird. Dass dabei an das Exemplum des Hostilius Mancinus gedacht wurde, könnte die Betonung der Nacktheit des ausgelieferten Kaisers erklären. Denn dieses Detail findet sich in der Schilderung der Auslieferung des Mancinus bei Oros. 5,4,21: senatus dissolvi foedus et Mancinum dedi Numantinis praecepit: qui nudato corpore manibusque post tergum revinctis ante portas Numantinorum expositus ibique usque in noctem manens, a suis desertus, ab hostibus autem non susceptus lacrimabile utrisque spectaculum praebuit. Vgl. Vell. 2,1,5: nudus ac post tergum religatis manibus; Plut. Tib. Gracch. 7,3: γυμνὸν καὶ δεδεμένον (gemeint ist wirklich „nackt“ und nicht, wie in der Übersetzung von Wuhrmann „wehrlos“). Es besteht daher eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür, dass Johannes Antiochenus eine Erzählung reflektiert, die von Eunap und Ammian abweichende Informationen zum Nisibis und Antiocheia-Aufenthalt des Kaisers bietet, gleichwohl aber ein zeitgenössisches Gepräge aufweist. Das Frag-

1

Vgl. fr. 1 b: Schmähungen erfolgen διὰ τὴν Νιϲίβιδοϲ προδοϲίαν. Eutr. 10,17,2: quod ante eum (Jovian) annis mile centum et duobus de viginti fere, ex quo Romanum imperium conditum erat, numquam accidit. quin etiam legiones nostrae ita et apud Caudium per Pontium Telesinum et in Hispania apud Numantiam et in Numidia sub iugum missae sunt, ut nihil tamen finium traderetur. 2

Einleitung

381

ment bietet dabei ein Beispiel für einen Sonderfall der panegyrischen Zeitgeschichtsschreibung. Während die übrigen Stücke in dieser Sammlung eher Geschichtsschreibung cum studio dokumentieren, hat man es hier mit einer historischen Invektive cum ira zu tun, in der Art der Alexandergeschichte des Ephippos oder der Anekdota Prokops. Der fragmentarische Zustand lässt allerdings kein Urteil darüber zu, ob Jovian im Zentrum des Geschichtswerks stand oder ob er in ähnlicher Weise wie bei Ammianus Marcellinus als Hauptfigur in einem unwürdigen Epilog zur Regierungszeit der Lichtgestalt Julians verwendet wurde1. II. Zur Überlieferung der Fragmente des Johannes Das Jovian2 betreffende Fragment stammt aus den Excerpta de virtutibus et vitiis, die in der ursprünglich aus Zypern stammenden Handschrift T (cod. Turonensis C 980, 11. Jh.) überliefert und zuerst von Henri Valois und dann von Büttner-Wobst herausgegeben worden sind. Daneben überliefert auch die eine Generation später entstandene Suda indirekt historisches Material des Johannes Antiochenus, das aber den Excerpta Constantiniana und nicht der Ἱϲτορία χρονική selbst entnommen worden ist, da das Material aus der Suda zahlreiche gemeinsame Korruptelen und Bindefehler mit den Excerpta Constantiniana aufweist. Dabei handelt es sich mit ganz wenigen Ausnahmen (am Anfang eines Lemmas wird meistens ὅτι entfernt) jeweils um eine wörtliche Abschrift der Vorlage (so Roberto, Ioannis Antiocheni LXXIX). Da der Verfasser der Suda vollständigere Exemplare der Excerpta Constantiniana besaß, bietet die Suda an vielen Stellen einen besseren Text als T und kann dort Lücken füllen, wo sie denselben Text behandelt (so etwa in fr. 1a,7 ἐπράχθη ἂν ἄτοπα, das in T fehlt). Weiterreichende Unterschiede zwischen den Lemmata der Suda und den Excerpta Constantiniana beruhen dagegen wohl auf der Tatsache, dass der Text des Johannes Antiochenus in den verschiedenen Excerpta Constantiniana je nach Interesse des Exzerptors auf unterschiedliche Weise exzerpiert worden ist und die einzelnen Exzerpte neben Überschneidungen auch Unterschiede aufweisen. Der Text der Suda beruht also dort, wo er von demjenigen der Excerpta virt. vit. abweicht, auf einem anderen nicht mehr erhaltenen konstantinischen Exzerpt. 1

Auch bei Magnos von Karrhai ist die rasche Kapitulation Jovians möglicherweise als Nachspiel der Kampagne des Julian behandelt worden, s. KFHist C 11. 2 Vgl. dazu auch die Ausführungen in der Einl. zu C 14 S. 369.

fragmenta

1a

5

10

15

20

Joh. Ant. fr. 273.1 Roberto (fr. 206 Mariev) (haustum ex Exc. virt. vit. Joh. Ant. 63 [I p. 200,22 – 201,26] [cod. T]; cf. Sud. ι 401 = test. 1b) (1) ὅτι ᾿Ιοβιανὸϲ ὁ βαϲιλεὺϲ ῾Ρωμαίων ὁ μετὰ ᾿Ιουλιανὸν ἄρξαϲ τῇ τοῦ πατρὸϲ μᾶλλον ἤπερ τῇ οἰκείᾳ δόξῃ τοῖϲ περὶ τὸ ϲτρατόπεδον ἔγνωϲτο. … (2) ἐλθὼν δὲ εἰϲ Νίϲιβιν πόλιν πολυάνθρωπον καὶ εὐδαίμονα, δύω μόνων ἡμερῶν ἐνδιατρίψαϲ αὐτῇ ὅϲαπερ εἶχε χρήματα κατηνάλωϲεν τοῖϲ ἐν αὐτῇ κατοικοῦϲιν μηδενὸϲ μεταδοὺϲ ἢ λόγου φιλανθρώπου ἢ πράξεωϲ ἀγαθῆϲ· νυκτόϲ τε ὑπεχώρηϲε χαίρειν αὐτῇ πολλὰ φράϲαϲ, ὥϲπερ ἐχθρῷ καὶ νεκρῷ ϲώματι μηδὲ δάκρυον ἐπιϲταλάξαϲ, δι’ ἣν αὐτόϲ τε ἐϲώθη καὶ τοὺϲ ὑπολειφθένταϲ ἐκ τῶν τοῦ πολέμου κινδύνων διέϲωϲεν, ἄνθρωποϲ οὐ δι’ ἀρετὴν οἰκείαν, ἀλλὰ διὰ τὴν τοῦ πατρὸϲ δόξαν ἐϲ τοϲοῦτον τύχηϲ προελθών. (3) ἦν μὲν γὰρ οὐδὲ παντάπαϲιν ἀϲθενὴϲ τὸ ϲῶμα οὔτε πολεμικοῖϲ ἔργοιϲ ἀγύμναϲτοϲ· ἀμελέτητοϲ δὲ ὢν καὶ ἄγευϲτοϲ παιδεύϲεωϲ καὶ ἣν εἶχε φύϲιν διὰ ῥᾳθυμίαν ἠμαύρου καὶ ἠφάνιζε. (4) διόπερ καὶ τὴν Νιϲιβηνῶν πόλιν φεύγων ὡϲ εἰπεῖν ᾤχετο, ἀπολαῦϲαι ϲπουδάζων τοῦ ϲυμβάντοϲ αὐτῷ παρ’ ἐλπίδα ἀξιώματοϲ καὶ γίνεϲθαι τῶν ῾Ρωμαϊκῶν ἐθνῶν ἐντὸϲ εἰϲ ἐπίδειξιν τῆϲ τύχηϲ· καὶ ἤλαυνεν ἐπὶ Ϲυρίαν μετὰ τοῦ ϲτρατοῦ παντόϲ. (5) οἱ δὲ ᾿Αντιοχεῖϲ οὐχ ἡδέωϲ διέκειντο πρὸϲ αὐτόν, ἀλλ’ ἀπέϲκωπτον αὐτὸν ᾠδαῖϲ καὶ παρῳδίαιϲ καὶ τοῖϲ καλουμένοιϲ φαμώϲϲοιϲ, μάλιϲτα μὲν διὰ τὴν τῆϲ Νιϲίβιδοϲ προδοϲίαν, οὐχ ἥκιϲτα δὲ περὶ ϲφῶν αὐτῶν δεδιότεϲ, μή ποτε καὶ αὐτοὺϲ πρόοιτο ἀγαπήϲαϲ καὶ ἐν ὀλίγῳ μέρει τῆϲ ῾Ρωμαϊκῆϲ οἰκουμένηϲ κρατεῖν· (6) καθαπτόμενοι καὶ τῆϲ γυναικὸϲ αὐτοῦ διὰ τὴν τοῦ ἱεροῦ καταϲτροφήν. ᾿Αδριανὸϲ μὲν γὰρ ὁ βαϲιλεὺϲ εἰϲ ἀποθέωϲιν καὶ τιμὴν τοῦ πατρὸϲ Τραϊανοῦ ἔκτιϲε 3 Νίϲιβιν Exc. : ἀρχῆϲ e Sud. corr. Valesius 8 sq. ὑποληφθένταϲ Valesius 10 τύχηϲ Exc. : ἀρχῆϲ Sud. 13 ῥᾳθυμίαϲ Exc. : e Sud. corr. Valesius | ἠμαύροι Exc. : e Sud. corr. Valesius 14 νοϲιβηνῶν : corr. Valesius 15 τῷ ϲυμβάντι … ἀξιώματι Exc. : e Sud. corr. Umberto 20 νιϲίβιοϲ Exc. : e Sud. corr. Umberto 23 ἀδρινοϲ Exc. : corr. Valesius

Fragmente

1a Johannes Antiochenus fr. 273.1 Roberto (fr. 206 Mariev) (1) Jovian, Kaiser der Römer, der nach Julian die Herrschaft übernahm, war eher durch den Ruhm seines Vaters als durch seinen eigenen beim Heer bekannt. … (2) Als er nach Nisibis kam, einer bevölkerten und prosperierenden Stadt, verbrachte er dort nur zwei Tage und verbrauchte alles Geld, das sie hatte, wobei er den dort Wohnenden weder ein menschenfreundliches Wort noch eine gute Tat zukommen ließ. Nachts verließ er sie, wobei er ihr gern Lebewohl sagte und wie bei einem feindlichen und toten Körper nicht einmal eine Träne für sie vergoss, durch die er sich selbst und die, die übriggeblieben waren, aus den Gefahren des Krieges gerettet hatte, ein Mensch, der nicht durch die eigene Tüchtigkeit, sondern durch den Ruhm des Vaters in diese hohe Stellung des Glücks gelangt war. (3) Er war nämlich körperlich keineswegs schwächlich noch in kriegerischen Angelegenheiten unerfahren; aber da er in der Bildung ungeübt und unerfahren war, ließ er sogar die gute Anlage, die er hatte, durch Leichtsinn verkümmern und verschwinden. (4) Deswegen verliess er sozusagen fluchtartig die Stadt der Nisibener, da er danach eiferte, die ihm unerwartet zugefallene Würde zu genießen und sich innerhalb der römischen Provinzen einzufinden, um sein Glück vorzuzeigen. Und er eilte nach Syrien mit seinem gesamten Heer. (5) Die Antiochener waren ihm gegenüber aber nicht wohlgesonnen, sondern sie verspotteten ihn mit Liedern, Spottreimen und den sogenannten famosi (libelli), am meisten wegen des Verrats von Nisibis, wobei sie aber nicht am wenigsten für sich selbst Furcht hatten, dass er irgendwann einmal auch sie selbst preisgeben werde, da er sich damit zufrieden gab, auch nur über einen kleinen Teil des römischen Reiches zu herrschen. (6) Dabei griffen sie auch seine Frau an wegen der Zerstörung des Tempels. Denn der Kaiser Hadrian hatte für die Vergött-

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(C 15) Anonymer Historiker Jovians bei Joh. Ant.

μικρόν τινα καὶ χαριέϲτατον ναόν, ὃν ᾿Ιουλιανὸϲ ὁ παραβάτηϲ βιβλιοθήκην κατεϲκεύαϲεν· ὃν ϲὺν τοῖϲ βιβλίοιϲ ᾿Ιοβιανὸϲ κατέκαυϲεν. (7) καὶ πολλὰ εἰϲ αὐτὸν εἰπόντων ᾿Αντιοχέων ⟨ἐπράχθη ἂν ἄτοπα⟩, εἰ μὴ Ϲαλούϲτιοϲ παραγενόμενοϲ ἔπαυϲε τὴν ϲτάϲιν καὶ τὸν ᾿Ιοβιανὸν μὴ βουλόμενον παρώρμηϲεν ὁδοιπορῆϲαι, καὶ ταῦτα χειμῶνοϲ 30 ὄντοϲ, ἐπὶ Κιλικίαν καὶ Γαλατίαν. (8) καὶ ᾿Ιοβιανὸϲ μὲν ἐν Δαδαϲτάνοιϲ ἀφίκετο τὴν τοῦ Χριϲτοῦ δόξαν ἀνακηρύττων. 25

27 ἐπράχθη ἂν ἄτοπα e Sud. add. Valesius

1b Sud. ι 401 (codd. A2[GIVM]); v. 27 sq.: accedit Exc. virt. vit. Joh. Ant. 64 (II p. 201,27 sq.); (= Joh. Ant. fr. 273.2 Roberto = fr. 206 app. Mariev) (1) οὗτοϲ μετὰ Ἰουλιανόν, ὡϲ εἴρηται, τῆϲ Ῥωμαίων βαϲιλείαϲ ἐγκρατὴϲ γενόμενοϲ, πάντων καταφρονήϲαϲ ἐϲπούδαζε τοῦ ϲυμβάντοϲ αὐτῷ ἀξιώματοϲ ἀπολαῦϲαι καὶ φεύγων ἐκ Περϲίδοϲ ἔϲπευδε γενέϲθαι τῶν Ῥωμαϊκῶν ἐθνῶν ἐντὸϲ εἰϲ ἐπίδειξιν τῆϲ τύ5 χηϲ καὶ τὴν Νίϲιβιν πόλιν τοῖϲ Πέρϲαιϲ πάλαι Ῥωμαίοιϲ οὖϲαν κατ -ήκοον ἐκδίδωϲιν. (2) ἀπέϲκωπτον οὖν αὐτὸν ᾠδαῖϲ καὶ παρῳδίαιϲ καὶ τοῖϲ καλουμένοιϲ φαμώϲϲοιϲ διὰ τὴν τῆϲ Νιϲίβιδοϲ προδοϲίαν. (3) ὁ δὲ Ἰοβιανὸϲ ἐκ τῆϲ γυναικὸϲ αὐτοῦ κινηθεὶϲ τὸν ὑπὸ Ἀδριανοῦ τοῦ βαϲιλέωϲ κτιϲθέντα ναὸν χαριέϲτατον ἐϲ ἀποθέωϲιν τοῦ 10 πατρὸϲ Τραϊανοῦ, παρὰ δὲ τοῦ Ἰουλιανοῦ καταϲταθέντα βιβλιοθήκην εὐνούχῳ τινὶ Θεοφίλῳ κατέφλεξε ϲὺν πᾶϲιν οἷϲ εἶχε βιβλίοιϲ, αὐτῶν τῶν παλλακίδων ὑφαπτουϲῶν μετὰ γέλωτοϲ τὴν πυράν. (4) οἱ δὲ Ἀντιοχεῖϲ ἠγανάκτηϲαν κατὰ τοῦ βαϲιλέωϲ καὶ τὰ μὲν ἀπέρριπτον τῶν βιβλίων ἐϲ τὸ ἔδαφοϲ, ὥϲτε ἀναίρεϲθαι τὸν βουλό15 μενον καὶ ἀναγινώϲκειν, τὰ δὲ τοῖϲ τοίχοιϲ προϲεκόλλιζον. (5) ἦν δὲ τοιαῦτα· „ἤλυθεϲ ἐκ πολέμου, ὡϲ ὤφελεϲ αὐτόθ’ ὀλέϲθαι“ (Il. 3,428)· καὶ „Δύϲπαρι, εἶδοϲ ἄριϲτε“ καὶ τὰ ἑξῆϲ (Il. 3,39) καὶ „εἰ μὴ 4 Ῥωμαίων A2GIM | ἐθνῶν Roberto : ἐθῶν codd. 7 Νιϲίβεωϲ Α 14 τῶν A2GIM : διὰ V | post βιβλίων lacunam posuit Blockley, φαμώϲϲων vel ἀποϲκωπτικῶν dub. add. Stein 15 τείχοιϲ VI | προϲεκόλληϲαν Α 16 ἤλυθεϲ Chalcocondyles : ἤλυθεν codd.

fragmenta

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lichung und die Verehrung seines Vaters Trajan einen kleinen und überaus anmutigen Tempel gestiftet, welchen Julian der Apostat zur Bibliothek umgebaut hatte. Diesen ließ Jovian zusammen mit den Büchern verbrennen. (7) Und als die Antiochener viel gegen ihn gesagt hatten, ⟨wäre Unziemliches vollbracht worden⟩, wenn nicht Salustius sich eingefunden, den Aufruhr beendet und den unwilligen Kaiser veranlasst hätte, weiter nach Kilikien und Galatien zu reisen, und das, obgleich es Winter war. (8) Und Jovian gelangte nach Dadastana, die Lehre Christi verkündend.

1b Suda, Art. Jovian (= Johannes Antiochenus fr. 273.2 Roberto) (1) Nachdem dieser nach Julian, wie gesagt worden ist, die Herrschaft über das Reich der Römer übernommen hatte, bemühte er sich, da er alles verachtete, die ihm zugefallene Würde zu genießen, und indem er aus Persien floh, beeilte er sich, sich innerhalb der römischen Provinzen zu begeben, um sein Glück zur Schau zu stellen, und er lieferte die Stadt Nisibis, die seit altersher den Römern untertan war, den Persern aus. (2) Sie verspotteten ihn mit Liedern, Spottversen und den so genannten famosi (sc. libelli) wegen der Preisgabe von Nisibis. (3) Jovian aber, von seiner Frau dazu getrieben, ließ den überaus anmutigen, vom Kaiser Hadrian für die Vergöttlichung seines Vaters Trajan gestifteten Tempel, der von Julian zu einer Bibliothek eingerichtet war für Theophilos, einen Eunuchen, mit allen Büchern verbrennen, die sie enthielt, wobei selbst die Konkubinen mit Gelächter den Scheiterhaufen entzündeten. (4) Die Antiochener waren über den Kaiser unwillig und warfen von den Büchern (famosi?) die einen zu Boden, so dass jeder Beliebige sie aufheben und lesen konnte, die anderen klebten sie an die Mauern. (5) Sie lauteten folgendermaßen: „Bist aus dem Krieg zurückgekehrt! O wärst Du doch dort zugrundegegangen“ (Il. 3,428)! Und: „Schand-Paris, bester von Gestalt“ und so weiter (Il. 3,39). Und: „Wenn ich dir, wenn ich dich gepackt habe, nicht deine Kleider, den

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ἐγώ ϲε λαβὼν ἀπὸ μὲν φίλα εἵματα δύϲω, χλαῖνάν τ’ ἠδὲ χιτῶνα τά τ’ αἰδῶ ἀμφικαλύπτει, αὐτὸν δὲ κλαίοντα θοῶϲ ἐπὶ Πέρϲαϲ 20 ἀφήϲω“ (cf. Il. 2,261–63). (6) γραῦϲ δέ τιϲ μέγαν καὶ καλὸν αὐτὸν θεαϲαμένη μαθοῦϲά τε ἀνόητον εἶναι ἐφθέγξατο· „ὅϲον μῆκοϲ καὶ βάθοϲ ἡ μωρία.“ (7) καὶ ἄλλοϲ δὲ ἰδιώτηϲ ἀποτολμήϲαϲ μεγάλῃ τῇ φωνῇ βοῆϲαι ἐν τῷ ἱπποδρομίῳ γέλωτα παρέϲχε πᾶϲιν εἰπὼν κενὰ καὶ ψυχρὰ τῇ ἡλικίᾳ αὐτοῦ. (8) καὶ ἐπράχθη ἂν ἄτοπα, εἰ μὴ 25 Ϲαλούϲτιόϲ τιϲ ἔπαυϲε τὴν ϲτάϲιν. (9) ὁ δὲ Ἰοβιανὸϲ χειμῶνοϲ ὄντοϲ ὡδοιπόρει ἐπὶ Κιλικίαν καὶ Γαλατίαν καὶ ἐν Δαδαϲτάνοιϲ ἀπέθανε μύκητα πεφαρμαγμένον φαγών. κατὰ δὲ τὴν ἡγεμονίαν κοινὸϲ καὶ ἐλευθέριοϲ ἔδοξεν εἶναι. 23 βοῆϲαι Chalcocondyles : βοήϲαϲ codd. 26 ὥδευεν GI | Θαδυϲτάνοιϲ GI 27 πεφραγμένον GI 28 post κοινὸϲ add. τε Exc.

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Mantel, das Unterkleid und das, was die Scham umhüllt, ausziehen und dich selbst weinend zu den Persern zurückschicken werde“ (Il. 2,261–63). (6) Eine alte Frau, die gesehen hatte, dass er groß und schön war, und zugleich erfahren hatte, dass er nicht viel Geist besaß, rief aus: „Von welcher Größe und Tiefe ist doch die Dummheit.“ (7) Und ein anderer Bürger, der sich erdreistete, mit lauter Stimme im Hippodrom zu schreien, erregte bei allen großes Gelächter, indem er törichte und eitle Sprüche bezüglich seiner Größe machte. (8) Und es wäre Unziemliches vollbracht worden, wenn nicht Salutius den Aufruhr beendet hätte. (9) Jovian aber reiste, während es Winter war, nach Kilikien und Galatien, und er verstarb in Dadastana, nachdem er einen giftigen Pilz gegessen hatte. Er schien aber, was die Regierungsweise betrifft, zugänglich und liberal zu sein.

Kommentar fr. 1a (1) beim Heer bekannt Vgl. Eutr. 10,17,1 und Socr. 3,22,2. (2) δύω μόνων ἡμερῶν Im Gegensatz zur Suda, die wie in der klassischen Sprache δύο μόνον ἡμερῶν hat, kommt bei Johannes Antiochenus die Angleichung an den dazugehörigen Genetiv Plural auch in τῶν οἰκείων μόνων fr. 198,11 (p. 336 Roberto) vor. Daher braucht man den Text nicht zu korrigieren. χαίρειν αὐτῇ πολλὰ Die Junktur χαίρειν πολλά, die eigentlich dazu dient, um sich zu verabschieden, wird – oft in Dialogen – sarkastisch verwendet, um anzugeben, dass man gern auf etwas verzichtet und ihm daher „Lebewohl“ sagt (vgl. Eurip. Hipp. 113 τὴν ϲὴν δὲ Κύπριν πόλλ᾿ ἐγὼ χαίρειν λέγω oder Men. Dysc. 870 χαῖρε πολλά). ὑπολειφθένταϲ Da der überlieferte Text sinnvoll ist – es handelt sich um die überlebenden Soldaten von Julians Expedition, die Jovian aus den Gefahren des Krieges gerettet hat –, ist es nicht nötig, Valois’ Vorschlag ὑποληφθένταϲ zu übernehmen. gute Tat zukommen ließ Kranzspende der Nisibener Amm. 25,9,4. Vgl. Zos. 3,33,2–4. Von Geldzahlungen ist sonst bei Ammian keine Rede. Über die Dauer des Aufenthalts des Kaisers vor Nisibis sagt Ammian nichts, er gibt an, dass der Kaiser den Nisibenern den Befehl gibt, intra triduum die Stadt zu verlassen. Der Kaiser betritt selbst (wie bei Zosimos) Nisibis nicht, vgl. Amm. 25,8,17. (3) τύχηϲ In der Suda ι 401 steht derselbe Satz mit der Ausnahme, dass ἐϲ τοϲοῦτον ἀρχῆϲ προελθών steht. Da sowohl „Glück“ als auch „Herrschaft“ an dieser Stelle passend sind, ist es nicht mehr möglich, den ursprünglichen Text des anonymen Historikers zu rekonstruieren, da beide Überlieferungsstränge in etwa gleich zuverlässig sind. in diese hohe Stellung des Glücks gelangt war Vgl. Eutr. 10,17,1: commendatione patris militibus quam sua notior. in der Bildung ungeübt und unerfahren Amm. 25,10,15: mediocriter eruditus. Vgl. dagegen Zonar. 13,14,20 zur Bildung Jovians: γραμμάτων οὐκ ἄπειροϲ. S. schließlich Epit. Caes. 44,3. verkümmern und verschwinden Andere Nuancen bei Amm. 25,5,9 (von Jovian): inertem quendam et mollem.

Kommentar

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(4) φεύγων ὡϲ εἰπεῖν ᾤχετο Anders als Mariev in seiner Edition angibt, handelt es sich bei diesen Worten nicht um eine Homerremisizenz (vgl. z. B. Od. 8,356 οἴχηται φεύγων). Die Junktur φεύγων ᾤχετο kommt auf griechisch sehr häufig vor (vgl. Hdt. 1,157,1, Xen. Cyr. 6,2,19 und Joh. Ant. fr. 149,18 f. Roberto [fr. 102 p. 158,9 f. Mariev]). Das ὡϲ εἰπεῖν relativiert die Aussage, dass der Kaiser Nisibis fluchtartig verlassen hat. (5) den sogenannten famosi (libelli) Zum Delikt des libellus famosus (und der griechischen Transkription) vgl. Cod. Theod. 9,34; Cod. Iust. 9,36 mit W. Brandes, Kaiserprophetie und Hochverrat. Apokalyptische Schriften und Kaiservaticinia als Medien antikaiserlicher Propaganda, in: W. Brandes / F. Schmieder (Hgg.), Endzeiten: Eschatologie in den monotheistischen Weltreligionen, Berlin – New York 2008, 157–201, hier 158–60. Ursprünglich geht es um Verleumdungen, die gegen einen Kaiser gerichtet sind und politisch-hochverräterische Implikationen haben. S. auch Zimmermann, Enkomion und Historiographie, 24 zu Tac. ann. 3,49–51; D. Hennig, T. Labienus und der erste Majestätsprozess de famosis libellis, Chiron 3 (1973) 245–54. Im Gesetz des Valens wurde die Todesstrafe für denjenigen festgesetzt, der nicht sofort anonyme libelli famosi durch Feuer vernichtete, vgl. Rosen, Julian, 385. Suet. Tib. 28: Tiberius lässt sich nicht durch famosa beleidigen. Ein anonymer libellus famosus zirkuliert 360 unter den Soldaten Julians, vgl. Amm. 20,4,10 mit Matthews, Roman Empire, 97. Die Beleidigung Jovians durch die Einwohner von Antiocheia hat ihr Gegenstück in der Beleidigung Julians, der daraufhin den Misopogon verfasst. Er wird durch Spottverse, Flugschriften und Sprechchöre attackiert, vgl. Hartmann, Philosoph, 1537. (6) zur Bibliothek umgebaut hatte Julian hatte großartige Pläne für den Umbau von Antiocheia zu einer marmornen Stadt, vgl. G. Brands, Preservation, Historicization, Change: Antioch A.D. 350–450, in: S.-P. Bergjan / S. Elm (Hgg.), Antioch II. The Many Faces of Antioch: Intellectual Exchange and Religious Diversity, CE 350–450, Tübingen 2018, 13–34, hier 19 f. Aus diesen Plänen wurde allerdings nichts, wegen der Kürze der Herrschaft Julians und wegen seines Zerwürfnisses mit der Bevölkerung von Antiocheia. Den einzigen Beleg für einen Bau Julians innerhalb der Stadt selbst (zusätzliche Maßnahmen gibt es in Daphne) bietet die Angabe über die Bibliothek im Traianeum. Vgl. G. Brands, Antiochia in der Spätantike. Prolegomena zu einer archäologischen Stadtgeschichte, Berlin – Bos-

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ton 2016,17: „Über Bauten Julians in Antiochia ist mit Ausnahme einer bescheidenen Bibliothek, die er in dem kleinen Kaiserkulttempel für Trajan einrichten ließ, nichts bekannt.“ diesen ließ Jovian … verbrennen Zum Brand des Traianeum vgl. Hahn, Gewalt und religiöser Konflikt, 178–80, bes. 179 zur Bedeutung der Quellenstücke: „Die Quellenstücke verdienen Aufmerksamkeit, da sie mit zahlreichen Details von beachtlicher Präzision aufwarten können. Sie eröffnen einen ungewöhnlich differenzierten Einblick in die religiöse und politische Situation in Antiochia nach dem Tode Julians.“. (7) ⟨ἐπράχθη ἂν ἄτοπα⟩ Da der in vielem ähnliche Text aus der Suda die gleiche Begebenheit mit denselben Worten berichtet, muss man, wie schon Valois erkannt hat, den Zusatz aus der Suda einfügen, weil sonst der überlieferte Text ohne Apodosis unverständlich ist. Die Verwendung einer Beinahe-Situation1 durch den Irrealis der Vergangenheit dient der Dramatisierung des historischen Textes und zur Steuerung der Rezeption. Dies zeigt auch die Beherrschung der literarischen Kunst durch den Verfasser dieses Texts auf. Salustius PRLE I, 814–17: Saturninius Secundus Salutius 3. Der Aufenthalt des Prätorianerpräfekten der Präfektur Oriens in Antiocheia ist belegt, vgl. CTh 7,4,9 und 9,25,2. Vgl. Soz. 6,3,5. obgleich es Winter war Zum Aufbruch im tiefsten Winter aus Antiocheia nach Kilikien vgl. Amm. 25,10,4: moratum paulisper Antiochiae principem curarumque ponderibus diversis afflictum exeundi mira cupiditas agitabat; proinde nec iumento parcens nec militi flagrante hieme die profectus, signis vetantibus plurimis Tarsum urbem Cilicum nobilem introiit. fr. 1b (1) seit altersher den Römern untertan war Nisibis war erst seit Septimius Severus unter römischer Kontrolle. Der Hinweis auf die alte Zugehörigkeit zum römischen Reich findet sich in einer Reihe von tendenziösen Quellen (Amm. 25,9,8; Zonar. 13,7,2; Zos. 3,33,3), vgl. dazu Bleckmann, Reichskrise, 93.

1

Zu den schon im Epos verwendeten if-not Situationen in der klassischen Geschichtsschreibung C. Scardino, Gestaltung und Funktion der Reden bei Herodot und Thukydides, Berlin – Boston 2007, 42 Anm. 43 mit weiteren Angaben.

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(3) Theophilos, einen Eunuchen Dieser Hinweis auf Theophilos fehlt in dem Parallelfragment. Gemeint sein kann nur Theophilos der Inder, dessen zölibatäre Lebensweise von Philostorgios 3,4,3 und 3,4a,2 hervorgehoben wird und der mit Julian befreundet war. G. Downey, Ancient Antioch, Princeton 1963, 176 nimmt an, dass hier die Bibliothek Georgs von Kappadokien (vgl. Iul. imp. ep. 106) aufbewahrt war. Vielleicht wurde die Bibliothek bereits beim Aufstand gegen Georg von Kappadokien in Alexandreia zerstört: Caltabiano, L’Epistolario di Giuliano, 270. selbst die Konkubinen mit Gelächter den Scheiterhaufen entzündeten Vgl. die Verbrennung des Palastes von Persepolis durch Alexander den Großen in der Darstellung Kleitarchs bei Curtius Rufus 5,7,5 (Übersetzung Siebenis / Koch): „Alle waren vom Wein erhitzt und so erhoben sie sich in ihrem Rausch, die Stadt anzuzünden, die sie mit den Waffen in der Hand verschont hatten. Zuerst warf der König Feuer in den Königspalast, dann die Gäste, Diener und Dirnen. Der Palast war großenteils aus Zedernholz erbaut, das schnell entflammt, das Feuer weiter ausbreitete.“ (4) klebten sie an die Mauer Vgl. Hahn, Gewalt und religiöser Konflikt, 180: „Vom Brand verschonte Blätter mit zur Verunglimpfung des Kaisers geeigneten Homer-Stellen machten die Runde und wurden in den Straßen an Wänden angeschlagen, der Kaiser selbst im Hippodrom beschimpft und verhöhnt.“ (5) ἤλυθεϲ…ἀφήϲω Es handelt sich um drei nahezu wörtliche Iliaszitate (Il. 3,428; 3,39 und 2,261–63), wobei nur im letzten statt θοὰϲ ἐπὶ νῆαϲ der Situation entsprechend θοῶϲ ἐπὶ Πέρϲαϲ steht. Βei allen Zitaten handelt es sich um Kritiken, das erste (Il. 3,428) ist der Beginn der kurzen Rede Helenas an Paris (v. 428–36), in der sie ihm vorwirft, nicht im Kampfe gefallen zu sein, und ihn auf unvorteilhafte Weise mit ihrem früheren Gatten Menelaos vergleicht. Ihr irrealer Wunsch der Vergangenheit, Paris möchte im Kampf gefallen sein, verstärkt den Tadel. Das zweite (Il. 3,39) mit dem Vokativ Δύϲπαρι ist der Beginn von Hektors Schmährede gegen Paris (v. 39–57), in der er dessen Aussehen und unmännliches Wesen, das so viel Leid über die Troianer gebracht hat, brandmarkt. Das letzte Zitat (Il. 2,261– 63) ist das Ende der Rede des Odysseus gegen Thersites (v. 246–263), die mit der hier zitierten Drohung der Entblößung als „extremem Mittel der Demütigung“ und mit der Selbstverfluchung als Mittel der Emphase (vgl. dazu W. Speyer, Art. Fluch, RAC 7 (1969) 1160–1288, hier 1168 f. und zur gesamten Stelle J. Latacz u. a. (Hgg.), Ilias Gesamtkommentar, Bd. 2,2, Berlin

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– New York 22010, 82–84 [Zitat S. 83]) endet, durch welche die Entschlossenheit des Sprechers untermauert wird. Auch wenn das erste Stück der Periode dieser Formel (die Apodosis μηδ᾿ ἔτι Τηλεμάχοιο πατὴρ κεκλημένοϲ εἴην v. 260) fehlt, konnte der gebildete Leser diese leicht ergänzen, da die Kenntnis der Ilias auch in der Spätantike noch weit verbreitet war. Jovian wird also durch diese drei Zitate mit zwei negativen, unmännlichen Figuren der Ilias (Paris und Thersites) verglichen, die Demütigung, Bestrafung und sogar den Tod verdienten. Schließlich stellt der anonyme Historiker, der durch Dramatisierung (Redenzitate) und geschickte Verknüpfung bekannter Homerstellen die Rezeption indirekt lenkt, seine literarischen Fähigkeiten unter Beweis. zu den Persern zurückschicke S. zur Interpretation die Einleitung zu diesem Abschnitt (C 15). (7) βοῆϲαι Die von Chalcocondyles vorgenommene Korrektur des überlieferten βοήϲαϲ in βοῆϲαι verbessert das Verständnis dieses Satzes. Wird der Infinitiv βοῆϲαι mit ἀποτολμήϲαϲ verbunden, verschwindet die asyndetische Aneinanderreihung der beiden Partizipien. Da Johannes das Simplex τολμᾶν (ἀποτολμᾶν kommt sonst im Werk nicht mehr vor) häufig mit einem Infinitiv verbindet (etwa fr. 167,4 Roberto ἐτόλμηϲαν αὐτοκράτορα ἀποϲφάξαι und fr. 172,24 Roberto ἀνελεῖν τολμήϲαντα), passt diese Konstruktion auch zu seinem Sprachgebrauch. seiner Größe Amm. 25,5,6: cum incurvus ille visus et longior adventaret. Vor allem Amm. 25,10,14: vasta proceritate et ardua. Zur imposanten körperlichen Erscheinung Jovians s. auch Greg. Naz. or. 5,5: τὸ εἶδοϲ ἀληθῶϲ τυραννίδοϲ ἄξιοϲ.

(C 16) Eusebios Scholastikos, Gainias

Einleitung I. Historische Bemerkungen Sokrates Scholastikos bietet einen nach eigenem Eingeständnis (6,6,35) stark gekürzten Bericht über den Aufstand des Gainas gegen Arcadius im Jahre 400 n. Chr. Am Ende dieses Berichts verweist er auf das zeitgeschichtliche Epos des Eusebios Scholastikos1, mit dem Hinweis, dort werde der Leser weitere Details finden. Eusebios sei selbst Augenzeuge des Krieges gewesen und sein Bericht sei als unmittelbar zeitgeschichtliche Darstellung von den Lesern besonders goutiert worden. Damit liegt die Annahme nahe, dass Sokrates seinen Kurzbericht entweder direkt oder über eine Zwischenquelle aus dem Epos bezogen hat2. Darauf scheinen auch einige von Hansen hervorgehobene sprachliche Elemente hinzuweisen, etwa die Floskel εὔορκόϲ τιϲ ἀνὴρ (Socr. 6,6,12) oder ἀναρριπτούμενοι ἐξελκιμῶντο (Socr. 6,6,33)3. Ferner fällt die Betonung des göttlichen Eingreifens auf, dass das Maß dessen, was in der spätantiken Geschichtsschreibung ohnehin üblich war, noch einmal überschreitet. Die Zusammenfassung des Sokrates schildert ein solches Eingreifen einmal im Zusammenhang mit den wiederholten Erscheinungen von Engeln in der Gestalt übergroßer Krieger, dann wieder 1

Nur durch Sokrates bekannt, vgl. PLRE II, Eusebius 8; Van Nuffelen / Van Hoof, Clavis Historicorum, 154 (Nr. 152). 2 F. Geppert, Die Quellen der Kirchengeschichte des Sokrates, Leipzig 1898, 81. In einigen Zügen fallen Übereinstimmungen mit Zosimos auf, dessen Quelle Eunap diesen Bericht ebenfalls gekannt haben könnte. Der Kirchenhistoriker Sozomenos hat großenteils aus Sokrates geschöpft, den er allerdings mit anderen Quellen kombiniert hat. Ob er unabhängig von Sokrates einen Zugriff auf das Epos des Eusebios hatte, bleibt offen. J. H. W. G. Liebeschuetz, Barbarians and Bishops. Army, Church, and State in the Age of Arcadius and Chrysostom, Oxford 1990, 112 f. erklärt die Nähe zwischen dem Bericht des Zosimos und den Erzählungen des Sozomenos und Sokrates damit, dass diese den Kirchenhistoriker Eunap benutzt haben. Eusebios Scholastikos und Ammonios sind seiner Ansicht nach lediglich zusätzlich konsultierte Quellen. Die Frage bedarf einer eingehenden quellenkritischen Untersuchung, die an dieser Stelle nicht geleistet werden kann. Ein entscheidender Unterschied, der auf die Benutzung einer offiziösen Quelle durch Sokrates hinweist, scheint mir zu sein, dass der zweite Sieg gegen Gainas, indem dieser dann ergriffen und getötet wird, in der Vorlage des Sokrates eine römische Leistung war, nicht eine Leistung des Hunnen Uldin, s. unten z. fr. **1, 34 (Socr. 6,6,34). 3 Hansen, Socrates LIII Anm. 2.

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bei der Schilderung des aufkommenden Windes in der maritimen Entscheidungsschlacht zwischen Gainas und der kaiserlichen Flotte. Zusätzlich wird eine sonst unbekannte Kometenerscheinung beschrieben. Die Weisheit und Opportunität der Entscheidungen des Arcadius wird bei Sokrates gleich zweimal in identischen Wendungen betont. Diese Wiederholung dürfte wieder einen Zug des historischen Epos widerspiegeln. Schließlich ist auf gewisse Gemeinsamkeiten zwischen der Darstellung der Arcadius-Säule und der sehr stark auf die Aktion des Kaisers zentrierten Erzählung bei Sokrates hinzuweisen, Gemeinsamkeiten, die ebenfalls ein Beleg für die panegyrische Ausrichtung der Quelle des Sokrates sein könnten1. II. Zur Überlieferung der Fragmente des Sokrates Das 6. Buch von Sokrates’ Kirchengeschichte2 beruht vor allem auf zwei mittelalterlichen Codices aus Florenz, F (cod. Medic. Laur. Plut. 69,5 auf Pergament aus dem 11. Jh.) und M (cod. Medic. Laur. Plut. 70,7 auf Pergament aus dem 10. Jh.) sowie auf einer unvollständigen Version in einer Handschrift aus Athos (Athous 2559 aus dem 14. Jh.), die an vielen Stellen kontaminiert ist. Da die Qualität der beiden Florentiner Handschriften, die von einer gemeinsamen, nicht mehr erhaltenen Vorlage (b) abstammen, auf-

1

Das Bildprogramm der Arcadius-Säule ist durch frühneuzeitliche Darstellungen bekannt. Vgl. E. H. Freshfield, Notes on a vellum album containing some original sketches of public buildings and monuments drawn by German artists who visited Constantinople in 1574, Archaeologia 72 (1921/22) 87–104. Zum Bildprogramm und zu anderen Quellen vgl. Kollwitz, Oströmische Plastik 17–62; G. Becatti, La Colonna Coclide Istoriata. Problemi storici iconografici stilistici, Rom 1960, 151–264. S. knapp auch M. Jordan-Ruwe, Das Säulenmonument. Zur Geschichte der erhöhten Aufstellung antiker Porträtstatuen, Bonn 1995, 143–50, mit der (bereits von Kollwitz gemachten) Beobachtung, dass die „narrativen Elemente zugunsten der Repräsentationsszenen an Bedeutung“ verlieren (147). Im Epos war die gleichmäßige Mitberücksichtigung des Kaiserkollegen Honorius, die das Monument auszeichnet, nicht möglich. In der obersten Windung der Arcadiussäule wird allerdings nur Arcadius mit einem Siegeskranz gekrönt, während eine andere Figur daneben sitzend abgebildet ist (nach Becatti, 246 f. soll es sich um Fravitta handeln, aber es dürfte, da das Bild genau über den sonstigen Repräsentationsszenen liegt, eher Honorius sein). 2 Vgl. dazu Hansen, Socrates IX–LIII und Hansen, Corrigenda 295–98, auf die sich die hier gemachten Ausführungen vornehmlich stützen.

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grund von Auslassungen, banalen Abschreibfehlern, aber auch von sehr alten Korruptelen nicht als besonders hoch einzuschätzen ist, kommt der indirekten Überlieferung (etwa von Sozomenos, den spärlichen Überresten der Epitome des Theodorus Lector, Johannes von Antiochia oder Georgios von Alexandrien in seiner Vita des Johannes Chrysostomus) bei der Constitutio textus ein hoher Stellenwert zu. Mehr noch als die lateinische Übersetzung des Epiphanius der Historia tripartita des Theodorus Lector bei Cassiodor, die jedoch viele Freiheiten und Bindefehler mit den Handschriften b und A aufweist, sind die bisher leider noch nicht wissenschaftlich edierten orientalischen Übersetzungen ins Syrische und vor allem diejenige ins Armenische, die gemäß Širinjan (bei Hansen, Socrates XXVIII) wohl schon im 6. Jh. entstanden ist, wichtige Träger der Überlieferung. Von den beiden armenischen Versionen ist vor allem die längere von Bedeutung. Für Hansen ist „die altarmenische Version [ist] unsere Hauptstütze für die Rekonstruktion des griechischen Originaltextes“ (S. XXV), da sie eine nahezu wörtliche Übertragung eines griechischen Texts, der gegenüber den erhaltenen Codices vollständiger ist und weniger Korruptelen und Interpolationen aufweist. Natürlich enthält auch diese Version z. T. sehr alte Fehler (teilweise wohl schon in der griechischen Vorlage) und Missverständnisse. Da diese Übersetzung dem griechischen Original auch bezüglich der Wortstellung folgt, konnte Hansen an vielen Stellen diese ins Griechische zurückübersetzen. Hansen geht so weit, diese armenische Version instar codicis zu verwenden, auch wenn er im Gegensatz zur Edition in KFHist die Zusätze aus dem Armenischen im Text graphisch durch den Gebrauch spitzer Klammern anzeigt. In vielen Fällen gibt er einer Lesart der armenischen Übersetzung auch gegen den Konsens der griechischen Codices und der Nebenüberlieferung den Vorzug (Hansen, Socrates XXIV f. mit Beispielen und Hansen, Corrigenda 296). Während M. Wallraff dies kritisiert und meint, die armenische Übersetzung solle „für sich allein … nur dann den Ausschlag geben, wenn die sonstige Überlieferung entweder unverständlich oder in sich gespalten ist“1, hat Leppin Hansens Umgang mit der armenischen Version weitgehend zugestimmt2. Hansen selbst hat seine Wahl verteidigt, aber eingeräumt, an einigen Stellen vielleicht übertriebenes Vertrauen, vor allem in Bezug auf Ergänzungen, in die armenische Version 1

M. Wallraff, Der Kirchenhistoriker Sokrates. Untersuchungen zu Geschichtsdarstellung, Methode und Person, Göttingen 1997, 27. 2 H. Leppin, Rezension von Sokrates, Kirchengeschichte, ZAC 3 (1999) 297– 300, hier 299 f.

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gesteckt zu haben (Hansen, Corrigenda 296). Was die Gainias-Passage betrifft, so teilt KFHist in der Regel Hansens textkritische Entscheidungen, aber an einigen Stellen wird gemäß Wallraffs Grundsatz der Konsens der Codices und der Nebenüberlieferung höher gewertet als die armenische Version (etwa beim Namen des Saturninos, vgl. den philol. Kommentar zur Stelle).

testimonia 1. Socr. 6,6,36 (codd. b [= FM] A Arm.) (post fr. 1) εἰ δέ τῳ φίλον ἀκριβῶϲ μαθεῖν τὰ ἐν ἐκείνῳ τῷ πολέμῳ γεγενημένα, ἐντυγχανέτω τῇ Γαϊνιάδι τοῦ ϲχολαϲτικοῦ Εὐϲεβίου, ὃϲ ἐφοίτα μὲν τηνικαῦτα παρὰ Τρωίλῳ τῷ ϲοφιϲτῇ, αὐτόπτηϲ δὲ τοῦ πολέμου γενόμενοϲ ἐν τέτραϲι βιβλίοιϲ ἡρωικῷ μέτρῳ τὰ γενόμενα 5 διηγήϲατο· καὶ προϲφάτων ὄντων τῶν πραγμάτων ϲφόδρα ἐπὶ τοῖϲ ποιήμαϲιν ἐθαυμάϲθη. (sequitur Ammonius [C 17] test. 1) 2 Γαϊνιάδι Hansen : γαϊνει*α δεια Ma.c. : γαϊνία (add. δέλτῳ Mp.c.) Mp.cFA : Gayinitia libro Arm.

2. cod. Medic. Laur. Plut. 70,7 fol. 352r in marg. (ed. G. Chr. Hansen, ByzZ 84/85 [1991/92] 25) ταύτῃ τῇ γαϊνίᾳ, βίβλῳ τοῦ ϲχολαϲτικοῦ Εὐϲεβίου, ἔγωγε ἐντυχὼν ἥϲθην· ταῖϲ ῥητορηκαῖϲ λέξεϲιν περϊηνθηϲμένην ἐϲ τὰ μάλιϲτα· ἣ ἦν τὰ νῦν γὰρ ἐν τῇ μονῇ τῶν ἁγίων ἀποϲτόλων ἐν τῷ †καλὴ ϲτενῶ†. 1 sq. ἐντυχὸν cod. 2 sq. ἥϲθην· – ἦν cod. : ἥϲθην ταῖϲ ῥητορηκαῖϲ λέξεϲιν, ⟨αἷϲ⟩ περϊηνθηϲμένη{ν} ἐϲ τὰ μάλιϲτα {ἣ} ἦν. dub. Stein 2 exspectaveris περϊηνθημένην 3 γὰρ suspectum 3 sq. an †καλὴ† ϲτενῷ?

fragmenta **1 Socr. 6,6,1–35 (codd. b [= FM] A Arm.); hoc ex loco hauserunt Soz., Joh. Ant., Georg. Alex. vit. Joh. Chrys. [vide Hansen ad loc.]) (1) καὶ τὰ μὲν περὶ αὐτοῦ προϊόντεϲ δηλώϲομεν· πρᾶγμα δὲ ἄξιον μνήμηϲ ἐπὶ τῶνδε τῶν χρόνων γενόμενον διηγήϲομαι, δεικνὺϲ ὅπωϲ ἡ τοῦ θεοῦ πρόνοια τὴν πόλιν καὶ τὰ Ῥωμαίων ἐκ μεγίϲτου κινδύνου παραδόξοιϲ βοηθείαιϲ ἐρρύϲατο. τί δέ ἐϲτι τοῦτο, λεκτέον. 5 (2) Γαϊνᾶϲ βάρβαροϲ μὲν ἦν τὸ γένοϲ, ὑπὸ Ῥωμαίοιϲ δὲ γενόμενοϲ καὶ ϲτρατείᾳ προϲομιλήϲαϲ, κατὰ βραχὺ δὲ προκόψαϲ τέλοϲ 1 post προϊόντεϲ add. κατὰ μέροϲ Arm. 2 μνήμηϲ om. Arm. | δεικνὺϲ om. Arm. 4 post λεκτέον add. ἐντεῦθεν Arm.̣ 5 Γαϊανᾶϲ (var. -νόϲ ) Georg. | βάρβαροϲ – γένοϲ codd. : Κελτὸϲ μὲν τῷ γένει, βαρβαρώτεροϲ δὲ τὸν τρόπον Georg. (cf. Theod. Cyr. h. e. 5,32,1 Ϲκύθηϲ μὲν τὸ γένοϲ, βαρβαρικώτεροϲ δὲ τὴν γνώμην)

Zeugnisse 1. Sokrates, Kirchengeschichte 6,6,36 Wenn es für jemanden willkommen ist, im Detail von den Ereignissen in jenem Krieg unterrichtet zu werden, soll er die Gainias des Eusebios Scholastikos lesen, der damals zum Umkreis des Sophisten Troilos gehörte, der Augenzeuge des Krieges war und in vier Büchern in Hexametern die Ereignisse darlegte. Und da die Ereignisse eben gerade vergangen waren, wurde er sehr wegen seiner Gedichte bewundert. (es folgt Ammonios [C 17] test. 1) 2. Randnotiz im Codex Mediceus Laurentianus plut. 70,7 (fol. 352r) Diese Gainias, ein Buch des Eusebios Scholastikos, habe ich vorgefunden und mich darüber gefreut. Sie ist im Höchstmaß mit rhetorischen Wendungen ausgeschmückt. Sie war nämlich nun im Kloster der Heiligen Apostel in Kale Stenon (?).

Fragmente **1 Sokrates, Kirchengeschichte 6,6,1–35 (1) Das, was ihn betrifft, werden wir im Laufe des Berichts darlegen. Aber ich werde einen Sachverhalt, der damals stattfand, erzählen, weil er der Erinnerung wert ist. Dabei werde ich zeigen, wie die Vorsehung Gottes die Stadt und den Staat der Römer aus größter Gefahr durch unerwartete Hilfeleistungen gerettet hat. Was das ist, soll gesagt werden. (2) Gainas war von seiner Abstammung her ein Barbar, wurde aber Untertan der Römer und trat in das Heer ein, woraufhin er in kurzer Zeit

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ϲτρατηλάτηϲ Ῥωμαίων ἱππικῆϲ τε καὶ πεζικῆϲ ἀναδείκνυται. (3) ἐπιλαβόμενοϲ δὲ τῆϲ τηλικαύτηϲ δυναϲτείαϲ ἑαυτὸν οὐκ ἐγίνωϲκεν οὐδὲ τὴν ἑαυτοῦ διάνοιαν κατέχειν ἠδύνατο, ἀλλὰ πάντα λίθον, τὸ δὴ λεγόμενον, ἐκίνει, ὅπωϲ ἂν ὑφ’ ἑαυτῷ τὰ Ῥωμαίων ποιήϲειεν. (4) καὶ πᾶν μὲν τὸ Γότθων ἔθνοϲ ἐκ τῆϲ ἑαυτοῦ χώραϲ μετεπέμψατο, τοὺϲ δὲ αὐτῷ ἐπιτηδείουϲ τῶν ϲτρατιωτικῶν ἀριθμῶν ἄρχειν παρεϲκεύαζεν. (5) Τριβιγίλδου δὲ ἑνὸϲ τῶν αὐτοῦ ϲυγγενῶν χιλιαρχοῦντοϲ τῶν ἐνιδρυμένων τῇ Φρυγίᾳ ϲτρατιωτῶν καὶ γνώμῃ Γαϊνᾶ νεωτερίϲαντοϲ καὶ τὰ Φρυγῶν ἔθνη παντάπαϲιν ἀνατρέποντοϲ αὐτὸϲ ἐπιτραπῆναι ἑαυτῷ καταϲκευάζει τὴν τῶν ἐκεῖ πραγμάτων φροντίδα, ἐπειδὴ ὁ βαϲιλεὺϲ Ἀρκάδιοϲ οὐδὲν προϊδόμενοϲ ἑτοίμωϲ ἐπέτρεψεν. (6) καὶ ὃϲ εὐθὺϲ ἐπορεύετο τῷ μὲν λόγῳ κατὰ Τριβιγίλδου, τῷ δὲ ἔργῳ τυραννῆϲαι βουλόμενοϲ· ἦγε δὲ μεθ’ ἑαυτοῦ Γότθων βαρβάρων οὐκ ὀλίγαϲ μυριάδαϲ. (7) καὶ καταλαβὼν τὴν Φρυγίαν πάντα ἀνέτρεπεν. εὐθὺϲ οὖν ἐν ταραχῇ ἦν τὰ Ῥωμαίων οὐ μόνον διὰ τὸ προϲὸν τῷ Γαϊνᾷ πλῆθοϲ βαρβάρων, ἀλλ’ ὅτι καὶ τὰ τῆϲ ἑῴαϲ ἐπίκαιρα μέρη κινδυνεύειν ἔμελλεν. (8) τότε δὴ ὁ βαϲιλεὺϲ γνώμῃ χρηϲτῇ πρὸϲ τὸν παρόντα καιρὸν χρηϲάμενοϲ τέχνῃ μετῆλθε τὸν βάρβαρον· διαπεμψάμενοϲ γοῦν πρὸϲ αὐτὸν πᾶϲι λόγοιϲ καὶ ἔργοιϲ θεραπεύειν ἕτοιμοϲ ἦν. (9) τοῦ δὲ ἐξαιτοῦντοϲ δύο τῶν πρώτων τῆϲ ϲυγκλήτου ἄνδραϲ ἀπὸ ὑπάτων, οὓϲ ὑπενόει ἐκκόψειν αὐτοῦ τὰϲ ὁρμάϲ, Ϲατορνῖνον καὶ Αὐρηλιανόν, ἄκων αὐτοὺϲ τῇ ἀνάγκῃ τοῦ καιροῦ παρεῖχεν ὁ βαϲιλεύϲ. (10) καὶ οἱ μὲν ὑπὲρ τοῦ κοινοῦ προαποθνῄϲκειν αἱρούμενοι γενναίωϲ, τῇ τοῦ βαϲιλέωϲ κελεύϲει ὑπήκουον καὶ πόρρω τῆϲ Χαλκηδόνοϲ ἐν χωρίῳ Ἱπποδρόμῳ καλουμένῳ ὑπήντων ἕτοιμοι πάϲχειν πᾶν, ὁτιοῦν ὁ βάρβαροϲ ἤθελεν. (11) ἀλλ’ οὗτοι μὲν οὐδὲν φαῦλον ὑπ7 post ἱππικῆϲ add. ϲτρατιᾶϲ Μp.c. Arm. 11 καὶ om. A | ἑαυτοῦ Joh. Arm. : αὐτοῦ bA 12 τῶν ϲτρατιωτικῶν ἀριθμῶν Μa.c.FA : τὸν ϲτρατιωτικὸν ἀριθμὸν Μp.c. : τῶν ϲτρατιωτῶν ἀριθμὸν Joh. | post ἀριθμῶν add. τούτουϲ (τούτων Μp.c.) M | ἄρχειν Anonymus : ἀρχὴν Arm. : ἔχειν bA Joh. 14 ἐνιδρυμένων Joh. : ἱδρυμένων ἐν (om. Ma.c.) bA 15 sq. καὶ – ἀνατρέποντοϲ om Arm. 17 ἐπειδὴ Joh. Arm. : ἔπειτα bA προειδόμενοϲ F Joh. Arm. 20 post Γότθων add. τε καὶ ἑτέρων Joh. 23 τὰ b Joh. : κατὰ A | post ἔμελλεν add. nisi deus imperium Romanum periculo affectum reservasset Arm. 26 τοῦ Joh. : τούτου bA 27 προεϲτώτων Joh. 28 Ϲατορνῖνον b A Joh. : Ϲατουρνῖνον Soz. : Ϲατορνίλον Arm. 32 καλουμένῳ Arm. : om. b A | ὑπήντων Joh. : ἀπήντων b A

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Karriere machte und zum Schluss zum römischen General der Reiterund Fußtruppen ernannt wurde. (3) Nachdem er eine so große Macht erlangt hatte, wusste er selbst nicht mehr, wer er war, noch vermochte er seine Absichten zu zügeln, sondern er bewegte, wie das Sprichwort sagt, jeden Stein, damit er den Staat der Römer sich unterwerfe. (4) Und er ließ das ganze Volk der Goten aus seinem Land holen und er richtete es ein, dass seine Freunde über Heereseinheiten kommandierten. (5) Als aber Tribigild, einer von seinen Verwandten, Chiliarch über die in Phrygien stationierten Soldaten war und auf Entschluss des Gainas rebellierte und die Provinzen der Phryger völlig verwüstete, da richtete er es ein, dass ihm selbst die Fürsorge für die dortigen Angelegenheiten übertragen wurde, da ja der Kaiser Arcadius, der nichts voraussah, sie ihm bereitwillig anvertraute. (6) Und sofort brach er auf, vorgeblich gegen Tribigild, in Wirklichkeit aber, weil er die Usurpatorenherrschaft ergreifen wollte; er führte nicht wenige Zehntausendeinheiten von gotischen Barbaren mit sich. (7) Und als er nach Phrygien gelangt war, verwüstete er alles. Sofort war der römische Staat in großer Unordnung, nicht nur wegen der großen Menge der Barbaren, die bei Gainas war, sondern auch, weil zu erwarten war, dass die wichtigen Teile des Ostens gefährdet sein würden. (8) Da aber fasste der Kaiser zur Bewältigung der aktuellen Situation einen zweckmäßigen Plan und ging den Barbaren mit List an. Er schickte nämlich zu ihm eine Gesandtschaft und war bereit, ihn mit allen möglichen Worten und Werken zu hofieren. (9) Als dieser die Auslieferung zweier von den ersten Männern des Senats, ehemaliger Konsuln, bei denen er den Verdacht hatte, dass sie seine Bestrebungen zunichte machen würden, verlangte, nämlich des Satorninus und des Aurelianus, da lieferte der Kaiser sie ungern aufgrund der Zwangslage aus. (10) Und jene nahmen die Entscheidung auf sich, ehrenhaft für das Gemeinwohl vorzeitig zu sterben, gehorchten dem Befehl des Kai-

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έμειναν, ὁ δὲ ἀκκιζόμενοϲ παρῆν ἐπὶ τὴν Χαλκηδόνα, ἀπήντα δὲ ἐκεῖϲε καὶ ὁ βαϲιλεὺϲ Ἀρκάδιοϲ. (12) γενόμενοί τε ἐν τῷ μαρτυρίῳ, ἔνθα τὸ ϲῶμα τῆϲ μάρτυροϲ Εὐφημίαϲ ἀπόκειται, ὅρκοιϲ ἐπιϲτοῦντο ἀλλήλουϲ ὅ τε βαϲιλεὺϲ καὶ ὁ βάρβαροϲ, ἦ μὴν μὴ ἐπιβουλεύϲειν ἀλλήλοιϲ. (13) ἀλλ’ ὁ μὲν βαϲιλεύϲ, εὔορκόϲ τιϲ ἀνὴρ καὶ διὰ τοῦτο θεοφιλήϲ, τοῖϲ ὅρκοιϲ ἐνέμεινεν, Γαϊνᾶϲ δὲ παρεϲπόνδει τε καὶ τοῦ οἰκείου ϲκοποῦ οὐκ ἐξέβαινεν, ἀλλ’ ἐμπρηϲμούϲ τε καὶ λαφυραγωγίαϲ ἐμελέτα ποιήϲαϲθαι κατά τε τῆϲ Κωνϲταντινουπόλεωϲ καὶ καθ’ ὅληϲ, εἰ δύναιτο, τῆϲ Ῥωμαίων ἀρχῆϲ. (14) βεβαρβάρωτο γοῦν ἡ πόλιϲ ὑπὸ τῶν πολλῶν μυριάδων τῶν Γότθων καὶ οἱ αὐτῆϲ οἰκήτορεϲ ἐν αἰχμαλώτων μοίρᾳ ἐγένοντο. (15) τοϲοῦτοϲ δὲ ἦν ὁ ἐπικρεμαϲθεὶϲ τῇ πόλει κίνδυνοϲ, ὡϲ καὶ κομήτην μέγιϲτον ἐκ τοῦ οὐρανοῦ καὶ μέχρι τῆϲ γῆϲ διήκοντα καὶ οἷον οὐδεὶϲ ἐθεάϲατο πρότερον, μηνύειν αὐτόν. (16) ὁ μέντοι Γαϊνᾶϲ πρῶτον μὲν ἐπειράθη ἀνέδην διαρπαγὴν τοῦ δημοϲίᾳ ἐν τοῖϲ ἐργαϲτηρίοιϲ πωλουμένου ἀργύρου ποιήϲαϲθαι. (17) ὡϲ δὲ φήμηϲ προμηνυϲάϲηϲ τὴν ἔφοδον ἐφυλάξαντο προθεῖναι ἐν ταῖϲ τραπέζαιϲ τὸν ἄργυρον, αὖθιϲ ἐπὶ ἑτέραν ἐχώρει βουλὴν καὶ νυκτὸϲ μεϲούϲηϲ ἐκπέμπει πλῆθοϲ βαρβάρων ἐπὶ τὸ ἐμπρῆϲαι τὰ βαϲίλεια. (18) τότε δὴ καὶ ἐδείχθη περιφανῶϲ, ὅπωϲ ὁ θεὸϲ πρόνοιαν ἐποιεῖτο τῆϲ πόλεωϲ· ἀγγέλων γὰρ πλῆθοϲ ὤφθη τοῖϲ ἐπιβουλεύουϲιν ἐν ϲχήματι ὁπλιτῶν μεγάλα ἐχόντων τὰ ϲώματα. (19) οὓϲ ὑποτοπήϲαντεϲ οἱ βάρβαροι ἀληθῶϲ εἶναι ϲτρατὸν πολὺν καὶ γενναῖον καταπλαγέντεϲ ὑπανεχώρηϲαν. (20) ὡϲ δὲ ἀγγελθὲν τοῦτο τῷ Γαϊνᾷ πέρα πίϲτεωϲ κατεφαίνετο (ἠπίϲτατο γὰρ μὴ παρεῖναι τὸ πολὺ τῶν Ῥωμαίων ὁπλιτικόν· κατὰ τὰϲ πόλειϲ γὰρ ἐνίδρυτο), πέμπει καὶ αὖθιϲ ἑτέρουϲ τῇ

34 ὁ codd. : Γαϊνᾶϲ Arm. | ἀκκιζόμενοϲ om. Arm. 37 sq. ὅ – ἀλλήλοιϲ om. Μa.c. Joh. 40 ἐμπρηϲμόν Joh. 43 γοῦν Joh. : οὖν b A | τῶν Γότθων om. b A Joh. 48 ἀναίδην Μp.c. F A Arm. 49 ἀργύρου Arm. : ἀργυρίου b Α Joh. | post δὲ add. τῆϲ Joh. | προμηνυϲάϲηϲ τὴν ἔφοδον Joh. : προμηνυθείϲηϲ b A Arm. 51 ἐχώρει Joh. Arm. : χωρεῖ b Α | γνώμην Joh. | νυκτὸϲ μεϲούϲηϲ Arm. Joh. : μὲν οὔϲηϲ b Α 52 post βαϲίλεια add. καὶ τὴν πόλιν Joh. 54 ἐπελθοῦϲιν Joh. 56 ἀληθῶϲ Μp.c. F A Arm. : ἀληθῆ Joh. : om. Ma.c. | πολὺν Μa.c. F A Arm. Joh. : ἀπρόϲμαχον Μp.c. | καταπλαγέντεϲ Joh. : κατεπλάγηϲάν τε καὶ b Α Arm

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sers und trafen Gainas weitab von Chalkedon, an einem Platz, der Hippodrom genannt wird, bereit, alles zu erleiden, was der Barbar wollte. (11) Aber sie erlitten nichts Übles, sondern er stellte sich unwissend und fand sich in Chalkedon ein, und dorthin kam auch der Kaiser Arcadius. (12) Als sie sich zum Märtyrerheiligtum, wo der Leichnam der Märtyrerin Euphemia niedergelegt ist, begeben hatten, gaben der Kaiser und der Barbar mit Eiden sich gegenseitig Versicherungen der Treue, sich nicht gegenseitig nachzustellen. (13) Aber der Kaiser, ein Mann, der sich an seine Eide hielt und der deshalb gottgeliebt war, blieb bei seinen Eiden. Gainas aber war eidbrüchig und verlor sein eigenes Ziel nicht aus den Augen, sondern bemühte sich, Brandschatzungen und Beutezüge zu machen sowohl in Konstantinopel wie auch, wenn immer er es vermochte, im ganzen Reich der Römer. (14) Denn die Stadt war aufgrund der vielen Zehntausend Goten barbarisiert, und ihre Bewohner wurden gleichsam zu Kriegsgefangenen. (15) So groß war die über der Stadt hängende Gefahr, dass auch ein überaus großer Komet, der sich vom Himmel bis zur Erde erstreckte und wie ihn keiner zuvor gesehen hatte, sie anzeigte. (16) Gainas aber versuchte zuerst ohne Hemmung das öffentlich in den Werkstätten feilgebotene Silber zu rauben. (17) Da aber ein Gerücht das Anmarsch vorher angezeigt hatte und sie sich hüteten, das Silber auf den Tischen zu präsentieren, kehrte er wieder zu einem anderen Plan zurück und schickte, als es mitten in der Nacht war, eine Masse von Barbaren aus, damit sie den Kaiserpalast in Brand steckte. (18) Damals aber wurde auch in deutlicher Weise gezeigt, welche Vorsorge für die Stadt Gott an den Tag legte. Denn es erschien eine Menge von Engeln denen, die den Anschlag unternahmen, in der Gestalt von Schwerbewaffneten von großem Körperbau. (19) Die Barbaren aber, die glaubten, dass diese wahrhaftig ein großes und starkes Heer bildeten, erschraken und machten kehrt. (20) Als das dem Gainas gemeldet wurde, schien ihm es nicht glaubwürdig (er war nämlich überzeugt, dass der Großteil des Fußheeres der Römer nicht

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τε ἐχομένῃ νυκτὶ καὶ μετὰ ταῦτα πολλάκιϲ. (21) ὡϲ δὲ καὶ διαφόρωϲ ἀποϲτείλαντι τὰ αὐτὰ ἀπηγγέλλετο (ἀεὶ γὰρ οἱ τοῦ θεοῦ ἄγγελοι τὴν αὐτὴν τοῖϲ ἐπιβουλεύουϲιν παρεῖχον φανταϲίαν), τέλοϲ αὐτὸϲ ϲὺν πλήθει πολλῷ προϲελθὼν πεῖραν λαμβάνει τοῦ θαύματοϲ. (22) ὑπονοήϲαϲ δὲ ἀληθῶϲ ϲτρατιωτῶν εἶναι πλῆθοϲ καὶ τοῦτο δι’ ἡμέραϲ μὲν λανθάνειν, νύκτωρ δὲ πρὸϲ τὴν αὐτοῦ ἐπιχείρηϲιν ἀντέχειν τεχνάζεται βούληϲιν, ὡϲ μὲν ἐνόμιζεν, Ῥωμαίουϲ βλάπτουϲαν, ἐπωφελῆ δέ, ὡϲ ἡ ἔκβαϲιϲ ἔδειξεν. (23) ὑποκρινόμενοϲ γὰρ δαιμονᾶν ὡϲ εὐξόμενοϲ τὸ μαρτύριον τοῦ ἀποϲτόλου Ἰωάννου (ἑπτὰ δὲ ϲημείοιϲ ἀπέχει τοῦτο τῆϲ πόλεωϲ) καταλαμβάνει. (24) ϲυνεξῄεϲαν δὲ αὐτῷ καὶ οἱ βάρβαροι τὰ ὅπλα κρυφαίωϲ ἐξάγοντεϲ, τοῦτο μὲν κεράμοιϲ κατακρύψαντεϲ, τοῦτο δὲ καὶ ἑτέραιϲ χρώμενοι μηχαναῖϲ. (25) ὡϲ δὲ οἱ φρουροὶ τῶν πυλῶν τὸν δόλον εὑρόντεϲ ἐκφέρεϲθαι τὰ βέλη διεκώλυον, οἱ βάρβαροι τὰ ξίφη ϲπαϲάμενοι τοὺϲ φρουροὺϲ διεχρήϲαντο. (26) θόρυβόϲ τε ἐντεῦθεν εἶχε τὴν πόλιν δεινὸϲ καὶ πᾶϲιν ὁ θάνατοϲ παρεῖναι ἐδόκει. ἀλλ’ ὅμωϲ ἡ μὲν πόλιϲ ἐν τῷ ἀϲφαλεῖ τότε ἐγίνετο τῶν πανταχῇ πυλῶν αὐτῆϲ ὠχυρωμένων. (27) γνώμῃ δὲ χρηϲτῇ ὁ βαϲιλεὺϲ ἐχρήϲατο ἐν καιρῷ καὶ φανερὸν πολέμιον εἶναι κηρύξαϲ τὸν Γαϊνᾶν κελεύει τοὺϲ ὑπολειφθένταϲ ἐν τῇ πόλει βαρβάρουϲ ἀναιρεῖϲθαι. (28) μιᾶϲ τε ἐν μέϲῳ μετὰ τὴν τῶν πυλωρῶν ἀναίρεϲιν διαγενομένηϲ ἡμέραϲ ϲυμβάλλουϲιν οἱ παρόντεϲ ϲτρατιῶται τοῖϲ βαρβάροιϲ ἐντὸϲ τῶν πυλῶν περὶ τὴν ἐκκληϲίαν τῶν Γότθων· ἐνταῦθα γὰρ πάντεϲ οἱ ὑπολειφθέντεϲ ἠθροίϲθηϲαν. (29) καὶ αὐτὴν μὲν ἐμπιπρῶϲιν, ἀναιροῦϲιν δὲ αὐτῶν ϲφόδρα πολλούϲ. ὁ Γαϊνᾶϲ δὲ μαθὼν ἀνῃρῆϲθαι τοὺϲ μὴ φθάϲανταϲ ἐξελθεῖν τῶν πυλῶν γνούϲ τε μηκέτι αὐτῷ προχωρεῖν τὰϲ ἀπάταϲ, ἄραϲ ἀπὸ τοῦ μαρτυρίου ἤλαυνεν ἐπὶ τὰ Θρᾴκια μέρη. (30) καὶ καταλαβὼν τὴν Χερρόνηϲον ἐξ αὐτῆϲ διαπεραιοῦϲθαι καὶ

60 τε om. Joh. | διαφόρουϲ Valesius 61 οἱ τοῦ θεοῦ ἄγγελοι F A : ἄγγελοι (οἱ Ma.c.) τοῦ θεοῦ M : οἱ ἄγγελοι Joh. 63 παρελθὼν Joh. 69 ἀπέχει Mp.c. Joh. Arm. : ἀπέχον Ma.c. F A 73 ante διεκώλυον add. οὐ Arm. 74 διεχειρίϲαντο Joh. 79 ἀναιρεῖϲθαι om. Ma.c. (ἀναιρεθῆναι Mp.c. marg.) 80 πυλῶν b 81 post παρόντεϲ add. οἱ A

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anwesend war, weil es in den einzelnen Städten stationiert war), und er schickte wiederum andere in der folgenden Nacht und danach oftmals weitere. (21) Als ihm aber, der verschiedentlich Leute ausgeschickt hatte, immer dasselbe gemeldet wurde (stets nämlich führten die Engel Gottes den Angreifern die gleiche Erscheinung vor), rückte er schließlich selbst mit einer großen Truppe an und machte die Erfahrung des Wunders. (22) Da er vermutete, dass es wirklich eine große Menge von Soldaten gebe und dass sie sich tagsüber versteckt hielten, dass sie aber nachts gegen seinen Angriff Widerstand leisteten, sann er einen Plan aus, der, wie er glaubte, den Römern schadete, der aber, wie der Ausgang zeigte, ihnen nützlich war. (23) Indem er nämlich so tat, als sei er von einem Dämon besessen, besuchte er, als wolle er beten, das Märtyrerheiligtum des Apostels Johannes (dieses liegt sieben Meilen außerhalb der Stadt). (24) Mit ihm zogen auch die Barbaren aus, die heimlich ihre Waffen heraustrugen, wobei sie sie einerseits in Tongefässen verbargen, andererseits andere Kniffe anwendeten. (25) Als die Torwächter aber die List entdeckten und sie daran hindern wollten, die Waffen herauszutragen, da zogen die Barbaren ihre Schwerter und töteten die Wachen. (26) Ein schrecklicher Tumult herrschte infolgedessen in der Stadt, und alle glaubten, dass der Tod schon da war. Aber gleichwohl war die Stadt damals in Sicherheit, da ihre Tore nach allen Seiten hin befestigt waren. (27) Der Kaiser fasste rechtzeitig einen zweckmäßigen Plan. Nachdem er öffentlich den Gainas zum offenkundigen Staatsfeind hatte erklären lassen, gab er den Befehl, die in der Stadt zurückgebliebenen Barbaren umzubringen. (28) Nachdem ein Tag nach der Ermordung der Torwächter dazwischen vergangen war, stießen die Soldaten mit den Barbaren innerhalb der Tore bei der Kirche der Goten zusammen; dort hatten sich nämlich alle Übriggebliebenen versammelt. (29) Und sie setzten diese in Brand und töteten sehr viele von ihnen. Nachdem aber Gainas erfahren hatte, dass diejenigen, die nicht schon durch die Tore hinausgelangt waren, getötet worden waren, und erkannt hatte, dass ihm die Täuschungen nicht mehr gelängen, brach er vom Märtyrerheiligtum auf und zog in die thrakische Region. (30) Und als er

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καταλαμβάνειν τὴν Λάμψακον ἐϲπούδαζεν, ὅπωϲ ἂν ἐντεῦθεν τῶν ἑῴων μερῶν κρατῆϲαι δυνήϲηται. (31) ὡϲ δὲ ὁ βαϲιλεὺϲ ἔφθη δύ90 ναμιν ἀποϲτείλαϲ διά τε γῆϲ καὶ θαλάϲϲηϲ, ἐνταῦθα πάλιν τῆϲ τοῦ θεοῦ προνοίαϲ θαυμαϲτὸν ἔργον ἐδείκνυτο. (32) ὡϲ γὰρ οἱ βάρβαροι ἀποροῦντεϲ πλοίων ϲχεδίαϲ ϲυμπήξαντεϲ ἐπ’ αὐτῶν ἐπεραιοῦντο, αἱ τε τῶν Ῥωμαίων ϲτρατιωτικαὶ νῆεϲ ὅϲον οὐδέπω παρῆϲαν ἄνεμόϲ τε Ζέφυροϲ ἔπνει ϲφοδρόϲ. (33) καὶ οἱ μὲν Ῥωμαῖοι ταῖϲ 95 ναυϲὶ ῥᾳδίωϲ διεξέπλεον, οἱ δὲ βάρβαροι ἅμα τοῖϲ ἵπποιϲ ἐν ταῖϲ ϲχεδίαιϲ ὑπὸ τοῦ κλύδωνοϲ ἀναρριπτούμενοι ἐξελικμῶντο καὶ ἐν τῇ θαλάϲϲῃ διεφθείροντο, πολλοὶ δὲ καὶ ὑπὸ τῶν Ῥωμαίων ἀπώλλυντο. (34) οὕτω μὲν οὖν τὸ πλεῖϲτον τῶν βαρβάρων ἐν τῷ διέκπλῳ ἀπώλετο, Γαϊνᾶϲ δὲ ἀναζεύξαϲ καὶ διὰ τῆϲ Θρᾴκηϲ φυγῇ χρηϲάμε100 νοϲ περιπίπτει ἑτέρᾳ δυνάμει Ῥωμαίων καὶ ἀναιρεῖται ἅμα τοῖϲ ϲὺν αὐτῷ βαρβάροιϲ. (35) καὶ ταῦτα μὲν ὡϲ ἐν ἐπιδρομῇ περὶ Γαϊνᾶ ἀποχρώντωϲ λελέχθω. (sequitur test. 1) 89 ἔφθη b A Joh.. : εὐθὺϲ γνοὺϲ πάλιν Arm. 93 αἱ τε (δὲ Arm.) τῶν Joh. Arm. : αἱ τῶν Ma.c. : ἑτέρων FMp.c.Α 94 ἔπνει Arm. : πνεῖ b Α 96 ἀναρριπτούμενοι Mp.c.A Αrm. : ἀναρριπτόμενοι Ma.c. : ἐκριπτούμενοι Joh. 98 τὸ Joh.: τότε bΑ : om. Arm. | post πλεῖϲτον add. πλῆθοϲ bΑ, μέροϲ Arm. | post διέκπλῳ add. τότε Arm. 99 sq. χρηϲάμενοϲ Joh. : χρώμενοϲ bΑ 101 περὶ Mp.c.A Αrm. : om. bΑ

**2 Sud. λ 490 Λίβερνα. εἶδοϲ πλοίου, καράβια. πηξάμενοϲ δρομάδαϲ τριακοντήρειϲ Λιβερνίδων τύπῷ.

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die Halbinsel erreicht hatte, beeilte er sich, von ihr aus überzusetzen und Lampsakos zu erreichen, damit er von dort die Gegenden des Ostens gewinnen konnte. (31) Da aber der Kaiser ihm zuvorkam, indem er eine Streitmacht zu Lande und zu Wasser ausschickte, da zeigte sich erneut das wunderbare Werk der Vorsehung Gottes. (32) Als nämlich die Barbaren aus Mangel an Schiffen Flöße zusammengefügt hatten und auf ihnen herüberzusetzen versuchten, waren die Kriegsschiffe der Römer fast sofort zur Stelle, und es blies ein heftiger Zephyr. (33) Und die Römer fuhren mit ihren Schiffen leicht hinüber, die Barbaren aber wurden zusammen mit ihren Pferden auf den Flößen vom Wellengang emporgeschleudert, wie Spreu zerstreut und gingen im Meer zugrunde, viele wurden auch von den Römern getötet. (34) So ging der größte Teil der Barbaren bei der Überfahrt zugrunde, Gainas aber machte kehrt, floh durch Thrakien, stieß auf eine weitere Streitmacht der Römer und wurde zusammen mit den Barbaren seiner Begleitung getötet. (35) Und damit sei wie in einem schnellen Durchlauf genügend über Gainas erzählt. (es folgt test. 1)

**2 Suda, Art. leichtes Kriegsschiff Liburnen: Eine Art Segelboot. Leichte Schiffe. „Nachdem er schnelle Dreißigruderer nach dem Muster von Liburniden gebaut hatte.“

Kommentar test. 1 Der Hinweis erfolgt nach längeren Ausführungen zu Gainas, vgl. fr. **1. ϲχολαϲτικοῦ Scholastikos ist in der Spätantike ein behördlich genehmigter Titel und bezeichnet den Sachwalters einer Partei im gerichtlichen Verfahren, vgl. dazu F. Preisigke, Art. Ϲχολαϲτικόϲ RE 2 A 1 (1921) 624 f. und G. Schiemann, Art. Scholastikos (1), DNP 11 (2001) 208. test. 2 Zur Übersetzung vgl. Hansen, Germanos 25. (1) λέξεϲιν περϊηνθηϲμένην ἐϲ τὰ μάλιϲτα· ἣ ἦν τὰ νῦν γὰρ Der überlieferte Text weist an dieser Stelle mehrere Schwierigkeiten auf. Abgesehen von Partizip Perfekt Passiv περϊηνθηϲμένην mit parasitärem Sigma und dem bisher nicht identifizierten Namen καλὴ ϲτενῶ ist auch das γὰρ im Folgesatz offenbar funktionslos. Will man der ganzen Periode einen Sinn abgewinnen, könnte man unter der Voraussetzung, dass es sich bei der Randnotiz nicht um das Original, sondern um eine Abschrift handelt, folgende Eingriffe vornehmen (Hinweise von M. Stein): ἥϲθην ταῖϲ ῥητορηκαῖϲ λέξεϲιν, ⟨αἷϲ⟩ περϊηνθηϲμένη{ν} ἐϲ τὰ μάλιϲτα {ἣ} ἦν. τὰ νῦν γὰρ ἐν τῇ μονῇ τῶν ἁγίων ἀποϲτόλων ἐν τῷ Καλὴ ϲτενῶ. „Ich habe mich über die rhetorischen Wendungen gefreut, mit denen es im Höchstmaß ausgeschmückt war. Es ist nämlich jetzt im Kloster der Heiligen Apostel in Kale Stenon.“ Die Ellipse der Kopula ἐϲτίν im zweiten Satz ist dabei unproblematisch. fr. **1 (1) soll gesagt werden Diese Ankündigung könnte eine Formulierung im Epos wiedergeben. (2) General der Reiter- und Fußtruppen Gemeint ist der magister utriusque militiae. Die Angabe über die Karriere des Gainas weicht von anderen Darstellungen ab, weil er hier dieses Amt zu einem viel früheren Zeitpunkt innehat.

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(3) οὐδὲ τὴν ἑαυτοῦ διάνοιαν κατέχειν ἠδύνατο Vgl. die ähnliche Junktur bei Thuc. 1,130,1 bezüglich Pausanias, der ebenso nicht mehr an seiner Gesinnung und Lebensweise festhalten konnte (καὶ κατέχειν τὴν διάνοιαν οὐκ ἐδύνατο; dasselbe gilt auch für Narses in Procop. Goth. 6,18,10 οὔτε κατέχειν τὴν διάνοιαν). Vielleicht will hier Eusebios (oder Sokrates) mit dieser Formulierung an Pausanias in Thukydides anspielen, dessen Lebenslauf in gewisser Hinsicht eine Folie für Gainas bildet. πάντα λίθον … ἐκίνει Das Sprichwort, das Sokrates mehrmals (2,8,1; 5,14,4 und 7,1,15) zitiert und daher wohl von ihm stammt, wird in der Suda π 223 (= π 167 im Lexikon des Photius [3,153], vgl. ebenfalls Sud. π 223 mit dem Objekt πέτρον) und ausführlich Zenob. 2,24 (4,190 Bühler) erklärt. Gemäß Zenobios habe der Thebaner Polykrates im von den Persern nach der Niederlage von Plataiai 479 v. Chr. verlassenen persischen Lager den Schatz des Mardonios lange vergeblich gesucht. Auf seine Frage hin habe das Orakel in Delphi mit diesem Spruch geantwortet. Photius fügt eine zweite Erklärung hinzu und behauptet, dass dies von denjenigen gesagt wird, die Krebse fangen. Das Sprichwort bezeichnet also eine sehr intensive Suche und Beschäftigung mit einer Angelegenheit, bei der nichts außer Acht gelassen wird. Vgl. dazu auch O. Crusius, Χωρὶϲ ἱππεῖϲ, RhM 40 (1885) 316– 20, bes. 317–19. (4) τῶν ϲτρατιωτικῶν ἀριθμῶν ἄρχειν Der von Hansen rekonstruierte Text übernimmt das von einem Anonymus vorgeschlagene und mit dem Armenischen übereinstimmende ἄρχειν anstelle des von den Codices und Johannes Antiochenus überlieferten ἔχειν. Dazu passt der Genetiv τῶν ϲτρατιωτικῶν ἀριθμῶν sehr gut. Dagegen muss bei ἔχειν wie in Mp.c. oder bei Johannes Antiochenus fr. 281,4 f. (Roberto) ἀριθμόν im Akkusativ stehen. Johannes hat τοὺϲ δὲ αὐτῷ ἐπιτηδείουϲ τῶν ϲτρατιωτῶν ἀριθμὸν ἔχειν κατέϲτηϲεν, womit ausgesagt würde, dass Gainas ein Bataillon aus ihm ergebenen Freunden oder Angehörigen bildete. Doch müssten diese sehr viele sein, um eine genügend große Heereseinheit bilden zu können. Daher scheint es plausibler zu sein, dass er seine Freunde als Generäle eingesetzt hat. Das nur von M überlieferte Demonstrativpronomen τούτουϲ (bzw. τούτων) ist in jedem Fall überflüssig. (5) τὰ Φρυγῶν ἔθνη Bei Sokrates ist ἔθνοϲ die Übersetzung des lateinischen provincia, vgl. Hansen, Socrates 476 und LSJ s. v. 2 c., so etwa auch Cass. Dio 36,41,1: Lucius Lucullus wollte nicht über Sardinien herrschen διὰ τοὺϲ πολλοὺϲ τοὺϲ οὐδὲν ὑγιὲϲ ἐν τοῖϲ ἔθνεϲι δρῶνταϲ und in Eustochios (KFHist C 4) test. (= Sud. ε 3755). Seit der Reichsreform unter

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Diokletian gab es zwei phrygische Provinzen (Phrygia I bzw. Salutaris und Phrygia II bzw. Pacatiana). (6) τῷ μὲν λόγῳ … τῷ δὲ ἔργῳ τυραννῆϲαι βουλόμενοϲ Auch die Unterscheidung zwischen offiziellem, aber vorgeblichem Grund (Krieg gegen Tribigild) und wirklichem Handlungsmotiv (Usurpation) erinnert an Thukydides’ Bericht über das Ende des Pausanias 1,128,3: ἐπειδὴ Παυϲανίαϲ ὁ Λακεδαιμόνιοϲ … ἀφικνεῖται ἐϲ Ἑλλήϲποντον τῷ μὲν λόγῳ ἐπὶ τὸν Ἑλληνικὸν πόλεμον, τῷ δὲ ἔργῳ τὰ πρὸϲ βαϲιλέα πράγματα πράϲϲειν, ὥϲπερ καὶ τὸ πρῶτον ἐπεχείρηϲεν ἐφιέμενοϲ τῆϲ Ἑλληνικῆϲ ἀρχῆϲ. (9) Ϲατορνῖνον Gemäß Wallraffs Grundsatz (s. dazu Einl. 396 f.), dass der Konsens der Codices und der Nebenüberlieferung (Ϲατορνῖνον in b, A, Johannes Antiochenus sowie Ϲατουρνῖνον bei Sozomenos) höher zu werten sei als die armenische Version, die Ϲατορνίλον hat, ist hier wohl gegen Hansen, der das Armenische bevorzugt, die Form Ϲατορνῖνον mit ν statt λ die richtige Lesart. Satorninos und den Aurelianos Gemeint ist Saturninus, der Konsul von 383, vgl. PLRE I, Saturninus 10, mit Hinweis auf die Parallelquellen. Ferner der prominente Praefectus praetorio der östlichen Präfektur und Konsul des Jahres 400 Aurelianus, vgl. PLRE I, Aurelianus 3. Zum Exil des Saturninus und Aurelianus Zos. 5,18,7–9; Soz. 8,4; Joh. Ant. fr. 190 (Roberto). S. die Predigt des Johannes Chrysostomus, Homilia cum Saturninus et Aurelianus acti essent in exilium (CPG 4393), PG 52, 413–21. (10) ἐν χωρίῳ Ἱπποδρόμῳ καλουμένῳ Die griechischen Handschriften und Johannes Antiochenus überliefern lediglich χωρίῳ Ἱπποδρόμῳ, wobei das allgemeine χωρίῳ durch die Apposition Ἱπποδρόμῳ näher bestimmt wird. Auch wenn natürlich im Armenischen der Übersetzer einen exegetischen Zusatz gemacht haben kann, in dem er seinem Leser erklärte, dass Hippodrom der Name des Ortes war, hat Sokrates selbst 7,16,1 ἐν Ἰμμονμεϲτάρ οὕτω καλουμένῳ τόπῳ eine ähnliche Formulierung mit καλουμένῳ, weshalb man Hansens Text ohne weiteres übernehmen kann. (11) erlitten sie nichts Übles Scheinhinrichtung und Exilierung dagegen bei Zos. 5,18,9. (12) Leichnam der Märtyrerin Euphemia Zum Treffen des Kaisers mit Gainas im Heiligtum der Euphemia vgl. die Darstellung bei Zos. 5,18,7. Zu den Gemeinsamkeiten und Unterschieden (insbesondere auch zur Auslieferung des Saturninus und Aurelianus) s. Paschoud, Zosime III 1 143–51.

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Das prominente Heiligtum der Euphemia war später die Stätte des Konzils von Chalkedon. (14) wurden gleichsam zu Kriegsgefangenen Zum Kompromiss gehörte, dass die Goten wieder nach Konstantinopel zurückkehren durften. (17) προμηνυϲάϲηϲ Da der absolute Genetiv φήμηϲ προμηνυϲάϲηϲ als Objekt τὴν ἔφοδον hat, ist diese von Johannes Antiochenus überlieferte Form besser als das Passiv προμηνυθείϲηϲ der Codices des Sokrates, weil man dann τὴν ἔφοδον mit dem folgenden verbinden müsste ἐφυλάξαντο, was aber nicht zur folgenden Infinitiv-Konstruktion passt. Will man dem überlieferten Text einen Sinn abgewinnen, müsste man wohl φήμῃ προμηνυθείϲηϲ τῆϲ ἐφόδου schreiben, was aber mehrere Eingriffe in den Text erfordert. das Silber auf den Tischen zu präsentieren Vgl. zu den konstantinopolitanischen ἀργυροπρᾶται und den τραπεζῖται S. Barnish, The Wealth of Iulianus Argentarius, Byzantion 55 (1985) 5–38; W. Brandes, Finanzverwaltung in Krisenzeiten. Untersuchungen zur byzantinischen Administration im 6.–9. Jahrhundert, Frankfurt 2002, 622–27. (21) διαφόρωϲ ἀποϲτείλαντι Es ist unklar, was mit διαφόρωϲ ἀποϲτείλαντι genau gemeint ist und was für Leute ausgesandt worden sind, da ein Objekt fehlt. ἀποϲτέλλω kommt bei Sokrates sehr oft vor und hat ein Objekt, oder dieses wird implizit aus dem Vorhergehenden klar. Das Adverb διαφόρωϲ bedeutet auch bei Sokrates an den anderen Stellen „unterschiedlich, verschiedentlich“ (so sind 5,21,16 τοὺϲ διαφόρωϲ ἑορτάζονταϲ „die auf unterschiedliche Weise Feiernden“, vgl. auch 1,6,38; 4,33,4; 7,3,3 und LBG s. v. διαφόρωϲ). Vielleicht hat das Adverb hier wie sonst nur das Adjektiv die Bedeutung „mehrfach“ (vgl. LSJ s. v. διάφοροϲ b). Périchon / Maraval, Socrate de Constantinople (SC 505, 281) übersetzen diese Stelle „après ses divers envois“, wobei unklar bleibt, wer ausgeschickt worden ist. In (20) haben wir „andere“, was natürlich wohl andere Soldaten sind. (23) μαρτύριον Zur Bedeutung von μαρτύριον hier und ebenso in (29) als „Heiligtum des Märtyrers“ vgl. Lampe s. v. III. und Hansen, Socrates 486 s. v. Daher ist die Korrektur μαρτυρεῖον von Mp.c. überflüssig. ἑπτὰ δὲ ϲημείοιϲ Zur Bedeutung von ϲημεῖον als „Meile“ vgl. Lampe s. v. 2. a., der diese Stellen anführt, und Hansen, Socrates 492 s. v. (24) andere Kniffe anwendeten Eine zusätzliche List wird bei Soz. 8,4,15 dargestellt. Die Erzählung der Arcadius-Säule, die auf wenige Episoden reduziert ist, setzt mit dem Auszug der Barbaren aus Konstantinopel ein, und zwar mit der zweiten Windung von unten, vgl. Kollwitz, Oströmische

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Plastik 24 und 28. In der untersten Windung wird Konstantinopel mit einigen prominenten Baulichkeiten (insbesondere dem Konstantinsforum) gezeigt. (27) die in der Stadt zurückgebliebenen Barbaren umzubringen Eine als positiv bewertetet Aktion, vgl. Amm. 31,16,8. Die Tötung der Goten in der Kirche wurde in den offiziösen Fastennachrichten als herausragendes Ereignis festgehalten, vgl. Marcell. chron. a. 399,3 (32) Kriegsschiffe der Römer. Auf den Einsatz der Liburnen bezieht sich ein mögliches Fragment, vgl. fr. **2. (33) ὑπὸ τοῦ κλύδωνοϲ ἀναρριπτούμενοι ἐξελικμῶντο Ob diese Stelle wirklich epischen Einfluss aufweist, ist schwer zu bestimmen. Das ursprünglich poetische κλύδων wird z. B. auch Thuc. 2,84,3, Theophr. char. 25,2 und Liban. ep. 1434,1 (= Philagrios [KFHist C 12] test. 1) verwendet; ἀναρρίπτω (meist zusammen mit κίνδυνον) wird in Hdt. 7,50 und Thuc. 4,95,2; 5,103,1 und 6,13,1 meist metaphorisch verwendet. Hier wird jedoch damit konkret angegeben, dass der starke Wellengang Soldaten und Pferde emporschleuderte (und wegspülte; daher ist es auch nicht nötig, es mit der Lesart ἐκριπτούμενοι [„herausgeschleuderte“] von Johannes Antiochenus zu ersetzen). Dagegen findet man im Gegensatz zum Simplex λικμάω (Il. 5,500) das Kompositum ἐκλικμάω erst in der Sept. LXX 2,27 (Holophernes während eines Rachefeldzugs in der Gegend von Damaskus καὶ τὰ πεδία αὐτῶν ἐξελίκμηϲεν), wo es soviel wie „leeren, verwüsten, plündern“ und nur hier metaphorisch für das Trennen des Weizens vom Spreu verwendet wird, vgl. Lampe s. v., der es mit „scatter like chaff“ übersetzt. Offenbar hat also Sokrates (oder Eusebios) an dieser dramatischen Stelle eine gehobene Sprache verwendet, die an die großen historischen Vorbilder, aber auch an die Bibel erinnert. Sie verleiht dieser Stelle Emphase. (34) zusammen mit den Barbaren seiner Begleitung getötet Nach dem ersten Sieg zu Wasser wird Gainas in einer zweiten Schlacht zu Lande besiegt. Dieses Detail ist auf der Arcadius-Säule sehr viel deutlicher gewürdigt worden, vgl. die Beschreibung der 11. und 12. Windung durch Kollwitz, Oströmische Plastik 27: „Wieder ziehen die Truppen aus und wieder kommt es zur Schlacht, diesmal zu Lande unter Einsatz zahlreicher Reiter. Auch dieses Mal siegen die Römer“. S. auch W. H. B. Liebeschuetz, Barbarians and Bishops, Army, Church, and State in the Age of Arcadius and Chrysostom, Oxford 1990, 121: „The column would seem to commemorate an official version earlier than that of our other sources, a version according to which Gainas was destroyed in the way in which it was traditionally fitting

Kommentar

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for a barbarian to be destroyed, by the leadership of the emperor and the valour of his soldiers.” Immerhin hält aber Sokrates noch diesen zweiten Kampf eindeutig als einen römischen Sieg fest. Damit kontrastiert seine Version zu den Darstellungen, denen zufolge Gainas vom Hunnen Uldin gefangen wurde, vgl. bereits Philostorgios (KFHist E 5) 11,8,10. Aus Marcell. chron. a. 400,13 lässt sich nicht klar erkennen, wer für den zweiten Sieg über Gainas verantwortlich ist: bellum navale contra Gainam tyrannum inter Cheronesum et Hellespontum gestum est: multa milia Gothorum caesa vel demersa sunt. Gaina comes de hoc bello fugiens evasit: ipso tamen anno occisus est mense Februario. Die Vermutung liegt nahe, dass Marcellinus Comes der offiziösen Version nahestand. (35) genügend über Gainas erzählt Sokrates geht nicht mehr auf die triumphale Einkehr des Arcadius in Konstantinopel ein, die zweifelsohne auch das Epos des Eusebios abschloss, vgl. die Darstellung der Siegesfeiern in Konstantinopel in der 13. Windung der Arcadius-Säule. fr. **2 Wegen der Parallele zu Zos. 5,20,3 f. (mit der Form λίβερνα) wird dieses Stück gewöhnlich Eunap (fr. 81 Müller) zugewiesen, allerdings hat es Blockley nicht unter die Eunap-Fragmente aufgenommen, da es hierfür keine guten Gründe gebe, vgl. R. C. Blockley, The Fragmentary Classicising Historians 136, Anm. 126 und 162, Anm. 65. S. ders. The End of Eunapius’ History, Antichthon (1980) 170–76, hier 170 Anm. 2. Paschoud, Zosime III,1 161–65 lässt das Stück dagegen als Eunapfragment gelten und nimmt an, dass der Bericht bei Zosimos letztlich (über Eunap) indirekt aus Eusebios stammt. Clover, Count Gainas and Sebastian 67 f. weist darauf hin, dass in der von der Suda zitierten Wendung ein Hexameter begegnet: πηξάμενοϲ δρομάδαϲ τριακοντήρειϲ. Er nimmt daher an, dass die Suda zwar Eunap zitierte, aber erst dessen 414 oder später zitierte zweite Auflage, in der bereits das Epos des Eusebios Scholastikos verwertet worden sei. Der Bericht Eunaps betonte aus ideologischen Gründen sehr deutlich die Bedeutung des heidnischen Generals Fravittas, wie auch noch in der Zusammenfassung bei Zosimos zu erkennen ist. Diese Tendenz wird (wenn der Erbauer der Flotte im Sudazitat Fravitta sein soll) von Clover auch für Eusebios angenommen. Wenn allerdings mit guten Gründen angenommen werden kann, dass Sokrates eine Inhaltsangabe des Epos des Eusebios enthält, dann dürfte klar sein, dass der eigentliche Held in diesem Epos Arcadius und nicht etwa

414

(C 16) Eusebios Scholastikos, Gainias

Fravitta war. Wenn der Vers aus Eusebios stammt, muss über den Schiffsbau durch Arcadius berichtet worden sein.

(C 17) Ammonios, Gainias

Einleitung Ein zweites episches Gedicht über Gainas trug ein sonst nicht bekannter Ammonios dem Theodosius II. im Jahre 438 persönlich vor1. Es dürfte vor allem eine Wiederbearbeitung des Gedichtes des Eusebios geboten haben. Offen bleibt, was dazu veranlasste, zu diesem späten Zeitpunkt erneut an die Großtaten des Arcadius gegen die Goten zu erinnern2. Die Einweihung des

1

Das Jahr 438 schließt eine Identifizierung mit dem gleichnamigen Grammatikos aus Alexandreia (Socr. 5,16,10 und 15) aus, vgl. Kaster, 241, Nr. 10. Zum Autor vgl. Cameron, Wandering Poets 480 Anm. 63; 483 Anm. 81; PLRE II, Ammonius 4. 2 Clover, Count Gainas 68 nimmt einen Bezug zum Geburtstag des Kaisers an: „To judge from Socrates’ remarks, Ammonius concluded his poem with an account of the birth of Theodosius in the very year that the victorious Fravitta assumed the consulate (AD 401). Surely such a coincidence was an omen for a brilliant reign.“ Die Bemerkungen über das Heldentum des Fravitta und die Tatsache, dass Theodosius II. während seines Konsulats geboren ist, schließen aber erst an die Notiz über Ammonios an (Socr. 6,6,38 f.), so dass unsicher ist, ob im Epos des Ammonios darauf Bezug genommen wurde. Ein weiterer Anlass könnte nach Clover gewesen sein, dass die Episode des Gainas im Zusammenhang mit einem Piratenangriff des Comes Sebastianus auf den Hellespont erneut in Erinnerung gerufen wurde und daher in diesem Zeithorizont Sebastianus als zweiter Gainas galt. Zur Bedrohung des Hellespont durch Sebastianus vgl. Suda θ 145 Θεοδόϲιοϲ: Gier der Eunuchen treibt angeblich die Buccellarier des Sebastianus zu Piratenaktionen im Hellespont: καὶ τῶν Ϲεβαϲτιανοῦ δορυφόρων πειρατικὸν ϲυϲτὰν τόν τε Ἑλλήϲποντον καὶ τὴν Προποντίδα διαταράξαι. Clover erklärt auch die Eigentümlichkeit zweier Jordanespassagen damit, dass durch die Sebastianus-Episode der Fall des Gainas wieder aktuell wurde. In Iord. Get. 176 heißt es: contra quem (nämlich den Westgotenkönig Theoderich) Theodosio et Festo consulibus pace rupta Romani Hunnis auxiliaribus secum iunctis in Galliis arma moverunt. turbaverat namque eos Gothorum foederatorum manus, qui cum Gaina comite Constantinopolim efferasset. Die Erinnerung an die vermeintliche Herkunft gotischer Foederaten aus der ursprünglichen Truppe des Gainas erkläre sich daraus, dass in dieser Zeit der Schrecken des Gainas in Konstantinopel wieder in Erinnerung gebracht worden sei. In Jord. Rom. 320 wird die Vorlage durch die Erwähnung einer Piratenaktion im Hellespont erweitert, die sonst für Gainas nicht bekannt ist: Gaina vero supra nominatus comis Constantinopolim civile bellum commovens totam urbem igni ferroque turbavit fugiensque Hellisponto piratico ritu vivebat. contra quem navali proelio dato multi Gothorum eius extincti. ipse quoque bello evadens mox tamen capite plectitur. Die von Clover beobachteten Sachverhalte sind in der Tat erklärungsbedürftig. Die Hypothese von Clover wird aber abgelehnt von P. van Nuffelen / Lieve

Einleitung

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Arcadius-Forums fällt als mögliche Erklärung aus. Sie fand zwar ebenfalls erst lange nach dem Ende des Gainas und unter der Regierung des Theodosius II. statt, gleichwohl aber bereits im Jahre 4211. Die endgültige Einrichtung des Arcadius-Forums wird bisweilen erst in späterer Zeit datiert, was aber überholt ist2. Die Nachricht über die Einweihung eines „TheodosiusForums“ im Jahre 435 bei Marcellinus Comes ist jedenfalls nicht auf das Arcadius-Forum zu beziehen, sondern aus topographischen Gründen wohl auf das Sigma, das sich Theodosius II. in Helianianai errichten ließ3. Vielleicht wurde aber aus diesem Anlass erneut an die Taten des Vaters erinnert, so dass sich Ammonios angeregt fühlte, eine neue Darstellung der GainasEpisode zu verfassen.

Van Hoof, Jordanes Romana and Getica. Translated with an introduction and notes, Liverpool 2020, 194 Anm. 547 und 304 Anm. 590. 1 Marcell. chron. a. 421,2 p. 75 Mommsen: patri suo Arcadio in foro eius super immanem columnam ingentem statuam idem Theodosius dedicavit; Chron. Pasch. 579,15–18 Dindorf. Baubeginn des Arcadius-Forums unmittelbar nach der Niederwerfung des Gainas-Aufstandes und Einweihung 421, vgl. Bauer, Stadt 205–207. Zur Arcadiussäule s. C. B. Konrad, Beobachtungen zur Architektur und Stellung des Säulenmonuments in Istanbul Cerrahpașa. „Arkadiossäule“: Istanbuler Mitteilungen 51, 2001, 319–401. 2 So noch S. Bassett, The Urban Image of Late Antique Constantinople, Cambridge 2004, 83. 3 Marcell. chron. a. 435,1 p. 79 Mommsen: forum Theodosii imperatoris in loco qui Heliane dicitur aedificatum est. S. zur Interpretation Bauer, Stadt 212 f.

testimonium 1. Socr. 6,6,37 (codd. b [= FM] A Arm.) (post Eus. Schol. [C 16] test. 1) καὶ νῦν δὲ ὁ ποιητὴϲ Ἀμμώνιοϲ τὴν αὐτὴν ὑπόθεϲιν (cf. Eus. Schol. fr. 1) ῥαψῳδήϲαϲ ἐν τῇ ἑκκαιδεκάτῃ ὑπατείᾳ τοῦ νέου Θεοδοϲίου, ἣν ἅμα Φαύϲτῳ ἐπετέλει, ἐπ’ αὐτοῦ τοῦ αὐτοκράτοροϲ ἐπιδειξάμενοϲ λαμπρῶϲ εὐδοκίμηϲεν. 3 ἐπ’ αὐτοῦ τοῦ Arm. : ἐπὶ τοῦ αὐτοῦ bA

Zeugnis 1. Sokrates, Kirchengeschichte 6,6,37 (nach Eus. Schol. [C 16] test. 1) In unseren Tagen hat der Dichter Ammonios ein Epos über den gleichen Gegenstand (vgl. Eus. Schol. fr. 1) im 16. Konsulat Theodosius’ des Jüngeren, das dieser zusammen mit Faustus vollendete, verfasst und, als er es vor dem Kaiser persönlich vortrug, großartiges Renommee erlangt.

Kommentar test. 1 λαμπρῶϲ εὐδοκίμηϲεν Das Adverb λαμπρῶϲ kann theoretisch sowohl mit ἐπιδειξάμενοϲ (vgl. Phot. bibl. cod. 277. 519 b 43 – 520 a 1 ἵνα δὲ λαμπρῶϲ ἐπιδείξῃ ὅτι κτλ.) als auch mit εὐδοκίμηϲεν (Hld. 8,15,4 ἐπὶ μέγα παρὰ τῷ Ὀροονδάτῃ καὶ λαμπρῶϲ εὐδοκιμήϲειν, εἰ περιϲώϲειεν αὐτῷ νεανίαν) verbunden werden. Aufgrund der auch bei Sokrates üblichen Wortstellung des Adverbs vor dem Verb gehört es wohl eher zu εὐδοκίμηϲεν.

(C 18) Eudokia, Persika

Einleitung Über die Geschichte des kurzen Perserkriegs von 421 bis 422 ist nur wenig bekannt1. Nach seiner raschen Beendigung wurden die jüngsten Ereignisse in einer abundanten panegyrischen Produktion gefeiert. Dazu gehörten auch „Gedichte“ der Gemahlin des Theodosius II. Eudokia, die als Tochter des „Sophisten“ Leontios hochgebildet war2. Während der Anlass und der Gegenstand ihrer Verse bekannt sind, muss offen bleiben, ob sie eine auskomponierte episch-geschichtliche Darstellung der Ereignisse bot. Auszuschließen ist dies nicht, da zumindest klar ist, dass Eudokia (was im übrigen aber auch für ihre übrigen, partiell erhaltenen Werke gilt) in epischen Hexametern schrieb.

1

G. Greatrex, The two fifth-century Wars between Rome and Persia, Florilegium 12, 1993, 1–14; G. Greatrex / S. N. C. Lieu, The Roman Eastern Frontier and the Persian Wars, London – New York 2002, 36–43. 2 Vgl. A. Cameron, The Empress and the Poet. Paganism and Politics at the Court of Theodosius II, YClS 27 (1982), 217–89; J. Burman, The Athenian Empress Eudocia, in: P. Castrén (Hg.), Post-Herulian Athens, Aspects of Life and Culture in Athens. AD 267–529, Helsinki 1994, 63–87; M. Haffner, Die Kaiserin Eudokia als Repräsentantin des Kulturchristentums, Gymnasium 103 (1996) 216–28; B. P. Sowers, Eudocia: the making of a Homeric Christian, Diss. Univ. Ohio, Cincinnati 2009. Eudokia war seit 421 mit Theodosius II. verheiratet und wurde 423 zur Augusta erhoben.

testimonium 1. Socr. 7,21,7 sq. (codd. b [= FM], Epit., Cassiod. hist., Arm.) (7) τῆϲ οὖν ἐκ θεοῦ νίκηϲ τοιαύτηϲ τοῖϲ Ῥωμαίοιϲ ὑπαρξάϲηϲ πολλοὶ τῶν ἐν λόγοιϲ ἀνθούντων εἰϲ τὸν βαϲιλέα βαϲιλικοὺϲ ἔγραφον λόγουϲ δημοϲίᾳ τε τούτουϲ παρῄεϲαν. (8) καὶ δὴ καὶ ἡ τοῦ βαϲιλέωϲ γαμετὴ ἡρωικῷ μέτρῳ ποιήματα ἔγραφεν. ἦν γὰρ 5 ἐλλόγιμοϲ· Λεοντίου γὰρ τοῦ ϲοφιϲτοῦ τῶν Ἀθηνῶν θυγάτηρ οὖϲα ὑπὸ τῷ πατρὶ ἐπαιδεύθη καὶ διὰ λόγων ἐληλύθει παντοίων. 1 νίκηϲ b Cassiod. hist. : βοηθείαϲ Arm. 3 τούτουϲ παρῄεϲαν suspectum 5 post ἐλλόγιμοϲ add. καὶ πολλὴν ϲοφίαν ἐκτήϲατο Arm., καὶ κάλλει διαπρεπήϲ Epit. 316 τῶν Ἀθηνῶν om. Ma.c.

Zeugnis 1. Sokrates, Kirchengeschichte 7,21,7 f. (7) Nachdem ein solcher Sieg von Gott den Römern gewährt worden war, schrieben viele, die sich in der Redekunst auszeichneten, Kaiserreden auf den Kaiser und trugen diese öffentlich vor. (8) Und dazu schrieb auch die Gattin des Kaisers Gedichte im epischen Versmaß, da sie gebildet war. Denn da sie Tochter des Athener Sophisten Leontios war, war sie vom Vater erzogen worden und hatte verschiedenartige Studien durchschritten.

Kommentar test. 1 (7) δημοϲίᾳ τε τούτουϲ παρῄεϲαν Normalerweise regiert παριέναι in der Bedeutung „vortreten, um zu sprechen“ (vgl. LSJ s. v. A IV 2) kein Objekt. Zwar nimmt Hansen, Socrates 489 s. v. πάρειμι diese Wendung in sein Wortregister auf, und Périchon / Maraval, Socrate de Constantinople (SC 506, 81) übersetzen „les produisaient en public“. Da aber Parallelen für transitives παριέναι im Sinne von „vorstellen, darbieten“ fehlen, ist es durchaus möglich, dass hier der Text verderbt ist. Entweder ist das τούτουϲ zu tilgen oder nach τούτουϲ muss ein Partizip wie λέγοντεϲ oder ᾄδοντεϲ, von dem der Akkusativ abhängt, ergänzt werden (Hinweis von M. Stein). (8) Leontios war ein athenischer Philosoph und Lehrer der Rhetorik (ϲοφιϲτήϲ), vgl. PLRE II, Leontios 6. διὰ λόγων ἐληλύθει παντοίων Die Junktur διὰ λόγων ἰέναι (vgl. LSJ s. v. λόγοϲ VI 3) kommt zwar auch in Eur. Tro. 916 vor und bedeutet dort „eine Debatte bzw. einen Disput führen.“ Hier bezeichnet hingegen λόγοϲ (vgl. Lampe s. v. A 12 „teaching, opinion, knowledge, doctrine“) die (wohl vor allem rhetorischen) Studien, die Eudokia gemacht hat. Epiphanius übersetzt (Cassiod. hist. 11,17,2) dagegen allgemeiner a patre omnibus lectionibus erudita, dagegen ebenso Périchon / Maraval, Socrate de Constantinople (SC 506, 81) „avait fait toute sorte d’études“.

(C 19) Christodoros von Koptos, Isaurika

Einleitung Christodoros von Koptos gehörte zu den zahlreichen schriftstellerischen Virtuosen ägyptischer Provenienz, deren Werke in der gesamten östlichen Reichshälfte bekannt waren1. Cameron geht davon aus, dass die vielen von ihm verfassten Lokalgeschichten (von Konstantinopel, Tralleis, Milet, Thessalonike, der kleinen Polis Nakle) als Auftragswerke entstanden sind2. Die Isaurika behandelten aber nicht die Lokalgeschichte Isauriens oder ethnographische Sachverhalte, sondern thematisierten, wie sich auch aus der Parenthese in der Suda erkennen lässt, ausdrücklich den Kampf des Anastasios gegen die Isaurier, und zwar wohl mit panegyrischer Tendenz3. Einiges spricht dafür, dass solche Berichte, die den Kampf des Kaisers gegen die Isaurier feierten, dazu beigetragen haben, die „Isaurier“ als feindliches Barbarenvolk zu konzipieren4.

1

FGrHist 283; A. Kaldellis, Christodoros of Koptos, BNJ 283 (2011). Cameron, Wandering Poets; Miguélez Cavero, 31. 3 Vgl. M. Meier, Candidus: Um die Geschichte der Isaurier, in: B. Bleckmann / T. Stickler (Hgg.), Griechische Profanhistoriker des fünften nachchristlichen Jahrhunderts, Stuttgart 2014, 171–94, hier 187. 4 M. Meier, Anastasios und die „Geschichte“ der Isaurier, in: W. Pohl u. a. (Hgg.), Visions of Community in the Post-Roman World. The West, Byzantium and the Islamic World, 300–1100, Farnham / Burlington 2012, 281–300. 2

testimonium 1. (1) Sud. χ 525 (codd. A[GFSM]) Χριϲτόδωροϲ· Πανίϲκου, ἀπὸ Κοπτοῦ πόλεωϲ τῆϲ Αἰγύπτου, ἐποποιόϲ. ἤκμαζεν ἐπὶ τῶν Ἀναϲταϲίου τοῦ βαϲιλέωϲ χρόνων. ἔγραψεν Ἰϲαυρικὰ ἐν βιβλίοιϲ ἕξ (ἔχει δὲ τὴν Ἰϲαυρίαϲ ἅλωϲιν τὴν ὑπὸ Ἀναϲταϲίου τοῦ βαϲιλέωϲ γενομένην), Πάτρια Κωνϲταντινου5 πόλεωϲ ἐπικῶϲ βιβλία ιβʹ, Πάτρια Θεϲϲαλονίκηϲ ἐπικῶϲ βιβλία κεʹ, Πάτρια Νάκληϲ (ἔϲτι δὲ πόλιϲ περὶ Ἡλιούπολιν, ἐν ᾗ τὰ καλούμενα Ἄφακα), Πάτρια Μιλήτου τῆϲ Ἰωνίαϲ, Πάτρια Τράλλεων, Πάτρια Ἀφροδιϲιάδοϲ, Ἔκφραϲιν τῶν ἐν τῷ Ζευξίππῳ ἀγαλμάτων καὶ ἄλλα πολλά. 4 post Πάτρια add. δὲ S

Zeugnis 1. (1) Suda, Art. Christodoros Christodoros: Sohn des Paniskos, aus der Stadt Koptos in Ägypten, ein Verfasser von Epen. Er blühte in der Epoche des Kaisers Anastasios. Er schrieb Isaurika in sechs Büchern (sie enthalten die Einnahme Isauriens durch den Kaiser Anastasios), Patria von Konstantinopel in epischer Form in 12 Büchern, Patria von Thessalonike in epischer Form in 25 Büchern, Patria von Nakle (die Stadt liegt bei Heliopolis, wo der Aphaka genannte Ort sich befindet), Patria von Milet in Ionien, Patria von Tralleis, eine Beschreibung der Statuen im Zeuxippos-Bad und vieles andere.

Kommentar test. 1 ἐπὶ τῶν Ἀναϲταϲίου τοῦ βαϲιλέωϲ χρόνων χρόνοι im Plural bedeutet „Periode bzw. Epoche“ (vgl. LSJ s. v. χρόνοϲ A 2). Die Junktur ἐπὶ τῶν χρόνων drückt die Herrschaftsperiode eines Herrschers aus, vgl. Diod. 9,17 Ϲόλων ἐγένετο ἐπὶ τῶν χρόνων τῶν τυράννων ἐν ταῖϲ Ἀθήναιϲ πρὸ τῶν Περϲικῶν χρόνων und kommt 18-mal in der Suda (z. B. θ 122 Θεμίϲτιοϲ, φιλόϲοφοϲ, γεγονὼϲ ἐπὶ τῶν χρόνων Ἰουλιανοῦ τοῦ Παραβάτου) vor. γενομένην Nach γενομένην hat das Violarium der Eudocia (1010 p. 741,5 f. Flach)1 noch ἐπιγραμμάτων βιβλία γ΄, ἐπιϲτολῶν δ΄. Doch ist das ganze Werk eine Fälschung aus den 1540er Jahren (vgl. L. Cohn, Art. Eudokia [3] Makrembolitissa, RE 6,1 [1907] 912 f.), weshalb es Adler mit Recht nicht berücksichtigt hat. Nakle (heute Naḫla) liegt im Libanon in der Nähe von Heliopolis (Baalbek), vgl. dazu E. Honigmann, Art. Νάκλη, RE 16,2 (1894) 1600. Aphaka (heute Afqā) liegt im Libanon auf halbem Weg zwischen Byblos und Heliopolis (Baalbek) und war für seinen Venustempel berühmt, vgl. dazu I. Benzinger, Art. Aphaka, RE 1,2 (1894) 2709. [C. S.] ἐν τῷ Ζευξίππῳ Zu diesen prächtigen Thermen in Konstantinopel, die herrliche Statuen enthielten, vgl. H. v. Geisau, Art. Zeuxippos (1), RE 10 A (1972) 379. Das antonomastisch verwendete Substantiv Ζεύξιπποϲ wird in allen Fällen dekliniert, und ἐν τῷ Ζευξίππῳ ist z. B. auch Chron. Pasch. p. 595,18 Dindorf und Theod. Lect. 420 (p. 116,16 Hansen) belegt. Daher braucht man nicht, wie Daub vorgeschlagen hat, Ζευξίππῳ in Ζευξίππου zu korrigieren, da es dafür keine exakte Parallele gibt (Theod. Lect. 420 [p. 139,18 Hansen] ἐν τῷ λούτρῳ τοῦ Ζευξίππου unterscheidet sich von dieser Stelle durch den Zusatz τῷ λούτρῳ τοῦ, der nur mit dem Genetiv des Namens verbunden werden kann).

1

Vgl. J. Flach (Hg.), Eudociae Augustae Violarium, Leipzig 1880.

(C 20) Pamprepios, Isaurika

Einleitung Pamprepios, dessen genaues Geburtsdatum aus einem Horoskop bekannt ist (29. September 440), stammte wie Kyros aus Panopolis und gehörte zu der von Alan Cameron beschriebenen Gruppe der „Wandering Poets“. Nach einer Tätigkeit als Grammatikos und einem philosophierenden Wanderleben, das ihn bis nach Athen und Konstantinopel führte, war er ein enger Gefolgsmann des Isauriers Illus1 und stieg durch dessen Gunst bis zum quaestor sacri palatii auf. Illus war zunächst die beherrschende Figur am Hofe seines isaurischen Landmanns Zenon, bevor er mit diesem ab 482 in Konflikt geriet und nach der Niederschlagung der Usurpation des Leontios und der Einnahme der Festung Papyrion getötet wurde. Pamprepios war schon zuvor in internen Auseinandersetzungen von Illus umgebracht worden. Es ist denkbar, dass Pamprepios vor dem Bruch zwischen Zenon und Illus in irgendeiner Form isaurische Großtaten geschildert hat, etwa den erfolgreichen Kampf gegen den Usurpator Basiliskos oder gegen die Rebellion des Markianos2. Jedenfalls verdankt er seiner dichterischen Produktion seinen Aufstieg (test. 2). Wegen der Analogie zu sonstigen epischen Produktionen zur Zeitgeschichte, die von anderen „Wandering Poets“ Oberägyptens stammen, nämlich den Isaurika des Christodoros oder den Persika des Kolluthos, deren zeitgeschichtlicher Bezug sicher ist, könnte man versucht sein, in den Isaurika des Pamprepios einen analogen Fall zu erkennen. In der Suda finden sich allerdings keine Hinweise auf ein Epos, sondern nur die Bemerkung, dass Pamprepios seine Isaurika (die vielleicht gar keinen zeitgeschichtlichen Bezug hatten) in untypischer Weise in Prosa verfasste. Wenn Stücke eines Wiener Papyrus aus den Isaurika des Pamprepios stammen 1

Zur turbulenten Vita des prominenten Heiden vgl. R. Asmus, Pamprepios, ein byzantinischer Gelehrter und Staatsmann des 5. Jahrhunderts, ByzZ 22 (1913) 320– 47; E. Livrea, Pamprepii Panopolitani Carmina (P. Gr. Vindob. 29788 A-C), Leipzig 1979, 1–9; K. Feld, Pamprepius – Philosoph und Politiker oder Magier und Aufrührer?, in: A. Goltz (Hg.), Gelehrte in der Antike, Köln 2002, 261–80; Begass, Senatsaristokratie 196–200; L. Mecella, Ciro di Panopoli. Potere politica e poesia alla corte di Teodosio II, Catania – Rom 2020, 66 f.; dies., Il filosofo e l’usurpatore. Neoplatonismo e participazione politica nell’età di Zenone, Occidente/Oriente 1 (2020) 245–66. Auf eine Berücksichtigung der Zeugnisse zu seiner politischen Karriere und seine Verwicklungen in die Ereignisgeschichte wurde in ähnlicher Weise wie in der Sammlung Jacobys (FGrHist 749) verzichtet. Vgl. R. J. Penella, Pamprepios of Panopolis, BNJ 749 (2011). 2 S. zur Usurpation des Markianos (479) Begass, Senatsaristokratie 293–97.

Einleitung

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sollten, wäre die Aussage der Suda zu korrigieren. Allerdings sind für diese Stücke auch alternativ Zuordnungen zu Christodoros oder Kolluthos versucht worden1. Die Berücksichtigung der Isaurika des Pamprepios als mögliches Beispiel eines panegyrisch-zeitgeschichtlichen Werks ist dementsprechend ein Grenzfall.

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Zur Autorendiskussion E. Livrea, Pamprepio e il P. Vindob. 29788 A.C, ZPE 25 (1977) 121, Nr. 3; R. MacCail, P. G. Vindob. 297788C. Hexameter Carmina, Encomium of an unnamed emperor, JHS 98 (1978) 38–63; E. Scieri, Note a Pamprepio fr. 3 Livrea, Sileno 45 (2019) 261–75. Während Livrea in seiner Edition des Wiener Papyrus ziemlich vorsichtig gewesen ist und in Pamprepios’ Œuvre kein historisches Epos erkannt hat, neigt er dagegen in seinem letzten Aufsatz zum Thema (E. Livrea, The Last Pagan at the Court of Zeno. Poetry and Politics of Pamprepios of Panopolis, in: A. de Francisco Heredero u. a. (Hgg.): New Perspectives on Late Antiquity in the Eastern Roman Empire, Cambridge 2014, 2–30) zu einer etwas optimistischeren Sichtweise. So schreibt er S. 28: „In addition to the encomiastic genre and the ekphrastic epyllion, our author also composed historical epic. Indeed, I am now inclined to believe that fr. 1 verso, 1 recto and 2, which McCail assigned to an anonymous poet who celebrated Zeno after Pamprepios’ death in 484 and subsequently on the defeat of the Isaurians Illos and Leontios in 489/90, can instead be attributed without undue difficulty to the Isaurica of Pamprepios.“ Aber die von Livrea angeführten Passagen in den beiden stark verstümmelten Fragmenten – es sind etwa 60 unvollständige Verse erhalten – sind nicht überzeugend, da der genaue Handlungskontext nicht mehr nachgezeichnet werden kann und vermeintliche Hinweise auf die Zeitgeschichte dekontextualisiert sein können. Aus diesem Grund wurde darauf verzichtet, die beiden Fragmente in diese Edition von KFHist aufzunehmen.

testimonia 1. (1) Sud. π 136 Παμπρέπιοϲ· Πανοπολίτηϲ, ἐπῶν ποιητήϲ, ἀκμάϲαϲ κατὰ Ζήνωνα τὸν βαϲιλέα. ἔγραψεν Ἐτυμολογιῶν ἀπόδοϲιν, Ἰϲαυρικὰ καταλογάδην. 3 καταλογάδην post ἀπόδοϲιν transpos. Bernhardy

2. Sud. π 137 (= Malch. Byz. fr. 20 Müller)

Zeugnisse 1. (1) Suda, Art. Pamprepios Pamprepios: aus Panopolis, ein Dichter von Epen, der zur Zeit des Kaisers Zenon blühte. Er schrieb eine Erklärung von Etymologien und Isaurika in Prosa.

2. Suda, Art. Pamprepios (= Malchos, Byzantinische Geschichte fr. 20 Müller)

Kommentar test. 1 καταλογάδην Das zum Adverb erstarrte καταλογάδην bedeutet gemäß Sud. κ 626: τὰ πεζῷ λόγῳ γραφόμενα, also eine Schrift in Prosa (das Gegenteil ist ἐμμέτρωϲ) vgl. z. B. Sud. α 18: Ἄβαριϲ· … ϲυνεγράψατο δὲ … καὶ Καθαρμοὺϲ καὶ Θεογονίαν καταλογάδην καὶ Ἀπόλλωνοϲ ἄφιξιν εἰϲ Ὑπερβορέουϲ ἐμμέτρωϲ oder δ 1117. Diese Angabe in der Suda steht somit im klaren Widerspruch zur Vorstellung, dass Pamprepios ein historisches Epos verfasst hat (s. dazu die Einl.). Auch die von Bernhardy in seiner Edition vorgeschlagene Umstellung von καταλογάδην nach ἀπόδοϲιν (zustimmend R. Keydell RE 18,3 [1949] 414), die schon Gutschmid (bei Adler) abgelehnt hat, löst den Widerspruch nicht auf, da man Ἰϲαυρικὰ allein ohne die Ergänzung etwa von ἐμμέτρωϲ trotz der Umstellung von καταλογάδην für ein Prosawerk halten muss (das ἐπῶν ποιητήϲ des Vordersatzes hat darauf keinen Einfluss). Möglich ist natürlich, dass der Text der Suda hier lücken- bzw. fehlerhaft ist.

(C 21) Kolluthos von Lykopolis, Persika

Einleitung Kolluthos aus Lykopolis verfasste neben mythologischen Gedichten, nämlich der Darstellung der kalydonischen Jagd und des Raubs der Helena (erhalten, aber nicht im Werkverzeichnis der Suda erwähnt), auch Verspanegyriken sowie Persika. Angesichts des Profils des Kolluthos liegt es nahe, in diesen Persika eine Darstellung des Kampfes des Anastasios gegen die Perser zu sehen, der von 502 bis 506 dauerte1.

1

Greatrex Lieu, Roman Frontier in the East 62–77. Zum Anlass s. M. Meier, Anastasios I. Die Entstehung des Byzantinischen Reiches, Stuttgart 2009, 217; Van Nuffelen / Van Hoof, Clavis Historicorum 103 f.

testimonium 1. Suda κ 1951 (codd. AF[GVM]) Κόλουθοϲ· Λυκοπολίτηϲ, Θηβαῖοϲ, ἐποποιόϲ, γεγονὼϲ ἐπὶ τῶν χρόνων βαϲιλέωϲ Ἀναϲταϲίου. ἔγραψε Καλυδωνιακὰ ἐν βιβλίοιϲ ἓξ καὶ ἐγκώμια δι’ ἐπῶν καὶ Περϲικά. 1 Κόλλουθοϲ F 1–3 γεγονὼϲ – Περϲικά om. F

Zeugnis 1. Suda, Art. Kolluthos Kolluthos: aus Lykopolis, Thebaner, Verfasser von Epen, der in der Epoche des Kaisers Anastasios lebte. Er schrieb eine Kalydonische Geschichte in sechs Büchern, Verspanegyriken und eine Persische Geschichte.

Kommentar test. 1 ἐπὶ τῶν χρόνων Vgl. phil. Komm. zu Christodoros (C 19) test. 1 ἐπὶ τῶν Ἀναϲταϲίου τοῦ βαϲιλέωϲ χρόνων.

Panegyrische Zeitgeschichte des 4. und 5. Jahrhunderts
 3506790455, 9783506790453, 9783657790456 [PDF] - VDOC.TIPS (2024)

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